Nachversteuerung gem. § 10 MinStG wegen verbotswidriger Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl in nicht stationären Anlagen
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1585/2019 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/16/0033. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende R1 und die weiteren Senatsmitglieder R2, R3 und R4 im Beisein der Schriftführerin SF in der Beschwerdesache Bf., damalige Anschrift Adresse1, vertreten durch NN., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Eisenstadt Flughafen B1 vom , Zl. zzz, betreffend Nachversteuerung gem. § 10 MinStG in der mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom , Zl. zzz, schrieb das Zollamt B1 der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), der Bf., nunmehrige Anschrift: Adresse2, Mineralölsteuer in der Höhe von € 29.755,77 gemäß der Bestimmung des § 10 Mineralölsteuergesetz 1995 (MinStG) zur Entrichtung vor. Die Bf. habe bei der Veranstaltung Event1 in den Jahren 2010, 2011 und 2012 in den näher genannten Veranstaltungszeiträumen insgesamt 109.540 Liter gekennzeichnetes Gasöl (Heizöl) zum Betrieb von Stromerzeugungs- bzw. Kühlaggregaten und somit vorschriftswidrig verwendet.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung vom bekämpft die Bf. den vorgenannten Bescheid zur Gänze wegen des Vorliegens materieller und formeller Mängel.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass es die Behörde unterlassen habe darzutun um welche Aggregate es sich im konkreten Fall gehandelt habe. Bei den Aggregaten handle es sich nach dem Vorbringen der Bf. um begünstigte Anlagen im Sinne der Bestimmungen der §§ 8 Abs. 2 Z 2 und 9 Abs. 8 MinStG.
Der Begriff "stationär" werde im Gesetz selbst nicht definiert und es gebe auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu. Daher schade auch der Hinweis der Behörde nicht, dass im Jahre 2008 mitgeteilt worden sei, der Betrieb mobiler Anlagen mit Heizöl sei unzulässig. Im Jahre 2008 sei der Bf. nicht mitgeteilt worden, dass der Betrieb mobiler Anlagen verboten sei, sondern sei ausdrücklich bekannt gegeben worden, was nach der Rechtsauslegung der Zollbehörden als stationäre Anlage anzusehen sei.
Seitens der Zollbehörden würden derartige Anlagen ab dem Jahre 2010 ausdrücklich als stationäre Anlagen betrachtet, dies zum Beispiel für die Durchführung des Event2 und auch jedenfalls für das Event3.
Auch begrifflich sei die Voraussetzung der stationären Anlage erfüllt, weil die Aggregate während des Einsatzes vor Ort ortsgebunden seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom , Zl. zZz, wies das Zollamt diese Berufung als unbegründet ab.
In der Folge erhob die Bf. Beschwerde gegen die vorgenannte Berufungsvorentscheidung an den damaligen Unabhängigen Finanzsenat und begehrte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Berufungssenat.
In dieser Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde die repräsentativen Proben aus Aggregaten, die auf Rädern standen zog, weswegen die gesamte erhobene Menge an Heizöl in nicht stationären Geräten eingesetzt worden sein soll bzw. die belangte Behörde den Schluss ziehe, dass die gesamte erhobene Menge an Heizöl von diesen beiden Aggregaten verbraucht worden sei.
Die weiteren Ausführungen in der Beschwerde betreffen die Begriffe stationär des österreichischen Gesetzgebers bzw. ortsfest des deutschen und europäischen Gesetzgebers und die dafür bestehenden Voraussetzungen.
Ortsfest seien nach den Ausführungen der Bf. alle Anlagen, die während ihres Betriebes nicht bewegt werden, mögen diese auch vor und nach dem Betrieb beweglich sein. Auf die zeitliche Abstelldauer und eine Verbindung zum Boden (Fundament) komme es nicht an.
Eingewandt wurde erneut die unterschiedliche Behandlung derartiger bei diversen Großveranstaltungen eingesetzter Stromerzeugungsaggregate durch die örtlich zuständigen österreichischen Zollbehörden in B1 und B2.
In diesem Zusammenhang sei es auch unrichtig bzw. rechtswidrig, wenn die belangte Behörde vermeinte, dass es seine Auslegung und Entscheidung vollkommen unabhängig von der Tatsache treffen könne, dass andere Zollämter für die selben Aggregate "Bewilligungen" erteilt hätten.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Mit wurde der UFS aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über. Dementsprechend normiert § 323 Abs. 38 der Bundesabgabenordnung (BAO), dass die am beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom BFG als Beschwerden im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.
Die Bf. gab in den Jahren 2010, 2011 und 2012 den Auftrag an die Firma Firma1, für die Veranstaltung Event1 in Ort1 insgesamt eine Menge von 109.540 Liter gekennzeichnetes Gasöl (Heizöl) zum Betrieb der auf dem Gelände des Event1 befindlichen Stromerzeugungs- und Kühlaggregate zu liefern und wurde vorgenannte Menge nachfolgend verbraucht. Diese Menge an Heizöl ist auf Grund der von der Firma FIRMA1 zur Verfügung gestellten Unterlagen über erfolgte Lieferungen ersichtlich.
Im Zuge der Ermittlungen bei der Veranstaltung Event1 wurden am zwei Proben aus den beiden Stromerzeugungsaggregaten, welche auf Rädern standen und bei der Haupttribüne eingesetzt waren, gezogen und wurde dabei festgestellt, dass es sich um gekennzeichnetes Gasöl leicht (Heizöl) handelt. Auf die Ausführungen zu den Untersuchungen in den ETOS Berichten der Technischen Untersuchungsanstalt in der o.a. Berufungsvorentscheidung darf an dieser Stelle verwiesen werden.
Die der verfahrensgegenständlichen Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegte Menge wurde von der Bf. nicht bestritten.
Eingewendet wurde hiezu jedoch, dass es nicht zutreffe, dass die gesamte vorgenannte dem Bescheid zu Grunde gelegte Menge an gekennzeichnetem Gasöl von diesen vorgenannten auf Rädern befindlichen Aggregaten verbraucht worden sein soll.
Diese Feststellung wurde von der belangten Behörde nicht getroffen, sondern ging das Zollamt von dem Verbrauch durch sämtliche bei der Veranstaltung Event1 eingesetzte Stromaggregate aus, da diese - ob auf Rädern oder nicht auf Rädern - ausnahmslos als nicht stationär zu beurteilen sind.
Die Bf. irrt wenn sie meint, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil ihm nicht zu entnehmen sei, auf welche der Aggregate welche Menge der erhobenen Menge von 109.540 Liter "Heizöl" entfalle. Eine derartige Differenzierung ist insofern entbehrlich, als einerseits - wie eben erwähnt - die Mengenermittlung unstrittig ist und andererseits die Bf. selbst einräumt, dass alle von ihr bei der in Rede stehenden Veranstaltung zum Einsatz gelangten Aggregate nach dem Ende des Events wieder abgebaut und wegtransportiert worden sind. Somit steht fest, dass die gesamte der Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegte Menge an Gasöl in Anlagen zur Stromerzeugung verwendet worden ist, die nicht stationär im Sinne des Verständnisses der belangten Behörde waren.
Es ist daher in zunächst zu untersuchen, wie der strittige Begriff "stationär" in der Bestimmung des § 8 Abs. 2 MinStG auszulegen ist.
§ 8 Abs. 1 und 2 MinStG 1995 idF BGBl I Nr. 111/2010 lauten wie folgt:
"(1) Für Gasöl der Unterpositionen 2710 19 41 bis 2710 19 49 der Kombinierten Nomenklatur, für das die Mineralölsteuer gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 entrichtet wurde und das zum Antrieb von Motoren begünstigter Anlagen verwendet wurde, ist von der darauf entfallenden Mineralölsteuer auf Antrag ein Betrag von 0,299 Euro je Liter zu vergüten.
(2) Begünstigte Anlagen sind
1. stationäre Anlagen zur gemeinsamen Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme (Gesamtenergieanlagen),
2. stationäre Anlagen, die ausschließlich zur Erzeugung elektrischer Energie dienen,
3. stationäre Wärmepumpen, die ausschließlich der Temperaturanhebung der Nutzungsenergie dienen, wenn die Antriebsenergie des mit Gasöl betriebenen Motors ausschließlich für die genannten Anlagen genutzt wird und einwandfrei funktionierende, gegen Missbrauch zu sichernde Einrichtungen vorhanden sind, mit deren Hilfe festgestellt werden kann, wie viel Gasöl jeweils verwendet wurde."
Vorweg ist festzuhalten, dass das BFG den im MinStG nicht definierten Begriff "stationär" im Rahmen der Beschwerdeerledigung autonom auszulegen hat, da eine Rechtsprechung des VwGH dazu fehlt.
Einzuräumen ist jedoch, dass die Begriffe "stationär" bzw. "ortsfest" in diversen anderen Normen definiert sind.
So wird z.B. in der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 unter Artikel 2 (23) der Begriff "ortsfest" definiert als "während des Betriebs im Normalfall nicht in Bewegung, was auch bewegliche Raumklimageräte einschließt." Diese Definition würde also den Standpunkt der Bf. stützen.
Andererseits wird in der Richtlinie 2004/108/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und zur Aufhebung der Richtlinie 89/336/EWG unter Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c der Ausdruck "ortsfeste Anlage" definiert als "eine besondere Kombination von Geräten unterschiedlicher Art und gegebenenfalls weiteren Einrichtungen, die miteinander verbunden oder installiert werden und dazu bestimmt sind, auf Dauer an einem vorbestimmten Ort betrieben zu werden. Diese Auslegung würde also die Argumentation der belangten Behörde stützen.
Mit diesen und anderen Definitionen (die zu teilweise konträren Ergebnissen kommen) ist im Streitfall aber nichts gewonnen, zumal alle diese Normen einen anderen Regelungsinhalt haben und die darin festgelegten Definitionen daher nicht zur Auslegung des in Rede stehenden Wortlautes des MinStG heranzuziehen sind.
Hingegen liegt zu § 8 Abs. 2 MinStG eine rechtskräftige Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates mit folgendem Rechtssatz vor:
"Als stationäre Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 2 MinStG sind nur Anlagen anzusehen, die nicht beweglich, also mit Grund und Boden oder einem Gebäude fest verbunden sind und nach der Art der Verbindung, der Bauweise und dem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, an einem Standort zu verbleiben (siehe dazu auch Kommentar zu den Verbrauchsteuern auf Mineralöl, Schamp, Grenz-Verlag, § 8 Abs. 2, Anmerkung 2)", ZRV/0269-Z3K/11.
Auf diese Entscheidung darf im vorliegenden Fall verwiesen werden.
Diese Kriterien sind verfahrensgegenständlich bei sämtlichen Aggregaten, ob auf Rädern oder nicht, nicht erfüllt. Es ist unbestritten, dass die in Rede stehenden Anlagen während der Dauer der Veranstaltung beinhaltend die Aufbau- und Abbauzeit aufgestellt und danach wieder abtransportiert wurden. Damit sind sie jedoch genau das Gegenteil von stationär, nämlich mobil, nicht an den Standort gebunden, egal ob sie über Räder verfügen oder mittels einer Hebevorrichtung von einem Transportfahrzeug ab- und wieder aufgeladen werden. Zum Einwand der Bf., in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl.Nr. L 283 vom (Energiesteuer-Richtlinie) finde sich nicht der Begriff "stationäre Anlage" sondern in ihrem Artikel 8 Abs. 1 Buchstabe b jener der "ortsfesten Motoren", ist festzustellen, dass der Gesetzeswortlaut nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine andere Interpretation zulässt, als dass "ortsfest" ein Synonym für "stationär" ist, zumal auch der Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 24. Auflage, "stationär" als "an einen festen Standort gebunden" definiert bzw. der elektronische Duden http://www.duden.de/node/649413/revisions/1133945/view) den Begriff "stationär" mit "an einen festen Standort gebunden", mit "örtlich oder und zeitlich nicht verändert" umschreibt und auf die Begriffe "ortsgebunden, standortgebunden, ortsfest, beständig, fest, fix, gleichbleibend, konstant, permanent, unverändert, stabil" als Synonyme zum Begriff "stationär" verweist.
Aus dem Kommentar zu den Verbrauchsteuern auf Mineralöl, Schamp, weiter fortgeführt von Leitgeb, Grenz-Verlag, ergibt sich dazu, dass Voraussetzung für die Begünstigung in allen Fällen ist, dass die Anlage stationär und mit entsprechenden Messeinrichtungen ausgestattet ist. Als "stationär" werden grundsätzlich nur Anlagen angesehen, die "nicht beweglich", also mit Grund und Boden oder einem Gebäude fest verbunden sind und nach Art der Verbindung, Bauweise und Verwendungszweck dazu bestimmt sind, an einem Standort zu verbleiben.
Aus § 8 Abs. 1 MinStG ergibt sich im Wesentlichen, dass für Gasöl, für das die Mineralölsteuer entrichtet wurde und das zum Antrieb von Motoren "begünstigter Anlagen" verwendet wurde, von der darauf entfallenden Mineralölsteuer auf Antrag ein bestimmter Betrag je Liter zu vergüten ist. Es muss sich demnach um begünstigte Anlagen handeln.
Zu den begünstigten Anlagen zählt § 8 Abs. 2 MinStG Anlagen zur gemeinsamen Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme, Anlagen, die ausschließlich zur Erzeugung elektrischer Energie dienen und Wärmepumpen. Begünstigt sind diese Anlagen jedoch nur dann, wenn es sich um "stationäre" Anlagen bzw. "stationäre" Wärmepumpen handelt.
Bei den im Gegenstand verwendeten Aggregaten hat es sich, berücksichtigt man die Ausführungen des Kommentars zu den Verbrauchsteuern auf Mineralöl, Schamp, weiter fortgeführt von Leitgeb, Grenz-Verlag, ohne jeglichen Zweifel nicht um stationäre Anlagen gehandelt, weil danach als "stationäre Anlagen" nur Anlagen angesehen werden, die "nicht beweglich", also mit Grund und Boden oder einem Gebäude fest verbunden sind und nach der Art der Verbindung, der Bauweise und dem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, an einem Standort zu verbleiben. Diese im erwähnten Kommentar zu den Verbrauchsteuern auf Mineralöl vertretene Rechtsansicht wird vom Bundesfinanzgericht uneingeschränkt geteilt.
Weil als "stationäre Anlagen" nur Anlagen anzusehen sind, die "nicht beweglich", also mit Grund und Boden oder einem Gebäude fest verbunden sind und nach der Art der Verbindung, der Bauweise und dem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, an einem Standort zu verbleiben, wohnt dem Begriff "stationäre Anlage" eine zeitliche und örtliche Komponente inne. Geht man davon aus, dass die Aggregate lediglich wenige Tage an einem bestimmten Ort benötigt wurden, war es nicht erforderlich, das Ausmaß der zeitlichen und/oder örtlichen Verwendung auszulegen. Verwendet jemand Aggregate lediglich für eine Veranstaltung und wie von der Bf. eingewandt auch in der Auf- und Abbauphase an einem bestimmten Ort in der Art und Weise, dass er diese für diesen Zeitraum, wenn auch am Boden fixiert und geerdet, lediglich hinstellt, ist darin eine stationäre Anlage, eine nicht bewegliche Anlage, eine mit dem Grund und Boden oder einem Gebäude fest verbundene Anlage, die nach der Art der Verbindung, der Bauweise und nach dem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, an einem Standort zu verbleiben, nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes nicht zu erblicken.
Denn außer Streit steht, das die verfahrensgegenständlichen Aggregate jeweils kurz vor einer Veranstaltung am Veranstaltungsort aufgebaut und danach wieder abgebaut und abtransportiert werden, um vorübergehend an einem anderen Ort weiterverwendet zu werden.
Die Auslegung der Begriffes "stationär" im Sinne des Beschwerdevorbringens, nämlich während des Betriebes an einem Ort verbleibend, kann mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Deckung gebracht werden. Ansonsten müsste man dem Gesetzgeber unterstellen, er habe mit der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Z. 2 MinStG eine sinnlose bzw. inhaltsleere Regelung getroffen.
Ergänzend ist noch darauf zu verweisen, dass es sich bei der Bestimmung des § 8 MinStG 1995 idgF um eine begünstigende Bestimmung handelt. Begünstigende Bestimmungen sind eng auszulegen (z.B. ). Befreiungen als begünstigende Bestimmungen müssen demnach restriktiv interpretiert werden, einerseits, um das Steueraufkommen zu sichern und andererseits, um die Möglichkeit von Missbräuchen auszuschließen.
Gemäß § 9 Abs. 6 MinStG ist die Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl zu einem anderen Zweck als
1. zum Verheizen,
2. zum Antrieb von Anlagen der im § 8 bezeichneten Art, auch wenn diese nicht mit den nach § 8 Abs. 2 erforderlichen Messeinrichtungen ausgestattet sind,
3. die Verwendung als Schiffsbetriebsstoff gemäß § 3 Abs. 1 Z 2
verboten.
Wer gekennzeichnetes Gasöl - wie im vorliegenden Fall - verbotswidrig verwendet (§ 9 Abs. 6 MinStG), hat für die verbotswidrig verwendeten Mengen den Unterschiedsbetrag zwischen der nicht ermäßigten und der nach § 3 Abs. 1 Z 5 MinStG ermäßigten Mineralölsteuer zu entrichten (Nachversteuerung; § 10 Abs. 1MinStG, erster Satz).
Da das Bundesfinanzgericht infolge der Gleichbedeutung der Begriffe "stationäre Anlagen" in § 8 Abs. 2 Z 2 MinStG und "ortsfeste Motoren" in Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom als Synonyme keine Zweifel in der Auslegung dieser Begriffe hat, muss es der Anregung der Bf. um Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes nicht entsprechen.
Aus den in der Eingabe der Bf. dargestellten Entscheidungen anderer Zollämter vermag die Bf. keine Rechte ableiten, der ins Treffen geführte Gleichheitsgrundsatz ist in diesem Zusammenhang unzutreffend.
Nach der Aktenlage trifft es zwar zu, dass seitens des Zollamtes AT1 der Begriff "stationäre Anlagen" im Sinne des Beschwerdevorbringens ausgelegt worden ist und dass die Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl in Anlagen der verfahrensgegenständlichen Art einige Jahre toleriert worden ist. Die Bf. vermag aus diesem Umstand allerdings keinerlei Rechte abzuleiten. Wenn die Bf. meint, es läge diesbezüglich eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben vor kann ihr aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das (für die Bf. nicht zuständige) Zollamt AT1 die diesbezügliche Rechtsansicht ab dem Jahr 2012 selbst nachträglich als nicht zutreffend beurteilt hat und seit diesem Zeitpunkt den Begriff "stationär" gleichlautend wie die belangte Behörde auslegt.
Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt außerdem nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen ().
Nach ständiger Rechtsprechung kann sich auch niemand auf unrichtige Auskünfte einer unzuständigen Abgabenbehörde berufen (). Treu und Glauben kann nur die Behörde "binden", die die entsprechenden Auskünfte erteilt hat ().
Im vorliegenden Fall hat sich der Controller NN1 bei der belangten Behörde zuvor hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl erkundigt und eine abschlägige Antwort erhalten.
Er hat daraufhin dem Zollamt mit E-Mail vom folgende Mitteilung übermittelt: "Vielen Dank für die wenn auch negative Auskunft. Natürlich wird unser Unternehmen kein Heizöl zum Betrieb der Aggregate einsetzen wenn dies der Gesetzeslage widerspricht, so wie wir uns auch schon immer in der Vergangenheit an alle Vorschriften gehalten haben."
Es steht außer Streit, dass diese E-Mail auch der Bf. zugestellt worden ist.
Die an die Bf. gerichtete Frage der Vorsitzenden im Rahmen der mündlichen Verhandlung, ob ihr von Mitarbeitern des Zollamtes Eisenstadt Flughafen B1 zu irgendeinem Zeitpunkt vor Erlassung des bekämpften Bescheides und vor dem Einsatz der verfahrensgegenständlichen Aggregate beim EVENT1 mitgeteilt worden sei, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Anlagen um stationäre Anlagen handelt, die mit gekennzeichnetem Gasöl betrieben werden dürfen, verneinte die Bf. ausdrücklich. Sie kann daher eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht erfolgreich geltend machen.
Dem Vorbringen der Bf., die Bestimmungen des § 9 Abs. 7 MinStG sähen keine Sanktion gemäß § 11 MinStG vor, ist zu entgegnen, dass den Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens nicht etwa eine allfällige Bestrafung entsprechend der zuletzt zitierten Norm bildet. Wenn die Bf. meint, das MinStG sähe keine abgabenrechtlichen Konsequenzen für die in Rede stehende verbotswidrige Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl vor, übersieht sie die Bestimmungen des § 10 MinStG, auf die sich der angefochtene Bescheid ausdrücklich stützt und die in Fällen wie diesen eine Nachversteuerung vorsehen.
Zum Einwand, die Abgabenvorschreibung beruhe auf einer unionsrechtswidrigen Auslegung des Begriffes "ortsfest" wird ausgeführt:
Die Bf. bezieht sich mit ihren diesbezüglichen Einwendungen auf die Bestimmungen des Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b der oben erwähnten Energiesteuerrichtlinie, wonach für Kraftstoffe, die für ortsfeste Motoren verwendet werden, Mindeststeuerbeträge in Euro je 1000 Liter festgesetzt werden.
Die genannte Richtlinie zielt laut ihren Erwägungsgründen darauf ab, Mindeststeuerbeträge festzusetzen (siehe Erwägungsgrund 10, , Rz. 23).
Es ist jedoch Sache des einzelnen Mitgliedstaats zu entscheiden, durch welche steuerlichen Maßnahmen er diesen gemeinschaftlichen Rahmen zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und von elektrischem Strom umsetzen will (siehe Erwägungsgrund 11).
Nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes kann daher den österreichischen Zollbehörden kein berechtigter Vorwurf gemacht werden, wenn sie den Begriff "ortsfest" wie oben dargestellt interpretieren. Für das Bundesfinanzgericht besteht somit keine Veranlassung von der zur Auslegung des Begriffes "stationär" bzw. "ortsfest" im gegebenen Zusammenhang entwickelten Rechtsprechung abzugehen.
Es trifft wohl zu, dass der Begriff "ortsfest" in Deutschland viel weiter ausgelegt wird, als in Österreich. Die Bf. vermag aus diesem Umstand aber keinerlei Rechte abzuleiten, zumal den nationalen Gesetzgebern der Mitgliedstaaten diesbezüglich ein gewisser Spielraum eingeräumt ist.
Die von der Bf. ins Spiel gebrachte Energiesteuerrichtlinie zielt auch nicht darauf ab, die Rechte der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Normierung von konkreten einschränkenden Bestimmungen betreffend die Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl zu beschneiden.
Die eben erwähnten Einschränkungen können auch als Mittel verstanden werden, um dem Grundsatz der Verhinderung allfälliger Steuerhinterziehung und -vermeidung oder von Missbrauch zu entsprechen, der allen unionsrechtlichen verbrauchsteuerrechtlichen Bestimmungen inhärent ist und sind daher jedenfalls zulässig.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da - wie oben ausgeführt - eine Rechtsprechung des VwGH zur hier entscheidungswesentlichen Frage der Auslegung des Begriffes "stationär" fehlt, war die Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | RL 89/336/EWG, ABl. Nr. L 139 vom S. 19 § 10 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 RL 2003/96/EG, ABl. Nr. L 283 vom S. 51 § 8 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 8 Abs. 1 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 RL 2004/108/EG, ABl. Nr. L 390 vom S. 24 |
Verweise | ZRV/0269-Z3K/11 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200158.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at