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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2019, RV/2100544/2019

Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betr. abgeleiteten Einkommensteuerbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., X, vertreten durch Fritz Wirtschaftstreuhand & Steuerberatungs GmbH, Roseggerstraße 10, 8670 Krieglach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag vom , betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2005 gemäß § 303 Abs. 1 BAO, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe:

Die bevollmächtigte Vertreterin der Beschwerdeführerin (Bf.) hat den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2005 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wie folgt begründet:

Die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2005 sei auf der Grundlage des nicht rechtswirksam erlassenen Feststellungsbescheides 2005 vom , betreffend NN und Mitgesellschafter erfolgt. Dass der Feststellungsbescheid 2005 nicht rechtswirksam erlassen worden sei, habe der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom , in dem er die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom mit eben dieser Begründung zurückgewiesen habe, zu Recht erkannt.

Da nunmehr hinsichtlich der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2005 Verjährung eingetreten sei, werde die Festsetzung der Einkommensteuer 2005 mit 0,00 Euro beantragt.

Das Finanzamt hat diesen Antrag mit folgender Begründung abgewiesen:

"Im Punkt 7 des VwGH-Beschlusses, Ra 2017/15/0053, Ra 2017/15/0084-6 vom ist betont, dass die angefochtene Entscheidung des BFG keinen Zustellhinweis gem. § 101 (3) zweiter Satz BAO enthält, jedoch der Bescheid des Finanzamtes schon.

Mit des BFG Graz, GZ. RV/2100030/2019 (gemeint wohl: Erkenntnis) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Einkommensteuerbescheid 2005 wurde daher aufgrund eines rechtswirksamen Feststellungsbescheides erlassen und ist daher rechtsgültig."

Dagegen hat die Bf. Beschwerde erhoben und in der Begründung Folgendes ausgeführt:

Die Einkommensteuer 2005 sei mittels Bescheid vom durch die erstinstanzliche Behörde festgesetzt worden. Gegen diesen Bescheid sei am das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben worden, wobei in der Begründung angeführt worden sei, dass die Festsetzung auf der Grundlage eines nicht rechtsgültigen Feststellungsbescheides beruhe.

In der zu dieser Beschwerde ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom , in der die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen worden sei, sei in der Begründung festgehalten worden, dass das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/2100106/2013 die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid 2005 als unbegründet abgewiesen habe. Innerhalb offener Frist sei ein Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt worden. Das Bundesfinanzgericht habe in seinem Erkenntnis die Beschwerde auch als unbegründet abgewiesen und auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100106/2013, betreffend die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid 2005 verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof habe nunmehr in seinem Beschluss vom , Ra 2017/15/0053, Ra 2017/15/0084-6 festgestellt, dass die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100106/2013 keine Rechtswirksamkeit entfaltet haben könne.

Im Einkommensteuerbescheid 2005 vom selbst werde in der Begründung der Hinweis gegeben, dass das gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 vom eingebrachte Rechtsmittel nach wie vor beim Bundesfinanzgericht anhängig sei. Zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung sei klar gewesen, dass der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss gewesen sei. Er sei daher der Ansicht, dass es sich bei diesem Bescheid somit lediglich um einen vorläufigen Abgabenbescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO handle.

Dazu führe er nunmehr an, dass das ordentliche Rechtsmittelverfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer 2005 durch fehlerhafte Begründungen, nämlich Verweis auf ein nicht rechtswirksam zugestelltes Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes beruhe. Weiters führe er an, dass der vorläufige Einkommensteuerbescheid nach Wegfall der Ungewissheit (§ 200 Abs. 1 BAO) gemäß § 200 Abs. 2 BAO durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen wäre, was bis dato nicht erfolgt sei.

Das Finanzamt hat die abweisende Beschwerdevorentscheidung folgendermaßen begründet:

"1. Die Chronologie der zusammenhängenden Verfahren:

a) Feststellungsverfahren NN und Mitgesellschafter:
Das gegenständliche Feststellungsverfahren gem. § 188 BAO, auf das vom steuerlichen Vertreter Bezug genommen wird und dessen steuerliche Feststellungen sich über § 295 Abs. 1 BAO auf die Einkommensteuerlast der Bf. auswirken, hat folgende Chronologie:

  • Erstbescheid Feststellungsverfahren 2005 am

  • Vorlage der Beschwerde an das BFG am

  • BFG-Erkenntnis RV/2100106/2013 vom ohne Verweis auf § 101 Abs. 3 BAO

  • VwGH Ra 2017/15/0053 vom zur außerordentlichen Revision ⇒ Zurückweisung der Revision, da das Erkenntnis mangels Zustellfiktion nicht rechtswirksam ergangen war

  • BFG-Erkenntnis RV/2100030/2019 vom unter Verweis auf § 101 Abs. 3 BAO rechtswirksam ergangenes Erkenntnis

  • Erhebung einer außerordentlichen Revision an den VwGH gegen das Erkenntnis RV/2100030/2019 vom am : Entscheidung des VwGH, ob eine Revision zugelassen wird, steht noch aus das ordentliche Rechtsmittelverfahren ist abgeschlossen wenn vom VwGH eine ao. Revision zugelassen wird und die Beschwerdeführerin im VwGH-Verfahren Recht bekommen sollte, kann sich, sofern Verjährung hinsichtlich der Einkommensteuer 2005 noch nicht eingetreten ist, eine Auswirkung auf die Einkommensteuer 2005 der Beschwerdeführerin nur über § 295 Abs. 1 BAO ergeben. 

b) Einkommensteuerverfahren 2005 der Bf.:

  • Erstbescheid E 2015 am

  • Beschwerdevorentscheidung vom ⇒ Abweisung als unbegründet

  • BFG-Erkenntnis RV/2101134/2017 vom ⇒ Abweisung als unbegründet ⇒ ordentliches Rechtsmittelverfahren beendet ⇒ rechtskräftige Abweisung der Beschwerde durch das BFG

  • Weiters wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung der strittigen Abgabenschuld aus der E 2005 beantragt und vom BFG mit RV/2101381/2017 vom rechtskräftig abgewiesen.

  • Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2005 vom

  • Abweisung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der E 2005 vom

  • Einreichung Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom am

2. Sachverhaltsdarstellung zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2005

ImWiederaufnahmeantrag wird die antragsmäßige Wiederaufnahme im Wortlaut folgendermaßen begründet:

Die Festsetzung der Einkommensteuer 2005 erfolgte auf Grundlage eines nicht rechtswirksam erlassenen Feststellungsbescheides 2005 betreffend die NN und Mitges., X, Steuernummer 001111111 vom . Dass der Feststellungsbescheid 2005 nicht rechtswirksam erlassen wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom , in welchem er die Revision gegen das Erkenntnis des mit eben dieser Begründung zurückgewiesen hat, erkannt.

Da nunmehr hinsichtlich der Festsetzung der Einkommensteuer 2005 Verjährung eingetreten ist, beantragen wir die Festsetzung der Einkommensteuer 2005 mit EUR 0,00

Im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2005 vom wird also begründend ausgeführt, das Finanzamt habe in Bezug auf das Feststellungsverfahren 2005 am keinen rechtswirksamen Bescheid erlassen, was dem Beschluss des VwGH, Ra 2017/15/0053 vom , zu entnehmen sei. Der VwGH weist aber dezidiert darauf hin, dass der Bescheid des Finanzamtes im Gegensatz zum Erkenntnis des den Hinweis auf die Rechtsfolge des § 101 Abs. 3 zweiter Satz enthält (also rechtswirksam wurde!). Festgestellt wurden gemeinschaftliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 141.862. Dieses Verfahren ist gerade im Stadium der Vorlage einer ao. Revision an den VwGH (siehe Darstellung Pkt. 1a).

Von der Sachbearbeiterin wurde dazu in der bescheidmäßigen Erledigung der Abweisung des Wiederaufnahmsantrages ausgeführt, mit abweisendem Erkenntnis des BFG RV/2100030/2019 vom sei der Feststellungsbescheid 2005 rechtswirksam ergangen. Gegen diesen Abweisungsbescheid wurde sodann Beschwerde erhoben.

3. Sachverhaltsdarstellung zur eingebrachten Beschwerde der Abweisung des beschwerdegegenständlichen Wiederaufnahmeantrags

In der am erhobenen Beschwerde gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrags wird begründend für die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens im Wortlaut ausgeführt:

Der Antrag gemäß § 303 Abs. 1 BAO wurde mit der Begründung abgewiesen, dass im Punkt 7 des VwGH Beschlusses, Ra 2017/15/0053, Ra 2017/15/0084-6 vom betont wurde, dass die angefochtene Entscheidung des BFG keinen Zustellhinweis gem. § 101 Abs. 3 zweiter Satz BAO enthält, jedoch der Bescheid des Finanzamtes schon. Der Einkommensteuerbescheid 2005 sei daher auf Grund eines rechtswirksamen Feststellungsbescheides erlassen worden und sei daher rechtsgültig.

[...]

Der VwGH hat nunmehr in seinem Beschluss Ra 2017/15/0053, Ra 2017/15/0084-6 vom festgestellt, dass die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/2100106/2013 keine Rechtswirksamkeit entfalten konnte.

Weiters wird in der Beschwerde ausgeführt:

Im Einkommensteuerbescheid 2005 vom selbst wird in der Begründung der Hinweis gegeben, dass gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2005 vom eingebrachte Rechtsmittel nach wie vor beim Bundesfinanzgericht anhängig ist. Zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung war klar, dass der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss war. Wir sind daher der Ansicht, dass es sich bei diesem Bescheid somit lediglich um einen vorläufigen Abgabenbescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO handelt.

Dazu führen wir nunmehr an, dass das ordentliche Rechtsmittelverfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer 2005 durch fehlerhafte Begründungen, nämlich Verweis auf ein nicht rechtswirksam zugestelltes Erkenntnis des BFG beruht, in der Beschwerdevorentscheidung als auch im Erkenntnis des BFG nicht abgeschlossen ist. Weiters führen wir an, dass der vorläufige Einkommensteuerbescheid nach Wegfall der Ungewissheit (§ 200 Abs. 1 BAO) gemäß § 200 Abs. 2 BAO durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen wäre. Dies ist bis dato nicht erfolgt.

Wir beantragen daher die Wiederaufnahme des Verfahrens der Veranlagung der Einkommensteuer 2005 gemäß § 303 BAO.

4. Rechtliche Würdigung

§ 303 BAO normiert:

§ 303 (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

Im gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag wird nicht darauf eingegangen, dass zum Bezug nehmenden Feststellungsverfahren 2005 ein weiteres Erkenntnis des BFG, RV/2100030/2019 vom , unter Sanierung des vom VwGH aufgezeigten Mangels rechtswirksam erlassen wurde. Das ordentliche Rechtsmittelverfahren ist damit ausgeschöpft.  Eine ao. Revision zum Feststellungsverfahren wurde, wie bereits ausgeführt, beim VwGH eingebracht. Eine Auswirkung auf das Einkommensteuerverfahren kann sich somit nur über § 295 Abs. 1 BAO ergeben.

Ein rechtskräftig abweisendes Erkenntnis des BFG, RV/2101135/2017 vom zur Einkommensteuer 2005, das auch genanntes F-Verfahren als Auslöser für diese Beschwerde zum Thema hatte, liegt ebenfalls bereits vor.
Darin wird vom Richter ausgeführt: "Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für (abgeleitete) Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. Die in § 192 BAO normierte Bindung besteht zB im Einkommensteuerverfahren an die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (s. zB Ritz, BAO 6. Auflage, § 192 Tz 3, und die dort zitierte Literatur).

Diese Bindungswirkung besteht - dem letzten Halbsatz des § 192 BAO zufolge - bereits vor Rechtskraft (im formellen Sinn) des Feststellungsbescheides (Ritz, aaO, § 192 Tz 1, mwN). Dass der Grundlagenbescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, hindert die Erlassung des hievon abgeleiteten Bescheides nicht (zB ). Es besteht keine Verpflichtung der Behörde, mit der Erlassung eines abgeleiteten Bescheides bis zur Erlassung bzw. Abänderung des Grundlagenbescheides zuzuwarten ().

Aus der Bindungswirkung ergibt sich, dass abgeleitete Bescheide nicht hinsichtlich der Richtigkeit derjenigen Bescheidelemente, an die sie gebunden sind, angefochten werden können (Ritz, aaO, § 295 Tz 1). § 252 BAO enthält diese Aussage explizit: Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid - § 252 Abs. 1 BAO zufolge - nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind."

Die Beschwerde zum abgewiesenen Wiederaufnahmeantrag stützt sich begründend auf das nicht rechtswirksam ergangene Erkenntnis des BFG, RV/2100106/2013 vom zum Feststellungsverfahren 2005. Als Beweismittel wurde der Beschluss des VwGH mitgesendet. Dazu wird nur ausgeführt, es habe keine rechtswirksame Erledigung des BFG zum F-Verfahren 2005 gegeben. Das im Jänner 2019 ergangene Erkenntnis des BFG, gegen das von der Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit wiederum eine ao. Revision eingebracht wurde, wird dabei völlig außer Acht gelassen, obwohl die ao. Revision dazu bereits vor Erstellung der gegenständlichen Beschwerde am verfasst worden war. Relevanz für die Einkommensteuer 2005 ergibt sich jedoch, wie bereits ausführlich erläutert, nur über § 295 Abs. 1 BAO. Gem. § 192 BAO steht der Erlassung des Abgabenbescheides das noch offene Rechtsmittel iZm dem Feststellungsverfahren nicht entgegen (siehe dazu BFG, RV/2101134/2017 vom ).

Im Beschwerdeschreiben wird die Berechtigung zur Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 303 Abs. 1 gegenüber dem ursprünglichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens um einen zweiten Beschwerdegrund, nämlich der behaupteten Tatsache, es läge ein Grund für die Erlassung eines vorläufigen Einkommensteuerbescheides vor, erweitert. Dem Argument des Vorliegens einer Ungewissheit im Sinne des § 200 BAO ist ebenfalls zu entgegnen, dass in der vorliegenden Konstellation aus folgenden Gründen ausschließlich die gesetzliche Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 192 BAO zur Anwendung kommen kann:

Für die Anwendung des § 200 BAO muss es sich um Ungewissheiten im Tatsachenbereich handeln (; , 2007/15/0054; , 2009/15/0178; , 2012/15/0018; , 2010/15/0073); nicht zB die Ungewissheit, wie eine Rechtsfrage von der Rechtsmittelbehörde oder den Gerichtshöfen öffentlichen Rechtes gelöst werden würde (). Die Möglichkeit, Bescheide vorläufig zu erlassen, soll vor allem eine Änderungsbefugnis für Fälle einräumen, in denen keine anderen Verfahrenstitel anwendbar sind.

Gäbe es Ungewissheiten im Tatsachenbereich, hätten die Gründe im Zuge des Feststellungsverfahrens vorgebracht werden müssen bzw. wäre diesem Umstand gegebenenfalls im Feststellungsverfahren Rechnung zu tragen gewesen, nicht im abgeleiteten Verfahren. Denn nach , wirkt sich die Vorläufigkeit eines Feststellungsbescheides (§ 188 BAO) auch auf hievon abgeleitete Abgabenbescheide aus, auch wenn diese endgültig erlassen wurden. Die Tatsache, dass zum Bezug habenden Feststellungsverfahren 2005 eine ao. Revision eingebracht wurde, rechtfertigt keinen vorläufigen Bescheid iSd § 200 BAO in Bezug auf das Einkommensteuerverfahren 2005 der Beteiligten. Für das Begehren, es läge Ungewissheit im Sinne des § 200 BAO hinsichtlich des abgeleiteten Bescheides vor, findet sich kein geeigneter Wiederaufnahmegrund, da diesbezüglich weder Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit. b neu hervorgekommen sind, noch die Anwendung des § 303 Abs. 1 lit. a oder c in Betracht kommt.

Wenn daher die vorliegende Beschwerde gegen die Abweisung der Wiederaufnahme des Verfahrens damit begründet wird, dass das, im Feststellungsverfahren ergangene abweisende BFG-Erkenntnis vom nicht rechtswirksam ergangen sei, so vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dasselbe gilt aus genannten Gründen auch für das Begehren, es läge Vorläufigkeit iSd § 200 BAO vor."

Den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht hat die Bf. folgendermaßen begründet:

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung werde vorwiegend ausgeführt, dass nunmehr hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2005 eine mit Erkenntnis des BFG vom Jänner 2019 sanierte rechtswirksame Erledigung vorliege.

Neben den in der Beschwerde vom angeführten Begründungen, sei nochmals darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss gewesen sei und es sich bei diesem Bescheid somit lediglich um einen vorläufigen Abgabenbescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO handeln könne, der in seiner Begründung zusätzlich auf ein nicht rechtswirksam zugestelltes Erkenntnis des BFG verweise.

Ein endgültiger Bescheid für das Jahr 2005 sei daher immer noch ausständig und das Verfahren für die Einkommensteuer 2005 nicht rechtswirksam abgeschlossen.

Sie beantrage daher die Wiederaufnahme des Verfahrens der Veranlagung der Einkommensteuer 2005 und die Erlassung eines endgültigen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

§ 295 Abs. 1 BAO lautet:

"Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist."

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände; also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 303, Tz 21 und die dort zitierte Judikatur).  

Die Verbindlichkeit von Bescheiden (Bindungswirkung, Gestaltungs- und Feststellungswirkung) als typische Bescheidwirkung besteht nicht nur für die Partei, sondern auch gegenüber Behörden für andere Verfahren.

Diese Wirkung (Bindung) betont § 192 für die in Feststellungsbescheiden enthaltenen Feststellungen. Sie besteht (dem letzten Halbsatz des § 192 zufolge) bereits vor Rechtskraft (im formellen Sinn) des Feststellungsbescheides (vgl. Achatz, NZ 1988, 218). Sie setzt die wirksame Zustellung (Bekanntgabe) des betreffenden Grundlagenbescheides an denjenigen (an die Partei), für den (die) die Bindung bestehen soll, voraus (; ) [vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 192, Tz 1 und die dort zitierte Judikatur].

Daher besteht etwa eine Bindung im Einkommensteuerverfahren an die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 192, Tz 3, Punkt 1 und die dort zitierte Judikatur).

Die BAO regelt Grundlagenbescheide (Basisbescheide) und deren Konsequenzen an mehreren Stellen. Rechtsgrundlage für Grundlagenbescheide sind insbesondere die §§ 185 ff.

Die Bindungswirkung für abgeleitete Bescheide (Folgebescheide), die sich bereits aus den Bescheidwirkungen (nämlich der Bindungswirkung) ergeben würde, betont § 192. Aus der Bindungswirkung ergibt sich, dass abgeleitete Bescheide nicht hinsichtlich der Richtigkeit derjenigen Bescheidelemente, an die sie gebunden sind, angefochten werden können. § 252 enthält diese Aussage ausdrücklich.

Weiters sieht § 295 Abs. 1 und 2 als speziellere Norm zum Vorfragentatbestand des § 303 die Anpassung abgeleiteter Bescheide an nachträglich erlassene oder nachträglich geänderte Grundlagenbescheide vor (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 295, Tz 1 und die dort zitierte Judikatur).

Änderungen (Aufhebungen) gemäß § 295 haben gegebenenfalls zwingend (kein Ermessen) zu erfolgen  (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 295, Tz 12 und die dort zitierte Judikatur).

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2005 kann deshalb nicht entsprochen werden, da die vom Gesetz normierten Wiederaufnahmetatbestände insgesamt nicht erfüllt sind.

Im Einzelnen ist dazu auszuführen:

  • Es ist weder aus dem Akteninhalt noch mangels ausdrücklichen Vorbringens der Bf. für das Bundesfinanzgericht erkennbar, dass der Einkommensteuerbescheid 2005 vom durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist (§ 303 Abs. 1 lit. a BAO).

  • Auch neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel werden von der Bf. nicht behauptet und sind auch für das Bundesfinanzgericht als solche nicht erkennbar (§ 303 Abs. 1 lit. b BAO).

  • Ebenso liegt bezüglich des vom Feststellungsbescheid für das Jahr 2005 vom abgeleiteten Einkommensteuerbescheides 2005 vom keine im Sinne des § 116 BAO beachtliche Vorfragenentscheidung vor (§ 303 Abs. 1 lit. c BAO). Im Übrigen ist § 295 BAO im Verhältnis zum Vorfragentatbestand die speziellere Norm (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 303, Tz 91).

Die von der Bf. in diesem Zusammenhang im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und in der diesbezüglichen Bescheidbeschwerde unter Bezugnahme auf den Zurückweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/15/0053 und Ra 2017/15/0084-6, vertretene Argumentation, wonach der Einkommensteuerbescheid 2005 auf dem nicht rechtswirksam ergangenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100106/2013 beruhe, übersieht die Tatsache, dass vom Bundesfinanzgericht im zweiten Rechtsgang mit Erkenntnis vom , RV/2100030/2013 die Beschwerde vom gegen den gemäß § 188 BAO am erlassenen Gewinnfeststellungsbescheid - diesmal mit Hinweis auf die Rechtsfolge des § 101 Abs. 3 zweiter Satz BAO - erneut als unbegründet abgewiesen wurde.

Über die dagegen von der Miteigentumsgemeinschaft am erhobene außerordentliche Revision ist bis dato eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ausständig.

In diesem Zusammenhang ist aber auf die Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO hinzuweisen, wonach auf Grund der Abhängigkeit des Einkommensteuerbescheides vom Feststellungsbescheid im Falle einer nachträglichen Abänderung des Feststellungsbescheides der Einkommensteuerbescheid ohnedies zwingend anzupassen ist.

Auch die von der Bf. in der Beschwerdeschrift und im Vorlageantrag vertretene Rechtsansicht, wonach im Zeitpunkt der Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2005 am der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss gewesen sei und es sich daher bei diesem Bescheid nur um einen vorläufigen Abgabenbescheid im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO handeln könne, lässt sich mit der Rechtslage nicht in Einklang bringen.

Denn bei der Ungewissheit im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO muss es sich um eine solche im Tatsachenbereich handeln, die derzeit im Ermittlungsverfahren nicht beseitigbar ist (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 200, Tz 3).

Auf Grund der in § 192 BAO normierten Bindung im Einkommensteuerverfahren an die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO und der im § 295 Abs. 1 BAO zwingend angeordneten Folgeänderung des Einkommensteuerbescheides im Falle der Änderung des Gewinnfeststellungsbescheides kann in diesem Zusammenhang jedoch keinesfalls von einer Ungewissheit im Tatsachenbereich gesprochen werden. Vielmehr handelt es sich bei den vorhin genannten Bestimmungen um Verfahrenstitel, die die Abgabenbehörde verpflichten, nachträgliche Änderungen in Grundlagenbescheiden in davon abgeleiteten Bescheiden (hier: Einkommensteuerbescheid 2005) vorzunehmen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Entscheidung stützt sich auf den klaren Gesetzeswortlaut der Bestimmungen §§ 303, 192 und 295 BAO und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Entscheidungserwägungen); die Revision ist somit nicht zulässig.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100544.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at