Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2019, RV/7102197/2010

Einbringung von Mitunternehmeranteilen ohne Anteilsgewährung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den seit zuständigen Richter Dr. R in der Beschwerdesache S GmbH, JS und S GmbH & Co KG als ehemalige Gesellschafter der J GmbH u Co Bau KG Ort, Adresse Ort, vertreten durch sh Treuhand Steuerberatung GmbH, Kupferbrunnstraße 21, 3100 St. Pölten, über die Berufungen (nunmehr Beschwerden, § 323 Abs 38 BAO) (1.) vom gegen den Bescheid vom betreffend Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens 2000 und (2.) vom gegen den Bescheid vom betreffend Feststellung von Einkünften 2000, jeweils des Finanzamtes FA, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Der angefochtene Feststellungsbescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert und dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen.
Die Einkünfte der J GmbH u Co Bau KG Ort betragen ATS 7.290.465,10 (EUR 529.818,76). Die Gewinntangenten der Gesellschafter betragen:
S GmbH ATS 60.000 (EUR 4.360,37)
JS ATS 4.776.591,27 (EUR 347.128,43)
S GmbH & Co KG ATS 2.453.873,83 (EUR 178.329,97)

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom erfolgte die erklärungsgemäße Erlassung eines Feststellungsbescheides für das Jahr 2000 an die J GesmbH u Co Bau KG.

Mit Bescheid vom wurde an die "J GesmbH u Co Bau KG" ein Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO und Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2000 erlassen.

Mit Bescheid vom an den selben Adressaten wurde der Feststellungsbescheid gemäß § 295 Abs 1 BAO abgeändert.

Mit Antrag vom begehrt die J GesmbG u Co Bau KG eine Verlängerung der Berufungsfrist u.a. für die Bescheide des Jahres 2000, ausgestellt am , bis .

Am langt bei der belangten Behörde eine Berufung gegen den Feststellungsbescheid vom ein. Darin wird u.a. vorgebracht, mit Vertrag vom sei die Einbringung (Art III UmgrStG) der Kommanditanteile zum erfolgt, unternehmensrechtlich sei damit die Kommanditgeselschaft an die Komplementär-GmbH nach § 142 HGB im Wege der Universalrechtsnachfolge angewachsen.

Mit Entscheidung vom , RV/1466-W/03, an die "JB Ort Baugesellschaft mbH als Rechtsnachfolgerin der J GmbH & Co Bau KG" wurde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen, weil Bescheidadressat gemäß § 19 Abs 1 BAO der Gesamtrechtsnachfolger hätte sein müssen.

Mit Bescheid vom , adressiert an die "JB Ort Baugesellschaft mbH als Rechtsnachfolgerin der J GmbH & Co Bau KG", wurde das Verfahren betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 für das Jahr 2000 wieder aufgenommen und ein neuer Feststellungsbescheid erlassen.

Am langte bei der belangten Behörde wiederum eine Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid ein. Mit Entscheidung vom , RV/0474-K/06, wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen, weil sich bei beendeten Personengesellschaften Feststellungsbescheide gemäß § 191 Abs 2 BAO an jene zu richten haben, die an der Feststellung beteiligt sind oder denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind ( mwN).

Mit Bescheiden vom , gerichtet an die "JB Ort Baugesellschaft mbH als Rechtsnachfolgerin der J GmbH & Co Bau KG", wurde das Feststellungsverfahren 2000 wieder aufgenommen und ein neuer Feststellungsbescheid erlassen. Diesen Bescheiden angeschlossen ist ein Aktenvermerk, dass es sich aufgrund falscher Adressierung um Nichtbescheide handle.

Mit Bescheiden vom , jeweils gerichtet an "S GmbH, S GmbH u. Co KG, SJ als ehemalige Gesellschafter der J GmbH u. Co Bau KG" per Adresse der S GmbH, wurde das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2000 wieder aufgenommen und ein neuer Feststellungsbescheid erlassen. Die Wiederaufnahme wurde unter Verweis auf Tz 19, 26, 27, 22 des Bp-Berichtes vom begründet und der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit eingeräumt. Zur Begründung des Feststellungsbescheides wurde auf den Bp-Bericht vom verwiesen und angemerkt, dass die bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Tulln zu StNr NR mitberücksichtigt wurden.

Am brachte die JB Ort Baugesellschaft mbH als Rechtsnachfolgerin der J Gesellschaft mbH & Co Bau KG Berufung gegen die Bescheide vom ein, die mit Bescheid vom zurückgewiesen wurde.

Am brachten S GmbH, S GmbH u. Co KG, SJ als ehemalige Gesellschafter der J GmbH u. Co Bau KG (Bf) Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid vom ein mit der Begründung, es seien keine Tatsachen neu hervorgekommen seit dem 15 Tage zuvor ergangenen Bescheid, und auch der Verweis auf den Bp-Bericht aus dem Jahr 2003 sei ein Hinweis auf fehlende Wiederaufnahmegründe.

Nach mehrmaliger Fristverlängerung erhob die Bf am Berufung gegen den Feststellungsbescheid vom . Dem Mängelbehebungsauftrag vom kam die Bf fristgerecht nach. Inhaltlich führte die Bf nunmehr im wesentlichen aus, einerseits sei die herrschende Literaturmeinung zum Einbringungszeitpunkt (Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG2, § 19 Rz 19; Schwarzinger/Wiesner, Umgründungssteuerleitfaden2, Band I, Art III/21-1 und -2; Beiser, RdW 2005/81, 53) von der Anwendbarkeit des § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG auf die vorliegende Konstellation ausgegangen, andererseits entspreche sie dem in den Gesetztesmaterialien geschilderten Fall, für den der VwGH die Anwendbarkeit durchaus offen lasse ().

Dem gegenüber vertritt die belangte Behörde, die Identität der Eigemtumsverhältnisse sei nur bei Alleingesellschaftern gegeben, weil sonst jeder Miteigentümer einen in seinem Alleineigentum stehenden Anteil einbringt, was nicht seinem Beteiligungsausmaß an der aufnehmenden GmbH entspreche.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Beteiligungsverhältnisse

An der beschwerdeführenden KG waren im Streitjahr 2000 die S GmbH als Komplementär (Arbeitsgesellschafter) sowie JS und die S GmbH & Co KG als Kommanditisten beteiligt.

Die Gesellschaft ist im Zuge einer Einbringung an die Komplementär-GmbH (nunmehr SC GmbH) angewachsen (§ 142 HGB). Durch den Untergang der Mitunternehmerschaft waren Bescheide an die ehemaligen Gesellschafter zu richten. Die angefochtenen Bescheide vom waren somit (endlich) richtig adressiert.

2. Zur Wiederaufnahme:

Der Wiederaufnahmebescheid verweist auf Tz 19, 22, 26, 27 des Bp-Berichtes. Tz 26 ist lediglich eine Rechtsfolge der Feststellungen aus Tz 19, Tz 22 verweist auf Tz 18. Tz 19 trifft Ausführungen zum Einbringungsvertrag, der bei Einbringung der belangten Behörde vorgelegt wurde. Aus all diesen Tz sind keine Tatsachen erkennbar, die neu hervorgekommen wären. Allerdings wird in Tz 27 festgestellt, dass die Gewährleistungsrückstellung des Jahres 2000 u.a. mit 1,4 Mio ATS ein Wohnhaus betreffend dotiert wurde, dessen Baumängel aus dem Jahr 1999 resultieren und daher eine entsprechende Periodenbereinigung durchzuführen ist. Die Tatsache der periodenfalsch dotierten Gewährleistungsrückstellung ist eindeutig erst im Prüfungsverfahren neu hervorgekommen und im Beschwerdeverfahren auch nicht weiter strittig.

Das Neuhervorkommen bezieht sich auf den Zeitraum zwischen ursprünglich rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens (Feststellungsbescheid vom ) und Wiederaufnahme (). Sämtliche dazwischen liegenden Akte waren Nichtbescheide, der zu jenen Zeitpunkten vorliegende Kenntnisstand kann somit nicht den Vergleichsmaßstab bilden.

Schon aufgrund der Höhe der durchgeführten Änderungen (iZm der Gewährleistungsrückstellung) war der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen.

3. Zum inhaltlichen Vorbringen:

An der beschwerdeführenden KG waren im Rückwirkungszeitraum des Art III UmgrStG als Komplementär die SC GmbH als Arbeitsgesellschafterin sowie als Kommanditisten JS zu 66 % und GS zu 34 % beteiligt. Sämtliche Mitunternehmeranteile wurden auf die GmbH übertragen, an der die Kommanditisten ebenfals zu 34 und 66 % beteiligt waren. In weiterer Folge kam es zum Anwachsen der KG an die GmbH (§ 142 HGB).

Steuerlich wurde dieser Vorgang als Einbringung nach Art III UmgrStG behandelt. Strittig ist bloß, ob die Anwendungsvoraussetzung der Gewährung neuer Anteile (§ 19 Abs 1 UmgrStG) verletzt war, oder ob diese zurecht unter Hinweis auf § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG unterblieben ist.

§ 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG idF BGBl 1996/797 lautet auszugsweise: "Die Gewährung von neuen Anteilen kann unterbleiben, wenn die unmittelbaren oder mittelbaren Eigentums- oder Beteiligungsverhältnisse am eingebrachten Vermögen der prozentuellen Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft unmittelbar oder mittelbar entsprechen."

Laut Gesetzesmaterialien fällt darunter auch die Einbringung (nicht das bloße Abtreten) aller Kommanditanteile in die Komplementär-GmbH ohne Kapitalerhöhung, weil die Kommanditisten im gleichen Ausmaß an der Komplementärgesellschaft beteiligt sind (266 BlgNR XVIII. GP).

Mit dem AbgÄG 2005 (BGBl I 2005/161) wurde die Bestimmung wie folgt abgeändert: "Die Gewährung von neuen Anteilen kann unterbleiben, wenn der Einbringende unmittelbar oder mittelbar Alleingesellschafter der übernehmenden Körperschaft ist oder wenn die unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungsverhältnisse an der einbringenden und der übernehmenden Körperschaft übereinstimmen."

Die Materialien (1187 BlgNR XXII. GP) führen dazu aus: "Die Praxis hat gezeigt, dass von den drei von der Z 5 umfassten Ausnahmeregelungen jene unzweckmäßig ist, die vom Gleichstand der Beteiligung an der einbringenden Mitunternehmerschaft und der übernehmenden Kapitalgesellschaft ausgeht. Da es in diesem Fall immer wieder zu Fehlbeurteilungen hinsichtlich des Geltungsbereiches kommt und selbst im Falle der korrekten Nutzung dieser Möglichkeit ein erhebliches Betriebsprüfungsrisiko besteht, soll sie auslaufen. Neben der Gewährung von Anteilen im Wege der Kapitalerhöhung steht als Verzichtsmöglichkeit die Ausnahmeregelung des § 19 Abs. 2 Z 2 zur Verfügung. Die beiden anderen Anwendungsmöglichkeiten - nämlich die Alleingesellschafterstellung und die Einbringung in die Schwesterkörperschaft - werden textlich neu gestaltet aber inhaltlich unverändert beschrieben."

Zur Anwendbarkeit des § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG hat der VwGH (, 2006/15/0296) ausgeführt: "Die Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in eine übernehmende Körperschaft, deren Beteiligungsverhältnis mit dem Beteiligungsverhältnis an der Mitunternehmerschaft übereinstimmt, war bereits vor dem AbgÄG 2005 nicht von der Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 2 Z. 5 UmgrStG umfasst, weil in diesem Fall hinsichtlich der eingebrachten Mitunternehmeranteile jeweils alleiniges Eigentum der Mitunternehmer besteht, sodass keine Identität der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse mit der übernehmenden Körperschaft vorliegt."

Im selben Erkenntnis schränkt der VwGH jedoch ein: "In dem in den Materialien behandelten Fall werden alle Kommanditanteile in die Komplementär-GmbH eingebracht, sodass nur mehr die GmbH (weiter-)besteht. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Stammfassung entspricht die Regelung sinngemäß der ehemaligen Vorschrift des § 1 Abs. 1 lit. e StruktVG, wonach im Rahmen der echten und unechten Verschmelzung eine Kapitalerhöhung unterbleiben konnte, wenn alle Anteile wirtschaftlich betrachtet in einer Hand vereinigt waren. Dem liegt sohin die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften zu Grunde. Im Beschwerdefall hingegen bringen die Kommanditisten ihre Mitunternehmeranteile aber nicht in die Komplementär GmbH, sondern in eine andere GmbH ein. Dies führt dazu, dass sich an der Betriebsführung durch die KG nichts ändert."

Der streitgegenständliche Sachverhalt spiegelt genau den in den erläuternden Bemerkungen dargelegten Fall wider, der nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem AbgÄG 2005 auslaufen soll und daher im Jahr 2000 noch unter § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG subsumierbar war. Es besteht daher kein Grund, anzunehmen, dass die Anwendungsvoraussetzungen des Art III UmgrStG durch das Unterbleiben der Anteilsgewährung verletzt worden wären.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur vorliegenden Rechtsfrage hat sich der VwGH bereits hinreichend deutlich geäußert. Davon abgesehen, geht die Bedeutung der Rechtsfrage nicht über den Einzelfall hinaus, weil sie eine Rechtsvorschrift betrifft, die bereits seit über 14 Jahren nicht mehr anwendbar ist, zu der auch - so weit ersichtlich - keine Verfahren mehr anhängig sind.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner/Bernwieser in BFGjournal 2024, 133
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102197.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at