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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2019, RV/5100451/2018

Familienbeihilfe; voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht bescheinigt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch V., gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom , zu VNR000, über die Abweisung von Anträgen auf Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Dezember 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang

Mit den am und  beim Finanzamt eingelangten Eingaben beantragte der am Dat00 geborene Beschwerdeführer (Bf.) die Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe. Als erhebliche Behinderung bzw. Erkrankung gab er an: „juvenile Depression, verminderte Belastbarkeit, frühere Drogenabhängigkeit, Hep. C, Asthma, COPD“

Im ärztlichen Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) vom des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), 00000, heißt es (auszugsweise):

„[…]

Anamnese:
Der Patient kommt erstmalig zur Untersuchung. Ist jetzt ** Jahre alt. Der Patient hat
normale Volks- und Hauptschule, Handelsakademie absolviert, dann hat er Speditionskaufmann gelernt - die Lehre nicht fertig absolviert. Der Patient ist mit dem 18. Lebensjahr ausgezogen und hat eine Drogenkarriere begonnen. Alkohol und Drogen seit dem 14. Lebensjahr, seit 2 1/2 Jahren keine Drogenabhängigkeit, kein Alkohol. Es wurde auch eine Hepatitis C diagnostiziert.

Derzeitige Beschwerden:
Letzter Entzug Mauer-Öhling vor 2 Jahren, seither auch keine Drogenersatzprogramm. Hat jetzt Arbeit gefunden bei der ###, hat auch den Führerschein nachgemacht.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
kein Drogenersatzprogramm
...

Sozialanamnese:
** jähriger Patient, als Fahrer bei der ### beschäftigt.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
... (angeführt sind insgesamt 14 Befunde)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:
gut

Ernährungszustand:
gut

Größe:185‚00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:

Status (Kopf/ Fußschema) - Fachstatus:
...

Gesamtmobilität - Gangbild:
...

Psycho(patho)logischer Status:
Der Patient ist zeitlich, örtlich, zur Person und situativ gut orientiert, im Duktus geordnet,
es zeigen sich keine formalen und inhaltlichen Denkstörungen, keine Ängste, keine Zwänge, keine Selbstverletzungen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd.Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB
1
jahrelange Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Depressionen
50 % aufgrund der jahrelangen Suchtabhängigkeit (Drogen- und
Alkoholabhängigkeit), Depressionen, beginnend 1999
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: Ja

GdB liegt vor seit: 09/1999

Herr XY ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: NEIN

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Der Patient aus heutiger Sicht arbeitsfähig, seit 2 Jahren clean, hat mehrere Entwöhnungskuren absolviert und ist beschäftigt bei ++++.

Dauerzustand

Gutachten erstellt am von Dr.**

Gutachten vidiert am von Dr.***“

In einem weiteren ärztlichen Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) vom des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), 0001, wurde Folgendes festgestellt (auszugsweise):

„[…]

Anamnese:
Letztgutachten Dr.**, 02/2017, Diagnose:
jahrelange Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Depressionen, GdB 50%;

Neufestsetzung wegen Einspruchs gegen das Letztgutachten bezüglich dauernder
Erwerbsunfähigkeit:
berufliche Anamnese: siehe auch LGA, hat die Handelsakademie absolviert, dann
Speditionskaufmann gelernt, die Lehre nicht abgeschlossen; mit dem 18. LJ von zu Hause
ausgezogen und eine Drogenkarriere begonnen; Alkohol und Drogen seit dem 14. LJ;
er hat‚ nachdem er von den Eltern ausgezogen ist, in Ort** gelebt, hat von der
Notstandshilfe und Beschaffungskriminalität gelebt, sei auch 4- oder 5-mal im Gefängnis
gewesen, insgesamt 3-4 Jahre eingesessen; die letzte Haftentlassung ca. 2010;
vor 3 Jahren hätte er einen Drogenentzug gemacht, am ****, ca. 1 1/2 Jahre lang;
er lebt seit einem Jahr in einer betreuten WG des **** in Ort***, hat nach dem
**** im ATZ in Ort**** in einem Seminarhotel 10 Monate lang ein Arbeitstraining
absolviert;
seit einem halben Jahr ist er über eine Maßnahme von ++++ bei der ###
angestellt - als Fahrer, 38 Stunden pro Woche (Einkommen: 1200 Euro netto pro Monat);
ab wird er nur mehr 30 Stunden pro Woche arbeiten - “Weil ich Vollzeit nicht
schaffe. Ich bin zwar körperlich fit, aber psychisch belastet mich eine Arbeit in diesem
Ausmaß, da bekomme ich dann ein starkes Verlangen nach Drogen. Vor einem halben Jahr hatte ich deswegen auch einen Rückfall mit Alkohol und Amphetaminen. Wenn ich einen Rückfall habe, dann ist es am besten, mit dem Betreuer sofort darüber zu sprechen. Ein Sozialbetreuer vom **** besucht mich 1-mal pro Woche zu einem Gespräch. Ab 12.09. werde ich dann von der ### im Ausmaß von 30 Stunden/Woche-Job übernommen.
Diese Arbeit gefällt mir auch besser, als in Ort****. Ich bin mehr körperlich tätig, muss
auch Sachen ausladen und fahren."
Er geht regelmäßig laufen, Mountain biken und auch ins Fitnessstudio;

Derzeitige Beschwerden:
1.: "Wenn ich beruflich mehr Stress habe, dann wird auch das Asthma wieder schlechter,
das merke ich dann 1-2 Monate lang, dass ich dann weniger Luft bekomme."
2.: "Die Leberwerte sind halbwegs in Ordnung - ich gehe halbjährlich zur Kontrolle ins KH."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
kein Drogenersatzprogramm
...

Sozialanamnese:
Einzelkind;
zu den Eltern besteht seit 2-3 Jahren wieder regelmäßig Kontakt;
er hat auch Kontakt zu Leuten, die selbst ein Entwöhnungsprogramm absolviert haben;
die Eltern haben sich getrennt, als er 1 Jahr alt war, der Vater wohnt in *#, die Mutter in **#; der Vater und der Großvater väterlicherseits hatten selbst Alkoholprobleme;

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Gutachten von Dr.****, FA für Psychiatrie, 01/2017, PVA:
Polytoxikomanie - derzeit abstinent;
bei dem Probanden besteht ein Zustand nach langjähriger Polytoxikomanie mit multiplen
Therapieversuchen, der letzte Therapieversuch vor 2 Jahren am **** führte zu einer
bisherigen Abstinenz mit therapeutischer Unterstützung; prinzipiell ist der Proband
geeignet für geregelte Tätigkeiten, das Stundenausmaß ist allerdings zwischen mindestens 25 Stunden bis vollschichtig variabel zu gestalten, mit einer langsamen Steigerung der Belastung; eine vollschichtige Tätigkeit mit derzeit 37,5 Wochenstunden führte bei dem Probanden im letzten Jahr zu einer gewissen Überforderung und Steigerung des Suchtdruckes, daher langsame Stundensteigerung mit individueller Anpassung bis zur Belastungsgrenze empfehlenswert; prinzipiell Maßnahmenfähigkeit und Schulungsfähigkeit gegeben;
Prognose: Stabilisierung in 12 Monaten mit psychosozialer Unterstützung und begleitender Psychotherapie gut möglich;

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:
gut

Ernährungszustand:
gut

Größe:185‚00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:

Status (Kopf/ Fußschema) - Fachstatus:
...

Gesamtmobilität - Gangbild:
...

Psycho(patho)logischer Status:
Allseits orientiert, kontaktfähig, Stimmung indifferent, Antrieb unauffällig, unauffällig
affizierbar, Ductus kohärent;

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd.Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB
1
Polytoxikomanie, derzeit abstinent
keine Änderung zum Letztgutachten
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu Vorgutachten:
keine wesentliche Änderung

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: Ja

GdB liegt vor seit: 09/1999

Herr XY ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: NEIN

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
bei anhaltender Drogenabstinenz (der Wille diese einzuhalten, scheint vorhanden zu sein) kann es zu einer weiteren psychischen Stabilisierung (wie auch im fachärztlichen Gutachten von Dr.**** angeführt) kommen;
Hr. XY wird zwar eine Vollzeitanstellung zum jetzigen Zeitpunkt nur kürzere Zeit
durchhalten, deshalb wird er ab bei der ### eine reguläre Anstellung mit 30 Wochenstunden erhalten;
Es besteht gute Aussicht, dass er sich damit (auch wenn er noch einige Zeit therapeutische Begleitung und psychosoziale Unterstützung benötigen wird) den Unterhalt wird selbst verschaffen können.

Nachuntersuchung: in 3 Jahren

Anmerkung hins. Nachuntersuchung:
weitere Stabilisierung ist möglich

Gutachten erstellt am von Dr.*****

Gutachten vidiert am von Dr.***“

Das Finanzamt legte die Untersuchungsergebnisse seiner Entscheidung zu Grunde und wies die Anträge der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom für den Zeitraum „ - laufend“ ab.
Unter Hinweis auf die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung führte die Behörde zur Begründung sinngemäß aus, dass weder eine Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres noch eine dauernde Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 vorgelegen sei und daher ein Anspruch auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe nicht bestehe.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben. Der Bf. beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde (§ 262 Abs. 2 BAO). Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

1. Unrichtige rechtliche Beurteilung und unrichtige Tatsachenfeststellung:

1.1.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Behörde ihrer Entscheidung eine falsche Rechtsgrundlage zugrunde gelegt hat: In der Begründung bezieht sich die belangte Behörde auf § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967, die jedoch nur auf volljährliche Vollwaisen anzuwenden ist. Da es sich bei mir um keine Vollwaise handelt, ist die Rechtsgrundlage falsch. Richtigerweise hätte die Behörde ihre Entscheidung auf § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 stützen müssen, wonach Anspruch auf Familienbeihilfe auch volljährige Kinder haben, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Beide Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor:

1.2.
Die erste Voraussetzung ergibt sich direkt aus der von der belangten Behörde beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle ##, eingeholten Sachverständigengutachten, wonach meine als körperliche oder geistige Behinderung zu qualifizierende, seit 1999 (und damit vor Vollendung meines 21. Lebensjahres) festgestellte Drogen- und Alkoholabhängigkeit zu einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 % geführt hat.

1.3.
Entgegen den Angaben des Sachverständigen liegt auch die für den Bezug von Familienbeihilfe erforderliche zweite Voraussetzung der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor. Der Sachverständige begründet seine diesbezüglich negative Einschätzung damit, dass ich aus heutiger Sicht arbeitsfähig und seit 2 Jahren clean sei, mehrere Entwöhnungskuren absolviert habe und bei ++++ beschäftigt sei.

1.4.
Richtig ist, dass ich derzeit im Arbeitstrainingszentrum ## aufgenommen bin, bei dem es sich um eine Einrichtung der Betreuungseinrichtung ++++ handelt. Im Rahmen dieser Maßnahme wurde ich dem Verein ### in Ort*** zugeteilt, wobei meine Tätigkeit als bloß temporäres Arbeitstrainingsprogramm einerseits auf 6 Monate befristet, andererseits in Arbeitsumgebung und Entgelt mit einer herkömmlichen Beschäftigung, mit der ein den eigenen Unterhalt sicherndes Entgelt ins Verdienen gebracht werden kann, nicht vergleichbar ist. Von einer unterhaltssichernden, dem primären  Arbeitsmarkt vergleichbaren Beschäftigung meinerseits kann damit keineswegs gesprochen werden und ist mir die Aufnahme einer solchen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen auch gar nicht möglich: Ich muss laufend starke Medikamente gegen Depression, Spannungszustände, Schlaflosigkeit und Suchtdruck einnehmen, ich werde nach wie vor durch die psychotherapeutische Einrichtung von ++++ betreut, lebe in einer betreuten Wohneinrichtung der Drogenentzugsstation **** in Ort*** und nehme dort regelmäßig an therapeutischen Einzel- und Gruppensitzungen teil, um den nach wie vor vorhandenen Suchtdruck zu beherrschen und die unverändert aufrechte psychische und physische Labilität aufarbeiten zu können. Ich befinde mich zudem in permanenter ärztlicher Behandlung wegen rascher Ermüdung, starken Belastungsreaktionen bei Stress, dem schlechten Umgang mit Überforderung und muss zudem laufend mein Asthma sowie aufgrund meiner Hepatitis C meine schlechten Leberwerte kontrollieren und behandeln lassen. Nach meiner Therapie in der Drogenentzugsstation **** habe ich schon einmal eine Arbeitstrainingsmaßnahme bei einer zur ++++ gehörenden Einrichtung in Ort**** begonnen, die bei mir sogleich vermehrt zu überlastungsbedingten Krankenständen geführt hat, sodass eine Reduktion des Beschäftigungsausmaßes auf 25 Stunden beantragt werden musste, welche von der PVA aufgrund meiner mangelnden Belastbarkeit auch bewilligt wurde.

All diese Faktoren wurden vom Sachverständigen außer Acht gelassen und ist dieser dadurch zu einer unrichtigen Beurteilung der Frage des Vorliegens der Unfähigkeit, sich dauernd selbst den Unterhalt verschaffen zu können, aus medizinischer Sicht gelangt. Mit der Zugrundelegung des Gutachtens in ihrer Entscheidung hat die belangte Behörde den relevanten Sachverhalt damit nur unrichtig und unvollständig erhoben. Tatsächlich ist es mir aufgrund meiner Erkrankung nicht möglich, über längere Zeit einer regulären Erwerbstätigkeit nachzugehen und mir so selbst den Unterhalt zu verschaffen. Vielmehr benötige ich aufgrund meines schweren Erkrankungsbildes ständige Unterstützung in Form therapeutischer und medizinischer Nachbehandlungen und muss eine berufliche Überforderung aufgrund des immer wieder auftretenden Suchtdrucks unbedingt vermieden werden. Im Ergebnis bin ich daher dauernd außer Stande, mir meinen Unterhalt selbst zu verschaffen und wäre mir die beantragte Familienbeihilfe bzw. die erhöhte Familienbeilhilfe zu gewähren gewesen.

1.5.
Wenn die belangte Behörde in ihrem Bescheid weiters ausführt, dass § 2 Abs. 1 lit. c FLAG nicht nur verlangt, dass die Behinderung vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist, sondern auch die dauernde Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder für den Fall einer späteren Berufsausbildung, vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein muss, so ist dazu auszuführen, dass die dauernde Erwerbsunfähigkeit aufgrund meines seit 1999 praktisch unveränderten Beschwerdebilds bereits seit damals fortdauernd gegeben ist. Ich habe immer wieder bei der ++++ ## Arbeitstrainingsmaßnahmen besucht, wobei es dabei allerdings immer wieder zu Überlastungsreaktionen gekommen ist. Meine schwere Abhängigkeitserkrankung besteht seit meiner Jugend und benötige ich dauernde therapeutische und medizinische Behandlung und halte ich beruflichen Druck, wie er sich außerhalb einer Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme im regulären Arbeitsmarkt permanent
einstellen würde, nicht aus, da sich diesfalls aufgrund der beruflichen Überforderungssituation sofort wieder ein Suchtdruck einstellen würde. Der Umstand, dass ich immer wieder in Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen bei ++++ beschäftigt war, ist jedenfalls kein Indiz für das Nichtvorliegen dauerhafter Erwerbsunfähigkeit, zumal eine solche Beschäftigungsmaßnahme nicht mit dem primären Arbeitsmarkt vergleichbar ist und ich selbst in diesem geschützten Rahmen in der Vergangenheit immer wieder Überforderungsreaktionen gezeigt habe und nur wenige Wochenstunden mit immer wiederkehrenden Unterbrechungen arbeiten konnte. Die belangte Behörde verkennt die seit Jahren unveränderte Schwere meiner Erkrankung und das Vorliegen von schon seit 1999 bestehender dauernder Erwerbsunfähigkeit.

2. Unterlassung einer nachvollziehbaren Begründung in entscheidungswesentlichen Punkten:
Der Entscheidungsfindung der Behörde ermangelt es in der gegenständlichen Sache an sachlicher Begründung. Die Begründung beschränkt sich auf einen bloßen Verweis auf eine in Auftrag gegebene Sachverständigenbegutachtung, die dem Bescheid weder beilag, noch auch nur auszugsweise in die Begründung aufgenommen worden ist. Die Behörde führt in ihrer Begründung nur lapidar und inhaltsleer aus, dass keine dauernde Erwerbsunfähigkeit bescheinigt worden sei und die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe damit nicht vorlägen, ohne die angeblich nicht vorliegende dauernde Erwerbsunfähigkeit näher zu begründen. Wie die Behörde oder der von ihr beauftragte Sachverständige zu dieser Einschätzung gelangt, erschließt sich dem Bescheid nicht.
"

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurden dem Bf. die Sachverständigen-gutachten des Sozialministeriumservice vom , 00000, und vom , 0001, zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom  äußerte sich die beschwerdeführende Partei dazu wie folgt:
Nach neuerer Rechtsprechung haben die Beihilfenbehörden zur Frage des Grades der Behinderung und der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (§ 8 Abs. 6 FLAG) bei ihrer Entscheidung von einer durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können sie nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung davon abgehen (VwGH 2010/16/0068). Im gegenständlichen Verfahren wurden zwei Sachverstandigengutachten eingeholt:

Im Sachverständigengutachten vom wird zur Begründung, weshalb ich voraussichtlich nicht außerstande sein soll, mir selbst.den Unterhalt zu verschaffen, lapidar ausgeführt, dass ich aus heutiger Sicht - ohne diesen Aspekt näher auszuführen - arbeitsfähig sei, seit 2 Jahren clean wäre, mehrere Entwöhnungskuren absolviert hätte und bei ++++ beschäftigt wäre, was die ärztliche Einschätzung in keiner Weise begründet und diese damit nicht nachvollziehbar macht.

Im Sachverständigengutachten vom wird die abermals verneinte voraussichtliche Unfähigkeit, mir dauerhaft selbst den Unterhalt zu verschaffen damit begründet, dass es bei anhaltender Drogenabstinenz zu einer weiteren psychischen Stabilisierung kommen könne und ich zwar gegenwärtig eine Vollzeitanstellung nur kürzere Zeit durchhalten würde, aber gute Aussicht bestehen würde, mir selbst den Unterhalt verschaffen zu können. Die im ärztlichen Gutachten angeführte Begründung, weshalb ich dauerhaft außerstande sein soll, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist in keiner Weise nachvollziehbar: Zwar ist es richtig, dass die Beihilfebehörden bei ihrer Entscheidung grundsätzlich von einer durch das eingeholte ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen haben (VwGH 2010/16/0068, sowie VfGH B700/O7), dessen ungeachtet kann von der gutachterlichen Einschätzung aber bei Widersprüchlichkeit oder nicht gegebener Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten abgegangen werden (). Im vorliegenden Fall kann beiden eingeholten ärztlichen Gutachten in Bezug auf die verneinte Unfähigkeit, mir dauerhaft selbst den Unterhalt zu verschaffen, keine nachvollziehbare Begründung entnommen werden und ist vor diesem Hintergrund in Anbetracht der nicht gegebenen Schlüssigkeit der Gutachten ein Abgehen von der in den Gutachten getroffenen Einschätzung angezeigt:

Richtig ist, dass ich bei der ### eine Anstellung gefunden habe, ich aber eine Vollzeitbeschäftigung aufgrund des aufkommenden Suchtdrucks nicht durchhalte und nur eine Beschäftigung mit erheblich reduzierten Wochenstundenausmaß nachgehen kann. Eine Beschäftigung bei der ### stellt keine einer gewöhnlichen unselbständigen Tätigkeit vergleichbare Beschäftigungsmaßnahme dar, vielmehr handelt es sich dabei um eine hauptsächlich therapeutischen Zwecken dienende Beschäftigung, die mit permanenten therapeutischen Begleitmaßnahmen verknüpft ist. Schon vor der mit neu geschaffenen Rechtslage entsprach es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass von einer beruflichen Tätigkeit nicht gesprochen werden kann, wenn der beruflich Tätige aus karitativen Überlegungen oder zu therapeutischen Zwecken beschäftigt wird (VwGH 2002/15/0167). Ich bin im Rahmen eines temporären Arbeitstrainingsprogramms im Arbeitstrainingszentrum ## beschäftigt, zu dem ich vom Verein ### zugeteilt worden bin. Es handelt sich dabei um keine unterhaltssichernde, den primären Arbeitsmarkt vergleichbare Beschäftigung und kann ich gerade im Hinblick darauf, dass ich selbst unter diesen geschützten Rahmenbedingungen nicht in der Lage bin, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, keinesfalls davon gesprochen werden, dass ich voraussichtlich dauerhaft im Stande wäre, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf das von der Pensionsversicherungsanstalt eingeholte ärztliche Gesamtgutachten vom , aus dem sich ergibt, dass ich seit über 20 Jahren keiner normalen Erwerbstätigkeit nachgehe und eine Vollzeitbeschäftigung aufgrund des sich diesfalls einstellenden Überforderungsgefühls und des Suchtdrucks nicht aushalte; ich lege dieses Gutachten dieser Äußerung als Beilage bei. Mit einer beträchtlich unter einer Vollzeitbeschäftigung in einer Arbeitstrainingsmaßnahme zu liegen kommende Anstellung ist es nicht möglich, sich selbst dauerhaft den Unterhalt zu verschaffen. Für eine Vollzeitbeschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt mit entsprechender unterhaltssichernder Verdienstmöglichkeit liegen bei mir aufgrund des psychischen und suchtbedingten Leidensdrucks die Voraussetzungen nicht vor.

Das Gericht wird daher richtigerweise zu der Einschätzung gelangen müssen, dass ich voraussichtlich dauernd außer Stande bin, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen, sodass die beantragte Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe antragsgemäß zu gewähren ist. Allenfalls möge das Gericht vor Erlassung einer Entscheidung die Ergänzung des Gutachtens des Sozialministeriumsservice vom beauftragen und den
Sachverständigen zu einer nachvollziehbaren Begründung zu der vom Sachverständigen verneinten Fähigkeit, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen (Seite 4 unten im Gutachten), insbesondere durch Beantwortung der folgenden Fragen, auffordern:

- Ist der Untersuchte voraussichtlich auf Dauer in der Lage, einer Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt nachzugehen? In welchem wöchentlichen Stundenausmaß?"

II.) Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht nimmt folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Bf. wurde am Dat00 geboren. Nach der Volksschule und Hauptschule besuchte er die Handelsakademie und lernte in der Folge den Beruf Speditionskaufmann, schloss die Lehre jedoch nicht ab.
Der Bf. wurde im Zuge des Antragsverfahrens zweimal untersucht. In den Gutachten stellten die ärztlichen Sachverständigen „eine jahrelange Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Depressionen, 50 % aufgrund der jahrelangen Suchtabhängigkeit (Drogen- und Alkoholabhängigkeit), Depressionen, beginnend 1999" (Erstgutachten) bzw. „Polytoxikomanie, derzeit abstinent, keine Änderung zum Letztgutachten" fest und reihten die Erkrankung unter die Position der anzuwendenden Einschätzungsverordnung ein. Der Grad der Behinderung wurde in den Gutachten übereinstimmend mit 50 v. H. festgesetzt.
Dass der Bf. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde in keinem der Gutachten bescheinigt. Das Erstgutachten vom führt dazu aus, dass  „der Bf. aus heutiger Sicht arbeitsfähig ist, seit zwei Jahren clean ist, mehrere Entwöhnungskuren absolviert hat und bei ++++ beschäftigt ist." Das Zweitgutachten vom verweist in diesem Zusammenhang auf ein von der Pensionsversicherungsanstalt eingeholtes ärztliches Gesamtgutachten durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin vom und stellt fest, dass „bei anhaltender Drogenabstinenz (der Wille diese einzuhalten, scheint vorhanden zu sein) es zu einer weiteren psychischen Stabilisierung kommen kann; der Bf. wird zwar eine Vollzeitanstellung zum jetzigen Zeitpunkt nur kürzere Zeit durchhalten, deshalb wird er ab bei der ### eine reguläre Anstellung mit 30 Wochenstunden erhalten; es besteht gute Aussicht, dass er sich damit (auch wenn er noch einige Zeit therapeutische Begleitung und psychosoziale Unterstützung benötigen wird) den Unterhalt wird selbst verschaffen können."

III.) Rechtslage

Gemäß § 6 Abs. 1 und 2 lit. d des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG  1967 in der im Beschwerdefall für den Zeitraum ab April 2011 zunächst noch maßgebenden Fassung haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie - im Beschwerdefall nicht strittige - Voraussetzungen zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 wurde die Altersgrenze in § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 vom 27. Lebensjahr auf das 25. Lebensjahr herabgesetzt.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe kann nur für höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden (§ 10 Abs. 3 FLAG 1967).

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist. Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht.

Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967).

Daraus folgt, dass bei volljährigen Kindern, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung ist, und würde er auch 100 % betragen (; ). Auch bei einer Behinderung von 100 % ist es nicht ausgeschlossen, dass der Betreffende imstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ().

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 7 FLAG 1967 gelten die Abs. 4 bis 6 sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat im Erkenntnis , ausgesprochen, dass es im Fall des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 weder auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu irgendeiner Behinderung führt, sondern dass der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem diejenige Behinderung (als Folge einer allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt.

Bei der Antwort auf die Frage, ob eine solche körperliche oder geistige Behinderung, die zur Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, führt, vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder allenfalls während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 27. oder 25. Lebensjahres) eingetreten ist, sind die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (vgl. etwa ; und , mwN).

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 167 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

IV.) Beweiswürdigung und rechtliche Erwägungen

Durch die Bestimmung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 hat der Gesetzgeber die Frage des Grades der Behinderung und auch die damit in der Regel unmittelbar zusammenhängende Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (). Daraus folgt, dass de facto eine Bindung an die Feststellungen der im Wege des  Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) erstellten Gutachten gegeben ist. Die Tätigkeit der Behörden hat sich daher im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob die Gutachten als schlüssig, vollständig und nicht einander widersprechend anzusehen sind (z.B. mit Hinweis auf , und ; Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29).

Auch das Bundesfinanzgericht hat somit für seine Entscheidung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen, sofern diese als schlüssig anzusehen sind. Es ist also im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens festzustellen, ob die gegenständlichen im Wege des Bundessozialamtes (Sozialministeriumservice) erstellten Gutachten diesem Kriterium entsprechen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 und somit auch nach dem gleich lautenden § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 entscheidungswesentlich, ob die betreffende Person (zum relevanten Zeitpunkt) in der Lage ist, sich den Unterhalt zu verschaffen (vgl. ).

Die beiden vorliegenden, im Wege des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen erstellten Gutachten, haben der Bf. einen Behinderungsgrad von 50 % rückwirkend ab September 1999 bescheinigt. In den Gutachten wurde ausführlich auf die Art des Leidens und das Ausmaß der hieraus resultierenden Behinderung eingegangen.
Die ärztlichen Sachverständigen haben aber auch eindeutig festgestellt, dass eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit beim Bf. nicht gegeben ist. Demnach sei der Bf. laut Erstgutachten arbeitsfähig und es bestehe laut Zweitgutachten bei anhaltender Drogenabstinenz und dem Willen, diese einzuhalten - auch angesichts seiner Anstellung beim Verein ### - gute Aussicht, sich selbst den Unterhalt verschaffen zu können.

Die Feststellungen in den Sachverständigengutachten basierten auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen ausführlich erhobenen Befunden und berücksichtigten auch sämtliche vom Bf. vorgelegten Befunde, so etwa auch das von der Pensionsversicherungsanstalt eingeholte ärztliche Gesamtgutachten durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin vom , das der Bf. in seiner Stellungnahme vom  ins Treffen führt. Auch nach diesem fachärztlichen Gutachten sei der Bf. für geregelte Tätigkeiten geeignet und es sei mit psychosozialer Unterstützung und begleitender Psychotherapie eine Stabilisierung in 12 Monaten gut möglich. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass sich der Bf. in einem Arbeitstrainingsprogramm befindet und in der Vergangenheit keine wesentliche Erwerbstätigkeit ausübte. Das Zweitgutachten des Sozialministeriumservice vom nimmt in der Begründung für das festgestellte Nichtvorliegen einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit auf das genannte fachärztliche Gesamtgutachten  vom  ausdrücklich Bezug.
Das Vorbringen des Bf., dass seine langjährige Erwerbslosigkeit sowie der Umstand, dass er (derzeit) selbst unter den geschützten Rahmenbedingungen eines Arbeitstrainings-programms nicht in der Lage sei, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit zur Folge hätten, vermag daher eine Unschlüssigkeit der Sachverständigengutachten nicht aufzuzeigen.  

Die Sachverständigen des Sozialministeriumservice haben somit ihre in den Gutachten getroffenen Feststellungen ausreichend begründet. Die Gutachten sind vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.

Mit den Einwänden in der Beschwerde und in der Äußerung vom  zeigt der Bf. eine Unvollständigkeit, Unschlüssigkeit oder Widersprüchlichkeit der Gutachten des Sozialministeriumservice nicht auf. Ausgehend von den oben dargestellten Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht daher den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an.

Damit liegen jedoch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, nämlich der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen dauernden Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, für einen zeitlich unbegrenzten Familienbeihilfenanspruch nicht vor.

Die Beschwerde war daher im Hinblick auf die Ergebnisse der vorliegenden Sachverständigengutachten als unbegründet abzuweisen.

V.) Zulässigkeit einer Revision
Weder die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen einzelfallbezogenen Feststellungen noch die rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht.
Die Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100451.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at