Einstellung des Beschwerdeverfahrens nach Löschung der GmbH im Firmenbuch
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache Bf., gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel zu StNr.: *** vom , betreffend Glückspielabgabe für 01/2011, 02/2011, 03/2011, 04/2011, 05/2011, 06/2011, 07/2011, 08/2011, 09/2011, 10/2011, 11/2011, 12/2011, 01/2012, 02/2012, 03/2012, 04/2012, 05/2012, 06/2012, 07/2012, 08/2012, 09/2012, 10/2012, 11/2012 und 12/2012 beschlossen:
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die belangte Behörde hat der beschwerdeführenden Partei, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Spruch angeführte Glückspielabgabe vorgeschrieben.
Gegen diese Bescheide erhob der damalige Masseverwalter Dr. R. F. mit Anbringen vom Berufung mit dem Antrag von einer Vorschreibung Abstand zu nehmen.
Die Berufung wurde dem unabhängigen Finanzsenat von der belangten Behörde mit Bericht vom vorgelegt.
Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom wurde der Konkurs nach mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Aufhebung des Konkurses wurde rechtskräftig (bekannt gemacht am ).
Laut Firmenbuchauszug mit historischen Daten vom zu FN xxxxx erfolgte am , Geschäftsfall xxx die amtswegige Löschung gemäß § 40 Firmenbuchgesetz infolge Vermögenslosigkeit.
Als letzter handelsrechtlicher Geschäftsführer scheint C. W., geboren am tt.mm.1976, auf.
Mit ging das Rechtsmittel an die Gerichtsabteilung xx des Bundesfinanzgerichtes über. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung xx gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung xxxx neu zugeteilt.
Mit Beschluss vom wurde der belangten Behörde Gelegenheit gegeben, binnen sechs Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15a GmbH-Gesetz zu betreiben. Der Beschluss wurde am der belangten Behörde zugestellt. Die gesetzte Frist von sechs Wochen ist ungenützt abgelaufen.
Rechtlich folgt hieraus:
Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter (vgl. ) und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. ) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind (vgl. Ritz, BAO6, § 79, Tz 11; ; ).
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher grundsätzlich rechtswirksam (vgl. ).
Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter.
In der Zeit zwischen Auflösung und Vollbeendigung (vollständige Abwicklung aller Rechtsverhältnisse) fungiert grundsätzlich der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator"(vgl. ; ; RV/0527-K/06; RV/0292-K/07). An ihn können an die Gesellschaft adressierte Erledigungen bis zur Bestellung eines Liquidators noch zugestellt werden.
Der Auflösung folgt i.d.R. die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler (§ 93 GmbHG) vertreten.
Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt. Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, regelt § 80 Abs. 3 BAO, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation ist, wer gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG auf die Dauer von sieben Jahren zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. Bei diesem "Verwahrer", der in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses durch das Gericht bestimmt wird, kann es sich um einen Gesellschafter oder um eine dritte Person handeln.
Keine Liquidation findet im Falle des Konkurses einer Gesellschaft statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube (Hrsg), GmbHG § 89 Rz 11).
Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst allerdings nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist.
Der Löschung im Firmenbuch kann durch das für die Abgabenerhebung zuständige Finanzamt gemäß § 160 Abs. 3 BAO die Zustimmung versagt werden (Löschungssperre). Das Finanzamt kann sich auch gegen eine vom Firmenbuchgericht beabsichtigte amtswegige Löschung aussprechen (§ 40 Abs. 2 FBG).
Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ).
Eine Erledigung kann durch das Gericht im gegenständlichen Verfahren der beschwerdeführenden Partei daher derzeit nicht mehr zugestellt werden.
Soweit die zur Vertretung der Gesellschaft (GmbH) erforderlichen Geschäftsführer fehlen, hat diese in dringenden Fällen das Gericht auf Antrag eines Beteiligten (zB belangte Behörde) zu bestellen (Notgeschäftsführer gemäß § 15a GmbHG).
Der belangten Behörde war daher Gelegenheit zu geben, die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15a GmbHG zu betreiben. Dazu erschien eine Frist von sechs Wochen ab Zustellung des Beschlusses vom als angemessen.
Nach ungenutztem Ablauf dieser Frist war das Verfahren einzustellen.
Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 89 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 Abs. 3 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 39 Abs. 2 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 15a GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100046.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at