Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.05.2019, RV/1100403/2018

Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Säumniszuschlägen bei ausschließlichen Einwendungen gegen die zugrunde liegenden Haftungs- und Abgabenfestsetzungsbescheide

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia Mauthner in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Advokaten Pfeiffer Keckeis Fiel Scheidbach OG, Drevesstraße 2, 6800 Feldkirch, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Nach Durchführung einer GPLA-Prüfung wurden mit Bescheiden des Finanzamtes Feldkirch vom gegenüber dem Beschwerdeführer (in der Folge abgekürzt Bf.) erste Säumniszuschläge für Lohnsteuer 2014 in Höhe von 102,02 €, für Lohnsteuer 2015 in Höhe von 80,99 €, für Lohnsteuer 2016 in Höhe von 353,79 € sowie für den Dienstgeberbeitrag 2016 in Höhe von 118,76 € (insgesamt 655,56 €) festgesetzt, da die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht bis zu den jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet wurden.

Gegen die den Säumniszuschlagsbescheiden zugrunde liegenden Bescheide (Lohnsteuerhaftungsbescheide 2014, 2015 und 2016 sowie Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2016) als auch gegen die Bescheide über die Festsetzung der Säumniszuschläge wurde von der rechtlichen Vertretung des Bf. mit Schriftsatz vom eine Beschwerde eingebracht. Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung dieser Bescheide sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat. In der Begründung wurde ausschließlich die sachliche Richtigkeit der den Säumniszuschlagsbescheiden zugrunde liegenden Haftungs- und Abgabenbescheide in Streit gestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Säumniszuschläge nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften mit der Begründung abgewiesen, die Festsetzung eines Säumniszuschlages sei eine objektive Rechtsfolge der Nichtentrichtung einer fälligen Abgabenverbindlichkeit () und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (). Im Zusammenhang mit der Verhängung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 1 BAO komme es allein auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten an. Die Abgabenbehörden seien bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages unter Ausschluss jedweden Ermessens verpflichtet, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages entstehe ().

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages trete unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig sei, wenn die zugrundeliegende Abgabenfestsetzung unrichtig sei (). Säumniszuschläge würden grundsätzlich immer dann anfallen, wenn Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet würden und keine im Gesetz taxativ aufgezählten Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände gesetzt würden. Die Fälligkeit von Abgaben sei in den einschlägigen Abgabenvorschriften geregelt.

Sollte sich aufgrund der eingebrachten Beschwerde gegen die Festsetzung der Lohnabgaben 2014 bis 2016 jedoch eine Änderung ergeben, werde auf § 295 Abs. 3 BAO hingewiesen. Nach dieser Norm sei ein Bescheid ohne Rücksicht darauf, ob Rechtskraft eingetreten sei, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides könne gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden sei.

Abschließend werde darauf hingewiesen, dass eine Änderung bzw. Aufhebung des Säumniszuschlagsbescheides mittelbar von der Beschwerdeerledigung abhänge. Weiters werde darauf hingewiesen, dass die beantragte Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für die Säumniszuschläge antragsgemäß gewährt worden sei.

Da zum jeweiligen Fälligkeitstag die Lohnsteuer 2014, 2015 und 2016 sowie der Dienstgeberbeitrag 2016 nicht entrichtet und keine Maßnahme gesetzt worden sei, die hinsichtlich des Fälligkeitstages eine aufschiebende oder hemmende Wirkung gehabt hätte, bestünden die Säumniszuschläge zu Recht.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom wurde kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung zurückgezogen.

II. Rechtslage und rechtliche Würdigung

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 8 erster Satz BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Gemäß § 79 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 43 Abs. 1 erster Satz FLAG ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.

Gemäß § 43 Abs. 2 FLAG finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) sinngemäß Anwendung.

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sind ausschließlich die obig angeführten Bescheide vom  über die Festsetzung von Säumniszuschlägen. Über die Beschwerde gegen die zugrunde liegenden Haftungs- und Abgabenbescheide wird gesondert von dem (der) nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter(in) entschieden.

Strittig ist, ob die Festsetzung von Säumniszuschlägen auch dann rechtmäßig ist, wenn die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Haftungs- und Abgabenbescheide vom Bf. als unrichtig erachtet werden und deshalb eine Beschwerde anhängig ist.

Selbstbemessungsabgaben wie die Lohnsteuer und der Dienstgeberbeitrag sind Abgaben, bei denen der Abgabenschuldner (Eigenschuldner) oder der Abfuhrpflichtige (Haftungspflichtige) die Abgaben selbst zu berechnen und zu entrichten hat, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit, wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung, abgewartet werden darf (vgl. Ritz, BAO6, § 201 Tz 1 und 4 sowie § 202 Tz 1).

Fälligkeitstag der Lohnsteuern 2014, 2015 und 2016 war gemäß § 210 Abs. 1 BAO iVm § 79 EStG 1988 der , der und der . Fälligkeitstag des Dienstgeberbeitrags 2016 war gemäß § 210 Abs. 1 iVm § 43 Abs. 1 FLAG der . Die in Folge der GPLA-Prüfung jeweils am erlassenen Lohnsteuerhaftungsbescheide 2014, 2015 und 2016 sowie der Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2016 haben hinsichtlich dieser Abgaben keine neue Fälligkeit ausgelöst. Die gegenständlichen den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben waren demnach nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit und zwar unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe dem Grunde oder der Höhe nach rechtmäßig ist, ob die Festsetzung rechtskräftig ist oder ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (siehe dazu z.B. , 0054; , 2002/16/0072; , Ra 2017/13/0023; Ritz, aaO, § 217 Tz 4).

Der Umstand, dass gegen die zugrunde liegenden Haftungs- und Abgabenbescheide Beschwerde eingebracht worden ist und dass die mit diesen Bescheiden vorgeschriebenen Abgaben bzw. der Bestand der in Haftung gezogenen Abgaben bestritten wurde, hindert daher nicht die Festsetzung von Säumniszuschlägen. Da in der Beschwerde somit keine Gründe vorgebracht wurden, die gegen die objektive Säumnisfolge nach § 217 Abs. 1 und 2 BAO bzw. für eine Aufhebung des Säumniszuschlagbescheides sprechen würden, erfolgte die Festsetzung der Säumniszuschläge im Ausmaß von 2% der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbeträge zu Recht.

Informativ wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall einer allfälligen nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld im Beschwerdeverfahren gegen die den Säumniszuschlägen zugrundeliegenden Bescheide die Berechnung des Säumniszuschlages bzw. der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.

III. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies ist vorliegend nicht der Fall, die Entscheidung erfolgte in Übereinstimmung mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Auf die zitierte Rechtsprechung wird verwiesen. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 43 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 43 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100403.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at