Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.05.2019, RV/2100552/2018

Leistungsort von Vermittlungsleistungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., A, vertreten durch ECA "Metropol-Treuhand" Wirtschaftstreuhandges.m.b.H., Stampfergasse 15, 5541 Altenmarkt im Pongau, über die Beschwerden vom 6. und , und gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom 26. Februar und , und , betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012 und Umsatzsteuerfestsetzung für die Zeiträume Jänner bis März und April bis Juni 2013, zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe:

Das Finanzamt hat im Rahmen einer Außenprüfung ua. in umsatzsteuerlicher Hinsicht Nachstehendes festgestellt:

"Die Kundengewinnung durch X-Partner stellt eine Vermittlungsleistung dar. Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ist die X-Tochtergesellschaft in Österreich, da sämtlicher Schriftverkehr, Provisionsabrechnungen und Verwaltungsaufgaben durch diese Gesellschaft im eigenen Namen erfolgt. Die Vermittlungsleistungen sind daher gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Selbst wenn man jedoch davon ausgehen würde, dass diese Kundenvermittlung an die Holding CH in der Schweiz erbracht wird, so ist den Ergebnissen der BP zufolge davon auszugehen, dass diese Holding für die Bestimmung des Leistungsortes Nichtunternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 ist. Die Holding CH ist weder Unternehmer iSd § 2 UStG 1994 noch verfügt sie über eine UID-Nummer und ist daher nicht Unternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 1 und Z 2 UStG 1994. Würde die Kundenvermittlung an die Holding CH erbracht, so würde diese Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer erbracht.

Die Vermittlungsleistungen sind daher auch ab dem Jahr 2010 in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Die abziehbaren Vorsteuern wurden anhand der vorläufigen Aufstellung des steuerlichen Vertreters angesetzt" [Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Tz. 3d)].

Gegen die auf dieser Basis erlassenen Umsatzsteuerjahresbescheide 2010 bis 2012 und Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Zeiträume Jänner bis März und April bis Juni 2013 hat der Beschwerdeführer (Bf.) mit folgender Begründung Beschwerde erhoben:

Er beantrage seine Leistungen an die XX AG entsprechend den Bestimmungen des UStG 1994 in der ab geltenden Fassung als in Österreich nicht steuerbar zu behandeln.

Er sei als Mitgliederwerber für die XX AG mit Sitz in der Schweiz tätig. In dieser Eigenschaft erbringe er ausschließlich Leistungen an das Schweizer Unternehmen, die darin bestünden, Mitglieder ("Kunden") sowie Geschäftspartner (Vertragshändler) für X anzuwerben. Dafür erhalte er Vergütungen je angeworbenem Mitglied und Geschäftspartner sowie Vergütungen an den von den angeworbenen Mitgliedern erworbenen Rabatten für deren Einkäufe bei X-Vertragshändlern.

Die Geschäftsverbindung bestehe ausschließlich mit XX AG, mit der auch die entsprechenden Vereinbarungen abgeschlossen worden seien. Diese ermittle auch die ihm zustehenden Rabattanteile und Entgelte und tätige die entsprechenden Honorarzahlungen an ihn.

Gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 unterlägen diese Umsätze seit der "Business to Business Regelung", die den Leistungsort mit jenem Ort festlege, an dem der Empfänger der Leistung sein Unternehmen (Ort der Leitung des Unternehmens) betreibe.

Die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, festgehalten in der Niederschrift über die am stattgefundene Schlussbesprechung unter Tz 3 "Einkünfte aus selbständiger Arbeit" seien nicht korrekt.

Grundsätzlich stelle seines Erachtens die "Kunden"-Gewinnung durch X-Partner keine Vermittlungsleistung dar. Es sei ja nicht seine Aufgabe Kunden zu gewinnen und somit Umsätze zu vermitteln, sondern der Einkaufsgemeinschaft X Mitglieder zuzuführen. Dies bedeute somit, dass die Tätigkeit der X-Partner darin liege, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Diese Mitgliederwerbung könne nunmehr auf zweierlei Art erfolgen:

Einerseits werbe der X-Partner in seinem eigenen Geschäfts-, Freundes- und Bekanntenkreis. Darüber hinaus habe er auch die Möglichkeit auf von ihm selbst oder von XX AG oder deren Schwestergesellschaften weltweit organisierten Werbeveranstaltungen Personen für X zu begeistern. Diese Werbetätigkeit werde von vielen X-Partnern sowie im Speziellen auch von ihm nicht nur national sondern auch international ausgeführt.

Andererseits bestehe für den X-Partner die Möglichkeit sich finanziell an internationalen Werbekampagnen zu beteiligen. Wenn sich X in einem weiteren Staat etablieren wolle, so werde in diesem Land eine Tochtergesellschaft gegründet, die für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig sei. Diese solle lediglich bestehende und zukünftige X-Partner bei der Mitgliederwerbung unterstützen. Jedem X-Partner stehe eine Zahlung in das Werbesystem der Muttergesellschaft offen. Die Höhe dieser Beteiligung bleibe dem X-Partner überlassen. Hiefür erhalte er je nach Beteiligungshöhe eine bestimmte Anzahl von im weiteren Staat gewonnener Mitglieder zugewiesen. Die Auswahl der Einzelpersonen erfolge hierbei über einen Zufallsgenerator.

Die X-Partner erhielten für die Gewinnung eines Mitgliedes in Abhängigkeit von den Rabatten, die das gewonnene Mitglied für seine Einkäufe erzielt habe, Boni und Provisionen. Im schlechtesten Fall könnte sogar kein Entgelt anfallen, sollte ein gewonnenes Mitglied keine Einkäufe unter Bekanntgabe seiner X-Mitgliedschaft tätigen. Daraus sei schon ersichtlich, dass eine Vermittlungsleistung auch im weiteren Sinn nicht vorliege.

Alle für X gewonnenen Personen seien Mitglieder der internationalen Einkaufsgemeinschaft X und einziger Vertragspartner dieser sei die Muttergesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Die Tochtergesellschaften in den einzelnen Ländern seien lediglich für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und handelten mit den nationalen Unternehmen die Rabattbedingungen für die Einkäufe von Mitgliedern von X aus.

Wenn in der Tz 3 der Niederschrift vom postuliert werde, dass die Kundengewinnung eine Vermittlungsleistung darstelle und Leistungsempfängerin die X Tochtergesellschaft in Österreich sein solle, erhebe sich schon die Frage, welche Begründung zu diesem Postulat führe. Eine Begründung sei der Niederschrift nicht zu entnehmen. Es sei auch nicht zu entnehmen, welche Tochtergesellschaft (keine Firmennennung) von mehreren jeweils Empfängerin der Leistungen sein sollte. Nur weil Tochtergesellschaften in fast allen Ländern, in denen X tätig sei, existierten, stellten diese noch lange keine Betriebsstätten der Mutter dar, denen die an die Mutter erbrachten Leistungen automatisch zugerechnet werden könnten.

Wie sollte denn die Werbung von Mitgliedern behandelt werden, die nicht österreichische Staatsbürger seien? Seien dann die Entgelte aus Umsätzen geworbener Mitglieder aus zB Frankreich, Slowakei, Ungarn oder Übersee ebenfalls der österreichischen Umsatzsteuer zu unterwerfen, nur weil XX AG eine Tochtergesellschaft in Österreich unterhalte? Wie seien die Boni und Provisionen für Rabatte zu behandeln, die der X-Partner für Einkäufe österreichischer Mitglieder im Ausland und für Einkäufe ausländischer Mitglieder im Ausland erhalte?

Die X-Tochtergesellschaften könnten die dem Bf. zustehenden Entgelte gar nicht abrechnen, da diese auf die Umsätze der Mitglieder keinen Zugriff hätten, über diese Daten somit nicht verfügten und dem Datenschutzgesetz entsprechend gar nicht verfügen dürften. Von XX AG würden nach entsprechender Auskunft auch keine Daten an die Töchter übermittelt werden.

Alle Boni und Provisionen würden von der XX AG ermittelt, den X-Partnern von der XX AG gutgeschrieben und auch von dieser bezahlt werden.

Da er keine Geschäftsbeziehung mit einer österreichischen Tochtergesellschaft habe, sondern von dieser, wie auch von in anderen Ländern ansässigen Tochtergesellschaften, lediglich Werbe- und Informationsmaterial beziehe, würde von dieser eine entsprechende Rechnung auch nicht anerkannt und bezahlt werden. Die Verrechnung der Entgelte und Vergütungen an die Tochtergesellschaft mit entsprechendem Umsatzsteuerausweis wäre eine Scheinrechnung, da  seine Leistungen tatsächlich nur an das Schweizer Unternehmen erbracht werden würden. Darüber hinaus sei ihm eine österreichische Betriebsstätte des Schweizer Unternehmens nicht bekannt.

Die abgabenrechtlichen Prüforgane dürften sich in ihrer rechtlichen Beurteilung ohnedies nicht sicher sein, wie sollte ansonsten der Nachsatz zu deuten sein, dass "selbst wenn man jedoch davon ausgehen würde, dass diese Kundenvermittlung an die Holding CH in der Schweiz erbracht wird ..." diese Leistung an einen Nichtunternehmer erbracht werden würde und daher, wegen der in Österreich vermittelten Umsätze, in Österreich steuerbare Leistungen vorliegen würden.

Abgesehen davon, dass er auch international von der Finanzbehörde postulierte "Vermittlungsleistungen" erbringen könne, die bei Erbringung an einen Nichtunternehmer von der Steuerbarkeit in Österreich auszuscheiden wären, liege ihm sehr wohl eine Bestätigung der Schweizer Finanzbehörde vor, aus der eindeutig zu entnehmen sei, dass sein Leistungsempfänger seit als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen registriert sei.

Diese Bestätigung sei entsprechend den umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen zur Feststellung der Unternehmereigenschaft wie eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu behandeln und daher sei die in der Niederschrift festgehaltene Behauptung, dass die "Holding-CH" (richtiger Firmenwortlaut sei "XX AG" vormals XXXX AG) Nichtunternehmer wäre völlig aus der Luft gegriffen.

Da seines Erachtens seine Leistungen keine Vermittlungsleistungen, sondern Werbeleistungen seien, wären diese Leistungen auch bei Erbringung an einen Nichtunternehmer am Empfängerort, somit nicht in Österreich, steuerbar.

Wenn die Finanzbehörde, gegen geltendes Unionsrecht, diese Umsätze in Österreich der Umsatzsteuer unterwerfen möchte, dann könne wohl erwartet werden, dass diese dem angeblichen Empfänger (welche Tochtergesellschaft dies auch immer sein solle) der Leistung den korrespondierenden Vorsteuerabzug gewähre. Dies müsste jedoch durch Bescheid an die entsprechende Tochtergesellschaft festgestellt werden. Andernfalls würde die Umsatzsteuer zu einem Kostenfaktor werden, was nach geltendem Unionsrecht innerhalb der Unternehmerkette nicht zulässig sei. In keinem Fall dürfe für die Republik Österreich aus diesem Sachverhalt ein Steuerertrag resultieren, da alle Umsätze innerhalb der Unternehmerkette stattfänden, dh. entweder nicht steuerbar in Österreich oder gegen geltendes Unionsrecht steuerbar und steuerpflichtig in Österreich mit entsprechendem Recht auf Vorsteuerabzug für einen mit Bescheid festgestellten Empfänger.

Das Finanzamt hat die abweisenden - hinsichtlich des Umsatzsteuerbescheides 2011 bezüglich der beantragten Vorsteuern stattgebend - Beschwerdevorentscheidungen wie folgt begründet:

"Die Kundengewinnung durch X-Partner stellt eine Vermittlungsleistung dar. Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ist die X-Tochtergesellschaft in Österreich, da sämtlicher Schriftverkehr, Provisionsabrechnung und Verwaltungsaufgaben durch diese Gesellschaft im eigenen Namen erfolgt. Der Tochtergesellschaft kommt aufgrund ihrer operativen Tätigkeit im Inland jedenfalls Unternehmereigenschaft im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 UStG 1994 zu. Die Vermittlungsleistungen werden gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 im Inland ausgeführt und die Entgelte unterliegen dem Normalsteuersatz in Höhe von 20%."

Im Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht hat die bevollmächtigte Vertreterin des Bf. im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

In der Beschwerdevorentscheidung werde in keinster Weise auf ihre Anbringen und Beweise eingegangen. So hätte sie der Beschwerde vom eine Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV vom beigelegt, aus der eindeutig die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft ab feststellbar sei.

Es sei auch nicht richtig, wie in der Beschwerdevorentscheidung behauptet werde, dass die X-Tochtergesellschaft (welche von mehreren?) sämtliche Provisionsabrechnungen im eigenen Namen erstelle. Die dem Bf. zustehenden Anteile am weltweiten Umsatz der geworbenen Mitglieder könnten nur vom Schweizer Stammhaus verprovisioniert werden, da einzig und allein dieses Unternehmen über die entsprechenden Daten verfüge und diese auch auswerten könne. Der Bf. erhalte die Gutschriften und diesen entsprechende Zahlungen ausschließlich von der XX AG (vormals XXXX SA).

Die in den einzelnen Ländern ansässigen Tochtergesellschaften müssten operative Tätigkeiten entfalten und seien daher auch Unternehmer im Sinne des UStG. Deren Haupttätigkeiten bestünden nämlich darin, mit den in den einzelnen Ländern ansässigen Unternehmen Rabattvereinbarungen auszuhandeln, die X für Einkäufe ihrer Mitglieder erhalte.

Weiters unterstützten die Tochtergesellschaften selbstverständlich die X-Partner (Mitgliederwerber) der Muttergesellschaft mit Informationen und Werbematerial. Dies bedeute aber nicht automatisch, dass die Leistungen der X-Partner an die einzelnen Tochtergesellschaften erbracht werden würden.

Der Bf. werbe Mitglieder für die XX AG (vormals XXXX AG) mit Sitz in der Schweiz. Er erbringe diese Leistungen ausschließlich an das Schweizer Unternehmen, die nur darin bestünden, Mitglieder (Kunden) für das YY System von X zu gewinnen. Werde ein neuer Kunde geworben, so werde von X für diesen eine "Stammkundenvereinbarung" erstellt und mit der Partner-ID des werbenden X Mitgliedes (des Bf.) versehen. Gewinne der Bf. Mitglieder für X, erhalte er zukünftig eine Vergütung, deren Höhe sich ausschließlich an den Umsätzen der von ihm geworbenen Kunden orientiere. Diese Vergütungen würden als Freundschaftsbonus, Partnerbonus und Provisionen bezeichnet werden. Tätige ein so angeworbener Kunde in Folge keine Umsätze unter Bekanntgabe seiner X-ID, erhalte der werbende Partner für seine Werbeleistung keine Vergütung. Eine Vergütung für die Anwerbung selbst bestehe daher in diesem Sinne nicht.

Der Leistungsaustausch zwischen den geworbenen Kunden und der XX AG bestehe in der Möglichkeit des Kunden, die von der XX AG mit Handels- und Dienstleistungsunternehmen - durch das Auftreten als Einkaufsgemeinschaft - erreichten vergünstigten Konditionen für Einkäufe in Anspruch nehmen zu können. Diese vergünstigten Konditionen bestünden in prozentuellen Rückvergütungen und Provisionen, basierend auf den vom Kunden getätigten Umsätze. Der Bezug der eingekauften Waren und Dienstleistungen erfolge direkt bei den jeweiligen "Vertragshändlern", mit denen X solche Vergünstigungen ausgehandelt habe. Der Kunde gebe seine Mitgliedschaft und die daraus resultierende Verrechnung gegenüber dem Vertragshändler durch die Verwendung einer der von X vorgegebenen Zahlungsmodalitäten bekannt (mittels Gutschein, über Internetabwicklung, mit der X YY Z oder mit Bankomatkarte). Die Informationen über die Einkäufe werden mittels Internet-Service zwischen X und den mit X auf diese Weise verbundenen Internet-Händlern, stationären Einzelhändlern und Dienstleistungsunternehmen abgewickelt.

Sowohl der Partnervertrag des werbenden Mitgliedes als auch die Stammkundenvereinbarung mit dem angeworbenen Kunden würden mit der XX AG mit Sitz in der Schweiz abgeschlossen werden. Sämtliche vertragliche Beziehungen des Kunden bestünden ausschließlich zur XX AG mit Sitz in der Schweiz und nicht zu deren Tochtergesellschaften. Alle Boni und Provisionen würden von der XX AG ermittelt, dem X-Partner von der XX AG auf seinem "Konto" gutgeschrieben und auch von dieser ausbezahlt werden.

Die Tochtergesellschaften der XX AG in den einzelnen Ländern seien lediglich für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und handelten mit in den jeweiligen Ländern ansässigen Vertragsunternehmen die Rabattkonditionen für ihre Mitglieder aus. Der Bf. beziehe von in Österreich ansässigen Tochterunternehmen der XX AG ausschließlich Werbe- und Informationsmaterial.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung des BudBG 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt.

Zufolge Abs. 5 leg. cit. gilt für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a

  • als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt;

  • eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer,

  • eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.

Gemäß § 3a Abs. 8 UStG 1994 wird eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

Der Vermittler führt zwar einen Leistungsaustausch zwischen anderen herbei, steht aber selbst außerhalb des vermittelten Leistungsaustausches. Die vermittelte Leistung ist ihm umsatzsteuerlich nicht zuzurechnen. Seine eigene Leistung ist eine sonstige Leistung (Vermittlung, Vertretung) und unter den allgemeinen Bedingungen (Nachhaltigkeit, Selbständigkeit, Entgeltlichkeit etc.) steuerbar. Wer der Empfänger der Leistung ist, ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 3, Tz 85).

Leistungsempfänger ist bei vertraglich geschuldeten Leistungen grundsätzlich, wer sich zivilrechtlich die Leistung ausbedungen hat, wer aus dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft berechtigt und verpflichtet ist (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 12, Tz 72).

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage war den Beschwerden aus nachstehenden Erwägungen ein Erfolg beschieden:

Die Präambel der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für X Kunden", Fassung November 2009, lautet:

"Die XXXX AG mit Sitz in der Schweiz (im Folgenden "X" genannt) betreibt mit Tochter- und Partnergesellschaften eine internationale Einkaufsgemeinschaft, bei der es den Teilnehmern (im Folgenden "Kunden" genannt) ermöglicht wird, durch den gemeinsamen Einkauf und durch die damit erreichten vergünstigten Konditionen Vorteile in Form von Rückvergütungen, Provisionen und anderen Vergünstigungen zu erwirtschaften (im Folgenden auch "X System" genannt).

Der Bezug von eingekauften Waren/Dienstleistungen erfolgt direkt bei jenen Händlern, die in Vertragsbeziehung mit X stehen (im Folgenden "Vertragshändler" genannt) mittels Gutscheinen, über Internetabwicklung, mit der X YY Z, mit Bankomatkarte oder durch Barverrechnung. Die Informationen über die Einkäufe werden durch ein Internet-Service zwischen dem Kunden und den mit X verbundenen Internet-Händlern, stationären Einzelhändlern und mobilen Dienstleistungsunternehmen einfach und sicher unterstützt. Die Abwicklung erfolgt durch nicht übertragbare schriftliche Händlergutscheine und/oder Online-Gutscheine (jeweils "X Gutscheine" genannt) oder mittels X YY Z, sowie auch über Barverrechnung. Durch die gegenständliche Vereinbarung zwischen X und dem Kunden wird es diesem ermöglicht, das von X betriebene System zu verwenden. Geschäftsgrundlage der Vertragsbeziehung sind die vorliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die aus diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie aus der Anlage "X Vergütungen und Zahlungsarten" bestehen.

X ist berechtigt, seine vertraglichen Leistungen und Ansprüche dem Kunden gegenüber auch durch X Tochtergesellschaften erbringen oder geltend machen zu lassen, die stets als Erfüllungsgehilfen von X tätig werden. Sämtliche vertraglichen Beziehungen des Kunden bestehen ausschließlich zu X und nicht zu den Tochtergesellschaften und werden auch durch deren Tätigkeiten nicht begründet."

Die für die Streitjahre 2012 und 2013 maßgeblichen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für X Mitglieder", Fassung April 2012, lauten auszugsweise:

"Präambel
Die XX AG mit Sitz in der Schweiz, betreibt eine internationale Einkaufsgemeinschaft, die den Teilnehmern (im folgenden "Mitglieder" genannt) ermöglicht, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei X Partnerunternehmen (im Folgenden "Partnerunternehmen" genannt) Vorteile zu erhalten (im Folgenden "X Treueprogramm" genannt). Vertragspartner der Mitglieder ist somit die XX AG (im Folgenden "X" genannt). X wird in Österreich durch die XXX GmbH mit Sitz A-VV (im Folgenden "XXX" genannt) vertreten.

1. Vertragsgegenstand
1.1. Das Mitglied ist nach Maßgabe dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, am X Treueprogramm teilzunehmen und die damit verbundenen Vorteile (nachfolgend "Mitgliedsvorteile" genannt) zu erhalten. Das Mitglied kann das X Treueprogramm weiteren Personen empfehlen (im folgenden "Empfehlungsgeber" genannt). Das Mitglied ist nicht zur Weiterempfehlung verpflichtet und schuldet X keinerlei Erfolg.

...

2. Vertragsgrundlage
2.1. Mit Annahme des Registrierungsantrages durch X wird der Antragsteller Mitglied bei X und erhält eine persönliche Mitgliedsnummer (im Folgenden "ID-Nummer" genannt). Diese berechtigt zur Teilnahme am X Treueprogramm, zunächst im Rahmen einer Testmitgliedschaft gemäß Ziffer 14.1. Im X Treueprogramm werden erfasste Einkäufe nur für registrierte Mitglieder (mit ID-Nummer) berücksichtigt.

2.2. Für den Vertrag zwischen X und dem Mitglied gelten die von X zur Verfügung gestellten Registrierungsflyer oder das Online-Registrierungsformular sowie diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Für die erweiterten Mitgliedsvorteile gilt Ziffer 7.5. Abweichungen hiervon werden von X nicht akzeptiert."

Für die Bestimmung des Leistungsortes der vom Bf. erbrachten Vermittlungsleistungen ist entscheidend, ob die in der Schweiz ansässige Muttergesellschaft oder die in Österreich ansässige Tochtergesellschaft (XXX GmbH) als Leistungsempfängerin zu qualifizieren ist. Für die Klärung dieser Frage ist in umsatzsteuerlicher Hinsicht bei vertraglich geschuldeten Leistungen maßgebend, wer sich zivilrechtlich die Leistung ausbedungen hat, wer aus dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft berechtigt und verpflichtet ist. Unter Bedachtnahme auf die eingangs zitierten allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf deren Basis die gegenständlichen Vermittlungsleistungen zustande gekommen sind, bestehen die vertraglichen Beziehungen des Bf. ausschließlich zur XXXX AG bzw. für die Streitjahre 2012 und 2013 zur XX AG, mit dem Sitz in der Schweiz und nicht zu der in Österreich ansässigen Tochtergesellschaft. Die beiden für die Streitjahre maßgebenden Fassungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen vom November 2009 und April 2012 hat der Bf. online am um 14:07 Uhr und am um 05:10 Uhr akzeptiert (vgl. Stammdaten "Übersicht Akzeptanzen") und damit die darin enthaltenen Vertragsbedingungen anerkannt. Im Übrigen ist auch aus den im Zuge der Beantwortung des Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes vom  für sämtliche Streitjahre vorgelegten Auszahlungsberichten betreffend die Provisionsansprüche des Bf. ersichtlich, dass die diesbezüglichen Gutschriften von der in Schweiz ansässigen Muttergesellschaft stammen. Auch die Überweisung der Provisionen ist, wie die beispielhaft für die Streitjahre 2010 bis 2012 vorgelegten Kontoauszüge beweisen, von der in der Schweiz ansässigen XXXX AG bzw. XX AG veranlasst worden.

An dieser Beurteilung vermag auch die Tatsache, dass der Bf. diverses Prospekt- und Werbematerial nach den aktenkundigen Eingangsrechnungen von der inländischen XXX GmbH, mit dem Sitz in Ö erworben hat, nichts zu ändern. Denn diese Gesellschaft ist nach den Ausführungen des Bf. in der Beschwerdeschrift vom und in der Niederschrift vom ausschließlich zum Zwecke der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit gegründet worden. Deren Leistungen - entgeltliche Zurverfügungstellung von Prospekt- und Werbematerial - werden von den X-Partnern und damit auch vom Bf. im Rahmen ihrer Mitgliederwerbung in Anspruch genommen.

Die vom Bf. vertretene Rechtsansicht, wonach die "Kunden"-Gewinnung durch X-Partner keine Vermittlungsleistung darstelle, da es ja nicht Aufgabe des Bf. sei, Kunden und somit Umsätze zu vermitteln, sondern der Einkaufsgemeinschaft Mitglieder zuzuführen, was als Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zu qualifizieren sei, kann vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt werden. Denn die neu geworbenen Mitglieder unterwerfen sich ja den allgemeinen Geschäftsbedingungen und treten damit in ein Leistungsaustauschverhältnis mit der Schweizer Muttergesellschaft. Die dafür von der Muttergesellschaft erhaltene Provision bekommt der Bf. nicht als Entgelt für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, sondern für die Gewinnung eines Mitgliedes, das an der Einkaufsgemeinschaft teilnimmt. Dementsprechend wird auch die dafür zustehende Provision in Abhängigkeit von der Umsatzhöhe des neu gewonnenen Kunden bemessen.

Im Übrigen würde die Leistungsortbestimmung keine Änderung erfahren, wenn die in Rede stehenden Leistungen des Bf. als Leistungen, die der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des § 3a Abs. 14 Z 2 UStG 1994 dienen, qualifiziert werden würden. Wenn nämlich eine Katalogleistung im Sinne des Abs. 14 ab dem an einen Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 oder 2 ausgeführt wird, dann wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Diese Rechtsfolge ergibt sich seit aber bereits aus der (nicht auf Katalogleistungen beschränkten) Grundregel I des Abs. 6. Diese Regel gilt nunmehr explizit auch dann, wenn die Leistung für den nicht steuerbaren Bereich eines Unternehmers erbracht wird (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 3a, Tz 144). 

Somit sind die an die Schweizer Muttergesellschaft erbrachten Vermittlungsleistungen jedenfalls in Österreich nicht steuerbar.

Bezüglich der Unternehmereigenschaft der Muttergesellschaft im Sinne des Umsatzsteuerrechtes hat der Bf. eine Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer vom , in der bestätigt wird, dass diese seit dem im Register der Mehrwertsteuer eingetragen ist und ihrer Abrechnungspflicht immer fristgerecht nachgekommen ist, vorgelegt. Im Übrigen ist diese nach den obigen Ausführungen im Rahmen der Einkaufsgemeinschaft operativ tätig geworden.

Bezüglich der im Zusammenhang damit angefallenen und vom Finanzamt zu Recht anerkannten Vorsteuern ist bezüglich deren Abzugsfähigkeit Folgendes festzustellen:

Gemäß § 12 Abs. 3 Z 3 UStG 1994 sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen sowie für die Einfuhr von Gegenständen, soweit sie mit Umsätzen im Zusammenhang steht, die der Unternehmer im Ausland ausführt und die - wären sie steuerbar - steuerfrei sein würden.

"Nach der MWSt-RL (Art 168) ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden." Grundsätzlich ist somit ein Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen verlangt. Ausnahmen enthalten Art. 169 und 170 (etwa im Zusammenhang mit nicht steuerbaren Auslandsumsätzen, die im Inland steuerpflichtig wären" (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 12, Tz 240 und Tz 242, Beispiel 1).

Unter Bedachtnahme auf diese Ausführungen ändern sich die steuerpflichtigen Umsätze wie folgt:


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2010
2011
2012
01-03/2013
04-06/2013
steuerpfl. Umsätze lt. angef. Bescheide bzw. BVE (2011)
19.362,63
47.636,65
49.185,83
13.237,07
5.681,84
- X-
Provisionen
-16.216,68
-43.442,05
-44.602,34
-12.153.95
-4.598,72
steuerpfl. Umsätze lt. Erkenntnis
3.145,95
4.194,60
4.583,49
1.083,12
1.083,12

Aufteilung auf 20%-ige und 10%-ige Umsätze lt. Erkenntnis:


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2010
2011
2012
01-03/2013
04-06/2013
steuerpfl. Umsätze lt.
Erkenntnis
3.145,95
4.194,60
4.583,49
1.083,12
1.083,12
20%-ige Umsätze lt. Erk.
225,00
300,00
325,00
75,00
75,00
10%-ige Umsätze lt. angef. Bescheid bzw. BVE (2011)
2.920,95
3.894,60
4.258,49
1.008,12
1.008,12

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In den Beschwerden werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Da die Entscheidung der Streitfrage bezüglich des Leistungsortes von Vermittlungsleistungen unmittelbar aus dem klaren Gesetzeswortlaut des § 3a UStG 1994 ableitbar ist, ist die Revision nicht zulässig.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Beilage: 5 Berechnungsblätter

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 12, Tz 72
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100552.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at