Reihe von Krankheitskosten und diversen Heilmitteln als außergewöhnliche Belastungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurden außergewöhnliche Belastungen wie folgt berücksichtigt:
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Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) | -2.969,00 € |
Selbstbehalt | 1.674,11 € |
Die Begründung lautet:
Außergewöhnliche Belastungen sind zu berücksichtigen, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Diese Aufwendungen stellen unter anderen Kosten für eine Brille dar oder Kosten für Medikamente (bei Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung) usw.. In Ihrem Fall konnten die Kosten nur in Höhe von 2.969,- € berücksichtigt werden, da die Medikamten für z.B.: Fermalen, div. Vitamine, Teufelskralle usw. keine Krankheitskosten mit Selbstbehalt darstellen.
Die Beschwerde wurde mit folgender Begründung erhoben:
Die eingereichten und auf Ergänzungsansuchen mittels Belegen detailliert nachgewiesenen außergewöhnlichen Belastungen sind zwangsläufig und beeinträchtigen meine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die Medikamente bzw. Heilbehelfe sind alle aufgrund von diagnostizierten Erkrankungen ärztlich verordnet. Weiters ist in keinster Weise nachvollziehbar, welche Kosten von den eingereichten 13.809,17 bei der Reduzierung auf 2.969,-- nicht berücksichtigt wurden. Ich ersuche daher um Berücksichtigung der gesamten eingereichten außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von 13.809,17.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurden außergewöhnliche Belastungen wie folgt berücksichtigt:
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Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) | -4.242,40 € |
Selbstbehalt | 1.674,11 € |
In der (zusätzlichen) Begründung zu diesem Bescheid wurde nach auszugsweiser Zitierung des § 34 ES tG 1988 ausgeführt:
Folglich muss gemäß § 34 EStG 1988 die Belastung außergewöhnlich sein, muss zwangsläufig erwachsen, muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen und darf nicht unter ein Abzugsverbot fallen. Alle Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein. Liegt daher beispielsweise das Merkmal der Zwangsläufigkeit nicht vor, so erübrigt sich eine Prüfung der Außergewöhnlichkeit. Eine Belastung erwächst zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt.
Durch Krankheit verursachte Aufwendungen erwachsen aus tatsächlichen Gründen. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ) ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, jedoch nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.
Aus der von Ihnen vorgelegten ärztlichen Stellungnahme (Dr. D...) geht nicht hervor, ob bzw. wieweit der Verzicht auf eine durch die Krankenkassa gedeckte Behandlung tatsächlich notwendig ist, um ernsthafte gesundheitliche Nachteile zu vermeiden. Somit kann auch nicht nachvollzogen werden, wie weit die höheren Kosten der Behandlung im Rahmen der Privatordination eines Allgemeinmediziners tatsächlich zwangsläufig erwachsen sind.
Wie der , unter Hinweis auf die OGH Judikatur zum ASVG auch für Steuerrecht festhält, ist eine nachträgliche erstellte ärztliche Expertise nicht generell als ungeeignet anzusehen, die medizinische Notwendigkeit eines Aufwandes nachzuweisen. Die Voraussetzung ist, dass derartige Stellungnahmen nach der Art medizinischer Gutachten zu erstellen sind, d.h. einem Qualitätsmaßstab entsprechen, der sie auf eine Überprüfung auf ihre Schlüssigkeit zugänglich macht und auch standhalten lässt.
Die beigelegte ärztliche Stellungnahme entspricht nicht einem solchen medizinischen Gutachten. Es wird lediglich festgehalten, dass zusätzlich zu medikamentösen Therapien in der Praxis die Einnahme von speziell auf die Beschwerden der Patientin abgestimmte Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und diverse Kräuter notwendig seien. Welche Behandlungskonzepte konkret angewandt werden, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Ob und welche feststehenden und sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteile bei einer Nicht-Behandlung im Rahmen der Privatpraxis bestanden, bleibt ebenfalls aus dieser ärztlichen Stellungnahme unklar.
Dazu wird begründet (unter Hinweis auf -F/05) ausgeführt, dass sowohl in der österreichischen Lehre (z.B. Doralt, EStG-Kommentar, Tz. 44 zu § 34) als auch in der Rechtsprechung des BFH, die insoweit von Bedeutung ist, als § 33 dEStG dem § 34 öEStG entspricht, die Auffassung vertreten wird, dass Aufwendungen nicht zwangsläufig erwachsen sind, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderwärtiger Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können (z.B. BFH vom , Zl. III R 30/7). Kosten, die daher bei einer allfälligen Behandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen worden wären, mangelt es daher jedenfalls am Merkmal der Zwangsläufigkeit.
Für die steuerliche Anerkennung der Kosten alternativer Heilmittel muss deren Zwangsläufigkeit (= medizinisch unbedingte Erforderlichkeit) gegeben sein, deren Nachweis mittels Vorlage einer ärztlichen Verordnung zu erbringen ist. Eine Behandlung wird dann „ärztlich verordnet”, wenn diese Behandlung durch einen Vertrags- oder Wahlarzt verschrieben wird; eine „ärztliche Empfehlung” stellt hingegen keine die Zwangsläufigkeit der Behandlung bescheinigende ärztliche Verordnung dar (vgl. dazu auch -G/08). Im Übrigen müssen die Behandlungsleistungen jedenfalls vor Beginn der Behandlung (Therapie) verordnet worden sein, weil eine Behandlung ja nicht nach ihrer Durchführung („nachträglich”) verordnet werden kann (sh. ; vgl. dazu auch Doralt, EStG, Tz. 78 zu § 34, S. 51 „Kurkosten: ....Diese Voraussetzungen können durch eine vor Antritt der Kur ausgestellte ärztliche Bestätigung ... oder durch den Umstand des Kostenersatzes durch die Sozialversicherung nachgewiesen werden.”).
Entgegen den Angaben der Bescheidbeschwerde vom wurde lediglich eine Verordnung für die Gefäßtherapie mittels "Bemer" zur Heimanwendung (ärztliche Verordnung Dr. F... vom ) an die Abgabenbehörde übermittelt. Für alle anderen alternativen Heilmittel (Nahrungsergänzungsmittel, Kräuter, etc.) und Heilmethoden (z.B. Cranio Sacral Balancing, etc.) wurden keine entsprechenden ärztlichen Verordnungen vorgelegt. Dementsprechend kann im Zuge der Beschwerdevorentscheidung nur das „Bemer” Gerät steuerlich als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden, nicht jedoch die diversen übrigen Aufwendungen für alternative Heilbehelfe.
Dazu ist festzuhalten, dass Krankheitskosten nur dann als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können, wenn tatsächlich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung und Heilung der Krankheit darstellt. Unter Krankheit ist demnach eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. Nicht abzugsfähig sind daher Kosten für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, weiters Verhütungsmittel, auch Kosten einer Verjüngungskur (). Demnach können auch die Aufwendungen für Femalen, Hylocomod, etc. steuerlich nicht geltend gemacht werden.
Krankheitskosten, die für einen nahen Angehörigen (Ehegattin) übernommen werden, erwachsen nur dann zwangsläufig, wenn eine rechtliche Verpflichtung zur Kostentragung besteht, also für nahe Angehörige ohne eigenes Einkommen oder wenn der einkommensschwächere Ehepartner einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem einkommensstärkeren Ehegatten hat. Die Krankheitskosten des Ehemanns können demnach nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
Aufwendungen für die Behandlung durch nichtärztliches Personal sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, sofern diese Leistungen ärztlich verschrieben oder deren Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt wurden. Demnach sind die Aufwendungen für Podotherapie/B... F... nicht steuerlich abzugsfähig.
Auch die Kosten der Mundhygiene/Zahnreinigung kann nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, da es sich hierbei nicht um Krankheitskosten, sondern um Vorbeugungsmaßnahmen zur Gesunderhaltung handelt ().
Eine Aufstellung der steuerlich anerkannten/steuerlich nicht anerkannten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen liegt diesem Schreiben bei.
Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Aus formalen Gründen
• Die der Bescheidbegründung beiliegende Aufstellung in Höhe von 4.248,10 weicht aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigten Höhe von 4.242,40 ab.
• Die Summe der eingereichten Rechnungen stimmt nicht mit der ausgewiesenen Rechnungssumme in der Aufstellung der Bescheidbegründung überein.
• Wenn alle Punkte laut der Bescheidbegründung tatsächlich zutreffen sollten, wieso wurde dann im Einkommensteuerbescheid vom ohne der nun akzeptieren Gefäßtherapie Bemer in Höhe von 4.150,-- – damals allerdings ohne jegliche Bescheidbegründung und Aufstellung nicht nachvollziehbar – zumindest eine außergewöhnliche Belastung von 2.969,-- beschieden, die nun in Summe zumindest eine Höhe von 7.119,-- ergeben müsste.
• Es war kein ärztliches Gutachten sondern nur eine umfangreiche Stellungnahme bzw. Attest gefordert, dies wird Dr. D... aber nun zum Vorwurf gemacht und als Begründung herangezogen, um meine Rechnungen als nicht zwangsläufig zu bewerten.
• Die Ablehnung der beiden Zahnarztrechnungen wurde nicht begründet.
• Es ist für mich sehr befremdlich, dass ich über meine Krankheiten und damit über höchst persönliche Dinge mit „Nicht-Medizinern” diskutieren muss und diese ohne jegliche Kenntnis meiner Krankheit und Krankheitsgeschichte und auch ohne ärztlichem Gegengutachten die Notwendigkeit und Zwangsläufigkeit meiner Behandlungen bestreiten.
Aus inhaltlichen Gründen
• Die bestrittene Zwangsläufigkeit liegt vor. Die in meinem Fall notwendigen und äußerst hilfreichen Behandlungen werden von Kassenärzten leider nicht angeboten, daher muss ich zwangsweise Wahlärzte besuchen. Dies darf nicht zu meinem Nachteil gereichen. Bis zum Ablauf der Einspruchsfrist war es mir leider nicht möglich wie in der Bescheidbegründung erstmals verlangt ein ärztliches Gutachten zu organisieren.
• Die ärztlichen Verordnungen für alternative Heilmittel und Heilmethoden liegen vor und wurden bereits in der Beantwortung des ersten Ergänzungsersuchens als Anlagen a-l übermittelt, in der nunmehrigen Bescheidbegründung aber völlig ignoriert (siehe Anlage).
• Die ärztliche Verordnung für die Behandlungen durch nichtärztliches Personal (Podotherapie und Cranio Sacral Balancing) wurde ebenso bereits in der Beantwortung des ersten Ergänzungsersuchens als Anlage m übermittelt, in der nunmehrigen Bescheidbegründung aber völlig ignoriert (siehe Anlage).
• Auch für Femalen liegen regelmäßig ärztliche Verordnungen vor und es handelt sich nicht um Mittel zur Vorbeugung von Krankheiten sondern um Mittel zur Behandlung von bestehenden Beschwerden (siehe Anlage).
• Auch die Mundhygiene ist in meinem Fall keine Vorbeugemaßnahme, sondern aufgrund von diagnostizierter Parodonthose eine zwangsläufig notwendige Zahnbehandlung, um meine Beschwerden zu lindern. Dies trifft insofern besonders zu, da ich als Trainerin ein vollständiges und intaktes Gebiss benötige.
Für mich nachvollziehbar ist, dass die Arztrechnungen meines Gatten nicht akzeptiert werden.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin macht im Veranlagungsjahr Krankheitskosten in beträchtlicher Höhe als außergewöhnliche Belastung geltend.
Im Zuge einer ausführlich begründeten Beschwerdevorentscheidung wird ein Teil der geltend gemachten Krankheitskosten seitens der Abgabenbehörde steuerlich nicht anerkannt.
Strittig sind Kosten eines privaten Allgemeinarztes, alternative Heilmittel sowie Behandlungen und Hilfsmittel zur Erhaltung der Gesundheit.
Im Zuge des Vorlageantrages bringt die Beschwerdeführerin nachträglich Unterlagen bei, dabei handelt es sich konkret um:
1. Eine ausführliche (für [die Beschw erdeführerin] ausgestellte) Beschreibung der Wirkungsweise diverser alternativer Heilmittel.
2. Eine Überweisung zur Podologie und Craniosacraltherapie vom (Anm.: Überweisungen 1 Monat gültig).
Auf Anfrage der Abgabenbehörde verneint die WGKK die Verrechnungsfähigkeit dieser Aufwendungen - siehe beiliegendes Auskunftsersuchen an die WGKK, hochgeladen unter "vorgelegte Aktenteile".
3. eine ärztliche Verordnung von Femalen, datiert auf den .
Stellungnahme:
Aus Sicht der Abgabenbehörde konnte nicht nachvollziehbar dargestellt und belegt werden, wieweit hinsichtlich der Behandlungskosten bei einem Privatarzt der Verzicht auf kassenärztliche Behandlungsangebote tatsächlich notwendig war und somit zwangsläufig erwachsen ist. Eine ausführliche Argumentation seitens der Abgabenbehörde ist der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen.
Aufwendungen zur Gesunderhaltung (z.B. Teebaumöl, Hylocomod, Mundhygiene, etc.) sind als Krankheitskosten steuerlich nicht abzugsfähig.
Für alternative Heilmittel wurde keine ärztliche Verordnung vorgelegt. Eine Beschreibung der Wirkungsweise diverser Präperate und Nahrungsergänzungsmittel ist nicht ausreichend.
Laut Auskunft der WGKK sind Aufwendungen für die Craniosacraltherapie sowie für die Podologie nicht verrechnungsfähig. Somit ist hinsichtlich dieser Aufwendungen kein (teilweiser) Ersatz der Kosten von Seiten der Krankenkassa möglich. Die steuerliche Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ist folglich nicht gegeben.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
§ 34 Abs. 1 bis 5 EStG 1988 bestimmt:
"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7.300 Euro 6%.
mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 8%.
mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10%.
mehr als 36.400 Euro 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
- für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
Zu den geltend gemachten Aufwendungen:
Privathonorare Dr. D., Arzt für Allgemeinmedizin, Privatordination:
Diesbezüglich wird auf die o.a. zusätzliche Begründung zur Beschwerdevorentscheidung verweisen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Bf.), wonach es für sie „sehr befremdlich (ist), dass (sie) über (ihre) Krankheiten und damit über höchst persönliche Dinge mit Nicht-Medizinern diskutieren muss und diese ohne jegliche Kenntnis (ihrer) Krankheit und Krankheitsgeschichte und auch ohne ärztlichen Gegengutachten die Notwendigkeit und Zwangsläufigkeit (ihrer) Behandlungen bestreiten“, vermag eine abweichende Beurteilung nicht herbeizuführen.
Bios Life Slim, Super Chlorophyll, TTM Ginko Ginseng, Grapefruitkapseln etc.:
Wurden diese Mittel
- zur natürlichen Cholesterinregulierung, zur Gesundheitsvorsorge, zur systematischen Fettverbrennung,
- zur Bindung von Schwermetallen, Toxinen und deren Ausschwemmung,
- gegen Immunschwäche, Müdigkeit, Durchblutungsstörungen,
- zur Hemmung von Keimen, Viren und Pilzen
eingenommen, handelte es sich um Mittel zur Vorbeugung von Krankheiten bzw. für die Erhaltung der Gesundheit und nicht um abzugsfähige Krankheitskosten.
Femalen:
Ist Femalen wirksam bei typischen Beschwerden in den Wechseljahren (Internetabfragen), handelt es sich um ein Mittel nicht zur Krankheitsvorbeugung, sondern um den Beschwerden entgegenzuwirken. Diese Kosten iHv (€ 28,90 + € 39,00 + € 36,70 + € 58,50 + € 58,50 + € 58,50 =) € 280,10 sind zu berücksichtigten.
Damit im Zusammenhang sind auch die aus der Honorarnote der Fachärztin für Frauenheilkunde Dr. W. vom ersichtlichen Kosten in Höhe von € 55,00, wie bereits laut Aufstellung zur Beschwerdevorentscheidung, zu gewähren,
insgesamt somit € 335,10.
Podotherapeutische Kontrolle:
Am diagnostizierte Dr. D., Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, bei der Bf. eine Hüftfehlstellung und Beinlängendifferenz und stellte u.a. eine Überweisung für eine Podologie aus.
Die Bf. unterzog sich in der Folge, nachweislich ab , einer podotherapeutischen Kontrolle. Die Art der diagnostizierten Krankheitsbilder bzw. Abweichungen bedingte, dass diese auch vier Monate danach, am , aufrecht waren.
Die Kosten der podotherapeutischen Kontrolle iHv € 60,00 sind zu berücksichtigen
Cranio Sacral Therapien:
Das Bundesfinanzgericht erwog im Erkenntnis vom , RV/5101378/2015,
‚ dass Heilbehandlungen (iSd §§ 34 und 35 EStG 1988) bereits vorfeldweise von Ärzten verordnet werden müssen, um aus steuerlicher Sicht eine Zwangsläufigkeit iSd § 34 EStG 1988 zu indizieren. Davon kann im gegenständlichen Fall keine Rede sein: bereits im Vorhalt vom wurde die Bf. von der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass Massagen und Craniosacral-Behandlungen nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung absetzbar sind. Die Bf. behauptete zwar, dass die Massagen und die Craniosacral-Behandlung aufgrund einer ärztlichen Verordnung ihres Hausarztes erfolgt seien, legte aber diese Verordnung dieser Maßnahme nicht vor.‘
Am diagnostizierte Dr. D., Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, bei der Bf. eine Hüftfehlstellung und Beinlängendifferenz und stellte u.a. eine Überweisung für eine Craniosakraltherapie aus.
Ließ sich die Bf. in der Folge mehrmals, nachweislich ab , Cranio sacral therapieren, sind die hierfür angefallenen Kosten zu berücksichtigen. Die Art der diagnostizierten Krankheitsbilder bzw. Abweichungen bedingte, dass diese auch bis zur letzten Therapie am aufrecht waren.
Die Kosten der Cranio Sacral Therapien iHv (€ 60,00 + € 60,00 + € 60,00 =) € 180,00 sind daher zu berücksichtigen.
BEMER G.:
Betreffend die vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigten BEMER- Aufwendungen wird auf die zusätzliche Begründung zum Bescheid verwiesen und sind diese zu berücksichtigen.
Zahnarztkosten (Recallsitzung [Mundhygienesitzung], klinisches Privathonorar):
Die Kosten für die Mundhygiene (Ordination Dr. F. und Universitätszahnklinik W.) stellen keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 (bspw. ).
Betreffend das klinische Privathonorar wurde nicht nachgewiesen, dass die Kosten, die die durch die Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, aus triftigen Gründen erfolgten.
Die Kosten der Honorarnote Dr. F. betreffend die Leistung Uk Retainer Draht [Unterkiefer-Zahnspange]) iHv € 80,00 werden berücksichtigt.
Die nach der Aufstellung zur Beschwerdevorentscheidung abzugsfähigen Beträge für ein Medikament gegen Schmerzen und Entzündungen laut Apothekenrechnung vom (€ 2,40) und für die Rezeptgebühr für ein blutdrucksenkendes Medikament laut Apothekenrechnung vom (€ 5,70) werden ebenso berücksichtigt, zusammen somit € 8,10. Die anderen vom Finanzamt berücksichtigten Medikamentenkosten aus Apothekenrechnungen (vgl. die Aufstellung zur Beschwerdevorentscheidung) wurden im Punkt Femalen mitberücksichtigt.
Die Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) errechnen sich wie folgt:
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Femalen, Fachärztin | 335,10 € |
podotherapeutische Kontrolle | 60,00 € |
Cranio Sacral Therapien | 180,00 € |
BEMER G. | 4.150,00 € |
Retainer | 80,00 € |
Apothekenrechnungen lt. BVE | 8,10 € |
zu berücksichtigende Aufwendungen insgesamt | 4.813,20 € |
Berechnung der Einkommensteuer:
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Einkünfte aus selbständiger Arbeit | 12.380,58 € | |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | ||
Bezugsauszahlende Stelle | stpfl. Bezüge (245) | |
PKE E. AG | 15.287,75 € | |
Pauschbetrag für Werbungskosten | -132,00 € | 15.155,75 € |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 27.536,33 € | |
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): | ||
Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnaumschaffung und -sanierung (Topf-Sonderausgaben) | -688,83 € | |
Kirchenbeitrag | -322,89 € | |
Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§34(4) EStG 1988) | -4.813,20 € | |
Selbstbehalt | 1.674,11 € | |
KinderFB für haushaltszugeh. Kinder gem. § 106a(1) EStG 1988 | -1.200,00 € | |
Einkommen | 22.185,52 € | |
Die Einkommensteuer gem. § 33(1) EStG 1988 beträgt: | ||
0 % für die ersten 11.000,00 | 0,00 € | |
25 % für die weiteren 7.000,00 | 1.750,00 € | |
35 % für die restlichen 4.185,52 | 1.464,93 € | |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 3.214,93 € | |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 € | |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 2.814,93 € | |
Die Steuer für die sonstige Bezüge beträgt: | ||
0 % für die ersten 620,00 | 0,00 € | |
6 % für die restlichen 1.957,29 | 117,44 € | |
Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen mit besonderem Steuersatz ...................................................... | 16,34 € | |
Einkommensteuer | 2.948,71 € | |
Anrechenbare Lohnsteuer (260) | -741,40 € | |
Rundung gem. § 39(3) EStG 1988 | -0,31 € | |
Festgesetzte Einkommensteuer | 2.207,00 € |
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugängig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101084.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at