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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.02.2019, RV/7101529/2013

Abweisung eines Wiederaufnahmsantrages mangels Hervorkommen von neuen Tatsachen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch stV., AdressestV., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA FA vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008 -2010, St.Nr.: ***** zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2008 bis 2010  Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte.

Nach Einreichung entsprechender Steuererklärungen für diese Jahre erließ das damals zuständige Finanzamt FA erklärungsgemäße Einkommensteuerbescheide. Der Einkommensteuerbescheid 2008 datiert vom , der Einkommensteuerbescheid 2009 datiert vom und der Einkommensteuerbescheid 2010 datiert vom .

Mit Schriftsatz vom , beim Finanzamt eingelangt am  brachte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter einen Antrag  auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008 -2010 ein, der folgendermaßen begründet wurde:

" Bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 haben wir festgestellt, dass die Angaben für die Außergewöhnlichen Belastungen in den oben angeführten Jahren nicht ordnungsgemäß waren. in der Beilage übersenden wir berichtigte Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008, 2009 und 2010. 

Wie ersuchen um Neuberechnung der Einkommensteuer und um Ausstellung neuer Bescheide für die Jahre 2008, 2009 und 2010."

In dem diesen Wiederaufnahmeantrag abweisenden Bescheid vom führt das Finanzamt begründend aus, dass das Wiederaufnahmeverfahren nicht den Zweck hätte, allfällige Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren, sondern die Möglichkeit bieten solle, bisher unbekannten aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen. Bei der auswärtigen Berufsausbildung der Kinder handle es sich nach Ansicht der Finanzbehörde um keine neuen Tatsachen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wendet der Bf. folgendes ein:

"Bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung 2008-2010 war uns die Tatsache, dass Herr Bf. ab 01/2008 für seine Töchter xuy wieder die Familienbeihilfe bezieht nicht bekannt. Die Familienbeihilfe wurde ab diesem Zeitpunkt wieder gewährt, da die Mädchen eine auswärtige Berufsausbildung begonnen haben. x macht eine Ausbildung in den Ausland und y in Ausland. Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b ist eine Wiederaufnahme dann stattzugeben, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten. Unserer Ansicht nach handelt es sich hierbei um kein grobes Verschulden sondern lediglich um ein Versehen da die auswärtigen Ausbildungskosten nicht eingetragen wurden. Wir beantragen die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO für die Jahre 2008-2010 bzw. regen eine Wiederaufnahme von amtswegen an. "

Das Finanzamt legte die Beschwerde in der Folge (am )  an den nach damaliger Rechtslage als Rechtsmittelbehörde zuständigen Unabhängigen Finanzsenat vor.

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG wurde mit der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Verwaltungsgericht über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind am anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Das Verfahren betreffende Anbringen wirken ab auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht nimmt aufgrund der festgestellten Aktenlage (Verwaltungsakt mit den darin befindlichen Steuererklärungen, Bescheiden sowie den Bezug habenden Eingaben des Bf.) den folgenden unstrittigen Sachverhalt als erwiesen an:

Die erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2010 sind in Rechtskraft erwachsen.

Der Antrag des Bf. vom wird damit begründet, dass der Bf. bzw. sein steuerlicher Vertreter die Kosten der auswärtigen Ausbildung seiner Kinder versehentlich nicht in den Steuererklärungen eingetragen habe.

Rechtsgrundlagen

§ 303 Abs. 1 BAO idF FVwGG 2012,  lautet: 

Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die o.a. Wendung "im abgeschlossenen Verfahren" beruht erkennbar auf einem Redaktionsversehen. Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist (wie schon nach der Regelung vor dem FVwGG) die Berücksichtigung bisher unbekannter, aber entscheidungswesentlicher Sachverhaltselemente. Gemeint sind also Tatsachen oder Beweismittel, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. ).

§ 303 Abs. 2 BAO idF FVwGG 2012,  lautet:

Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird (...)

Gemäß § 323 Abs. 37 BAO ist § 303 BAO idF FVwGG 2012  auf alle am unerledigten Beschwerden (Berufungen) und Devolutionsanträge anzuwenden.

 Rechtliche Würdigung

Bei der Wiederaufnahme auf Antrag bestimmt die betreffende Partei den Wiederaufnahmsgrund. Sie gibt im Wiederaufnahmsantrag an, aus welchen Gründen sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens als notwendig erachtet (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren, 2. Auflage (2016), § 303 Anm 3).

Das Neuhervorkommen iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist b ei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus der Sicht des Antragstellers (hier des Bf.) zu beurteilen (vgl. ; Ro  2016/15/0036; ).

Das Wiederaufnahmeverfahren hat nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren, sondern es soll die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren, 2. Auflage (2016), § 303 Anm. 6 mwN).

Hinsichtlich der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes hat die vertretene Partei sich die Kenntnis des Vertreters zurechnen zu lassen (Ritz, Kommentar zur BAO, § 303 Tz 27).

Der Bf. hat gegenüber der Abgabenbehörde nämlich nicht nur seine eigenen Handlungen und Unterlassungen, sondern auch die derjenigen Personen zu vertreten, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient (). Unterlassungen des steuerlichen Vertreters des Bf. sind daher dem Bf. zuzurechnen.

Vor dem o.a. rechtlichen Hintergrund wird nun aber festgestellt, dass im streitgegenständlichen Wiederaufnahmeantrag vom von den in § 303 Abs.1 BAO  geregelten unterschiedlichen Wiederaufnahmetatbeständen (lit. a: Erschleichungstatbestand, lit. b: Neuerungstatbestand und lit. c: Vorfragentatbestand) der Neuerungstatbestand gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO geltend gemacht wurde: Der Bf. bzw. dessen steuerlicher Vertreter habe in den Steuererklärungen vergessen, die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung seiner Töchter geltend zu machen.

Mit diesem Antragsvorbringen hat der Bf. jedoch keine neuen Tatsachen oder Beweismittel im o.a. Sinne aufgezeigt, waren ihm die antragsgegenständlichen Umstände (Berufsausbildungskosten der beiden Kinder) im abgeschlossenen Verfahren doch bereits bekannt und sind somit nicht neu hervorgekommen.

Er hat es lediglich - versehentlich - unterlassen, diese geltend zu machen (vgl. Ritz, BAO, 6. Auflage, § 303 Tz 47 mwN). Damit liegt aber die tatbestandsmäßige Voraussetzung des § 303 Abs. 1 lit. b BAO für die seitens des Bf. beantragte Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für die Jahre 2008-2010 nicht vor, weshalb das Finanzamt diesen Antrag zu Recht abgewiesen hat.

Der Vollständigkeit halber wird schließlich auch noch bemerkt, dass auf die Frage, ob sich aus den Eingaben des Bf. allenfalls die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens ergeben, hier nicht einzugehen ist.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG  eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Vielmehr ergibt sich hier die Rechtsfolge der Abweisung der Beschwerde aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( ; Ro  2016/15/0036; , siehe oben), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323 Abs. 37 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Wiederaufnahmsantrag
Tatsachen
Neuhervorkommen
vergessene Berufsausbildungskosten
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101529.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at