Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2019, RV/7105150/2017

Durchgeleitete verdeckte Ausschüttung - Haftung für KESt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Lerchenfelder Straße 39, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Haftungsbescheide aufgrund des Zuflusses von Kapitalerträgen 2009 bis 2011, alle erlassen am von der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben. Die Haftungsbescheide werden nach der Maßgabe abgeändert, dass Kapitalertragsteuer in folgenden Höhen geltend gemacht wird:

  • Haftungsbescheid 2009: Kapitalertragsteuer EUR 343.869,63

  • Haftungsbescheid 2010: Kapitalertragsteuer EUR 37.493,52

  • Haftungsbescheid 2011: Kapitalertragsteuer EUR 38.905,63

II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit am erlassenen "Haftungsbescheiden aufgrund des Zuflusses von Kapitalerträgen an die Gesellschafter R und J" wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung für Kapitalertragsteuer in nachfolgend dargestellten Höhen herangezogen:


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2009
2010
2011
KESt laut Bescheide vom
406.091,90
39.833,68
41.245,63

Die KESt-Beträge beruhen auf den am  erlassenen, an die T-GmbH, Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin, gerichteten Feststellungsbescheiden Gruppenmitglied 2009 bis 2011. Mit den Feststellungsbescheiden Gruppenmitglied 2009 bis 2011 wurde unter anderem aufgrund von der Abgabenbehörde festgestellten verdeckten Ausschüttungen das Einkommen der Tochtergesellschaft erhöht.

Es wurden von der Abgabenbehörde die nachfolgend angeführten verdeckten Ausschüttungen festgestellt. Aufgrund einer von der belangten Behörde angenommenen durchgeleiteten verdeckten Ausschüttung wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung für die Kapitalertragsteuer in (vormaliger) Höhe von 25% herangezogen:


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2009
2010
2011
Haus-B
48.093,00
47.794,00
51.100,00
Grundstücksverkauf X-Gasse
 1.466.150,00
 
 
Gehalt Familienangehörige
110.124,61
  111.540,70
  113.882,50
 
 
 
 
Summe Verdeckte Ausschüttungen
1.624.367,61
159.334,70
164.982,50
Davon 25% KESt
406.091,90
39.833,68
41.245,63

Mit Beschwerde vom beantragte die Beschwerdeführerin, die Haftungsbescheide ersatzlos aufzuheben. Bestritten wird einerseits das grundsätzliche Vorliegen von verdeckten Ausschüttungen, andererseits wird vorgebracht, dass auf Ebene der Beschwerdeführerin kein Raum für einen Haftungsbescheid verbleibe, da Steuernachforderungen gegen die Tochter-Gesellschaft (bei der eine verdeckte Ausschüttung qualifiziert wurde) geltend gemacht worden seien. Da die Abgaben (Körperschaftsteuer) gegen die Tochter-Gesellschaft bereits bescheidmäßig festgestellt worden seien, sei die Erlassung von Haftungsbescheiden gegen die beschwerdeführende Muttergesellschaft überschießend. Schließlich seien den Haftungsbescheiden bloß der Prüfungsbericht sowie die Niederschrift zu erfolgten Prüfung beigelegt worden, nicht jedoch die maßgeblichen Abgabenbescheide. Es handle sich dabei um einen nicht sanierbaren Mangel, sodass die Haftungsbescheide rechtswidrig ergangen seien.

Ebenfalls mit Beschwerde vom wurden die am erlassenen Feststellungsbescheide Gruppenmitglied 2009 bis 2011 der T-GmbH (Tochter-Gesellschaft der Beschwerdeführerin) angefochten. Unter anderem bezog sich das Beschwerdebegehren gegen die (hier beschwerdegegenständlich relevanten) festgestellten verdeckten Ausschüttungen (betreffend privat veranlasste Nächtigungen in Haus-B, einem unterpreisigen Verkauf der Liegenschaft X-Gasse 21, 1190 Wien und einem steuerlich nicht anerkannten Dienstverhältnis mit U).  

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7103166/2018 wurden die bezeichneten Feststellungsbescheide Gruppenmitglied 2009 bis 2011 abgeändert. Die den verdeckten Ausschüttungen zugrundeliegenden Beträge wurden dabei wie nachfolgend dargestellt abgeändert. Die sich daraus rechnerisch ergebende Kapitalertragsteuer in Höhe von (vormals) 25% findet sich informativ nachfolgend angeführt:


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2009
2010
2011
Haus-B
44.693,38
47.793,38
51.100,00
Grundstücksverkauf X-Gasse
 1.230.020,53
 
 
Gehalt Familienangehörige
100.764,61
  102.180,70
  104.522,50
 
 
 
 
Summe Verdeckte Ausschüttungen
1.375.478,52
149.974,08
155.622,50
Davon 25% KESt
343.869,63
37.493,52
38.905,63

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin ist Mutter-Gesellschaft der T-GmbH.

Mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgericht vom , RV/7103166/2018, betreffend die Beschwerde der T-GmbH (Tochter-Gesellschaft der Beschwerdeführerin), wurden auf Ebene der Tochter-Gesellschaft für die Veranlagungsjahre 2009 bis 2011 verdeckte Ausschüttungen in nachfolgend dargestellten Höhen qualifiziert:


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2009
2010
2011
Haus-B
44.693,38
47.793,38
51.100,00
Grundstücksverkauf X-Gasse
 1.230.020,53
 
 
Gehalt Familienangehörige
100.764,61
  102.180,70
  104.522,50
 
 
 
 
Summe Verdeckte Ausschüttungen
1.375.478,52
149.974,08
155.622,50

Die verdeckten Ausschüttungen waren den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin, J und R, zuzurechnen.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7103166/2018, aus den vorliegenden Haftungsbescheiden vom sowie aus dem Vorbringen der Parteien. 

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Zu Spruchpunkt I. (Bescheidabänderung)

Nach rechtlicher Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht erfolgte eine "durchgeleitete verdeckte Ausschüttung": Von Seiten der T-GmbH, Tochter-Gesellschaft der Beschwerdeführerin, erfolgten Zuwendungen an die Gesellschafter ihrer Muttergesellschaft (somit an die Gesellschafter der Beschwerdeführerin). Die Zuwendung erfolgte aus dem Gesellschaftsverhältnis begründet und außerhalb einer ordentlichen Gewinnausschüttung. Auf Ebene der T-GmbH erfolgte daher mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7103166/2017, die rechtliche Qualifikation als verdeckte Ausschüttung. (Auf Ebene der T-GmbH erfolgte eine entsprechende Gewinnhinzurechnung.)

Im Sinne einer durchgeleiteten verdeckten Ausschüttung ist im ersten Schritt von einem Ausschüttungsvorgang von der T-GmbH an die Beschwerdeführerin (Mutter-Gesellschaft) auszugehen. Bei der Beschwerdeführerin liegen gemäß § 10 Abs 1 Z 1 KStG steuerfreie Beteiligungserträge vor. Aufgrund des ausreichenden Beteiligungsausmaßes konnte ein KESt-Abzug unterbleiben.

Im zweiten Schritt ist von einem Ausschüttungsvorgang von der Beschwerdeführerin an die Gesellschafter J und R auszugehen.

Auf Ebene der Anteilsinhaber unterliegen die Zuwendungen gemäß § 27a Abs 1 EStG idF vor BGBl I 2015/118 dem besonderen Steuersatz von 25% (da die verdeckte Ausschüttung Zeiträume vor dem betrifft). Gemäß § 95 Abs 2 Z 1 EStG ist die Beschwerdeführerin Abzugsverpflichtete für die Kapitalertragsteuer in diesem Ausmaß. Gemäß § 95 Abs 1 EStG haftet die Beschwerdeführerin für die Entrichtung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Es liegt kein Fall des § 95 Abs 4 EStG vor.

Die Haftungsbescheide wurden daher dem Grunde nach rechtmäßig an die Beschwerdeführerin erlassen. Der Höhe nach waren die Bescheide aufgrund der geringer festgestellten verdeckten Ausschüttungen entsprechend zu korrigieren:


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2009
2010
2011
Summe Verdeckte Ausschüttungen
1.375.478,52
149.974,08
155.622,50
Davon 25% KESt
343.869,63
37.493,52
38.905,63

Ein wie von der Beschwerdeführerin behaupteter Mangel des Verfahrens konnte vom Bundesfinanzgericht nicht erkannt werden. Ordnungsgemäß wurde die persönliche Haftung gemäß § 224 BAO durch die Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht, die haftungspflichtige Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die ihre Haftungspflicht begründet (§ 95 EStG), aufgefordert, die Abgabenschuld, für die sie haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Darauf hinzuweisen bleibt, dass die verdeckten Ausschüttungen einerseits zu einer Nacherfassung der Körperschaftsteuer auf Ebene der T-GmbH führen und andererseits zu einer an die Beschwerdeführerin als Haftungspflichtige gerichteten Nacherfassung von Kapitalertragsteuer.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Beschwerdegegenständlich ergab sich die Lösung der Rechtsfragen aus dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Knesl/Zwick-Pevny in BFGjournal 2019, 288
Raab/Renner in BFGjournal 2019, 437
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105150.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at