zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2019, RV/7103616/2016

Zuverdienstgrenze des § 8 KBGG ist für Rückzahlungen nach § 19 KBGG unerheblich

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Folgerechtssätze
RV/7103616/2016-RS1
wie RV/7102775/2016-RS5
Die Frage, ob ein Bescheidspruch vorliegt oder nicht, kann nicht ausschließlich anhand der äußeren Gestaltung des Bescheides beantwortet werden. Die in Spruchpunkt 2 eines nach dem 4. Abschnitt des KBGG erlassenen Abgabenbescheides enthaltene Information ist bei rechtlicher Betrachtung zum Teil als Begründung und zum Teil als eine bloße Serviceleistung gegenüber dem Abgabenpflichtigen anzusehen. Damit ist "Spruchpunkt 2" einer Aufhebung nicht zugänglich (aA , VwGH 2011/17/0043 und VwGH 2011/17/0044). Vor dem Hintergrund der §§ 13, 18 Abs 2, § 19 Abs 1 Z 2 KBGG stellt die konkrete Angabe des Bezugszeitraum von Zuschüssen und die Höhe der Zuschüsse eine rechtserhebliche Sachverhaltsfeststellung dar, um den für das konkrete Rückzahlungsverfahren eines bestimmten Jahres maßgeblichen offenen Zuschussbetrag dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbar zu bestimmen.
RV/7103616/2016-RS2
wie RV/7102775/2016-RS2
Die in § 19 KBGG geregelte Einkommensgrenze ist von der Zuverdienstgrenze (§§ 2 Abs 1 Z 3, 9 Abs 3 KBGG) zu unterscheiden. Beide Grenzen verfolgen verschiedene Normzwecke. Die Einhaltung der Zuverdienstgrenze ist Anspruchsvoraussetzung (Tatbestandsmerkmal) für die Bewilligung von Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss. Die Einkommensgrenze hingegen ist für Zeiträume nach Bezug von Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss ausschließlich für die endgültige Zuerkennung des Zuschusses relevant. Anders als das Kinderbetreuungsgeld ist die Bewilligung des Zuschusses durch die Sozialversicherungsbehörden lediglich eine vorläufige Maßnahme, gedacht als ein Kredit. Endgültig wird die Bewilligung des Zuschusses erst dann, wenn innerhalb des in § 21 KBGG bestimmten Zeitraumes das maßgebliche Einkommen iSd § 19 Abs 2 KBGG unter der jeweiligen niedrigsten Einkommensgrenze des § 19 Abs 1 Z 1 und 2 KBGG liegt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache des B, vertreten durch Hason & Partner Steuerberatung KG, Praterstraße 33, 1020 Wien, diese vertreten durch Michael Hason, dieser vertreten durch Heinz Walentin, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010  zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Der angefochtene Bescheid wird in folgenden Punkten abgeändert.

a) Zwischen die Worte "ergibt" und "einen" wird die Wortfolge " für das Kind K2, geboren am T2.M2. 2005," eingefügt.

b) Im Spruchpunkt "1. Ermittlung der Abgabe" wird die Ordinale "1." gestrichen, sodass nur die Überschrift "Ermittlung der Abgabe" verbleibt.

c) Im Verweis auf die Buchungsmitteilung wird das Wort „bitte“ ersatzlos gestrichen.

III. Im Übrigen bleibt der Spruch des angefochtenen Bescheides unverändert.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Bescheid begehrte die belangte Behörde (belBeh) die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld iHv EUR 5.181,30 (in der Folge kurz: Zuschuss) . Begründend wurde ausgeführt, dass im Jahr 2010 die maßgeblichen Einkommensgrenzen des § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten worden seien und der Beschwerdeführer (Bf) in Ausübung des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände herangezogen werde. Der Rückforderung legte die belBeh ein Einkommen beider Eltern von insgesamt EUR 66.569,78 zu Grunde, wovon ein Betrag von EUR 62.067,67 auf den Bf entfiel.

Mit Schriftsatz vom erhob der steuerliche Vertreter namens des Bf frist- und formgerecht Bescheidbeschwerde und trug vor, dass die Frage, ob die Zuverdienstgrenze überschritten worden sei, anhand der maßgeblichen Norm des § 8 KBGG zu beantworten sei, wobei jedoch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv EUR 58.234,26 nicht zu erfassen seien. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien nur bis einzubeziehen gewesen, jedoch nicht mehr ab , weshalb die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belBeh das Rechtsmittel als unbegründet ab und wies in der ausführlichen Begründung auf die Rechtslage hin, wobei sie den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen §§ 49 Abs 23, 19 Abs 1 und 2 KBGG, § 2 Abs 2 EStG 1988 wiedergab.

Mit Schriftsatz vom erhob der steuerliche Vertreter namens des Bw frist- und formgerecht Vorlageantrag und wiederholte sein bisheriges Vorbringen. Zusätzlich legte er eine Kurzübersicht der Zuverdientsgrenze gemäß § 8 KBGG vor, welche durch das BMF im Jahr 2015 freigegeben worden sei. Auf Seite 19 sei ersichtlich, dass die Vermietung und Verpachtung ab dem Jahr 2010 nicht mehr einzurechnen sei. Gleiches ergebe sich aus einer Information zu den Leistungen des KBGG der Sozialversicherungsanstalt, aus der auf Seite 4 ersichtlich sei, dass die Vermietungseinkünfte nicht zur Zuverdienstgrenze zuzulassen seien.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Bescheidbeschwerde elektronisch vorgelegt und die bisher vertretene Rechtsansicht aufrechterhalten. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass bei der Rückforderung ein Rechenfehler zu Gunsten des Bf unterlaufen sein, weil der Rückforderungsbetrag richtigerweise auf EUR 5.357,79 hätte lauten müssen.

Mit Schriftsatz vom wurde der Bf über die erfolgte Vorlage seiner Bescheidbeschwerde an das BFG informiert, dem eine Ausfertigung des Vorlageberichts beigelegt war. Die Zustellung erfolgte an den steuerlichen Vertreter. Auf den Vorlagebericht wurde nicht repliziert.

Am erteilte die belBeh auf Anfrage des BFG die telefonische Auskunft, dass der als Rechenfehler bezeichnete Differenzbetrag zu Lasten des Bf auf das Kind K1, geboren am T1.M1. 2002, entfalle. Da für dieses Kind im Kalenderjahr 2010 bereits Verjährung eingetreten sei, sei mit dem angefochtenen Bescheid lediglich der auf das Kind K2 entfallende Zuschuss vorgeschrieben worden. Aus diesem Grund nahm die belBeh ihre im Vorlagebericht getätigten Ausführungen hinsichtlich des Rechenfehlers zurück.

Über die Bescheidbeschwerde wurde erwogen:

Die Bescheidbeschwerde ist frist- und formgerecht, jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlagen:

Das KBGG regelt im 4. Abschnitt, §§ 18 bis 23, die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld.

Im konkreten Fall ist für die Rückzahlung § 18 Abs 1 Z 2 KBGG einschlägig, der sowohl verheirate Mütter und Väter als auch nicht alleinstehende Mütter und Väter erfasst, die im Zeitpunkt der Gewährung des Zuschusses nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet waren oder anzumelden gewesen wären. 18 Abs 1 Z 2 KBGG in der Stammfassung BGBl I Nr 103/2001 ist unter den Voraussetzungen des § 49 Abs 23 KBGG über den hinaus anwendbar.

§ 49 Abs 23 KBGG lautet: "Die §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3 und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2009 treten mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden. …Letzteres gilt nur, sofern kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, in der Stammfassung und §§ 19  und 21 KBGG , die mit BGBl. I Nr. 76/2007, BGBl. I Nr. 34/2004 bzw. BGBl. I Nr. 24/2009 mit Wirkung vom rückwirkend novelliert wurden; vgl. § 49 Abs. 8 bzw. 18 KBGG, lauten auszugsweise wie folgt:

"Abschnitt 4

Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld

Abgabepflichtige

§ 18. (1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:

1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.

2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.

3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.

(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

Höhe der Abgabe

§ 19. (1) Die Abgabe beträgt jährlich

1...

2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen

     der beiden Elternteile von

     mehr als 35 000 € ......................................  5%

     mehr als 40 000 € ......................................  7%

     mehr als 45 000 € ......................................  9%

     des Einkommens.

(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. ...

Entstehung des Abgabenanspruchs

§ 21. Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres."

Sachverhaltsfeststellung:

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist folgender rechtserheblicher Sachverhalt festzustellen:

Die Kindesmutter (KM) und der Bf sind Eltern der ehelichen Kinder K1, geboren am T1.M1. 2002, und K2, geboren am T2.M2. 2005, für die in der Jahren 2002, 2003, 2004, 2006 und 2007 Zuschüsse über insgesamt EUR 9.556,62 ausbezahlt wurden. Das maßgebliche Einkommen wurde im Kalenderjahr 2009 erstmals überschritten, weshalb von der belBeh für jenes Kalenderjahr ein Rückzahlungsbetrag von EUR 4.198,83 bescheidmäßig vorgeschrieben wurde und ein Restzuschuss von EUR 5.357,79 verblieb.

Der mit dem angefochtenen Bescheid zur Rückzahlung gestellte Zuschuss 2010 entfällt zur Gänze auf das Kind K2. Der mit dem Rechenfehler verbundene, darüber hinausgehende Betrag entfällt auf das Kind K1.

Im Streitjahr 2010 betrug das adaptierte Einkommen beider Elternteile EUR 66.569,78. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Rückzahlungsbetrag von EUR 5.181,30 festgesetzt. Von dem herangezogenen Einkommen entfiel auf den Bf ein Betrag von EUR 62.067,67, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung EUR 58.234,26 enthielt.

Beweiswürdigung:

Obige Sachverhaltsfeststellung ergab sich schlüssig aus den vorgelegten Beweismitteln sowie der telefonischen Auskunft der belBeh vom und ist als unstrittig anzusehen. Strittig ist allein die Beantwortung folgender Rechtsfrage:

Rechtsfrage:

Zur Falllösung ist ausschließlich die Rechtsfrage zu beantworten, ob die in § 8 KBGG geregelte Zuverdienstgrenze für die Berechnung des Rückzahlungsbetrages nach dem Abschnitt 4, der die §§ 18 bis 23 KBGG umfasst, die maßgebliche Rechtsgrundlage ist, wie die Bescheidbeschwerde vorträgt.

Rechtliche Beurteilung:

Für das Kind K2, geboren am T2.M2. 2005, ist § 49 Abs 22 KBGG nicht einschlägig, sodass der Abschnitt 4 KBGG im gegenständlichen Fall über den hinaus anwendbar ist.

Ausgehend vom zuvor genannten Geburtstag ist der Abgabenanspruch gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Kalenderjahres entstanden, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wird, letztmals mit Ablauf des "auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres". Die Überschreitung der Einkommensgrenze im Jahr 2010 liegt innerhalb des am endenden siebenjährigen Beobachtungszeitraumes, sodass noch keine Verjährung eingetreten ist. Für den Zuschuss, der auf das im Jahr 2002 geborene Kind K1 entfällt, war hingegen am Verjährung eingetreten. Der angefochtene Bescheid hat diesen Umstand völlig zu Recht und von Amts wegen beachtet.

Die Bescheidbeschwerde geht in Verkennung der Rechtslage davon aus, dass die Zuverdienstgrenze des § 8 KBGG für die im Abschnitt 4 des KBGG geregelte Rückzahlung als Einkommen heranzuziehen sei. Weshalb § 19 Abs 2 KBGG nicht anwendbar sein sollte, lässt die Bescheidbeschwerde offen.

Zuverdienstgrenze im Allgemeinen

Es gibt verschiedene Rechtsbereiche, in denen von einem Zuverdienst gesprochen wird und die entsprechende Zuverdienstgrenzen vorsehen. All diesen Fällen ist gemeinsam, dass es bereits ein Einkommen aus der Pension, aus dem Arbeitslosengeld, aus der Familienbeihilfe oder aus dem Kinderbetreuungsgeld gibt und durch eine Erwerbstätigkeit eben ein Zuverdienst hinzukommt. Zuverdienstgrenzen sind daher im Bewilligungsverfahren beachtlich.

Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungsgeldgesetz

Das KBGG spricht vom „maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte“ (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG iZm dem Kinderbetreuungsgeld, § 9 Abs 3 KBGG iZm dem Zuschuss). Die genaue Berechnung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte regelt § 8 KBGG , demzufolge ausgehend vom einkommensteuerrechtlichen Begriff des Gesamtbetrages der Einkünfte verschiedene Adaptierungen (pauschale Erhöhungen, Außerachtlassung bestimmter Bezugsteile) vorzunehmen sind. Die Zuverdienstgrenze meint jene betragliche Grenze, die der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte höchstens ausmachen darf, ohne für die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes bzw des Zuschusses schädlich zu sein. Der Begriff der „Zuverdienstgrenze“ ist also vielmehr Arbeitsjargon, eine für die fachkundige Person verständliche Kurzbezeichnung. Im Übrigen verwendet auch § 5 Abs 1 FLAG 1967 nicht den Begriff „Zuverdienstgrenze“. Die Zuverdienstgrenze für das Kinderbetreuungsgeld und den Zuschuss sind unterschiedlich, auch hinsichtlich des Personenkreises.

Die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld / Zuschuss ist daher im Bewilligungsverfahren von Relevanz, für dessen Durchführung die Sozialversicherungsbehörden zuständig sind. Die Einhaltung der Zuverdienstgrenze ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes bzw des Zuschusses (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG). Entfällt diese Voraussetzung rückwirkend, so wurde die Leistung zu Unrecht bezogen und ist – ebenfalls von den Sozialversicherungsbehörden - zurückzufordern.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Zuverdienstgrenze für Fälle, die gemäß dem 4. Abschnitt des KBGG durch die Abgabenbehörden zu überprüfen sind, irrelevant ist (s ausführlich ).

Einkommensgrenze

§ 19 KBGG regelt demgegenüber die „Einkommensgrenze“, die auch in § 21 KBGG ausdrücklich als solche bezeichnet wird. Sie ist daher ein Legalbegriff. Bis trug der 3. Abschnitt des KBGG die Überschrift „Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld“ und umfasste die §§ 9 bis 17. Nach den Erläuternden Bemerkungen war die Bewilligung des Zuschusses – anders als das Kinderbetreuungsgeld – nicht endgültig, sondern als vorläufige Sozialleistung ausgestaltet. Erst für Geburten ab wurde der als Kredit gedachte Zuschuss in eine echte Beihilfe umgewandelt, die nicht mehr zurückzuzahlen ist und zudem nur mehr wirklich einkommensschwachen Eltern zur Verfügung gestellt wird (nicht rückzahlbare Beihilfe). Die Anspruchsvoraussetzungen für die Beihilfe wurden weiters verschärft und der Bezug der Beihilfe ist auf maximal zwölf Monate beschränkt.

Für bis zum geborene Kinder ist der Zuschuss gem § 9 KBGG hingegen als Kredit ausgestaltet, der zurückzuzahlen ist, wenn innerhalb der in § 21 KBGG bestimmten Frist (Ablauf des Kalenderjahres, in dem Kind sein 7. Lebensjahr vollendet) das Einkommen der Eltern den im § 19 Abs 1 Z 2 KBGG angeführten jeweiligen niedrigsten Einkommensbetrag übersteigt. Bleibt es unter der jeweils niedrigsten Einkommensgrenze, so wird die Bewilligung des Zuschuss endgültig. Wird die Einkommensgrenze innerhalb des Überprüfungszeitraumes überschritten, so unterstellt der Gesetzgeber, dass es billig erscheint, vom Bezieher/der Bezieherin den Zuschuss in Höhe eines einkommensabhängigen Teiles zurückzuverlangen. Den Abgabenbehörden obliegt daher eine Überprüfung im Hinblick auf die Förderwürdigkeit der beziehenden Personen.

Den Kreditcharakter des Zuschusses hat der VfGH ausdrücklich als verfassungskonform beurteilt (vgl 2. Absatz zu Punkt 2.1. des Erkenntnisses : „keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen [bestehen], dass diese Sozialleistung zurückzuzahlen ist, wenn sich in der Folge die Einkommensverhältnisse der zunächst bezugsberechtigten Person bessern“.) (nochmals BFG RV/7102775/2016) .

Ergebnis:

Die in § 19 KBGG geregelte Einkommensgrenze ist von der Zuverdienstgrenze (§§ 2 Abs 1 Z 3, 9 Abs 3 KBGG) zu unterscheiden. Beide Grenzen verfolgen verschiedene Normzwecke. Die Einhaltung der Zuverdienstgrenze ist Anspruchsvoraussetzung (Tatbestandsmerkmal) für die Bewilligung von Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss. Die Einkommensgrenze hingegen ist für Zeiträume nach Bezug von Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss ausschließlich für die endgültige Zuerkennung des Zuschusses relevant. Anders als das Kinderbetreuungsgeld ist die Bewilligung des Zuschusses durch die Sozialversicherungsbehörden lediglich eine vorläufige Maßnahme, gedacht als ein Kredit. Endgültig wird die Bewilligung des Zuschusses erst dann, wenn innerhalb des in § 21 KBGG bestimmten Zeitraumes das maßgebliche Einkommen iSd § 19 Abs 2 KBGG unter der jeweiligen niedrigsten Einkommensgrenze des § 19 Abs 1 Z 1 und 2 KBGG liegt (nochmals RV/7102775/2016).

Da die Zuverdienstgrenze des § 8 KBGG gemäß § 48 Abs 1 KBGG nicht von den Abgabenbehörden zu vollziehen ist, also nicht in deren Zuständigkeit fällt, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den ins Treffen geführten Informationsschreiben des BMF und der Sozialversicherungsbehörden.

Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht kann daher angesichts dieser klaren Rechtslage nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Ermessensentscheidung

Im Fall der Rückzahlung ordnen §§ 18 ff KBGG in einem Bundesabgabenfestsetzungsverfahren die Durchführung eines Billigkeitsüberprüfung zur Beantwortung der Frage, ob die Voraussetzungen einer endgültige Förderwürdigkeit vorliegen, an.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Ansicht der Tatsache, dass vom maßgeblichen adaptierten Einkommen gem § 19 Abs 2 KBGG 93 % auf den Bf entfallen, stößt es beim BFG auf keinerlei Bedenken, dass die belBeh den Bf  im Wege der Ermessensübung herangezogen hat.

Alternativ vorgebrachte Unbilligkeitsgründe für den Fall, dass der Beschwerde nicht stattgegeben würde, wurden nicht eingewendet und sind angesichts des überdurchschnittlich hohen Einkommens auch von Amts wegen nicht erkennbar.

Ad Spruchpunkt II, Änderungen des angefochtenen Bescheides:

a) Daten des Zuschuss vermittelnden Kindes als Teil des Spruches

So wie der Anspruch auf den Zuschuss je Kind geltend zu machen ist und je Kind gewährt wird, ist auch die Rückzahlung kindesbezogen im Spruch des Abgabenbescheides darzustellen. Zum angefochtenen Bescheid ergab sich das Kind durch Auslegung der Begründung, sodass der Spruch des angefochtenen Bescheides bestimmbar war. Insofern unterscheidet sich der Rückzahlungsbescheid nach dem Abschnitt 4 des KBGG nicht von einem Familienbeihilfenbescheid.

Darüber hinaus ist zum angefochtenen Bescheid in rechtlicher Hinsicht Folgendes auszuführen:

b) Änderung des 1. Spruchpunktes zum alleinigen Spruch und rechtliche Beurteilung des 2. Spruchpunktes als (bloße) Bescheidbegründung

Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist in zwei Punkte gegliedert. Die Festsetzung des – individuell-konkreten - Rückzahlungsbetrages für das Jahr 2010 mit Abgabenbescheid wird im Spruchpunkt 1 dargestellt.

Spruchpunkt 2 ist im konkreten Fall folgendermaßen gestaltet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ausbezahlte Zuschüsse bis zum
EUR 9.556,62
  • - Bisher vorgeschriebene Rückzahlungsbeträge
EUR 4.198,83
  • - Rückzahlung lt. Spruch
EUR 5.181,30
Verbleibender Rückzahlungsbetrag für Folgejahre
EUR 0,00

Spruchpunkt 2 enthält Angaben, die zum Teil als  notwendige Sachverhaltsfeststellungen in die Begründung des Rückzahlungsbescheides aufzunehmen sind (Angabe des Bezugszeitraum von Zuschüssen, Höhe der offenen Zuschüsse).

In den Revisionssachen , VwGH 2011/17/0043 und VwGH 2011/17/0044 waren von Rückzahlungsbescheiden nach dem KBGG nur jeweils der Spruchpunkt 2 angefochten und der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht erkannt, dass die Spruchteile teilbar sind, sodass „auf Grund der eingeschränkten Anfechtung … nur eine Überprüfung der Festsetzung des offenen Rückzahlungsbetrages für die Folgejahre zu erfolgen hat“.

Allein nach logischen oder mathematischen Gesichtspunkten muss die Subtraktion im Spruchpunkt 2 unschlüssig erscheinen: Wenn von ausbezahlten Zuschüssen ein Betrag abgezogen wird, so verbleibt ein Restbetrag an ausbezahlten Zuschüssen, und nicht ein Rückzahlungsbetrag für Folgejahre. Ausgehend von den sozialversicherungsrechtlichen Leistungen kann nicht als Ergebnis die bundesrechtliche Abgabe für die Folgejahre verbleiben. Um einen Rückzahlungsbetrag für Folgejahre, also um eine Abgabenfestsetzung, kann es sich bereits deshalb nicht handeln, weil der Abgabenanspruch für die Jahre 2010ff noch gar nicht entstanden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber Spruchpunkt 2 in den angeführten Erkenntnissen als bescheidmäßige Abgabenfestsetzung und damit als normativ ausgelegt (arg „…  mangelt es der Festsetzung eines offenen Rückzahlungsbetrages für die Folgejahre Hervorhebung durch BFG).

Als Abgabenbetrag kann nur bezeichnet werden, was nach Entstehung des Abgabenanspruchs auf Grundlage der Bestimmungen des jeweiligen Materiengesetzes berechnet wurde, was auf den Restbetrag in Spruchpunkt 2 jedoch nicht zutrifft.

Die Festsetzung eines Abgabenbetrages für die Folgejahre kann weder aus dem 4. Abschnitt des KBGG noch aus der Bundesabgabenordnung abgeleitet werden. Mit dem Spruchpunkt 2 eines Abgabenbescheides, betreffend Rückzahlung von Zuschüssen zu Kinderbetreuungsgeld, werden keine Rechte oder Pflichten begründet oder ein Leistungsgebot iSd § 92 Abs 1 lit a BAO ausgesprochen.

Sinn und Zweck der rechnerischen Darstellung des offenen Restbetrages bezogener Zuschüsse ist ausschließlich die Vermeidung einer über die Summe sämtlicher Zuschüsse hinausgehenden Rückzahlungsverpflichtung, dient also der Vermeidung einer Art Doppelverwertung.

Die betragliche Begrenzung der mit Abgabenbescheid festzusetzenden Rückzahlungsbeträge nach dem 4. Abschnitt des KBGG der Höhe nach ergibt sich bereits aus den behördlichen Erledigungen der Gebietskrankenkassen. Es ist daher rechtlich nicht geboten, die in Spruchpunkt 2 dargestellte Übersicht mit Normativität als Spruch eines Bescheides auszustatten.

Die Frage, ob ein Bescheidspruch vorliegt oder nicht, kann nicht ausschließlich anhand der äußeren Gestaltung des Bescheides beantwortet werden. Die in Spruchpunkt 2 eines nach dem 4. Abschnitt des KBGG erlassenen Abgabenbescheides enthaltene Information ist bei rechtlicher Betrachtung zum Teil als Begründung und zum Teil als eine bloße Serviceleistung gegenüber dem Abgabenpflichtigen anzusehen. Damit ist "Spruchpunkt 2" einer Aufhebung nicht zugänglich (aA , VwGH 2011/17/0043 und VwGH 2011/17/0044). Vor dem Hintergrund der §§ 13, 18 Abs 2, § 19 Abs 1 Z 2 KBGG stellt die konkrete Angabe des Bezugszeitraum von Zuschüssen und die Höhe der Zuschüsse eine rechtserhebliche Sachverhaltsfeststellung dar, um den für das konkrete Rückzahlungsverfahren eines bestimmten Jahres maßgeblichen offenen Zuschussbetrag dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbar zu bestimmen nochmals BFG RV/7102775/2016).

  • Streichung des Wortes „bitte“ im Spruch beim Verweis auf die Buchungsmitteilung

Abgabenbescheide dienen der DURCHSETZUNG des Staates von AbgabenANSPRÜCHEN. Bescheide sind individuell-konkrete Rechtsnormen und sind so wie generelle Normen (Verfassungsgesetze, einfache Gesetze und Verordnungen) der Rechtskraft fähig und gehören wie diese dem Rechtsbestand an. In Rechtskraft erwächst der Bescheidspruch. Die Angabe des Zeitpunktes der Fälligkeit ist gemäß § 198 Abs 2 BAO zwingender Teil des Spruches von Abgabenbescheiden.

Weder Bescheide noch Rechtsmittel enthalten Anreden oder Grußformeln. Weder Bescheide noch Rechtsmittel sind Geschäftsbriefen gleichzuhalten. Die Durchsetzung eines Anspruchs ist keine Bitte. Diese Ausführungen gelten umgekehrt auch für Rechtsmittel, mit denen die Partei ihrerseits Ansprüche durchsetzen möchte. Durch die Verwendung von in Geschäftsbriefen üblichen Formulierungen wird ausschließlich der normative Charakter eines Bescheides bzw der Anfechtungscharakter eines Rechtsmittels verschleiert.

Das Wort "bitte" ist das Gegenteil einer Anspruchsdurchsetzung und ist in Bescheiden nicht zu verwenden. Das wäre vergleichbar mit Baubescheiden, mit denen ausgesprochen wird, der Rechtsunterworfene möge bitte die Bauauflagen binnen gesetzter Frist einhalten (nochmals BFG RV/7102775/2016).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision war bereits deshalb zuzulassen, weil der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom  , 2011/17/0042, 2011/17/0043 und VwGH 2011/17/0044, den Spruchpunkt 2 von Abgabenbescheiden, mit denen Rückzahlungsbeträge von ausbezahlten Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld festgesetzt werden, als Spruch und damit als normativ angesehen hat, wohingegen gegenständliche Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass darin ein Teil der Begründung zu erblicken ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 8 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 18 Abs. 1 Z 2 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 19 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 21 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 48 Abs. 1 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 49 Abs. 23 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103616.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at