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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.02.2019, RV/5100293/2016

Kulanz bei Pflichtveranlagung und Hochrechnung steuerpflichtiger NSA-Einkünfte durch teilweise steuerfreie Einkünfte ergebender Nachzahlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Darstellung des verwaltungsbehördlichen Verfahrens:

Die Beschwerdeführerin hat am ihre händisch ausgefüllte Erklärung zur Arbeitnehmerinnenveranlagung 2014 beim zuständigen Finanzamt abgegeben. Dabei machte sie Sonderausgaben für Personenversicherungen € 1.503,47, Wohnraumschaffung bzw. Sanierung € 5.987,30 und den Kirchenbeitrag i.H.v. € 50,49 geltend.

Diese wurden vom Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2014 datiert vom vollständig anerkannt und zu einem Viertel angerechnet.

Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigte das Finanzamt fünf übermittelte Lohnzettel (Gemeinde A € 196,20, B Gebietskrankenkasse € 592,11, € 2.842,15 und € 3.256,63 sowie Pensionsversicherungsanstalt € 6.185,97) und erhöhte diesen Betrag um die nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) anzusetzenden € 7.455,06.

Dies wurde damit begründet, dass bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) zuerst die steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag umgerechnet, Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt und anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittssteuersatz ermittelt und auf das Einkommen angewendet (Umrechnungsvariante) worden sei. Anhand einer Kontrollrechnung sei überprüft worden, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergebe. Was im Fall der Beschwerdeführerin zutreffe, weswegen der Tarif daher nicht auf das im Bescheid ausgewiesene, sondern auf ein Einkommen von € 18.499,35 angewendet worden sei.

Dies führte zu einer Nachforderung i.H.v. € 296,00.

In der händisch am verfassten Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid bat die Beschwerdeführerin das Finanzamt auf seine Forderungen zu verzichten. Sie sei seit ihrem 15. Lebensjahr berufstätig gewesen und erhalte nun im 53. Lebensjahr eine Berufsunfähigkeitspension. Der einzig positive Aspekt (in ihrem Leben) sei ihre Wohnung, für welche sie immer noch Darlehensraten bezahlen müsse. Außerdem tragen sie Aufwendungen der Krankenversicherung ihrer Töchter und ihrer selbst. Die Töchter würden je € 100 monatlich erhalten. Bei einer Berufsunfähigkeitspension von € 700,00 könne sie sich die Vorschreibung des Finanzamtes nicht leisten. Die Mindestsicherung erhalte sie, anders als Asylwerber, welche nie in das Sozialversicherungssystem einbezahlt hätten, nicht, da sie ja eine Wohnung besitzte.

Sollte Ihre Bitte um den Verzicht auf die Abgabennachforderung nicht nachgekommen werden, werde sie sich an die Medien und Zeitungen wenden. Sie sei als Österreicherin, welche ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst verdienen könne, "geschafft genug".

Mit der Beschwerdevorentscheidung datiert vom wurde das Begehren der Beschwerdeführerin abgewiesen und dies damit begründet, dass die Beschwerdeführerin im Veranlagungszeitraum Krankengeld gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 bezogen habe. Es lägen die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 vor, weswegen es nicht möglich sei, den Antrag auf Arbeitnehmerinnenveranlagung zurückzuziehen.

Mit dem händisch verfassten Schreiben datiert vom , beim Finanzamt eingelangt am , stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (§ 264 Abs. 1 BAO [Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961]). Darin versucht sie erneut, auf die Abgabenforderung in Höhe von € 296,00 verzichten. Durch eine Abfolge von negativen Ereignissen sei sie völlig aus der Bahn geworfen worden und erhalte seit April 2015 eine Berufsunfähigkeitspension, welche in ihrer Höhe nicht einmal die Mindestsicherung erreiche. Sie müsse ihre Wohnung erhalten, Strom, Heizung und Darlehen finanzieren. Es seien ihr Trockner und auch ihre Waschmaschine kaputt gegangen. Derzeit befinde sie sich in einem Sonderkrankenhaus zur Entwöhnung. Sie bitte um kulante Behandlung.

Beweiswürdigung und sich daraus ergebender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin hat, wie oben im Detail dargestellt, im Jahr 2014 neben Einkünften aus der Pensionsversicherungsanstalt und aus einer anderen nichtselbstständigen Tätigkeit, Bezüge der gesetzlichen Krankenversicherung (drei Lohnzettel) erhalten. Die von ihr beantragten Sonderausgaben wurden vom Finanzamt vollständig anerkannt.

Außerdem hat die Beschwerdeführerin 2014 für die Zeiträume 24. April bis 31. August € 3.892,20, 4. September bis 1. Oktober  € 838,32 und vom 10. November bis 31. Dezember € 6.185,97 an Arbeitslosengeld vom Arbeitsmarktservice Österreich erhalten.

Rechtslage und rechtliche Erwägungen:

Nach § 69 Abs. 2 EStG 1988 sind bei der Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung 22 % Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge € 20 täglich übersteigen (Freibetrag).

§ 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 sieht vor, dass das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld von der Einkommenssteuer befreit ist.

Jedoch sind nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 im Fall, dass der Steuerpflichtige nur für einen Teil des Kalenderjahres steuerfreie Bezüge nach § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 (Arbeitslosengeld) erhält, die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte und die zum laufenden Tarif zu versteuern Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist es Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festgesetzte Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtliche Bezüge ergeben würde.

Ziel dieser Bestimmung ist es, die Absenkung der Steuerprogression durch steuerfreie Einkünfte nicht auch auf die steuerpflichtigen Einkünfte auszudehnen und wirkt wie ein Progressionsvorbehalt.

Die vom Finanzamt korrekt durchgeführte Berechnung, welche auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen wurde, ergibt auch unter Berücksichtigung der Kontrollrechnung eine Steuernachzahlung i.H.v. € 296,00.

Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen war die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 i.V.m. § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 und § 33 EStG 1988 abzuweisen, da die vom Finanzamt errechneten Nachzahlung rechtlich und inhaltlich korrekt ermittelt wurde.

Bei der Feststellung der Höhe dazu bezahlenden Einkommenssteuer hat der Gesetzgeber keine Möglichkeit der von der Beschwerdeführerin gewünschten Kulanz vorgesehen. Entsprechend Art. 18 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930) darf die gesamte Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden und kann daher dem Finanzamt das verweigerte Entgegenkommen nicht vorgeworfen werden.

Allerdings hat der Gesetzgeber für den Fall, dass Steuerpflichtige, wie von der Beschwerdeführerin beschrieben, Schwierigkeiten haben, die Abgabenschuld zu begleichen, die Möglichkeit geschaffen, einen Antrag auf Stundung oder Ratenzahlung im Sinne des § 212 Abs. 1 BAO beim Finanzamt zu stellen. Nach § 236 Abs. 1 BAO besteht auch die Möglichkeit eines Antrages, auf Abschreibung fälliger Abgabenschulden, soweit ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die rechtliche Würdigung dieser Beschwerde in der unmittelbaren Anwendung der oben zitierten Gesetzesstellen erschöpft, wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung berührt. Es ergibt sich daher keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der behandelten Rechtsfragen, was die Zulässigkeit der Revision ausschließt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100293.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at