Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2019, RV/7100303/2011

Kapitalwert von lebenslänglichen Leistungen nach der Rechtslage des § 16 BewG BGBL 1955/148 idF BGBL I 1999/28

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf als Erbin im Verlass nach Erbin vertreten durch BF Consultiing Wirtschaftsprüfungs-GmbH, Mariahilferstraße 32, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren und Verkehsteuern in Wien Erf.Nr. GZ, vom , betreffend Erbschaftssteuer zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Erbschaftssteuer wird festgesetzt mit
EUR 274.156,27

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Einantwortungsbeschluss des BG Ort vom wurde die Verlassenschaft nach der am verstorbenen Name (vormals Name2 Bf (Beschwerdeführerin) und deren Schwester je zur Hälfte eingeantwortet. Name war Alleinerbin nach ihrem am verstorbenen Vater.

In dem am zwischen Erblasser als Geschenkgeber und Name als Geschenknehmerin abgeschlossenen Schenkungsvertrag auf den Todesfall versprach der Geschenkgeber die Gesellschaftsanteile an der COKG sowie die Anteile an der GmbH. Zu Gunsten seiner Ehegattin bedingte sich der Geschenkgeber das lebenslängliche Fruchtgenussrecht- beginnend ab seinem Todestag - an einem Teil des geschenkten Kommanditanteils aus, nämlich an den Erträgnissen (am Gewinnanspruch) eines gedachten Kommanditanteils, der fünf Prozent des gegenwärtigen Kommanditkapitals der KG erfasst.

Mit vorläufigem Bescheid vom wurde Name Erbschaftssteuer in Höhe von EUR 201.244,74 vorgeschrieben. Das anteilige Betriebsstättenvermögen im Ausmaß der KG Beteiligung an der FaBRD blieb bei dieser Erbschaftssteuerfestsetzung außer Ansatz. Laut Bescheid wurde der Bemessung das Ergebnis der durchgeführten Prüfung zu Grunde gelegt. Begründung und genaue Berechnung seien der Niederschrift über die Schlussbesprechung zu entnehmen.

In einem an das Bundesministerium für Finanzen gerichteten Schreiben vom führte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin aus, dass zum Vermögen der Firma x eine Kommanditbeteiligung an der Firma dtFirma gehört. Entsprechend der Bilanzbündeltheorie erfolge die Besteuerung sowohl der Einkünfte als auch des Vermögens der Personengesellschaften bei den Gesellschaftern, im Fall der FaBRD somit beim Gesellschafter KGWien bzw. im Durchgriff direkt bei den Kommanditisten von KGWien. Im Zuge des erbrechtlichen Übergangs der Kommanditanteile an der KGWien an die Beschwerdeführerin sei naturgemäß ein entsprechender Anteil an der Beteiligung an der FaBRD mit übertragen worden. Gemäß Art. 4 Z 2 DBA ErbSt BRD werde das Besteuerungsrecht am deutschen Betriebsstättenvermögen der Bundesrepublik Deutschland zugeteilt. Die Beschwerdeführerin sei daher mit dem erhaltenen deutschen Betriebsstättenvermögen in Deutschland anteilig erbschaftssteuerpflichtig.

Im Zuge einer vom Finanzamt durchgeführten Prüfung sei die Meinung vertreten worden, dass für Kommanditanteile die Regelung des Art. 4 Z 2 DBA ErbSt nicht anwendbar sei und daher das deutsche Betriebsstättenvermögen anteilig in Österreich der Erbschaftssteuer unterläge. Es wurde beantragt, die Anwendung des Art. 4 Z 2 DBA ErbSt durch eine Verwaltungsanweisung zu verfügen, dass Österreich auf Grund der Zuteilungsregeln des DBA keine Besteuerungsrechte an diesem ausländischen  Betriebsstättenvermögen habe. In eventu wurde ersucht, eine auf § 48 BAO gestützte bescheidmäßige Anordnung zu verfügen, durch welche die doppelte Besteuerung des im Zuge der Erbschaften am KG-Anteil an KGWien mit übertragenen deutschen Betriebsstättenvermögens durch Ausnahme von der Besteuerung in Österreich jedenfalls beseitigt werde.

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom wurde der Antrag gemäß § 5 Abs. 2 BewG für nicht laufend veranlagte Steuern gestellt. Zusätzlich wurde folgendes ausgeführt: "Der Fruchtgenuss Berechtigte beläuft sich auf 5 % des Gesamtgewinnes der GmbH & Co KG. Gemäß § 16 Abs. 2 BewG wäre zum Stichtag der Vervielfacher das 1fache des jährlichen durchschnittlichen Gewinnes. Tritt die Bedingung gemäß § 5 Abs. 1 BewG ein, so ist die Festsetzung nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen. Der Gewinnanteil von 5% vom Gesamtgewinn betrage für die Jahre 1999-2003 EUR 826.543,03."

Mit Vorhalten vom , vom bzw. vom ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin um Mitteilung, ob in der Zwischenzeit deutsche Erbschaftssteuer entrichtet wurde. Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien das Finanzamt BRD um Bekanntgabe, ob das Recht auf Besteuerung für die Anteile an der KGBrd von der Bundesrepublik Deutschland aufgegriffen wird bzw. ob bereits Erbschaftssteuer vorgeschrieben wurde. Das Finanzamt BRD teilte am mit, dass beide Erbfälle bezüglich der Anteile an der KGBrd von den Finanzbehörden der Bundesrepublik aufgegriffen werden. Die Höhe der festzusetzenden Erbschaftssteuer sei zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht bekannt.

Mit Schreiben vom wurden dem Finanzamt die testamentarisch auferlegten Fruchtgenusszahlungen an Berechtigte ab bekanntgegeben. 2004: EUR 431.808,52, 2005: EUR 387.181,76, 2006: EUR 380.365,74, 2007: EUR 335.501,89. Diese Beträge seien im Zuge der Gewinnverrechnung der CoKG Name angelastet und Berechtigte gutgeschrieben worden. Im vorläufigem Erbschaftssteuerbescheid vom sei die Fruchtgenussverpflichtung lediglich mit den bis zum bekannten Zahlungen iHv EUR 826.543,03 enthalten.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag, die Fruchtgenusszahlungen an Berechtigte für 2004 mit EUR 431.809,52 und für 2005 mit EUR 387.181,76 in Abzug zu bringen, abgewiesen.

Mit endgültigem Erbschaftssteuerbescheid vom wurde die Erbschaftssteuer mit EUR 360.100,65 festgesetzt. In der zu diesem Bescheid gesondert ergangenen Begründung wurde ua. ausgeführt, dass in das Betriebsvermögen der Firma Werk GmbH & Co KG die Beteiligung an der FaBRD in Höhe von ATS 7,715.868 mit einzubeziehen sei. Der 5%ige Gewinnanteil vom tatsächlichem Gesamtgewinn habe für die Jahre 1999-2003 ATS 11,373.479,61 betragen. Der durchschnittliche jährliche Gewinnanteil betrage ATS 2,274.695,92 (EUR 165.308,60). Lediglich dieser Betrag könne gemäß § 16 Abs. 2 Z 12 BewG als Passivpost abgezogen werden.

In der rechtzeitig am eingebrachten Beschwerde (vormals Berufung) wurde ausgeführt, dass das Finanzamt offensichtlich die Rechtslage verkannt habe und sei dieses von einer nicht mehr gesetzeskonformen DBA-Auslegung ausgegangen. Die Beschwerdeführerin sei für das im Erbweg nach ihrem Vater erworbene deutsche Betriebsvermögen auch in Deutschland zur Erbschaftssteuer veranlagt worden. Die nochmalige Aufnahme dieses Vermögens in die österreichische Erbschaftsbesteuerung widerspreche eindeutig der Zuteilungsnorm des Art 4 DBA ErbSt BRD. Die Verteilungsnormen des DBA würden das ausschließliche Besteuerungsrecht jeweils einem der beiden Vertragsstaaten zuweisen. Es handle sich dabei um Verteilungsnormen mit abschließenden Rechtsfolgen. Die Norm beseitige durch Anordnung der Befreiung bereits die Doppelbesteuerung. Der jeweils andere Vertragsstaat dürfe daher das Vermögen auch dann nicht besteuern, wenn der berechtigte Staat von dem durch die Verteilungsnorm zugewiesenen Besteuerungsrecht keinen Gebrauch machen würde. Es bestehe kein wie immer gearteter Anknüpfungspunkt für die Besteuerung des deutschen Betriebsvermögens in Österreich. 

Name habe den Kommanditanteil an der CoKG mit der Auflage geerbt, ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht zu Gunsten der Fruchtgenussberechtigten im Ausmaß von5 % des alljährlichen Gewinnes der KG zu übernehmen. Im Zuge einer vom Finanzamt durchgeführten Prüfung sei der Teilwert der Fruchtgenussverpflichtung mit Rücksicht auf die bereits geleisteten Zahlungen mit ATS 11.373.480 (EUR 826.543,03) bewertet worden. Im angefochtenen Bescheid sei das Finanzamt von diesem einvernehmlich festgelegten Wert abgewichen und habe die Verpflichtung nach § 16 Abs. 1 BewG idF vor Kundmachung des BGBL. Nr. 71/2003 mit einer durchschnittlichen Jahresleistung von ATS 2.274.695,92 (EUR 165.306,60) bewertet. Die Fruchtgenussberechtigte, welche am gestorben sei, habe Fruchtgenusszahlungen in endgültiger Höhe von EUR 2.922.498,46 erhalten. Mit dem Todestag habe die Verpflichtung geendet. § 15 Abs. 3 BewG und § 16 Abs. 5 BewG (idF vor Kundmachung des BGBL. Nr. 71/2003) würden für den Fall, dass der gemeine Wert der gesamten Leistung nachweislich geringer oder höher ist als die pauschalen, nach § 16 Abs. 1 BewG ermittelten Werte, vorsehen, dass der geringere oder höhere nachgewiesene gemeine Wert der Leistung zu Grunde zu legen sei. Die pauschalierungsartigen, nach den Regeln des § 15 Abs. 1 und 2 sowie § 16 Abs. 1 und 4 BewG durchzuführenden Bewertungsmethoden würden durch § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 5 BewG eine Einschränkung zu Gunsten der individuellen Bewertungsmethode mit dem gemeinen Wert erfahren. Voraussetzung sei, dass der gemeine Wert zuverlässig und genau zu ermitteln sei. Sämtliche zitierten Gesetzesbestimmungen hätten ihren Sinn offensichtlich darin, in verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes bei bestimmten Sachverhalten von den pauschalen Kapitalisierungsmethoden der § 15 Abs. 1 und 2 sowie § 16 Abs. 1 BewG abzugehen und einen nachgewiesenen dh sicher und zuverlässig ermittelbaren individuellen Teilwert den Vorzug zu geben. Bei Anwendung des gesetzlich vorgesehenen Abzinsungssatzes von 5,5% ergebe sich für die tatsächlich geleisteten Zahlungen ein Barwert von EUR 2,156.140,08.

Am stellte die steuerliche Vertretung an das BMF den Antrag, beim gegenständlichen Besteuerungsverfahren einen auf § 48 BAO gestützten Bescheid zu erlassen, mit welchem das Betriebsstättenvermögen FaBRD ausscheide und durch welchen die doppelte Besteuerung des im Zuge der Erbschaften an KG-Anteilen FaWien mit übertragenen deutschen Betriebsstättenvermögens durch Ausnahme von der Besteuerung in Österreich beseitigt werde. Bei sämtlichen bisherigen Schenkungen von Anteilen an der KGWien, welche vor dem Tod der Erblasser erfolgt seien, habe Deutschland seine Besteuerungsrechte hinsichtlich des deutschen Betriebsstättenvermögens wahrgenommen und besteuert.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Beseitigung der Doppelbesteuerung gemäß 48 BAO vom Bundesministerium für Finanzen als unbegründet abgewiesen. Im vorliegenden Sachverhalt seien die für eine Anwendung von § 48 BAO notwendigen Erfordernisse u.a. nicht erfüllt, da der antragstellende Erwerb von Todes wegen zwar in Deutschland versteuert worden sei, jedoch keine tatsächliche Steuer in Deutschland angefallen sei. Somit liege keine Doppelbesteuerung vor.  

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 unterlag der Erwerb von Todes wegen vor der Aufhebung des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof (BGBl. I 9/2007 ) bis einschließlich der Steuer nach diesem Bundesgesetz. Der Erblasser verstarb am und entstand die Steuerschuld nach § 12 Abs. 1 Z 1  ErbStG  1955 mit diesem Zeitpunkt, weshalb auf diesen Erwerbsvorgang noch das Erbschaftssteuergesetz unverändert anzuwenden ist.

Im § 6 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 ist normiert, dass die Steuerpflicht für den gesamten Erbanfall gegeben ist, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Erwerber zur Zeit des Eintrittes der Steuerpflicht ein Inländer ist. Als Inländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten ua. österreichische Staatsbürger, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 6 Abs. 2 Z 1 leg. cit.).

Nach § 48 BAO kann das Bundesministerium für Finanzen bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist, anordnen, bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen.

Doppelbesteuerungsabkommen werden zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung eines Erbanfalles bzw. eines Nachlasses mit inländischer und ausländischer Steuer abgeschlossen. Es soll vermieden werden, dass der Erwerb von Nachlassvermögen in beiden Vertragsstaaten zur Erbschaftssteuer herangezogen wird (vgl. ). In Doppelbesteuerungsabkommen werden keine Besteuerungspflichten, sondern lediglich Verzichte auf Besteuerungsrechte normiert ( ). Zu beachten ist dabei, dass die Steuerpflicht an sich nach dem inländischen Steuerrecht zu beurteilen ist. Die Abkommen teilen lediglich die Besteuerungsrechte unter die Vertragsstaaten auf bzw. enthalten eine Aufteilung dahin, welcher der Staaten für die Besteuerung des Erwerbes von bestimmten Nachlassgegenständen zuständig ist.

Mit der Bundesrepublik Deutschland bestand das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern, BGBl. 220/1955. Mit Note vom wurde dieses Abkommen von der Bundesrepublik Deutschland gekündigt und trat mit außer Kraft (BGBl. III 116/2007 ). Damit stand das Doppelbesteuerungsabkommen zum Zeitpunkt des gegenständlichen Erwerbes in Geltung. Am wurde ein Abkommen zwischen den beiden Ländern geschlossen, wonach das Abkommen weiterhin auf Erbfälle anzuwenden ist, in denen der Erblasser nach dem und vor dem verstorben ist. Das Abkommen trat mit Austausch der Ratifikationsurkunden am in Kraft (BGBl. III 115/2009).

Artikel 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern lautet:
"(1) Unbewegliches Nachlassvermögen (einschließlich des Zubehörs), das in einem der Vertragsstaaten liegt, wird nur in diesem Staate besteuert.
(2) Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen, das in einem der Vertragsstaaten liegt, sowie Rechte, die durch Pfandrecht an einem solchen Vermögen gesichert sind oder die auf ihm lasten, werden nur in diesem Staate besteuert.
(3) Zum unbeweglichen Vermögen gehört auch das unbewegliche Betriebsvermögen.  Artikel 4: Für Nachlassvermögen, das in einem der Vertragsstaaten dem Betrieb eines gewerblichen Unternehmens dient, gilt Folgendes:
1. Hat das Unternehmen eine Betriebsstätte nur in einem der beiden Vertragsstaaten, so wird dieses Vermögen nur in diesem Staate besteuert.
2. Hat das Unternehmen Betriebsstätten in beiden Vertragsstaaten, so wird das Vermögen in jedem der beiden Staaten insoweit besteuert, als es der in diesem Staate liegenden Betriebsstätte dient
."

Auch wenn im gegenständlichen Fall die für die Anwendung von § 48 BAO notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt sind (der Erwerb wurde zwar in Deutschland versteuert, jedoch fiel keine Steuer an) steht fest, dass die Beseitigung der Doppelbesteuerung betreffend das deutsche Betriebsstättenvermögen (in Form einer durch eine österreichische Kommanditgesellschaft gehaltene deutsche Kommanditbeteiligung) auf Grund des DBA zu erfolgen hat. Nach der klaren Zuteilungsregel des DBA (Artikel 4) ist Betriebsstättenvermögen in jenem Land erbschaftssteuerpflichtig, in dem sich die Betriebsstätte befindet.

Die Beteiligung an gesellschaftlichen Unternehmungen mit Ausnahme einer Beteiligung in Form von Aktien, Kuxen, Anteilsscheinen und sonstigen Wertpapieren sowie mit Ausnahme von Anteilen an Genossenschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung gilt  gemäß Z 7 des Schlussprotokolls zum DBA als Vermögen im Sinne von Artikel 4 des Abkommens.

Gemäß Artikel 4 Z 2 DBA Erbst mit der Bundesrepublik Deutschland wird das Besteuerungsrecht am deutschen Betriebsstättenvermögen Deutschland zugeteilt. Die Erbschaftsteuer ist daher ohne Einbeziehung des anteiligen deutschen Betriebsstättenvermögens festzusetzen.

Fruchtgenusszahlungen:

§ 16 BewG in der für den Rechtsfall geltenden Fassung lautete:
"Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen.

(1) Der Wert von Renten und anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen bestimmt sich nach dem Lebensalter dieser Person.

(2) Z 12 Als Wert ist anzunehmen bei einem Alter von mehr als 80 Jahren das Einfache des Wertes der einjährigen Nutzung...

(5) Ist der gemeine Wert der gesamten Nutzung oder Leistungen nachweislich geringer oder höher als der Kapitalwert, der sich nach Abs. 2 ergibt, so ist der nachgewiesene gemeine Wert zugrundezulegen. Der Ansatz eines geringeren oder höheren Wertes kann jedoch nicht darauf gestützt werden, dass mit einer kürzeren oder längeren Lebensdauer zu rechnen ist als derjenigen, die den Vervielfachungszahlen des Abs. 2 zugrunde liegt."

Dieser Kapitalwert wurde aus der durchschnittlichen Lebenserwartung abgeleitet, wobei eine Verzinsung von 5,5% berücksichtigt wurde. Die in § 16 Abs. 2 BewG festgesetzten Vervielfacher sind bindende Durchschnittswerte, da nach § 16 Abs. 5 2. Satz (aF) der Ansatz eines abweichenden gemeinen Wertes ausgeschlossen ist.

§ 16 Abs. 3 BewG idF BGBL I 2003/71 lautet:
Hat eine Rente, wiederkehrende Nutzung oder Leistung sowie dauernde Last tatsächlich weniger als die Hälfte des nach Abs. 1 und 2 ermittelten Wertes betragen und beruht der Wegfall auf dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten, so ist die Festsetzung von nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach der wirklichen Höhe der Rente Nutzung, Leistung oder Last zu berichtigen. § 5 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend. Ist eine Last weggefallen, so bedarf die Berichtigung keines Antrages.

Diese Gesetzesbestimmung ist auf Berichtigungen von Renten, wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen sowie dauernden Lasten anzuwenden, die nach den Vorschriften des § 16 Abs. 1 und 2 idF BGBL. I Nr. 71/2003 bewertet wurden. Auf den vorliegenden Fall ist diese Rechtsvorschrift daher nicht anzuwenden.

Dem Beschwerdevorbringen, § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 5 BewG aF würden für den Fall, dass der gemeine Wert der gesamten Leistungen nachweislich geringer oder höher ist als der nach § 16 Abs. 1 BewG ermittelte Wert, vorsehen, dass der geringere oder höhere nachgewiesene Wert der Leistung zu Grunde zu legen sei, ist entgegenzuhalten, dass die den Vervielfachern zu Grunde gelegte Annahme einer bestimmten Lebenserwartung unwiderlegbar ist. Die Vervielfacher sind zwingend und zwar selbst dann, wenn am Bewertungsstichtag eine kürzere Lebenszeit zu erwarten ist oder nach dem Bewertungsstichtag etwa durch Tod eine Verkürzung der Lebenszeit gegenüber den Annahmen des Gesetzes sogar erwiesen ist ().

Nur dann, wenn die auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Leistungen, die mit Hilfe der Vervielfacher des § 16 Abs. 2 BewG (aF) kapitalisiert wurden, nicht eine im Gesetz vorgesehene Mindestdauer Bestand gehabt haben, wenn die Rente also vor Ablauf der im
§ 16 Abs. 3 BewG (aF) festgesetzten Zeiträume durch Tod des Berechtigten oder Verpflichteten erloschen ist, dann ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Abgaben nach der wirklichen Dauer der Leistungen zu berichtigen.

Im konkreten Fall war die Fruchtgenussberechtigte im Jahr 1999 (Tod des Erblasser) 85 Jahre alt, weshalb als Kapitalwert gemäß § 16 Abs. 2 Z 12 BewG das Einfache des ausbedungenen, durchschnittlichen jährlichen Gewinnes anzunehmen ist. Die Berechtigte  hat 11 Jahre - nämlich von 1999 bis zum Jahr 2009 - Fruchtgenusszahlungen im Gesamtbetrag von EUR 2.922.498,46 erhalten. Dies ergibt einen durchschnittlichen jährlichen 5%igen Gewinnanteil von EUR 265.681,67 (Gesamtbetrag der Fruchtgenusszahlungen dividiert durch 11). Dieser Betrag ist als Passivpost bei der Erbschaftssteuerfestsetzung zu berücksichtigen.

Die Erbschaftssteuer wird wie folgt berechnet:

steuerpflichtiger Erwerb laut Bescheid vom EUR in Höhe von EUR 2.770.005,52
abzüglich anteilige Beteiligung an dtBetriebsstättenvermögen iHv EUR 560.734,04
abzüglich Fruchtgenusszahlungen iHv EUR 100.373,07 (Differenz Kapitalwert von EUR 265.681,67 und dem vom Finanzamt unter betrieblichen Verbindlichkeiten anerkannten Wert iHv EUR 165.308,60) ergibt einen steuerpflichtigen Erwerb von nunmehr EUR 2.108.894,40. Davon gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (in der auf den konkreten Fall anzuwendenden Fassung) 13 % ergibt eine Erbschaftssteuer iHv EUR 274.156,27.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

                   

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100303.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at