Ausländische Pensionen - Progressionsvorbehalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt FA, jeweils vom betreffend Einkommensteuer 2010 bis 2013 zu Recht:
Die angefochtenen Bescheide Einkommensteuer 2011 und 2012 werden gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Die Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide Einkommensteuer 2010 und 2013 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrenslauf
Mit Bescheiden jeweils vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) zur Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013 veranlagt.
Mit einem am persönlich bei der belangten Behörde eingebrachten Schriftstück erhob der Bf. Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2010 bis 2013. Als Begründung gab der Bf. im Wesentlichen an, dass seine Renten in Finnland bzw. Deutschland bereits besteuert worden seien und er der Ansicht sei, eine zusätzliche Besteuerung in Österreich sei unzulässig.
Mit Beschwerdevorentscheidungen, jeweils vom , wies die belangte Behörde die Beschwerde ab. Begründend wurde in diesen Bescheiden angeführt:
"Lt. hieramtlicher Aktenlage sind sie in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland und Finnland auch ansässig.
Gem. Artikel 18 Abs. 2 des DBA mit Deutschland sind Ruhegehälter aus der gesetzlichen Sozialversicherung im Auszahlungsstaat zu versteuern. Artikel 23 Abs. 2 lit. d sieht vor, dass derartige im Inland steuerfreie Einkünfte bei der Berechnung des übrigen Einkommens (Progressionsvorbehalt) einzubeziehen sind. Gleiches gilt für das DBA mit Finnland siehe Artikel 18 Abs. 2 und Artikel 23 Abs.3.
Für die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen ist es unmaßgeblich, ob sie während ihres Aufenhaltes in Österreich in Deutschland oder Finnland gearbeitet haben. Maßgeblich ist, dass sie zum Zeitpunkt des Zuflusses der Ruhegehälter in Österreich ansässig bzw. unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind."
Mit Schriftsatz vom wandte sich der Bf. gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom . Er sei der Ansicht, dass aus dem Umstand, dass er in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei, nicht folgen könne, dass er seine finnische Pension in Österreich nochmals in voller Höhe zu versteuern habe.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) ist finnischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Österreich. In den Streitjahren bezog der Bf. neben einer Pension der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft jeweils eine Alterspension aus früherer nichtselbständiger Arbeit aus Deutschland und Finnland.
Darüber hinaus führte der Bf. in den Streitjahren im Inland einen Gewerbebetrieb, aus dem er mit Ausnahme des Jahres 2013 jeweils Gewinne erklärte.
In den Streitjahren erzielte der Bf. Pensionseinkünfte in nachfolgender Höhe:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr | Deutschland | Finnland | gesamt |
2010 | Betrag1 Euro | Betrag2 Euro | Summe1 Euro |
2011 | Betrag3 Euro | Betrag4 Euro | Summe2 Euro |
2012 | Betrag Euro | Betrag6 Euro | Summe3 Euro |
2013 | Betrag7 Euro | Betrag8 Euro | Summe4 Euro |
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Bf. vorgelegten Unterlagen. Hinsichtlich der bezogenen Pensionen insbesondere aus den deutschen Renten- und den finnischen Steuerbescheiden.
Rechtslage
Art. 18 Abs. 1 DBA Deutschland (BGBl III 182/2002) lautet:
(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.
Art. 23 Abs. 2 lit. a und d DBA Deutschland (BGBl III 182/2002) lautet:
(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:
a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.
Art. 18 DBA Finnland (BGBl III 42/2001) lautet:
(1) Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 3 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbstständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 und vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 3 dürfen Ruhegehälter und sonstige Zahlungen, die auf Grund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaats gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
Art. 23 Abs. 3 DBA Finnland (BGBl III 42/2001) lautet:
(3) Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem Übereinkommen von der Besteuerung in diesem Staat auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in diesem Staat bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.
§ 33 Abs. 11 EStG 1988 lautet:
(11) Ist bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu berücksichtigen, gilt für die Steuerberechung Folgendes: Der Durchschnittssteuersatz ist zunächst ohne Berücksichtigung der Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 zu ermitteln. Von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer sind die Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 3) abzuziehen.
Erwägungen
Nach den dargestellten, für die gegenständlichen Pensionseinkünfte des Bf. maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen, steht jeweils dem Land der Pensionsauszahlung das Besteuerungsrecht zu. Allerdings kommt nach Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA Deutschland bzw. Art. 23 Abs. 3 DBA Finnland, Österreich das Recht zu, diese Einkünfte bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einzubeziehen (Progressionsvorbehalt).
Nach § 33 Abs. 11 EStG 1988 ist, wenn bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu berücksichtigen ist, der Durchschnittssteuersatz zunächst ohne Berücksichtigung der Absetzbeträge nach §§ 33 Abs. 4 bis 6 EStG 1988 zu ermitteln. Von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer sind die Abzüge nach § 33 Abs. 4 bis 6 EStG 1988 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach § 33 Abs. 3 EStG 1988) abzuziehen.
Bei den Pensionen des Bf. aus Deutschland und Finnland handelt es sich um Einkünfte, die durch das jeweilige Abkommen in Österreich unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung freigestellt sind. Progressionsvorbehalt bedeutet, wie sich aus den zitierten Rechtsnormen ergibt, dass die Deutschland bzw. Finnland zur Besteuerung zugeteilten Einkünfte in Österreich zwar aus der Einkommensteuerbemessungsgrundlage auszuscheiden, bei der Ermittlung des auf die in Österreich zu versteuernden Einkünfte anzuwendenden Tarifes (Durchschnittsteuersatzes) aber zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 dürfen Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dies gilt auch für ausländische Einkommensteuern (vgl. auch Doralt/Kofler in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], Kommentar zum EStG [11. Lfg 2007] Anm. 139/1). Bei Anwendung des Progressionsvorbehalts in Bezug auf ausländische Einkünfte darf eine Kürzung dieser Einkünfte um die ausländische Einkommenssteuer und Vermögenssteuer nicht erfolgen ().
Die Einbeziehung der streitgegenständlichen ausländischen Pensionseinkünfte in die Tarifermittlung nach § 33 EStG 1988 ohne Abzug einer allfällig im Ausland zu leistenden Einkommensteuer erfolgt somit zu Recht. Die entsprechenden Einkünfte werden, wie aus den beigefügten Berechnungsblättern für die Jahre 2011 und 2012, sowie den angefochtenen Bescheiden 2010 und 2013 ersichtlich ist, nicht mit österreichischer Einkommensteuer belastet.
Da die nach dem festgestellten Sachverhalt anzusetzenden Pensionsbeträge in den Jahren 2011 und 2012 von den in den angefochtenen Bescheiden herangezogenen Beträgen abweichen, waren diese Bescheide spruchgemäß abzuändern. Hinsichtlich der Jahre 2010 und 2014 war die Beschwerde abzuweisen
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Übrigen ergibt sich sie Einbeziehung der streitgegenständlichen ausländischen Pensionen in den Progressionsvorbehalt unmittelbar aus den genannten Rechtsnormen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor und ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 18 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 23 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 18 DBA FIN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Finnland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 42/2001 Art. 23 Abs. 3 DBA FIN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Finnland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 42/2001 § 33 Abs. 11 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Zitiert/besprochen in | Hilber in AFS 2019/3, 105 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101126.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at