Berufsreifeprüfung, Familienbeihilfe für volljährige Kinder
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache Bf, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Stadt vom , betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Dezember 2012 bis Juni 2013 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Am erging an den Beschwerdeführer (Bf) durch das Finanzamt ein Überprüfungsschreiben hinsichtlich des Anspruches auf Familienbeihilfe für seine Tochter Tochter. Dabei wurde um die Bekanntgabe der Prüfungstermine für Mathematik und den sog. Fachbereich bezüglich der Berufsreifeprüfung der Tochter am BFI Salzburg ersucht. Weiters wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass Familienbeihilfe für jedes Prüfungsfach nur für 4 Monate zuerkannt werden könne. Das Antreten zu den Prüfungen sei zwingend notwendig. Gründe für das Nichtantreten zu den Prüfungen seien anzuführen.
Dieses Schreiben beantwortete der Bf am und führte dabei aus, dass aufgrund der Selbstständigkeit seiner Tochter die Prüfungen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe werde nicht beantragt.
In der Folge erließ die belangte Behörde am einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) im Zeitraum von Dezember 2012 bis Juli 2013 mit der Begründung, dass für volljährige Kinder Familienbeihilfe nur unter bestimmten in § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) genannten Voraussetzungen zu gewähren ist. Als anspruchsbegründend würden Zeiten einer Berufsausbildung und -fortbildung gelten. Bei einer ernsthaften und zielstrebig betriebenen Ausbildung sei von einem erforderlichen Vorbereitungsaufwand von maximal 4 Monaten pro Teilprüfung auszugehen. Da die Tochter nicht zu den Prüfungen im Fachbereich und in Mathematik angetreten sei, müsse die Familienbeihilfe, die nur für die Prüfungsvorbereitung zuerkannt worden sei, für den oben genannten Zeitraum zurückgefordert werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf innerhalb offener Rechtsmittelfrist am Beschwerde und begründete diese wie folgt:
„Meine Tochter hat im September 2011 mit den ersten Modulen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung begonnen. Dazu ist ein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt worden. Mit September des Ietzten Jahres begann sie mit der Prüfungsvorbereitung dem Fachbereich „Gesundheit und Soziales“. Dieses Modul dauert 2 Semester und endete mit . Für diesen Zeitraum ist uns vom Finanzamt Salzburg Stadt eine Kinderbeihilfe sowie ein Kinderabsetzbetrag gewährt worden. Meine Tochter stand während ihrer bisherigen Ausbildung in geringfügiger Beschäftigung bei der Fa. A in Salzburg. Die Vorgaben ihrer Firma, welche flexible Einsatzzeiten verlangt, meisterte sie während der Kursbesuche bestens. Auf Grund der finanziellen Lage hat sie sich im Frühjahr 2013 mit dem Thema der Selbständigkeit befasst. Ihr erfolgreicher Lehrabschlusses im Jahr 2009 sowie der Ehrgeiz zur positiven Ablegung einer Zusatzqualifikation mit Diplom, haben meine Tochter weiter dazu ermutigt, diesen Schritt zu wagen. Die Vorbereitungen zur Selbständigkeit sowie den Kontakt und der Teilnahme zu den Informationsveranstaltungen der WKS - Salzburg hat sie während der Modulvorbereitungen zudem besucht. Für die Ablegung der Prüfung im Juni d. J. im Fachbereich „Gesundheit und Soziales“ war die Zeit zu knapp, weshalb sie sich für die Verschiebung der Prüfung nach Rücksprache mit der Kursleiterin entschlossen hat. Die Information, dass die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird, sowie, dass kein weiterer Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gestellt wird, ist dem Schreiben vom , welches von mir an das Finanzamt Salzburg Stadt gesendet wurde, zu entnehmen. Bei meiner Tochter sind eine ernsthafte Bemühung sowie die Qualifikation deutlich spürbar. Den Kurs besuchte sie zu 100%. D. h., ihre Anwesenheit wurde ohne Fehlzeiten, zur Gänze erbracht. Dabei ist ihr klar, dass der laufende Besuch des Kurses allein nicht ausreicht um das Vorhaben abzuschließen, aber sie zeigt zumindest ernsthaftes Betreiben und eine Zielstrebigkeit, was meine Tochter bereits mit ihren 2 Ausbildungen bisher klar bewiesen hat. Das auch schon bei einem jungen Menschen ein Einkommen als Notwendigkeit sich darstellt ist verständlich, da die monatlichen Kosten in geringfügiger Beschäftigung, Kurskosten etc. eine Belastung wiedergeben. Die Praxis im Leben ist Realität und lässt sich mit der Theorie oftmals nicht vereinbaren, weshalb ihre Entscheidung die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt nach zu holen eine andere war. Der neuerliche Termin wird vom Bfi, der Kursleiterin für Februar 2014 gelegt. Genaue Daten stehen vom Kursinstitut erst mit Dezember d. J. fest. Es ist zwar formal in Ihrem Text festgehalten, dass von einem ernsthaften und zielstrebigem Betreiben der Ausbildung aus zu gehen ist, jedoch wird die Beendigung der Ausbildungszeit nicht terminlich vorgeschrieben.“
Daraufhin erließ die belangte Behörde am die Beschwerdevorentscheidung, in der sie die Beschwerde als unbegründet abwies. Begründend führte die Behörde aus, dass die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes praktischer und theoretischer Unterricht seien, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Familienbeihilfenanspruch bestehe nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete. Auch für die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung bestehe nur Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn die oben angeführten allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung gegeben seien. Unter Berücksichtigung des Lehrstoffs könne eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes, die auch die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt, für vier Vorbereitungsmonate bis zur jeweiligen Teilprüfung angenommen werden. Für den Zeitraum Dezember 2012 bis Juli 2013 sei die Familienbeihilfe zur Vorbereitung für die Teilprüfungen Mathematik und Fachbereich gewährt worden. Die Tochter habe in diesem Zeitraum auch geringfügig gearbeitet und sich auf eine selbständige Tätigkeit (Teilnahme an Informationsveranstaltungen der WKS Salzburg) vorbereitet. Auch wenn die Tochter die Vorbereitungskurse laufend besucht habe, könne aufgrund des Sachverhaltes nicht davon ausgegangen werden, dass eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung, die die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt, vorgelegen habe.
In der Folge beantrage der Bf fristgerecht mittels Vorlageantrag vom , dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Diesen Antrag begründete der Bf ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen damit, dass seine Tochter im 1. Semester, vom bis , nicht nur die erforderlichen Kurszeiten besucht habe, sondern auch die notwendige Teilprüfung positiv absolviert habe. Bereits in diesem Teil habe seine Tochter daher ernstliches und zielstrebiges Bemühen bewiesen und damit den Aufstieg in das 2. Semester erreicht. Das 2. Semester habe sie wiederum zur Gänze besucht. Auch hier sei eine Teilprüfung positiv abgelegt worden. Sie habe dadurch die zu erreichenden Vorgaben des Kursinstitutes, die für die mündliche Maturaarbeit notwendig seien, erreicht. Das ernsthafte und zielstrebige Bemühen habe sie damit auch nach außen hin gezeigt. Die Entscheidung die mündliche Matura-Arbeit nicht zum festgelegten Zeitpunkt durchzuführen sei sehr kurzfristig gekommen. Der Grund für die Absage habe zu der Zeit im selbstauferlegten Druck, der bereits schon einmal durch eine fachärztliche Therapie behandelt worden sei, gelegen. Die Bemühungen den erforderlichen Abschluss umgehend nachzuholen seien immer noch aufrecht. Darum könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen nicht gegeben sei. Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen werde nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn sie mit dem Abschluss der mündlichen Maturaarbeit in Verzug geraten sei, jedoch die wesentlichen Kriterien erfüllt und die erforderliche Zulassung dafür erhalten habe.
Schließlich legte die belangte Behörde die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in seiner Stellungnahme im Vorlagebericht Folgendes aus:
„Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 96/15/0213, unter Verweis auf , ausgeführt, es sei Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reiche für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Entscheidend sei das nach außen erkennbare ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang bzw. -abschluss. Dieses Bemühen manifestiere sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen. Daraus ist zu schließen, dass sich auch im Fall der Absolvierung der Berufsreifeprüfung das ernstliche und zielstrebige nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen manifestiert. Zwar ist nicht nur der Prüfungserfolg ausschlaggebend, sondern der Maturaschüler muss auch durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den Abschluss der Berufsreifeprüfung zu erlangen (vgl die hg Erkenntnisse vom , 98/13/0042, vom , 94/15/0130 und vom , 90/14/0108). Die Berufsreifeprüfung setzt sich aus 4 Teilprüfungen zusammen: Deutsch, Mathematik, eine lebende Fremdsprache nach Wahl als Teile der Allgemeinbildung, sowie einem Fachgebiet aus der beruflichen Praxis. Die Vorbereitungszeit für die Berufsreifeprüfung bzw. Gewährung der Familienbeihilfe ist im Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ 51 0104/4-VI/1/98 wie folgt geregelt: Bei Beantragung derFamilienbeihilfe sind vom Finanzamt daher neben der Zulassung zur Berufsreifeprüfungjedenfalls auch die Angabe der (des) jeweiligen Prüfungstermine(s) sowie der Beleg (zB Kursbestätigung) oder die Glaubhaftmachung (bei Selbststudium) des tatsächlichen Vorbereitungsbeginns abzuverlangen. Die Familienbeihilfe ist immer zurück gerechnet vom Prüfungstermin zu gewähren, und zwar für längstens 16 Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in vier Gegenständen vorgesehen sind, für längstens zwölf Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in drei Gegenständen vorgesehen sind, für längstens acht Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in zwei Gegenständen vorgesehen sind, und für längstens vier Monate, wenn in diesem Zeitraum eine Teilprüfung in einem Gegenstand vorgesehen ist. Voraussetzung ist aber, dass im jeweiligen Zeitraum tatsächlich eine Prüfungsvorbereitung vorliegt, denn eine Familienbeihilfengewährung über den tatsächlichen Vorbereitungsbeginn hinaus ist nicht möglich. Kann andererseits wegen Überschreitung der zur Verfügung stehenden Zeit Familienbeihilfe nicht für den gesamten Vorbereitungszeitraum gewährt werden, sind nur solche Monate zu zählen, die überwiegend in die Vorbereitungszeit fallen. Die Aufteilung des Bezugszeitraumes hängt vom zeitlichen Abstand der einzelnen Teilprüfungen ab, eine Verlängerung wegen erforderlicher Wiederholungsprüfungen über die vier Monate pro Prüfung ist nicht möglich. In diesem Erlass führt das Bundesministerium aus, in Kontaktnahme mit dem zuständigen Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sei unter Berücksichtigung des zu bewältigenden Lehrstoffs erhoben worden, eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung im Sinne des FLAG sei für höchstens vier Vorbereitungsmonate bis zur jeweiligen Teilprüfung anzunehmen. Um die Zielstrebigkeit der gewählten Ausbildungsart überprüfen zu können, ist es zunächst erforderlich zu ermitteln, mit welcher typischen anderen Ausbildungsart die Berufsreifeprüfung vergleichbar ist. Da das Ziel der Berufsreifeprüfung die Ablegung der Matura ist, ist dies am ehesten eine allgemein bildende höhere Schule. Die wöchentliche Unterrichtsdauer an der Oberstufe einer derartigen Schule beträgt mit gewissen Schwankungen rund 30 bis 35 Unterrichtsstunden; demgegenüber umfasst die Dauer der Vorbereitungskurse für die Ablegung der Berufsreifeprüfung typischerweise weniger als die Hälfte dieses Stundenumfangs. Somit ist erkennbar, dass die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung weit weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Besuch einer höheren Schule. Die Ausbildungsintensität ist also nicht vergleichbar. Daher erschiene es unter Berücksichtigung der Stundenrelation durchaus vertretbar, auch nur für den halben Zeitraum Familienbeihilfe zu gewähren. Das Finanzamt gewährte vier Monate pro Prüfung und damit für einen Zeitraum, der sogar mehr als die Hälfte der erforderlichen Ausbildungsdauer beträgt. Es kann auch eindeutig davon ausgegangen werden, dass unter der Prämisse, dass die Tochter des Beschwerdeführers ihren vollen Lerneinsatz dem jeweils einzelnen Gegenstand widmen, also Kurse im Umfang von rund 30 Wochenstunden besuchen hätte können, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten pro Prüfung ausreichend gewesen wäre. Nach den Angaben des Beschwerdeführers hat seine Tochter im strittigen Zeitraum nur eine Prüfung bestanden. Die Prüfung im Fachbereich "Gesundheit und Soziales" fehlt. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach judiziert, dass auch der Besuch einer Maturaschule eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 FLAG darstellt. Der Maturaschüler müsse jedoch durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen. Nach Meinung des Finanzamtes ist bei ernsthaftem und zielstrebigem Studium von einem erforderlichen Vorbereitungsaufwand von maximal vier Monaten pro Teilprüfung auszugehen. Dies wurde auch in der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, (RV/0448-I/02), dokumentiert, wo ua. auf eine Auskunft des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten verwiesen wurde, die ebenfalls bestätigt, dass eine Vorbereitungszeit von vier Monaten je Teilprüfung als ausreichend erachtet wird. Nachdem jedoch im vorliegenden Fall der Ersttermin der fehlenden Prüfung nicht wahrgenommen wurde und der nächste Prüfungstermine erst im Februar 2014 angegeben wurden, ist nach vorstehenden Ausführungen (Rückrechnung der jeweils vier Monate Vorbereitungszeit pro Prüfungsfach ab Prüfungstermin) eine Gewährung der Familienbeihilfe erst unter Berücksichtigung des jeweiligen Prüfungsantrittes möglich. Das heißt aber für den gegenständlichen Berufungsfall, dass zurück gerechnet ab dem ersten Prüfungstermin im Juni 2013 für 4 Monate Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu gewähren sind, unter der Voraussetzung, dass zu dem jeweils angegebenen Prüfungstermin auch angetreten wird und die überwiegende Vorbereitungszeit auch glaubhaft gemacht wurde. Da jedoch der ursprüngliche Prüfungstermin auf den Februar 2014 verschoben wurde steht nach Ansicht des Finanzamtes die Familienbeihilfe für den Zeitraum 12/2012 bis 7/2013 nicht zu und war daher zurückzufordern“.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Festgestellter Sachverhalt
Die Tochter des Bf, Tochter, geboren am Datum1, begann im September 2011 mit den ersten Modulen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung am BFI Salzburg. im Zeitraum bis besuchte sie den Vorbereitungskurs aus dem Fachbereich „Gesundheit und Soziales“. Die Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbetrag wurden vom Finanzamt ursprünglich für Dezember 2012 bis Juli 2013 gewährt. Die Prüfung über das Gebiet Gesundheit und Soziales wurde jedoch im Anschluss an den Kurs nicht abgelegt, sondern auf einen unbekannten Zeitpunkt verschoben. Im gegenständlichen Zeitraum wurde auch keine weitere Prüfung abgelegt.
Neben dem Besuch der Kurse für die Berufsreifeprüfung war die Tochter des Bf laut Lohnzettel im beschwerdegegenständlichen Zeitraum bei der Firma A Teilzeit beschäftigt. Im Jahr 2012 betrug ihr Bruttojahreseinkommen € 6.053,76 und im Jahr 2013 € 11.136,61.
Beweiswürdigung
Nach dem im § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich das Bundesfinanzgericht – zwar ohne an formale Regeln gebunden zu sein, aber unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze (ordnungsgemäß und vollständig durchgeführtes Ermittlungsverfahren, Parteiengehör) – Klarheit über den maßgebenden Sachverhalt zu verschaffen (vgl. ).
Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht ( und , 2001/13/0263).
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten weniger wahrscheinlich erscheinen oder nahezu ausschließen lässt.
Die Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen entsprechen () und darf dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen ().
Zur freien Beweiswürdigung gehört insbesondere auch, ob die im Laufe eines Verfahrens gemachten Angaben mit den Erfahrungen des täglichen Lebens übereinstimmen oder nicht.
Es entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass jene Ausführungen, die zu Beginn eines Verfahrens gemacht werden, der Wahrheit näher kommen als spätere () bzw. anders lautende Angaben, die später gemacht wurden (). Eine für den Abgabepflichtigen günstigere Darstellung, die erst nach und nach im Zuge eines Verfahrens gegeben wird, kann nur verminderte Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen ().
Der Bf behauptet in seinem Vorlageantrag, dass seine Tochter Teilprüfungen abgelegt habe um die jeweiligen Semester positiv abzuschließen. Von diesen Teilprüfungen ist erstmalig im Vorlageantrag die Rede. In der Vorhaltsbeantwortung und in der Beschwerde wird im Gegensatz dazu noch vorgebracht, dass die Tochter keine Prüfungen abgelegt habe. Es wurden auch keine Nachweise hinsichtlich dieser Teilprüfungen vorgelegt. Da dieses Vorbringen erst im späteren Verlauf des Verfahrens erfolgte und auch nicht belegt wurde, ist es wenig glaubhaft.
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro zu.
Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Die Berufsreifeprüfung ist der Reifeprüfung an höheren Schulen insofern gleichwertig, als sie uneingeschränkt zum Studium an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen sowie zum Besuch von Kollegs etc. berechtigt und im Bundesdienst als Erfüllung der Erfordernisse für eine Einstufung in den gehobenen Dienst gilt.
Die Berufsreifeprüfung setzt sich nach § 3 Berufsreifeprüfungsgesetz aus 4 Teilprüfungen zusammen:
-Deutsch
-Mathematik
-eine lebende Fremdsprache nach Wahl
-Fachgebiet aus der beruflichen Praxis.
§ 4 Abs 1. Berufsreifeprüfungsgesetz (Zulassung zur Berufsreifeprüfung) lautet auszugsweise: „Das Ansuchen um Zulassung zur Berufsreifeprüfung ist bei der öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten höheren Schule einzubringen, vor deren Prüfungskommission der Prüfungskandidat die Berufsreifeprüfung abzulegen wünscht. An der Schule müssen die für die abzulegenden Teilprüfungen erforderlichen Fachprüfer zur Verfügung stehen.
(2) Das Ansuchen hat zu enthalten:….
…Im Falle der beabsichtigten Ablegung der Teilprüfung über den Fachbereich in Form einer Projektarbeit gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 können die Angaben gemäß Z 4 auch einen Vorschlag für die Themenstellung und die inhaltliche Abgrenzung des fachlichen Umfeldes der Projektarbeit enthalten. Die Festlegung der Themenstellung und des fachlichen Umfeldes erfolgt auf Antrag und in Abstimmung mit dem Zulassungswerber durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission (Abs. 4).
(3) Der Prüfungskandidat darf zur letzten Teilprüfung nicht vor Vollendung des 19. Lebensjahres antreten. Abweichend von § 1 Abs. 1 darf der Prüfungskandidat zu höchstens drei Teilprüfungen bereits vor erfolgreichem Abschluss einer der in § 1 Abs. 1 genannten Ausbildungen bzw. Prüfungen antreten. Bei vierjährigen Lehrberufen kann die Teilprüfung über den Fachbereich unter sinngemäßer Anwendung des § 8a und des § 11 Abs. 1 auch im Rahmen der Lehrabschlussprüfung abgelegt werden.
(3a) Bei negativer Beurteilung der schriftlichen Klausurarbeiten gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ist der Prüfungskandidat oder die Prüfungskandidatin auf Antrag im selben Prüfungstermin zu einer zusätzlichen mündlichen Kompensationsprüfung zuzulassen.
(4) Über die Zulassung hat der Vorsitzende der Prüfungskommission zu entscheiden.
(5) Nach der Zulassung zur Berufsreifeprüfung ist ein Wechsel der Prüfungskommission nicht mehr zulässig.“
Dazu wird rechtlich erwogen:
Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. GZ. 2009/16/0315).
Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen der vorgesehenen Prüfungen ist somit wesentlicher Bestandteil der Berufsausbildung bzw. Berufsfortbildung ( und , 97/15/0111).
Als Zeiten der Berufsausbildung werden nur solche Zeiten gelten können, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Der laufende Besuch (Inskription) an einer Maturaschule ist als reiner Formalakt allerdings nicht geeignet eine Berufsausbildung nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (z.B. , , 94/15/0130, , 96/15/0213; ). Hinzu muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um die Externistenreifeprüfung treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen manifestiert. Zwar ist nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend; der Maturaschüler muss aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen. Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen wird nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit den vorgesehenen Prüfungen einige Zeit in Verzug gerät. Eine Ausbildung jedoch, bei der das Kind während langer Zeit zu keiner Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. , , 90/14/0108, , 98/13/0042; ). Der Besuch einer Maturaschule alleine, ohne Ablegung von Prüfungen (nur eine Prüfungsanmeldung), reicht also nicht aus, um einen Familienbeihilfenanspruch zu begründen. Es muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (vgl. )
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die Tochter des Bf ihre Berufsausbildung ernstlich und zielstrebig betrieben hat und folglich im Zeitraum vom Dezember 2012 bis Juli 2013 Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe bestand.
Im Zuge des Vorhalteverfahrens legte der Bf eine Bestätigung über die Teilnahme seiner Tochter an dem Vorbereitungskurs im Fachbereich Gesundheit und Soziales vor. In dieser Bestätigung wird festgehalten, dass ein Prüfungsantritt zu einem späteren Zeitpunkt erfolge. Der Bf selbst gibt mehrmals (Beschwerde, Vorhaltsbeantwortung) an, dass seine Tochter bislang zu keiner Prüfung angetreten sei. Das Bundesfinanzgericht sieht es daher als erwiesen an, dass die Tochter des Bf zwar den nötigen Kurs besucht hat, zur Prüfung im Fachbereich Gesundheit und Soziales im anspruchsbegründenden Zeitraum aber nicht angetreten ist. Die vom Bf erst im Vorlageantrag vorgebrachte Behauptung, dass weitere Teilprüfungen als Voraussetzung für die Zulassung zur Maturaprüfung im Fachbereich nötig gewesen wären und von seiner Tochter auch positiv absolviert worden seien, wurde weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Auch aus dem Berufsreifeprüfungsgesetz gehen keine weiteren Voraussetzungen für die Zulassung zur Berufsreifeprüfung, außer den in § 4 genannten allgemeinen Voraussetzungen, hervor. Im vorliegenden Fall konnte also für den gesamten Rückforderungszeitraum keinerlei Nachweis über erfolgte Prüfungsantritte erbracht werden. Aus der in diesem Zeitraum durchgehenden Teilzeitbeschäftigung und der Vorbereitung auf eine damals geplante Selbstständigkeit, ist überdies zu schließen, dass die Tochter des Bf für die Berufsreifeprüfung am BFI die ihr zur Verfügung stehende Zeit nicht ausschließlich dazu verwendete um einen Ausbildungserfolg zu erzielen. Da ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg somit nach außen hin nicht erkennbar ist, kann nicht von einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ausgegangen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, da die dem Erkenntnis zugrundeliegenden Rechtsquellen und VwGH Erkenntnisse eindeutig sind und keine Zweifel bestehen lassen.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100808.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at