Wochengeldähnlicher Bezug aus Liechtenstein
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Gerald Daniaux über die Beschwerde vom der b gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert:
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Feldkirch vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom erhobene Beschwerde vom wird damit begründet, dass die Beschwerdeführerin (Bf.) in Karenz gewesen sei.
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wird damit begründet, dass die Erstveranlagung gemäß dem vorliegenden Lohnzettel der Firma c für das Jahr 2014 erfolgt sei, Bruttolohn weniger der im Bruttolohn enthaltenen gesetzlichen Kinderzulagen plus dem Firmenbeitrag Krankenkasse. Das ausbezahlte Krankenkassa-Taggeld sei ein Bestandteil des steuerpflichtigen Lohnes, zudem seien die Kinderfreibeträge zu berichtigen gewesen.
Im Vorlageantrag vom wird angeführt, das Karenzgeld sei beim Jahreslohnzettel als Arbeitslohn angeführt worden. Ein neuer Lohnzettel mit Karenzbetrag liege dabei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Die Bf. war im Jahr 2014 Grenzgängerin nach Liechtenstein, angestellt bei der Firma a. Am e wurde ihr zweites Kind geboren. Vom f befand sie sich im Mutterschutz und bezog in dieser Zeit KK-Taggeld in Höhe von 20.776,85 SFR, welches von ihrem Arbeitgeber ausbezahlt wurde.
Dieser Sachverhalt ist unbestritten und deckt sich mit der Aktenlage (Lohnabrechnung der Firma a).
Die Bf. beantragt die Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 für das von ihr im Jahr 2014 bezogene Krankenkassa-Taggeld.
Rechtslage:
Steuerfrei sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 das Wochengeld nach dem Mutterschutzgesetz, BGBl. Nr. 221/1979, vergleichbare Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen aus den Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen sowie das durch BGBl. I Nr. 10/1999 (Vertragsbedienstetenreformgesetz - Änderung des B-KUVG) auf Sonderwochengeld umbenannte Wochengeld bestimmter Vertragsbediensteter. Unter diese Einrichtungen fällt auch die Pharmazeutische Gehaltskasse als besondere Einrichtung der Apothekerkammer. Steuerfrei ist auch das Krankengeld (Familien- und Tagesgeld), das während des Ruhens des Wochengeldanspruches gewährt wird. Leistungen nach § 24 Abs. 8, 36d Abs. 3 und 46 Abs. 7 Vertragsbedienstetengesetz (Differenzzahlung von Wochengeld auf vollen Bezug bzw. Ausbildungsbeitrag) sowie Entgeltweiterzahlungen für Beamtinnen während der Zeit des Mutterschutzes sind nicht steuerfrei (vgl. Bernold/Mertens/Kufner/Krammer, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2018/19, § 3 EStG 1988, Seite 50ff, L41).
Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 198/98, ausgesprochen hat, ist - ungeachtet des einkommensteuerrechtlichen Grundsatzes, Einkommensersatz wie Erwerbseinkommen zu besteuern - die Ausnahme der Steuerpflicht für das Wochengeld (§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988) im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass es sich nach dem Nettoarbeitsverdienst bemisst (§ 162 Abs. 3 ASVG: "vermindert um die gesetzlichen Abzüge"). Ausländische Leistungen, die mit dem österreichischen Wochengeld vergleichbar sind und nach dem Nettoarbeitsverdienst bemessen werden, sind ebenfalls steuerfrei (vgl. ).
Arbeitnehmerinnen in Liechtenstein erhalten gemäß Art. 12 Abs. 5 des liechtensteinischen Gesetzes über die Krankenversicherung (im Folgenden kurz: KVG) im Zusammenhang mit ihrer Mutterschaft Krankengeld aus dem Versicherungsfall der Krankheit. Das KVG kennt den Versicherungsfall der Mutterschaft nicht. Das Krankentaggeld unterscheidet sich nicht von dem, das einer kranken Arbeitnehmerin bezahlt wird. Die liechtensteinische Arbeitnehmerin erhält das Krankengeld vom Arbeitgeber ausbezahlt (vgl. Art. 35b des Arbeitsgesetzes; Lohnfortzahlung bei Mutterschutz), der das Krankengeld von den in Liechtenstein anerkannten Krankenkassen refundiert erhält. Die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers im Krankheitsfall ist für eine bestimmte Dauer gesetzlich vorgeschrieben (Art. 15 Abs. 2 KVG). Das Krankengeld beträgt bei voller Arbeitsunfähigkeit mindestens 80 % des bis dahin bezogenen AHV-pflichtigen Lohnes einschließlich regelmäßiger Nebenbezüge (vgl. Art. 14 Abs. 3 KVG).
Eine Beamtin in Österreich erhält für die Dauer der Schutzfrist (vgl. §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz 1979) den Monatsbezug (= Bruttomonatsbezug) vom Arbeitgeber weiter ausbezahlt (vgl. § 13c Abs. 8 Gehaltsgesetz 1956). Im Gegensatz dazu erhalten in Österreich weibliche Angestellte in der Privatwirtschaft während dieser Zeit vom Dienstgeber keine Bezüge, sondern Geldleistungen (Wochengeld) vom Sozialversicherungsträger in Höhe des durchschnittlichen Nettoverdienstes in den letzten drei Monaten vor Beginn der Schutzfrist zuzüglich der anteiligen Sonderzahlungen (vgl. § 162 Abs. 3 ASVG).
Der Begriff des AHV-pflichtigen Lohnes bestimmt sich ausschließlich nach liechtensteinischen Recht über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (kurz: AHV; das ist die gesetzliche und obligatorische Rentenversicherung; die Rentenleistungen dieser Versicherung soll im Alter das Existenzminimum sichern). Er wird im AHV-Recht auch als maßgebender Lohn bezeichnet. Zum Begriff "AHV-pflichtiger Lohn/maßgebender Lohn" findet sich im liechtensteinischen Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (im Folgenden kurz: AHVG) und in der Verordnung zum Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (im Folgenden kurz: AHVV) Folgendes: Die Beiträge der erwerbstätigen Versicherten werden in Prozenten des Einkommens aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit festgesetzt; das Einkommen wird als maßgebender Lohn bezeichnet (Art. 37 und Art. 38 Abs. 1 AHVG). Als maßgebender Lohn gilt jedes Entgelt für in unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit. Der maßgebende Lohn umfasst auch Teuerungs- und andere Lohnzulagen, Provisionen, Gratifikationen, Naturalleistungen, Ferien- und Feiertagsentschädigungen und ähnliche Bezüge, ferner Trinkgelder, soweit diese einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsentgeltes darstellen. Zum maßgebenden Lohn gehört auch ein Entgelt oder Lohnbestandteil, für welchen die versicherte Person wegen beschränkter Arbeitsfähigkeit der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber keine Gegenleistung erbringen kann (Art. 38 Abs. 2 AHVG; Art. 8 und 9 AHVV). Der Begriff "AHV-pflichtiger Lohn" ist somit ein eindeutig bestimmter Begriff. Grundsätzlich gilt jedes Entgelt für Arbeit in unselbstständiger Stellung als AHV-pflichtiger (maßgebender) Lohn. Das Entgelt kann aus Geld- oder Naturalleistungen bestehen. Unter dem für die Alters- und Hinterlassenenversicherung maßgebenden Lohn ist zusammengefasst die Summe aller Bruttolohnarten, auf welche die Alters- und Hinterlassenenversicherung abgerechnet wird (Lohn vor den Sozialabzügen), zu verstehen. Maßgebender Lohn für die AHV ist also der Bruttolohn. Esist aus der vorgelegten Lohnabrechnung betreffend den Zeitraum vom 1. Juni bis ersichtlich, dass die liechtensteinische Arbeitgeberin der Bf. für die Zeit des Mutterschutzes ein KK-Taggeld (Lohnfortzahlung) in Höhe von 20.776,85 SFR brutto ausbezahlt hat.
Zusammenfassend ergibt sich daher aus der Prüfung der Frage, ob die in Rede stehende Leistung aus Liechtenstein mit dem österreichischen Wochengeld, welches nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 von der Steuer befreit ist, vergleichbar ist, Folgendes: Während das inländische Wochengeld gemäß § 162 Abs. 3 ASVG nach dem früheren Nettoarbeitsverdienst bemessen wird, wird die liechtensteinische Geldleistung im Falle der Mutterschaft vom bisherigen Bruttoarbeitslohn bemessen. Die strittige Leistung ist folglich nicht mit dem inländischen Wochengeld vergleichbar; sie ist vielmehr mit jener Geldleistung (Lohnfortzahlung) zu vergleichen, die eine Beamtin in Österreich für den Zeitraum des Beschäftigungsverbotes wegen einer Schwangerschaft erhält, welche nach dem Einkommensteuergesetz nicht steuerbefreit ist.
Das Finanzamt hat daher zu Recht das gegenständliche Krankenkassa-Taggeld in Höhe von 20.776,85 SFR als steuerpflichtigen Bezug behandelt und war somit dem diesbezüglichen Beschwerdebegehren nicht zu folgen und waren auch entsprechend der Beschwerdevorentscheidung die Kinderfreibeträge zu berichtigen, weshalb der Bescheid insgesamt abzuändern war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Das Erkennntis hängt daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab und ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof somit unzulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Krankenkassataggeld Liechtenstein Wochengeld |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Bilger in BFGjournal 2023, 226 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100024.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at