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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.03.2019, RV/7500309/2019

Abweisung eines Antrages auf Unterbrechung des Strafvollzuges im Fall einer Ersatzfreiheitsstrafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Ri über die Beschwerde des VN NN, A1, Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände 7-9, 1090 Wien, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom , PAD-GZ, mit welchem dem Antrag auf Unterbrechung des Strafvollzuges der vom Magistrat der Stadt Wien zur Zahl MA67PA-GZ verhängten Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 54a Abs. 1 und 2 VStG nicht stattgegeben wurde, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der
angefochtene Bescheid bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Landespolizeidirektion Wien erließ am einen Bescheid, PAD-GZ, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) auf Unterbrechung des Strafvollzuges der vom Magistrat der Stadt Wien zur Zahl MA67PA-GZ verhängten Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden gemäß § 54a Abs. 1 und 2 VStG abgewiesen wurde.

Der Bescheid führte nach Anführung des Gesetzeswortlautes des § 54a Abs. 1 und 2 VStG wie folgt aus:

Sie haben ihren Antrag im Wesentlichen wie folgt begründet:

- Durch den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe wird ihnen die Nebenerwerbsmöglichkeit als Einzelunternehmer genommen.

- Der weitere Betriebsausfall bzw. das Nicht-Nachkommen“ von behördlichen Auflagen würde weitere Verwaltungsstrafen zur Folge haben.

- Beim Verkauf des Inventars ihrer KFZ-Werkstätte ist ihre Anwesenheit erforderlich.

- Aus gesundheitlichen Gründen ist der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe nicht möglich.

- Sie wurden für den als Zeuge im Verfahren zu *GZ* geladen.

- Angebot der Ratenzahlung.

Für die Abweisung des Antrages waren folgende Überlegungen ausschlaggebend:

In jenen Fällen, bei denen der Behörde Ermessensspielraum zukommt, muss der Grundsatz gelten, dass durch die Verbüßung der Freiheitsstrafe der klare Strafcharakter mit seiner spezialpräventiven Funktion hervorkommt. Dies hat zur Folge, dass zwar Härtefälle vermieden, aber nicht jede mögliche Begünstigung gewährt werden soll. Zur Antragsbegründung ist folgendes zu bemerken:

- Hinsichtlich des Vorbringens der mangelnden Haftfähigkeit wegen gesundheitlicher Gründe wird festgehalten, dass Sie in regelmäßigen Zeitabständen dem Amtsarzt vorgeführt werden, welcher ihre Haftfähigkeit überprüft.

- Bei dem Verkauf des Inventars ihrer KFZ-Werkstätte handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, bei welchem Sie sich durch Bevollmächtigung eines Dritten vertreten lassen können. Gleiches gilt sinngemäß für die Überprüfung und Abgabe sämtlicher Unterlagen bei der MA 21 sowie für den Termin mit der Wien Energie, bei welchem der Zähler der Werkstatt abgelesen werden soll. Gleiches gilt für die Erneuerung des Daches der Werkstätte.

- Hinsichtlich der von Ihnen vorgebrachten Zeugenladung für den wird festgehalten, dass der weitere Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe der Wahrnehmung dieses Termins nicht entgegensteht, da Sie durch Beamte des Anhaltezentrums ausgeführt werden können.

- Zu ihrem Vorbringen, wonach ihnen durch den weiteren Vollzug die Nebenerwerbsmöglichkeit als Einzelunternehmer genommen wird, wird festgehalten, dass Einkünfte von Netto € 600,-- derart gering sind, dass diese jedenfalls keinen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Diese Einkünfte liegen auch unterhalb des pfändbaren Existenzminimums. Bislang durchgeführte Gehaltspfändungen verliefen erfolglos.

- Eine angebotene Ratenzahlung ist im Stande der Haft (Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe) als irrelevant zu betrachten.

- Insgesamt kann dem Antrag kein „wichtiger Grund“ im Sinne des Gesetzes entnommen werden, der eine Stattgebung des Antrages angezeigt erschienen ließe.

Es war daher aus all diesen Gründen kein Umstand für eine vorzeitige Haftunterbrechung seitens der Behörde zu erkennen und sohin spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid hat der Bf. einen (gesetzlich nicht vorgesehenen) "Einspruch" erhoben, welcher als zulässige Beschwerde anzusehen ist. Begründend führte der Bf. aus, der Verkauf des Inventars sei zwar ein Rechtsgeschäft, könne jedoch bei spezifischen Anlagen nicht durch unerfahrenes Personal durchgeführt werden. Auch die Organisation (Abbau, Verladung, Abtransport usw.), müsse um etwaige Schäden an Geräten, Maschinen und Mauerwerke (zu ergänzen offenbar "zu vermeiden") durch qualifiziertes Personal beaufsichtigt und durchgeführt werden. Der Bf. könne es sich nicht leisten, zusätzliches Personal für die gesamte Organisation (von Verkauf bis zum Abtransport) insbesondere Aufsicht aufzubringen. Das gleiche gelte für die Einholung von Genehmigungen, da es sich um gewerberechtliche Angelegenheiten handle. Der Bf. verfüge über Büroaushilfskräfte, welche mit der Materie (Führen eines Unternehmens) nicht vertraut seien und daher auch nicht auf sämtliche Unterlagen zugreifen könnten. Das Abgeben sei natürlich durch Dritte machbar. Änderungen an Gebäuden oder Betriebsanlagengenehmigungen oblägen dem Inhaber, denn nur dieser kenne den Betrieb bzw. wie dieser aufgestellt sei. Dazu müssten auch Pläne entworfen bzw. abgeändert werden (Bauherr). Es sei umfangreicher als es sich möglicherweise anhöre oder lese. Die in einer Ergänzung angeführten Einkünfte als Einzelunternehmer von 600,00 Euro bis 1.100,00 Euro seien netto zu verstehen, also abzüglich etwaiger Kosten. Das bedeute, dass die Einkünfte des Bf. weitaus darüber lägen. Seine Gesamteinkünfte lägen daher deutlich über dem pfändbaren Existenzminimum. Die bisherigen Gehaltspfändungen seien nur deshalb erfolglos verlaufen, weil es sich um Pfändungen gehandelt habe, welche an den Dienstgeber des Bf. gerichtet gewesen seien, da er aufgrund seiner Suspendierung bzw. Krankenstandes ein derzeit geringeres Einkommen habe und keine Gläubigerbevorzugung machen dürfe. Dass er in der Lage sei, Zahlungen zu tätigen, habe er durch die Reduzierung der Strafen bewiesen. In der Folge beschwerte sich der Bf. über die Behandlung durch die Amtsärztin und erklärte u.a., als Rheumapatient sei es wichtig, die richtige Langzeittherapie durchzuführen, da sich ein so genannter "Spiegel" aufbauen müsse. Seine Erkrankung sei bekannt und sei auch der Grund seines langen Krankenstandes um die Therapien (notwendigen) durchzuführen. Er werde einen Antrag auf Frühpension stellen, da momentan keine Besserung in Aussicht stehe. Zuletzt merkte der Bf. an, dass er für vier Kinder unterhaltspflichtig sei, und diese Tatsache nicht im Bescheid berücksichtigt worden sei. Ohne zusätzliches Einkommen oder die volle Dienstfähigkeit mit Aussicht auf Überstunden oder Journaldienste seien seine Kinder in finanzieller Hinsicht gefährdet. Es gebe keine Großeltern oder sonstigen Verwandten, auf die sie sich stützen könnten. Hinsichtlich ausstehender disziplinarrechtlicher und dienstrechtlicher Angelegenheiten benötigten diese eine Vorbereitung und Beweisaufnahmen, welche der Bf. ebenfalls nicht an Dritte weitergeben könne. Er könne auch nicht "sämtliche Unterlagen mit in den Strafvollzug mitnehmen". Abschließend erwähnte der Bf. noch, dass die "Aktenzahl AZZZ" bezahlt worden sei.

Die Lebensgefährtin des Bf. wandte sich an die MA 6 BA 32 und erklärte, sie wolle im Namen des Bf. Beschwerde gegen den Bescheid vom einreichen. Diese E-Mail vom wurde vom Magistrat am an die Polizei weitergeleitet und dem Bundesfinanzgericht am , also nach Ablauf der Zeit zur Kenntnis gebracht, für welche die Haftstrafe angesetzt war, für die der Bf. die Haftunterbrechung beantragt hat.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 54a VStG gilt Folgendes:

"Aufschub und Unterbrechung des Strafvollzuges  

(1) Auf Antrag des Bestraften kann aus wichtigem Grund der Strafvollzug aufgeschoben werden, insbesondere wenn  

1. durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe die Erwerbsmöglichkeit des Bestraften oder der notwendige Unterhalt der ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gefährdet würde oder 

2. dringende Angelegenheiten, die Angehörige (§ 36a AVG) betreffen, zu ordnen sind.  

(2) Auf Antrag des Bestraften kann aus wichtigem Grund (Abs. 1) auch die Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe bewilligt werden. Die Zeit der Unterbrechung des Strafvollzuges ist nicht in die Strafzeit einzurechnen."

In § 54a Abs. 1 VStG sind jene wichtigen Gründe, aus welchen der Strafvollzug nach
dieser Gesetzesstelle aufgeschoben werden kann, mit dem Wort "insbesondere" nur
beispielsweise angeführt. Beispielsweise führt das Gesetz in den Z 1 und 2 Umstände
an, welche die persönliche Lebensführung des Bestraften betreffen. Auf Grund eines
Antrages gemäß § 54a Abs. 1 VStG soll daher vor allem vermieden werden, dass durch
die Wahl des Zeitpunktes der Vollstreckung der Freiheitsstrafe auf unbillige Weise in
die persönliche Lebensführung des Bestraften eingegriffen wird. Die Erläuterungen zur
Regierungsvorlage der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, mit welcher die geltende
Fassung des § 54a Abs. 1 VStG erlassen wurde, verweisen darauf, dass mit dieser
Bestimmung "den Grundsätzen des Strafvollzugsgesetzes (vgl. §§ 6 und 99 StVG)" gefolgt werde (vgl. ErläutRV 133 BlgNR, XVII. GP, 14; ).

Die für einen Aufschub oder eine Unterbrechung geltend gemachten wichtigen Gründe
müssen im Antrag ausreichend konkret dargelegt werden (Walter/Thienel II² § 54a Anm. 8; ).

Hinsichtlich der Gewährung eines Aufschubes oder einer Unterbrechung der Strafvollstreckung nach § 54a Abs. 1 und 2 VStG ist Ermessen zu üben (arg: "kann"; vgl. Thienel/Schulev-Steindl5 539 sowie VwSlg 10.644 A/1982; kein Rechtsanspruch des Bestraften), wobei die vom Antragsteller geltend gemachten wichtigen Gründe gegen die Strafzwecke abzuwägen sind; durch den Aufschub oder die Unterbrechung des Vollzuges darf der Zweck der Freiheitsstrafe nicht vereitelt werden (Kronister in N. Raschauer/ Wessely § 54a Rz 1).

Der Vollzug, für welchen der Bf. eine Unterbrechung beantragt hat, betraf eine zur Zahl MA67PA-GZ verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden für eine nicht bezahlte Geldstrafe von 177,00 Euro.

Der Bf. ist als Selbststeller bei der Polizei erschienen, die Strafe wurde am um 3:30 Uhr angetreten. Das Strafende war mit , 15:30 Uhr festgesetzt.

Das Vorbringen in der Beschwerde ist allgemein gehalten und enthält weder eine Konkretisierung hinsichtlich des behaupteten Anlagenverkaufes, der vom Bf. wahrzunehmenden Verpflichtungen noch hinsichtlich der durch die Inhaftierung unterbrochenen Therapie oder hinsichtlich der Sorgepflichten des Bf.. Insbesondere wurden weder Daten noch Namen angeführt. Eine Abgrenzung zwischen dem Vorbringen betreffend die beantragte Haftunterbrechung, welche dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegt und dem beantragten Haftaufschub, über welchen das Magistrat entscheidet, ist nicht erfolgt.

Darüber hinaus wurden die behaupteten Tatsachen durch keine entsprechenden Unterlagen belegt. Sie waren auch nicht offenkundig. Insbesondere ist nicht erkennbar, welche Nachteile durch den Vollzug der Haft für die Stunden ab Stellung des Antrages auf Haftunterbrechung am bis 15:30 Uhr drohten. Der Bf. hat nicht einmal konkret behauptet, dass bestimmte unaufschiebbare Angelegenheiten an genau diesem Tag zu regeln gewesen wären. Er war sich dessen bewusst, dass er eine Haftstrafe antreten musste und hat sich bei der Vollzugsanstalt selbst gestellt. Er hätte also Grund gehabt, entsprechende Unterlagen, die seine Behauptungen objektiv belegen, zum Haftantritt mitzunehmen. Medikamente hätte er entweder mitnehmen oder sich durch die Lebens-gefährtin bringen lassen können, zumal bei einer Dauermedikation üblicherweise ein entsprechender Vorrat vorhanden ist. Er hätte auch dafür Vorsorge treffen müssen, die Befunde, welche die Notwendigkeit einer bestimmten Medikation belegen, zum Haftantritt vorweisen zu können.

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der im Rahmen des gebotenen Ermessens zu einer Haftunterbrechung führen kann, wurde daher weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Die Behauptung, die "Aktenzahl AZZZ" sei bezahlt worden, ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar, weil kein Zahlungsbeleg vorgelegt wurde. Es ist auch unklar, wann diese Zahlung allenfalls erfolgte. Sollte die Zahlung der Landespolizeidirektion Wien nachgewiesen werden, steht dies dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe entgegen. Ein Aufschub des Vollzuges ist dann nicht notwendig.

Der Beschwerde konnte daher keine Folge gegeben werden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung, da im Einzelfall zu entscheiden war, ob eine Unterbrechung des Strafvollzuges gerechtfertigt ist. 

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs. 1 VwGG die Unzulässigkeit der Revision für die belangte Behörde gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen. 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 54 lit. a VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Schlagworte
Unterbrechung des Strafvollzuges
Ersatzfreiheitsstrafe
Parkometerstrafe
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500309.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at