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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2019, RV/5101327/2015

Kein Familienbeihilfenanspruch für die Zeit zwischen Beendigung eines Studiums und dem Beginn eines Gerichtspraktikums.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom , betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Rückforderung auf den Monat November 2014 eingeschränkt wird und der Rückforderungsbetrag auf insgesamt 253,70 € (Familienbeihilfe 195,30 € und Kinderabsetzbetrag 58,40 €) vermindert wird. 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom  von der Beschwerdeführerin (folgend kurz Bf.) die, ihr für ihre Tochter A. bereits gewährte Familienbeihilfe inklusive der Kinderabsetzbeträge hinsichtlich des Zeitraums November 2014 bis März 2015 in Höhe von insgesamt € 1.268,50 (Familienbeihilfe: € 976,50, Kinderabsetzbeträge: € 292,00) zurück. Begründend verwies die Abgabenbehörde in dieser Entscheidung auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit b) bis e) FLAG und führte dazu sinngemäß u.a. aus, dass ab auf Grund einer Gesetzesänderung ein Beihilfenanspruch nur mehr für die Zeit zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn einer Berufsausbildungen gegeben wäre.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde vom wendet die Bf. ein, dass ihr zuvor genanntes Kind im Rückforderungszeitraum ihr Gerichtspraktikum absolviert hätte und folglich der Beihilfenbezug nicht unrechtmäßig erfolgt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom  gab die Abgabenbehörde der Beschwerde teilweise statt und beschränkte die Rückforderung auf den Monat November 2014 unter gleichzeitiger Herabsetzung des Rückforderungsbetrages auf 253,70 €. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass die Tochter der Bf. vom bis ein Gerichtspraktikum absolviert habe und aus diesem Grund für den Zeitraum Dezember 2014 bis einschließlich März 2015 der Beschwerde stattzugeben gewesen sei. Hingegen habe im November 2014 kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden, da § 2 Abs. 1 lit d) FLAG in der ab März 2011 anzuwendenden Fassung nunmehr einen Anspruch auf die Familienbeihilfe für volljährige Kinder, welche das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, nur mehr für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, sofern diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen werde, vorsehe. Folglich vermittle ein Kind nach Absolvierung ihres Studiums - wie hier vorliegend - und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung keinen Beihilfenanspruch.

In ihrem als Einspruch bezeichneten Schriftsatz vom , der nach den Bestimmungen des § 264 BAO als Vorlageantrag zu werten war, bringt die Bf. vor, dass ihre Tochter A. ihr Gerichtspraktikum nach ihrem Studienabschluss frühestmöglich begonnen hätte. Eine Anmeldung zum Praktikum sei nur mit gültigem Sponsionsbescheid möglich gewesen, wobei sich A. nach Erhalt dieser Sponsionsurkunde umgehend zum Gerichtspraktikum angemeldet habe. Dadurch sei die hier vorliegende übliche Verzögerung von einem Monat eingetreten.

II. Sachverhalt:

Die Bf. bezog unstrittig für ihre Tochter A., (geb. 0.0.91) im Zeitraum November 2014 bis März 2015 die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge. Das zuvor genannte Kind  beendete sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität B. im Oktober 2014. Im Anschluss absolvierte A. vom bis Ende April 2015 ihre Gerichtspraxis als Rechtspraktikantin. Im Monat November 2014 befand sich die Tochter der Bf. in keiner Berufsausbildung.  

III. Rechtslage:

Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten (auszugsweise) in der hier anzuwendenden Fassung wie folgt:

§ 2 FLAG:

(1)Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

...

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

...

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

...

§ 26 FLAG:

(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

...

§ 33 EStG (Einkommensteuergesetz):

...

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

...

IV. Beweiswürdigung und rechtliche Erwägungen:

Der in Punkt II. angeführte Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus der Aktenlage und steht auch in keinem Widerspruch zum bisherigen Vorbringen der Bf.. Demnach hat die Tochter der Bf. ihr Studium der Rechtswissenschaften im Oktober 2014 erfolgreich abgeschlossen und ihre Gerichtspraxis mit Dezember des genannten Jahres angetreten. Dass die Tochter der Bf. während des Zeitraums ihres Rechtspraktikums in einer Berufsausbildung iS des § 2 Abs. 1 lit b) FLAG stand, hat das Finanzamt bereits im Rahmen seiner Beschwerdevorentscheidung vom ausgesprochen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ). Aus diesem Grund war vom BFG der Beschwerde - analog der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes - für den Zeitraum Dezember 2014 bis März 2015 stattzugeben. Die Bf. vermeint jedoch in ihrem Vorlageantrag vom  sinngemäß, dass auch die Rückforderung für den Monat November 2014 von der Abgabenbehörde zu Unrecht erfolgt sei.

Die Tochter der Bf. könnte im November 2014 lediglich dann zu Recht einen Beihilfenanspruch vermittelt haben, wenn von ihr eine der Tatbestandvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit b) bis l) FLAG erfüllt worden wäre. Nach dem hier unstrittig feststehenden Sachverhalt bedarf es gegenständlich lediglich auf ein näheres Eingehen zu der mit durch das BGBl 111/2010 abgeänderten Regelung des § 2 Abs. 1 lit d) leg cit. Diese Gesetzesbestimmung sieht mit ihrem Inkrafttreten einen Weiterbezug der Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur mehr für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung vor, wenn diese weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. In den Erläuternden Bemerkungen (981 der Beilagen XXIV. GP) zu dieser Gesetzesänderung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vormals bestehende Regelung der Weitergewährung der Familienbeihilfe für drei Monate nach Abschluss einer Berufsausbildung aus Gründen der Budgetkonsolidierung entfallen soll. Gleichzeitig werde jedoch eine ergänzende Regelung aufgenommen, um die Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich abzudecken. Nach der Intention des Gesetzgebers soll die Familienbeihilfe somit grundsätzlich (nur mehr) bis zum Abschluss der ersten nach Eintritt der Volljährigkeit abgeschlossenen Berufsausbildung gewährt werden. Unbeschadet der Tatsache, dass mit Beginn einer weiteren Berufsausbildung der Familienbeihilfenanspruch wieder aufleben kann, hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, für volljährige Kinder für Lücken zwischen zwei Berufsausbildungen keine Familienbeihilfe mehr zu gewähren; dies mit Ausnahme von bestimmten, nach Ansicht des Gesetzgebers besonders berücksichtigungswürdigen Sachverhaltskonstellationen. Eine derartige besonders berücksichtigungswürdige Situation wird durch die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit d) FLAG in der ab März 2011 anzuwendenden Fassung erfasst, nämlich dass nach Abschluss der allgemeinbildenden Schulausbildung in sehr vielen Fällen der unmittelbare Einstieg in das Berufsleben noch nicht möglich ist und daher (regelmäßig) eine weitere (spezifische) Berufsausbildung zu erfolgen hat (siehe z.B. auch  RV/0062-I/12). Ein Beihilfenanspruch für die Lücke zwischen einem abgeschlossenen Studium und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, ist jedoch vom Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit d) FLAG nicht umfasst (vgl. auch ständige Rechtsprechung des BFG und des UFS, z.B. RV/3100490/2015, RV/71003029/2014, RV/5100001/2014, RV/5100988/2013, RV/0055-S/12, RV/0534-G/12). Die Tochter der Bf. hat nach Abschluss ihres Jura-Studiums im Oktober 2014 im Dezember des selben Jahres ihr Gerichtspraktikum - demnach eine weitere Berufsausbildung - begonnen. Für diesen, zwischen dem Abschluss des Studiums und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung liegenden Zeitraum, fehlt es folglich an der Erfüllung einer Anspruchsvoraussetzung für die Familienbeihilfe nach den in der hier gültigen Fassung anzuwendenden Regelungen des § 2 Abs. 1 lit b) bis l) FLAG. Die Ausführung der Bf. in ihrem Vorlageantrag vom , dass im vorliegenden Fall ihre Tochter sehr wohl "frühestmöglich" eine weitere Ausbildung nach Abschluss ihres Studiums begonnen hätte, kann daher bei einer Beurteilung nach § 2 Abs. 1 lit d) FLAG keinen Einfluss nehmen, da diese Regelung nur nach einem Abschluss einer Schulausbildung Anwendung findet. Dies liegt jedoch gegenständlich nicht vor.  

Abschließend ist daher festzustellen, dass der Bf. für den Monat November 2014 die Beihilfe für ihr Kind A. zu Unrecht gewährt wurde, wodurch sich die Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für diesen Monat als rechtmäßig erweist. Hingegen war der Beschwerde - wie ohnedies das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung bereits ausgesprochen hat - für den Zeitraum Dezember 2014 bis März 2015 stattzugeben, da sich in diesem Zeitraum die Tochter der Bf. in einer Berufsausbildung iS des § 2 Abs. 1 lit b) befunden hat und demnach die Beihilfengewährung zu Recht erfolgte.

Es war daher - wie im Spruch ausgeführt - zu entscheiden.  

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zwar fehlt bislang zur Frage der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit d) FLAG in der ab März 2011 anzuwendenden Fassung hinsichtlich des in dieser Bestimmung verwendeten und nicht näher definierten Begriffes "Schulausbildung" eine Rechtsprechung des VwGH, jedoch ist für das BFG durch diese Wortwahl und den Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen ( 981 der Beilagen XXIV. GP) klargestellt, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung für den Zeitraum, der zwischen dem Abschluss eines Studiums und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung liegt, keine Beihilfengewährung vorsieht. Folglich war die Zulassung einer ordentlichen Revision zu verneinen.

Linz, am

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