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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2019, RV/7105499/2017

Sicherstellungsauftrag betreffend Glücksspielabgabe/Pokercasino

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache des ***, als Masseverwalter für die ***, ***, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend die Sicherstellung der Glücksspielabgabe 09/2016 bis 12/2016, zu Recht: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom wurde gemäß § 232 BAO in das Vermögen der *** GmbH (im Folgenden als beschwerdeführende Gesellschaft bezeichnet) die Sicherstellung der Glücksspielabgabe wie folgt angeordnet:


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Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche)

Höhe in Euro
Glücksspielabgabe
09/2016
€ 38.863,43
Glücksspielabgabe
10/2016
€ 44.357,50
Glücksspielabgabe
11/2016
€ 76.542,89
Glücksspielabgabe
12/2016
€ 87.178,78

In Summe sohin € 246.942,59.

Begründet wurde dies zusammengefasst wie folgt:

Die beschwerdeführende Gesellschaft habe in den Anmeldezeiträumen September 2016 bis Dezember 2016 an mehreren Standorten Pokerspiele - sowohl in Turnierform als auch als Cashgames, sohin Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG - veranstaltet, die gemäß § 57 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) der Glücksspielabgabe unterliegen.

Durch die Durchführung dieser Pokerveranstaltungen sei der Tatbestand, an den das Glücksspielgesetz die Steuerplicht nach § 57 GSpG knüpfe, verwirklicht worden. Dies sei auch durch die ständige Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes sowie des Verfassungsgerichtshofes gedeckt. Bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57 GSpG sei der Konzessionär (§ 17 Abs. 6 GSpG) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5 GSpG) der Abgabenschuldner. Fehle ein Berechtigungsverhältnis, seien der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (§ 59 Abs. 5 GSpG), sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand Abgabenschuldner. Die beschwerdeführende Gesellschaft sei daher Abgabenschuldnerin.

Der Berechnung der voraussichtlichen Höhe der Abgaben seien die von der beschwerdeführenden Gesellschaft mittels Abgabenerklärung selbst bekannt gegebenen Bemessungsgrundlagen und die Werte aus der Buchhaltung zugrunde gelegt worden. Für Turniere und Cashgames wird dabei von der belangten Behörde wörtlich wie folgt ausgeführt (Zitat ohne die darin enthaltenen Hervorhebungen): 

"Turniere: 

Die Glücksspielabgabe wurde seitens der [...] GmbH mit 16% von der Summe der eingenommenen Gebühr (Fee) zuzüglich von 5% des in Aussicht gestellten Gewinns (Preispool) errechnet und dem Finanzamt abgeführt. 

Die neben der Fee eingenommenen Beträge in Höhe von 5% des Preispools wurden in der Buchhaltung am Konto 4065 Erlöse Turniere erfasst.

Die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe bilden jedoch bei turnierförmigen Ausspielungen gem. § 57 Abs. 1 GSpG die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen. 

Aufgrund der in der Buchhaltung enthaltenen Einnahmen, die auf dem in Aussicht gestellten Gewinn basieren, kann die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe wie folgt errechnet werden: 

Höhe der Einnahmen auf Konto 4065 / 5% = In Aussicht gestellter Gewinn." 

Für den Zeitraum September bis Dezember 2016 ergebe sich daher eine Nachforderung von insgesamt € 8.963,20.

Wörtlich heißt es weiter wie folgt (Zitat ohne die darin enthaltenen Hervorhebungen):

"Cashgames: 

Die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe bildet bei Ausspielungen (Cashgames) gem. § 57 Abs. 1 GSpG der Einsatz. 

Für die veranstalteten Cashgames wird nach einem bestimmten Schlüssel ein Tischgeld (Rake), das sich nach der Höhe des Pots (Summe der Einsätze) richtet, von der Abgabenschuldnerin einkassiert. 

Es wurden Aufzeichnungen geführt, aus denen die Höhe des täglichen Tischgelds ersichtlich ist und in der Buchhaltung auf den Konten mit der Bezeichnung 'Collection' verbucht.

Über die Höhe der Einsätze der einzelnen Spiele wurden keine Aufzeichnungen vorgelegt. Die Höhe der Bemessungsgrundlage kann daher nicht aus den Aufzeichnungen ermittelt werden. Es erfolgt somit die Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Wege der Schätzung gem. § 184 BAO. 

Mit Hilfe der Tabelle, die die Höhe des Tischgeldes je nach Höhe des Pots festlegt ('Rake— Table'), kann ermittelt werden, in welchem Verhältnis das Tischgeld zum Pot steht. Das Tischgeld beträgt durchschnittlich 8,09% der Summe der Einsätze (Pot). Somit kann aufgrund der Tischaufzeichnungen auf die Höhe der Einsätze geschlossen werden. Die Berechnung des durchschnittlichen Tischgelds erfolgte aufgrund von Angaben einer Auskunftsperson und ist der Beilage zu entnehmen."

Daraus ergebe sich eine Bemessungsgrundlage von insgesamt € 237.979‚39.

Somit ergebe sich ein Abgabenanspruch (Nachforderung gegenüber der Selbstberechnung) für den Zeitraum von vier Monaten in der Höhe von € 246.942,59.

Zur Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung führt die belangte Behörde aus, diese sei zu befürchten, weil der zu erwartende Abgabenbetrag die Höhe des vorhandenen Vermögens und Einkommens der beschwerdeführenden Gesellschaft bei weitem übersteige. Dem Abgabenanspruch iHv € 246.942,59 stünden Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Jahre 2012 bis 2015 von insgesamt € -15.754,85, sowie ein negatives handelsrechtliches Eigenkapital zum  iHv € -24.367,35 gegenüber. Darüber hinaus sei der Abgabenbehörde kein entsprechendes Vermögen bekannt. Die Berechnung und die Entrichtung der Glücksspielabgabe im gesetzlichen Ausmaß seien darüber hinaus unterblieben. 

Aufgrund des bisher gezeigten steuerlichen Verhaltens, in dem die abgabenrechtliche Pflicht zur Entrichtung der Glücksspielabgabe in der korrekten Höhe unterlassen worden sei, und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, erscheine die Abgabeneinbringung gefährdet. Von einem Ausnahmefall, der die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht gerechtfertigt erscheinen ließe, könne keine Rede sein.

Die dagegen am rechtzeitig erhobene und mit Schreiben vom verbesserte Beschwerde führte nach Zitierung der Rechtslage und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen aus, der Sicherstellungsauftrag sei ebenso wie die von der belangten Behörde gemachten Schätzungen sowie die Abgabe per se rechtswidrig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Am beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft veranstaltete im Zeitraum 2015 - 2016 Pokerspiele in Form von Turnieren und zwar an folgenden Standorten:
1***
2***.

Als Einnahmen aus den Turnieren wurde die Entry Fee auf den Konten 4064 und 4067
verbucht, ein Betrag in Höhe von 5% des Preispools des jeweiligen Turniers wurde auf den Konten 4065 und 4068 mit der Bezeichnung "Erlöse Turnier" verbucht. Die Summe dieser Beträge wurde monatlich als Bemessungsgrundlage für die
Glücksspielabgabe bei Turnieren dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und
Glücksspiel angemeldet.

Im selben Zeitraum veranstaltete die beschwerdeführende Gesellschaft Pokerspiele in Form von Cashgames und zwar an folgenden Standorten:
1***
2***
3***
sowie in ***.

Das Tischgeld wurde auf den Konten 4066,4069‚4071,4072, 4073,4075,4076‚4077 und 4078 mit der Bezeichnung "Collection" verbucht. Die Summe dieser Beträge wurde monatlich als Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe bei Cashgames dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und
Glücksspiel angemeldet.

Mit diesen Veranstaltungen bot die beschwerdeführende Gesellschaft interessierten Personen die Möglichkeit, zusammen mit anderen Besuchern organisierte Kartenspiele (Poker) mit Geldeinsätzen in Form von Cash Games und Turnieren zu spielen.

Am meldete die beschwerdeführende Gesellschaft ihre Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe für den Monat September 2016, am jene für den Monat Oktober 2016 und am jene für die Monate November und Dezember 2016 dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel.

Mit Bescheid - Sicherstellungsauftrag vom  wurde die Sicherstellung folgender Abgabenansprüche verfügt:


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Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche)

Höhe in Euro
Glücksspielabgabe
09/2016
€ 38.863,43
Glücksspielabgabe
10/2016
€ 44.357,50
Glücksspielabgabe
11/2016
€ 76.542,89
Glücksspielabgabe
12/2016
€ 87.178,78

In Summe sohin € 246.942,59.

Der Bescheid wurde am um 00:44 Uhr im Rahmen einer Amtshandlung der Finanzpolizei persönlich übergeben.

Mit Bescheiden vom erfolgte die Festsetzung der Glücksspielabgabe gemäß § 201 BAO

1. für den Monat September 2016 mit € 52.230,76 (gegenüber dem durch die beschwerdeführende Gesellschaft selbst berechneten Betrag iHv € 5.858,90),

2. für den Monat Oktober 2016 mit € 52.540,43 (gegenüber dem durch die beschwerdeführende Gesellschaft selbst berechneten Betrag iHv € 7.635,72),

3. für den Monat November 2016 mit € 90.004,20 (gegenüber dem durch die beschwerdeführende Gesellschaft selbst berechneten Betrag iHv € 8.618,26),

4. für den Monat Dezember 2016 mit € 102.835,89 (gegenüber dem durch die beschwerdeführende Gesellschaft selbst berechneten Betrag iHv € 10.023,60),

in Summe sohin € 297.611,28.

Der Bemessung wurde das Ergebnis der für den Zeitraum 2015 bis 2016 durchgeführten Außenprüfung, die mit Prüfbericht vom abgeschlossen wurde, zugrunde gelegt.

Mit Beschluss des LG *** vom Datum1**** wurde über das Vermögen der beschwerdeführenden Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet und am Datum2**** im Firmenbuch eingetragen; die beschwerdeführende Gesellschaft führt nunmehr den Zusatz "in Liquidation". Zum Masseverwalter wurde ***, bestellt.

Zum betrug das negative handelsrechtliche Eigenkapital der beschwerdeführenden Gesellschaft € -24.567,35, zum € -40.792,26.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur beschwerdeführenden Gesellschaft, den veranstalteten Pokerspielen und den Spielorten im Zeitraum 2015 bis 2016 ergibt sich aus der Einsicht ins Firmenbuch sowie ins Gewerbeinformationssystem (GISA) und den unstrittigen behördlichen Feststellungen im Prüfbericht vom .

Die Feststellung zu den Zeitpunkten der Meldung der Bemessungsgrundlagen an das Finanzamt ergibt sich aus den im Akt befindlichen Ausdrucken aus dem Abgabeninformationssystem (AIS).

Die Höhe der sichergestellten Abgabenansprüche ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid. Die Feststellung zur persönlichen Übergabe des angefochtenen Bescheides ergibt sich aus dem handschriftlichen Übernahmevermerk auf diesem in Verbindung mit dem übermittelten Einsatzbericht der Finanzpolizei vom .

Die Feststellung zu Bemessung und Höhe der Glücksspielabgabenfestsetzung vom beruht auf den genannten Bescheiden, welchen die Feststellungen des Prüfberichtes vom zugrunde liegen.

Die Feststellung zur Konkurseröffnung ergibt sich aus der Eintragung im Firmenbuch zu FN *** und den dazugehörigen Urkunden.

Die Höhe des negativen Eigenkapitals ergibt sich aus den im Firmenbuch abrufbaren Jahresabschlüssen der beschwerdeführenden Gesellschaft.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 232 BAO idF BGBl. I 20/2009, der die Sicherstellung regelt, lautet wie folgt:

"(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;
c) den Vermerk, daß die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;
d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden."

Da die in Abs. 1 und Abs. 2 leg.cit. genannten Tatbestandsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, sind sie im Folgenden einzeln zu prüfen.

Erste Voraussetzung für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ist die Verwirklichung jenes Tatbestandes, an den die Abgabepflicht geknüpft ist. Die Verwirklichung dieses Tatbestandes muss im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht iSd § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrages bzw. in der diesen bestätigenden Berufungsvorentscheidung dargetan werden.

Eine Sicherstellung ist kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach (nämlich gemäß § 4 BAO) mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Von einer solchen Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung kann im Wesentlichen dann gesprochen werden, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden muss, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. ; ; ).

Das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag hat sich auf die Überprüfung zu beschränken, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet worden ist, die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. sowie ). Gemäß § 270 BAO (idF BGBl. I 14/2013) ist aber bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag auf im Beschwerdeverfahren der Behörde zur Kenntnis gelangte neue Tatsachen und Beweise - welche sich allerdings auf die Überprüfung der Frage zu beschränken haben, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages die dafür erforderlichen Voraussetzungen objektiv gegeben waren - Bedacht zu nehmen (vgl. ; ).

3.1.1. Zur Tatbestandsverwirklichung

Sicherstellungsaufträge setzen voraus, dass der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen. Dieser Zeitpunkt wird von der herrschenden Ansicht mit dem Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches gleichgesetzt. Dafür spricht, dass § 232 erster Satz dieselbe Wortfolge wie § 4 Abs. 1 verwendet. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht von dieser Gleichsetzung aus (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 232 Tz 3 mit zahlreichen Literaturnachweisen und Hinweis auf ).

Die Verwirklichung dieses Tatbestandes muss im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht im Sinne des § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrages entsprechend dargetan werden. Dabei ist nur zu prüfen, ob gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgabenanspruches und dessen Höhe gegeben waren. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden, da diese Frage dem Abgabenfestsetzungsverfahren vorbehalten bleibt (; ; Ritz, BAO, 5. Auflage, § 232 Tz 8 mit Hinweis auf ; ; ).

Dem Beschwerdevorbringen, wonach die Berechnung der Höhe der Abgabe nicht den wirklichen Tatsachen entspreche, der Tatbestand nicht verwirklicht und die durchgeführte Schätzung rechtwidrig sei, ist vor diesem Hintergrund Folgendes zu entgegnen:

Nach den Feststellungen veranstaltete die beschwerdeführende Gesellschaft an mehreren Standorten im Zeitraum September bis Dezember 2016 Pokerspiele, sowohl in Turnierform, als auch als Cashgames, und bot damit interessierten Personen die Möglichkeit, zusammen mit anderen Besuchern organisierte Kartenspiele mit Geldeinsätzen zu spielen. Damit lagen Ausspielungen im Sinn des § 2 Abs. 1 GSpG vor, welche Glücksspiele sind, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht, und bei denen Spieler eine vermögenswerte Leistung in Form eines Geldeinsatzes erbringen, sowie bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung (Gewinn) in Aussicht gestellt wird. Mit Durchführung der Pokerveranstaltungen wurde somit der Tatbestand, an den das Glücksspielgesetz die Entstehung der Glücksspielabgabepflicht nach § 57 GSpG knüpft, verwirklicht. Abgabenschuldner ist in so einem Fall entweder der Konzessionär (§ 17 Abs. 6 GSpG) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5 GSpG). Im Falle des Fehlens eines Berechtigungsverhältnisses sind Abgabenschuldner der Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (§ 59 Abs. 5 GSpG) zur ungeteilten Hand (siehe dazu zuletzt mwH). Als Veranstalterin der Pokerturniere ist die beschwerdeführende Gesellschaft damit die Abgabenschulderin.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eingehend und schlüssig die Gründe dargelegt, die für das Entstehen der gegenständlichen Abgabenansprüche sprechen. Auch die angenommene Höhe der Abgabenansprüche wurde nachvollziehbar und plausibel dargestellt und beruhte zum einen auf den von der beschwerdeführenden Gesellschaft selbst bekannt gegebenen Bemessungsgrundlagen und zum anderen auf den Werten aus der Buchhaltung, schließlich bilden die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe bei tuniermäßigen Ausspielungen gemäß § 57 Abs. 1 GSpG die in Aussicht gestellten Vermögenswerten Leistungen. Bei den Cashgames bildet der Einsatz die Bemessungsgrundlage, weshalb die belangte Behörde zu Recht hier mit einer Schätzung vorgegangen ist, da es zwar Aufzeichnungen hinsichtlich des Tischgeldes, aber nicht hinsichtlich der Einsätze der einzelnen Spiele gab. Die Vorgangsweise, mit Hilfe der Tabelle, die die Höhe des Tischgeldes je nach Höhe des Pots festlegt ("Rake-Table"), zu ermitteln, in welchem Verhältnis das Tischgeld zum Pot stand, kann daher nicht beanstandet werden. Im Übrigen ist die beschwerdeführende Gesellschaft den diesbezüglichen ziffernmäßig konkretisierten Feststellungen in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen. Die zwischenzeitig vorgenommenen Festsetzungen der dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde liegenden Abgaben sind weitere Indizien für die Entstehung des Abgabenanspruches, obwohl dieser grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit entsteht, er demnach keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraussetzt. Eine Rechtwidrigkeit der von der belangten Behörde durchgeführten Schätzung kann somit nicht erkannt werden.

Soweit das unsubstantiierte Beschwerdevorbringen dahin geht, dass die Glücksspielabgabe "per se" rechtswidrig sei, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Die bereits zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lässt - wie auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - eine Rechtswidrigkeit der Glücksspielabgabe nicht erkennen. In seinem Erkenntnis vom , G 26/2013, G 90/2012, hat der Verfassungsgerichtshof für bestimmte Pokerangebote auf Grundlage einer Gewerbeberechtigung einen gewissen Vertrauensschutz vorgesehen und eine Übergangszeit gemäß § 60 Abs. 36 GSpG bis bestimmt. Die Rechte von Inhabern einer Gewerbeberechtigung erlöschen mit Ablauf der gewerberechtlichen Bewilligung, spätestens jedoch mit Ablauf des ; der Betrieb solcher Pokerangebote stellt dann eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG dar. Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft. Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (). Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , E 3200/2018, in einem gleich gelagerten Fall betreffend Sicherstellung der Glücksspielabgabe in Zusammenhang mit Pokerspielen () die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

3.1.2. Zur Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung

Sicherstellungsaufträge setzen eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus. Dies liegt vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint. Solche Umstände liegen nach der Judikatur vor allem vor bei drohenden Insolvenzverfahren, Exekutionsführung von dritter Seite, Verhalten, das die tatsächlichen Verhältnisse verschleiert, unerklärlichen Transferierungen, bewusst unklaren Gestaltungen, beharrlicher Vernachlässigung abgabenrechtlicher Pflichten, Vermögensverschiebung ins Ausland bzw. an Verwandte oder dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung.

Die objektive Gefährdung reicht für eine Sicherungsexekution aus. Es genügt, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass die Verhältnisse eine Gefährdung der Einbringung der anfallenden Abgaben mit sich bringen. Die Erschwerung der Einbringung wurde vom Finanzamt im angefochtenen Bescheid damit begründet, dass der sicherzustellende Abgabenbetrag die Höhe des vorhandenen (handelsrechtlichen) Eigenkapitals der Gesellschaft bei weitem übersteige und daher in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft stehe.

Dieser Feststellung trat die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrer Beschwerde nicht entgegen. Dass im Datum**** das Konkursverfahren über das Vermögen der beschwerdeführenden Gesellschaft eröffnet wurde, bestätigt die Richtigkeit der Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit durch die belangte Behörde, die sich schon im Zeitpunkt des Sicherstellungsauftrages aus einer Gegenüberstellung des sicherzustellenden Abgabenbetrages und des niedrigen vorhandenen Eigenkapitals ergeben hat.

3.1.3. Zum Ermessen

Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmsfällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen (; , 2007/15/0131).

Angesichts der - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Sicherstellungsauftrages - voraussichtlichen Höhe des Abgabenanspruches, die letztlich etwas niedriger war als der tatsächlich festgesetzte Abgabenanspruch iHv € 297.611,28, und der schlechten wirtschaftlichen Situation der beschwerdeführenden Gesellschaft im Zeitpunkt der Bescheiderlassung konnte von einem derartigen Ausnahmefall, der die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht gerechtfertigt erscheinen ließe, keine Rede sein.

Die Beschwerde ist somit im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Die Adressierung dieses Erkenntnisses erfolgt an den Masseverwalter als nunmehrigen Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft, da dieser während des Abgabenverfahrens den Insolvenzschuldner repräsentiert (vgl. zB ).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses/Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Frage, welche Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages gegeben sein müssen, ergibt sich - ebenso wie die Frage, ob und wann Pokerspiele der Glücksspielabgabe unterliegen - aus der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105499.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at