Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2019, RV/5101717/2018

gepfändetes Guthaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch V, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom betreffend die Abweisung eines Rückzahlungsantrages zu StNr. XY zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Von der Beschwerdeführerin (Bf) wurden u.a. Bauaufträge für österreichische Firmen ausgeführt. 

Mit Eingabe vom beantrage die Beschwerdeführerin (Bf.) die Rückzahlung des sich auf dem Abgabenkonto befindlichen Guthabens (8.561,11€). Wobei sie fest hielt, dass sie keine Ahnung habe, warum sie in Österreich eine Steuernummer bekommen habe.

Am wurde ein Sicherstellungsauftrag erlassen für Lohnsteuer, DB und DZ für die Zeiträume 5-9/2017, für einen Gesamtbetrag in Höhe von 29.238,42 €. In der Begründung wurde bezüglich der Steuerpflicht festgehalten, dass auf Grund der vorliegenden Gesamtumstände davon auszugehen sei, dass sich der Ort der Geschäftsleitung nicht in Tschechien sondern in Österreich befinde, wo auch der Geschäftsführer A seinen Wohnsitz habe. (So soll es sich bei dem Büro in Tschechien lediglich um eine Briekastenfirma handeln, für die durchgeführten Arbeiten lägen keine Entsendungsmeldungen vor, zudem sei der Rechnungsbetrag des Bauauftrages auf ein österreichisches Bankinstitut überwiesen worden).

Auf Grund dieses Sicherstellungsauftrages wurde mit Bescheid vom das zur Rückzahlung beantragte Guthaben gepfändet.

Am erging der Haftungs- und Festsetzungsbescheid betreffend Lohnsteuer, DB und DZ für die Zeiträume 05-09/2017.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Rückzahlung des Guthabens abgewiesen. So sei das zur Rückzahlung beantragte Guthaben zu Gunsten des Sicherstellungsauftrages vom mit Bescheid vom gepfändet worden. Dieser Bescheid war adressiert an die Bf. zu Handen des Geschäftsführers A an dessen inländische Privatadresse.

In der Beschwerde vom hielt der ausgewiesene Vertreter fest, dass der bekämpfte Bescheid an Nichtigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie einem Begründungsmangel und Verfahrensmangel leide. So sei das Finanzamt X für den gegenständlichen Sachverhalt eine unzuständige Behörde. Die Bf habe ihren Sitz in Tschechien. Als tschechisches Unternehmen unterliege die Bf keinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt X. Der Bescheid leide daher an unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Ferner liege ein Zustellmangel vor, da der Bf. die Schriftstücke nicht nach Tschechien zugestellt worden seien, sondern an eine X1 Adresse des Geschäftsführers A. Richtigerweise hätten alle Schriftstücke, auch der bekämpfte Bescheid an die Adresse in Tschechien zugestellt werden müssen. Für die Bf seien die tschechischen Abgabenbehörden zuständig. Dass Herr A eine Privatadresse in Österreich habe, bedeute nicht, dass deshalb das Finanzamt X zuständig sei. Richtigerweise hätte dem Rückzahlungsantrag entsprochen werden müssen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. So erfordere die Rückzahlung ein zum Zeitpunkt der Erledigung eines solchen Antrages vorhandenes Guthaben. Das Guthaben sei am zu Gunsten des Sicherstellungsauftrages gepfändet worden. Ausschließlicher Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei das Rückzahlungsverfahren, welches die Bf mit ihrem Rückzahlungsantrag beim Finanzamt X selbst eingeleitet habe. Nach Ansicht des Finanzamtes befinde sich der Ort der Geschäftsleitung im Inland und könne Abgabestelle einer juristischen Person auch die private Wohnanschrift des Geschäftsführers sein.

Im Vorlageantrag vom wurden keine neuen Gründe vorgebracht.

Beweiswürdigung

Auf Grund der dem BFG vorgelegten Akten geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich auf einem Abgabenkonto beim Finanzamt X ein Guthaben befand dessen Rückzahlung beantragt wurde. Die Rückzahlung des Betrages hätte auf ein österreichisches Bankkonto erfolgen sollen. Auf Grund des Sicherstellungsauftrages wurde das Guthaben gepfändet. Das Finanzamt setzte in der weiteren Folge gegenüber der Bf Lohnabgaben fest. Wobei sämtliche Bescheide an die Bf zu Handen deren Geschäftsführer an dessen Privatadresse zugestellt wurden. 

Rechtslage

§ 215 BAO normiert: (1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(2) Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

§ 239 BAO bestimmt: (1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.

Erwägungen

Mit der Frage der Nichtrückzahlung ist untrennbar die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung, somit die Frage der Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto, verbunden. Im gegenständlichen Fall bestand im Zeitpunkt der Einbringung des Rückzahlungsantrages unbestritten das oben erwähnte Guthaben am Abgabenkonto der Gesellschaft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Rückzahlung ein zum Zeitpunkt der Entscheidung eines solchen Antrages vorhandenes Guthaben ( zu RV/6100599/2015 und ). In dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Fall war am ein Rückzahlungsantrag eingebracht worden, über den jedoch erst nach Erlassung eines Sicherstellungsauftrages () und Vornahme einer Pfändung () am , somit erst rund 18 Monate nach Einbringung des Antrages, abweislich entschieden wurde. Entscheidend war, dass dem Rückzahlungsantrag aufgrund der - wenn auch erst nach Einbringung des Antrages erfolgten - Pfändung nicht zu entsprechen war, da ein Rückzahlungsantrag, der ein gepfändetes Guthaben betrifft, abzuweisen ist (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 239 Tz 16; Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, § 239 Tz 12; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 215 Tz 13).

Diese Rechtsprechung ist aufgrund des in § 215 Abs. 4 BAO ausdrücklich normierten Verweises auf die Bestimmung des § 239 BAO auch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen. Da im Zeitpunkt der Entscheidung über den Rückzahlungsantrag, die gegenständlich rund drei Monate nach Einbringung des Antrages und somit durchaus innerhalb angemessener Frist erfolgte (§ 284 BAO), kein Guthaben mehr vorhanden war, da dieses zwischenzeitig gepfändet wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig (s. dazu auch Stoll. BAO, § 239 Seite 2478).

Das Finanzamt hat in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass ausschließlicher Gegenstand des Beschwerdeverfahrens das Rückzahlungsverfahren sei und dieses wiederum von der Bf mit ihrem Rückzahlungsantrag eingeleitet worden sei. Auch für das Verwaltungsgericht ist es nicht nachvollziehbar, dass das Finanzamt X in dieser Beschwerdeangelegenheit nicht zuständig sein soll.

Dass Einwendungen gegen die gegenüber der Bf zugrundeliegenden Abgabenverfahren nicht im Rückzahlungsverfahren vorgebracht werden können, darauf hat das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung bereits zu Recht hingewiesen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, es liege ein Zustell- bzw. Verfahrensmangel in der Art und Weise vor, dass dem schuldnerischen Unternehmen (wohl gemeint die Beschwerdeführerin) die Schriftstücke, und zwar auch der bekämpfte Bescheid, nicht an die Adresse in Tschechien, sondern an die  Adresse des Geschäftsführers in X zugestellt wurde. Richtiger Weise hätten alle Schriftstücke an die Adresse in Tschechien übermittelt werden müssen.

Nach Erhebungen des Finanzamtes hat die Bf ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland (s. dazu den Sicherstellungsauftrag bzw. den Haftungs- und Feststellungsbescheid). Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, ist die (private) Wohnanschrift des Geschäftsführers einer GmbH ebenso wie ihr Sitz Abgabestelle iSd ZustellG (vgl. ua. ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich das Erkenntnis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, die Rechtsfrage bereits eindeutig geklärt ist, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101717.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at