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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2019, RV/1100338/2014

Voraussetzungen für den Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des X., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsbblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) machte in seiner Erklärung zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 (eingelangt beim Finanzamt am ) neben Werbungskosten und Sonderausgaben den Alleinverdienerabsetzbetrag sowie die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages für zwei Kinder geltend.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt den Bf., die im Jahr 2012 geleisteten Unterhaltszahlungen belegmäßig nachzuweisen. Zudem wurde der Bf. um Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich des geltend gemachten Pendlerpauschales ersucht.

Im Einkommensteuerbescheid 2012 (Ausfertigungsdatum ) hat das Finanzamt die geltend gemachten Werbungskosen (beantragtes Pendlerpauschale) und den beantragten Unterhaltsabsetzbetrag für zwei Kinder (für jeweils die Monate Jänner bis Dezember 2012) nicht anerkannt. Weiters wurde auch der in der Arbeitnehmerveranlagung 2012 beantragte Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt. Als Begründung wurde vom Finanzamt angegeben: "Da Sie trotz Aufforderung die noch benötigten Unterlagen nicht beigebracht haben, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beweismittel vorlagen. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem in  Österreich wohnhaften (unbeschränkt steuerpflichtigen) Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Da diese Voraussetzungen in Ihrem Fall nicht zutreffen, kann der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden."

2. Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom (bezeichnet als "Einspruch") Beschwerde, da die Unterhaltszahlungen nicht berücksichtigt worden seien. Der Beschwerde wurde eine Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft BH vom betreffend der vom Bf. im Jahr 2012 geleisteten Unterhaltszahlungen angeschlossen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Unterhaltszahlungen für zwei Kinder auf Grundlage der beigebrachten Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft BH vom teilweise (für acht Monate) berücksichtigt und dementsprechend den Unterhaltsabsetzbetrag zuerkannt. Begründend wurde seitens des Finanzamtes Folgendes angeführt: "Wird das Ausmaß des gesetzlichen Unterhalts durch die tatsächlichen Zahlungen nicht erreicht, so ist der Absetzbetrag nur für Monate zu gewähren, für die rechnerisch die volle Unterhaltszahlung ermittelt werden kann. Da Sie Ihrer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen sind, konnte der Unterhaltsabsetzbetrag nur für 8 Monate zum Ansatz kommen."

4. Dagegen brachte der Bf. mit Eingabe vom einen Vorlageantrag ein. Seitens des Bf. wurde zunächst unter Hinweis auf die dem Vorlageantrag angeschlossene Bestätigung der Versicherung die Berücksichtigung von im Jahr 2012 bezahlten Unfallversicherungsprämien von 465,90 Euro als Sonderausgaben beantragt. Weiters wurde hinsichtlich des Alleinverdienerabsetzbetrages vom Bf. vorgebracht, seine damalige Gattin habe unter einer fremdgefährdenden psychischen Erkrankung gelitten und er habe versucht, zunächst seine Familie zu retten. Aufgrund der Belastung sei er selbst psychisch krank  geworden. Ihre Mietwohnung sei vom Vermieter mit Ende Februar 2012 aufgekündigt worden und er sei während der ersten Hälfte das Jahres 2012 mit kurzen Unterbrechungen im Krankenhaus zur Behandlung gewesen. Seine damalige Gattin sei Ende Februar 2012 nach Z zu ihrer Mutter gezogen, zumal sich weder die Gattin noch der Bf. "eine neue Bleibe" leisten habe können und der Bf. infolge der psychsichen Erkrankung handlungsunfähig gewesen sei.

Da die Gattin gewalttätig gewesen sei, habe er eine Scheidungsklage eingebracht. Obwohl er den Prozess aufgrund des Verschuldens seiner damaligen Gattin gewonnen hätte, sei auf Anraten seines Rechtsanwalts eine einvernehmliche Scheidung im September 2012 vorgenommen worden, da er trotz Prozessgewinns aufgrund der sehr beschränkten finanziellen Möglichkeiten seiner damaligen Gattin keinen Geldersatz erhalten hätte. Allerdings habe er bis zur einvernehmlichen Scheidung die Rechnungen, insbesondere die Krankenhausrechnungen, seiner damaligen Gattin bezahlt.

Deswegen und aufgrund der gesamten Umstände sei nach Ansicht des Bf. das Tatbestandsmerkmal "nicht dauernd getrennt lebend" erfüllt. Ohne Verlust der Mietwohnung hätten seine damalige Gattin und der Bf. weiter zusammen gewohnt bzw. die Ehe fortgeführt. Abschließend begehrt der Bf. im Vorlageantrag vom den Alleinverdienerabsetzbetrag mit Zuschlag für drei Kinder. Das Finanzamt möge den Einkommensteuerbescheid 2012 aufheben und einen neuen Einkommensteuerbescheid 2012 erlassen, mit welchem dem Begehren des Bf. Rechnung getragen werde.

Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

II. Sachverhalt

Der Bf. bezog im Jahr 2012 von seinem Dienstgeber DG GmbH vom bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Vom bis bezog der Bf. in Österreich Arbeitslosengeld. Der Bf. war zu Beginn des Jahres 2012 verheiratet. Seine damalige Gattin ist Ende Februar 2012 nach Z zu ihrer Mutter verzogen. Der Bf. hat im Jahr 2012 die Scheidungsklage eingebracht. In der Folge erfolgte im September 2012 die einvernehmliche Scheidung. Der Bf. war im Jahr 2012 verpflichtet, monatliche Unterhaltsbeiträge von jeweils 390,00 Euro für seine Kinder K1 und K2 zu bezahlen. Der Bf. hat im Jahr 2012 Unterhaltszahlungen von insgesamt 6.798,34 Euro geleistet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist unstrittig. Die Feststellung, dass die geschiedene Gattin Ende Februar 2012 nach Z gezogen ist, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Bf. im Vorlageantrag und wird auch durch den vorliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister (Behördenanfrage des Finanzamtes vom ) bestätigt. Aufgrund der eigenen Angaben des Bf. steht weiters fest, dass die Ehe mit Ende September 2012 einvernehmlich geschieden wurde. Die Feststellung hinsichtlich der Höhe der im Jahr 2012 geleisteten Unterhaltszahlungen für die Kinder K1 und K2 ist durch die Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft BH vom nachgewiesen.

III. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

Der Bf. hat im Vorlageantrag die Berücksichtigung weiterer Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben beantragt. Weiters wurde im Vorlageantrag erstmalig der Alleinverdienerabsetzbetrag mit dem Zuschlag für drei Kinder beantragt.

Nach § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 sind u.a. Beiträge und Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung und zu einer Lebensversicherung (Z 2) bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Für die im Rahmen des eingebrachten Vorlageantrages beantragte Berücksichtigung der vom Bf. im Jahr 2012 geleisteten Unfallversicherungsprämien als Sonderausgaben wurde seitens des Bf. eine Bestätigung der Versicherung beigebracht. Hinsichtlich dieser beantragten Sonderausgaben (465,90 Euro) war der Beschwerde stattzugeben.

Was den vom Bf. im Vorlageantrag beantragten Alleinverdienerabsetzbetrag mit Zuschlag für drei Kinder angeht, ist § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zu beachten.

§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu:

1. Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. ...

2. [...]

3. [...]."

Seitens des Finanzamtes wurde dazu im Vorlagebericht vom ausgeführt, dass die Gattin gemäß dem Vorlageantrag Ende Februar des Jahres 2012 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen sei. Der Wegzug nach Z sei laut einer Abfrage beim Zentralen Melderegister am erfolgt. Das Finanzamt vertritt dazu folgende Rechtsansicht: "Gem. § 33 Abs 4 Z 1 EStG steht der Alleinverdienerabsetzbetrag bei Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, nur dann zu, wenn diese Partnerschaft im Kalenderjahr länger als sechs Monate besteht und einer der Partner für mindestens ein Kind mehr als sechs Monate Familienbeihilfe bezieht. Da nicht alle Voraussetzungen (der gemeinsame Haushalt bestand weniger als 6 Monate) erfüllt sind, steht der Alleinverdienerabsetzbetrag nach Ansicht des Finanzamtes nicht zu."

Nach § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 ist ua. Voraussetzung für die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages, dass die (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt leben . Ein dauerndes Getrenntleben ist anzunehmen, wenn ein (Ehe-)Partner die gemeinsame Wohnung verlässt und getrennt von seinem (Ehe-)Partner, ohne eine eheliche Gemeinschaft mit diesem wieder aufzunehmen, auf Dauer seinen Aufenthalt in einer anderen Wohnung nimmt (vgl. Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 - Kommentar, Tz 27 zu § 33 EStG, uHa ). Im vorliegenden Fall steht fest, dass die (Ehe-)Partnerin des Bf. Ende Februar 2012 nach Z verzog und eine von der ehelichen Wohnung örtlich getrennte Wohnung bewohnte. Unbestritten nach den eigenen Angaben des Bf. im Vorlageantrag ist weiters, dass dieser Zustand ein dauernder war, der letztlich im September 2012 in die einvernehmliche Scheidung des Bf. von seiner Gattin mündete.

Der Bf. begehrt nun den Alleinverdienerabsetzbetrag mit dem Vorbringen, dass aufgrund der gesamten Umstände das Tatbestandsmerkmal "nicht dauernd getrennt lebend" erfüllt sei. Ohne Verlust der Mietwohnung hätten nach den Ausführungen des Bf. seine damalige Gattin und der Bf. weiter zusammen gewohnt bzw. die Ehe fortgeführt. Diesbezüglich ist nun festzustellen, dass die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrags auf Grundlage eines solcherart vom Bf. angenommenen fiktiven Sachverhalts nicht vorgesehen ist. Entscheidend ist der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt. Davon ausgehend sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages nach § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 nicht erfüllt.

Zum in der Beschwerde vom angeführten Unterhaltsabsetzbetrag für die zwei Kinder wurde im Vorlageantrag vom seitens des Bf. kein weiterer Einwand erhoben. Nur der Vollständigkeit halber sei dazu angemerkt, dass seitens des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom darauf hingewiesen wurde, dass im Jahr 2012 für die zwei Kinder nicht der volle Unterhalt geleistet worden sei bzw. der Absetzbetrag nur für Monate zu gewähren sei, für die rechnerisch die volle Unterhaltszahlung ermittelt werden könne. Davon ausgehend erfolgte die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages seitens des Finanzamtes für jeweils acht Monate in Höhe von gesamt 584,00 Euro (1. Kind 29,20 x 8 + 2. Kind 43,80 x 8 = 584,00) zu Recht.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100338.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at