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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.05.2019, RV/7102776/2019

Keine Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung bei Pflichtveranlagung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7102776/2019-RS1
wie RV/7101626/2016-RS1
Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor, können beantragte Veranlagungen bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Beschwerdewege) wie andere Parteianträge auch zurückgezogen werden. In den Pflichtveranlagungsfällen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 ist dies nicht möglich (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 15. EL, § 41 Anm. 30, mit Verweis auf RV/0216-G/06).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerde­sache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmer­veranlagung) 2018, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird – wie in der Beschwerdevorentscheidung – abgeändert.

Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2018 (für ein Einkommen von 23.933,31 Euro) mit 777,00 Euro festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von drei bezugsauszahlenden Stellen (A-GmbH, W-xxxxx, Pensionsversicherungsanstalt) sowie Arbeitslosengeld vom Arbeitsmarktservice Österreich.

Die Bf. reichte für das Jahr 2018 eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung ein, in welcher sie unter anderem den Alleinerzieherabsetzbetrag, das Pendlerpauschale in Höhe von 2.016 Euro sowie den Kinderfreibetrag für ein Kind beantragte.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2018 fest. Hierbei wurden die Einkünfte von zwei bezugsauszahlenden Stellen (A-GmbH und W-xxxxx) als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt sowie der Alleinerzieherabsetzbetrag in Höhe von 494 Euro, das Pendlerpauschale in Höhe von 2.016 Euro und der Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro in Abzug gebracht. Das Arbeitslosengeld wurde gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 für die Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt.

Aus der Arbeitnehmerveranlagung für 2018 ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 481 Euro.

Die Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 Beschwerde, in welcher sie ausführte, sie hätte zwar zwei Dienststellen, aber bei beiden Dienststellen Steuer bezahlt. In der Beschwerde wird zudem nochmals die Berücksichtigung des Alleinerzieher­absetzbetrages, des Pendlerpauschales und des Kinderfreibetrages beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2018 insoweit ab, als der Kinderfreibetrag in Höhe von 440 Euro (statt bisher 300 Euro) in Abzug gebracht wurde. In der Beschwerde­vorentscheidung wurden weiters erstmals die Bezüge von der Pensions­versicherungs­anstalt in Höhe von 970,36 Euro bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt. In der Begründung ist insbesondere Folgendes ausgeführt:

Jede bezugs- oder pensionsauszahlende Stelle berechne die Lohnsteuer grundsätzlich nur für die von ihr ausbezahlten Bezüge oder Pensionen. Im Fall der Bf. hätten weder die W-xxxxx noch die Pensionsversicherungsanstalt Lohnsteuer einbehalten. Insgesamt habe sich dadurch eine in zu geringer Höhe einbehaltene Lohnsteuer für das gesamte Jahreseinkommen ergeben. Bei der verpflichtenden Arbeitnehmerveranlagung seien alle Bezüge so versteuert worden, als hätte die Bf. den Gesamtbetrag in Form eines Bezuges erhalten.

Die Veranlagung 2018 sei antragsgemäß erfolgt. Alle von der Bf. beantragten Aufwendungen und Absetzbeträge seien in Abzug gebracht worden. Zusätzlich habe nur der höhere Kinderfreibetrag von 440 Euro statt bisher 300 Euro berücksichtigt werden können.

Die Beschwerdevorentscheidung führte gegenüber dem Erstbescheid zu einer Nachforderung in Höhe von 296 Euro.

Die Bf. brachte gegen die Beschwerdevorentscheidung eine (als Vorlageantrag zu wertende) Eingabe beim Finanzamt ein, in welcher sie ihren Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmer­veranlagung zurückzog.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab im Vorlagebericht folgende Stellungnahme ab:

„Die Beschwerdeführerin hatte im beschwerdegegenständlichen Jahr gleichzeitig mehrere lohnsteuerpflichtige Einkunftsquellen, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden. Da somit eindeutig ein Pflichtveranlagungstatbestand im Sinne des § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt, besteht keine Möglichkeit, den Antrag auf Veranlagung zurück­zu­ziehen. Es war verpflichtend eine Veranlagung durchzuführen.“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

3. …

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung).

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer). Werden lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen (§ 39 Abs. 1 S 2 EStG 1988). Bei Vorliegen eines der Tatbestände des Abs. 1 kommt es zu einer Pflichtveranlagung („ist“), im Übrigen erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen (Antragsveranlagung; Abs. 2). Hat weder eine Pflicht- noch eine Antragsveranlagung zu erfolgen, verbleibt es beim Lohnsteuer­abzug als Erhebungs­form der Einkommensteuer (vgl. ; Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 41 Rz 1).

Eine Pflichtveranlagung hat unter anderem dann zu erfolgen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Bezüge ausbezahlt wurden. Zweck der Veranlagung ist die gemeinsame Erfassung der Bezüge aus sämtlichen Dienst­verhältnissen, da die Anwendung des Einkommensteuer­tarifs auf die Gesamtbezüge in der Regel eine höhere Einkommensteuer­schuld zur Folge hat als bei einem getrennten Lohnsteuer­abzug (). In die Veranlagung sind daher auch Dienstverhältnisse einzubeziehen, deren Bezüge (für sich) noch zu keinem Steuerabzug geführt haben (vgl. z.B. ; Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 41 Rz 10).

Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor, können beantragte Veranlagungen bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Beschwerdewege) wie andere Parteianträge auch zurückgezogen werden. In den Pflichtveranlagungsfällen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 ist dies nicht möglich (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 15. EL, § 41 Anm. 30, mit Verweis auf RV/0216-G/06).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Bf. im Jahr 2018 gleichzeitig mehrere lohn­steuer­pflichtige Bezüge ausbezahlt erhalten hat. Es liegt somit der Pflicht­veranlagungs­tatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 vor. Die Bf. war dementsprechend zwingend zu veranlagen. Eine Zurücknahme des Antrages auf Veranlagung ist daher nicht möglich (vgl. auch ; ; ).

Die in der Beschwerde geltend gemachten Abzugsposten (Alleinerzieher­absetzbetrag, Pendlerpauschale und Kinderfreibetrag) sind in der Beschwerdevorentscheidung antragsgemäß berücksichtigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da es im vorliegenden Fall um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht. Die gegenständliche Rechtsfrage ist vielmehr klar aus dem Gesetz lösbar.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at