Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2019, RV/7101000/2016

Überlassung von "Pressefahrzeugen" durch Fahrzeughändler - tauschähnlicher Umsatz

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101000/2016-RS1
Gewollte und erwartbare Gegenleistungen bewirken auch dann einen Leistungsaustausch, wenn seitens des leistenden Unternehmers kein Rechtsanspruch darauf besteht und die Gegenleistungen vom Leistungsempfänger freiwillig erbracht werden. Es liegt in derartigen Fällen ein Tausch oder tauschähnlicher Umsatz vor. Die für den Leistungsaustausch vorausgesetzte Zweckgerichtetheit des Handelns fehlt nur dann, wenn der leistende Unternehmer keinen ernstgemeinten und sich aus den Umständen ergebenden Willen hat, für seine Leistung kein Entgelt zu nehmen. Er muss diesfalls dem Leistungsempfänger gegenüber erkennbar die Möglichkeit der Entgegennahme einer Gegenleistung ausgeschlossen haben (BFH , BStBL II 1981, 495).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft als Vorsitzende und die weiteren Senatsmitglieder Richter Mag. Gerald Heindl, sowie die Laienbeisitzer Mag. Michael Schiller und Karl Stubenvoll in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Steuer & Service Steuerberatungs GmbH, Wipplingerstr 24, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Wiederaufnahme Umsatzsteuer und Umsatzsteuer 2009 bis 2013 in der Sitzung am  nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin SF zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Bf., (Beschwerdeführerin, Bf.) ist Organträger einer unstrittig bestehenden umsatzsteuerlichen Organschaft, welcher die Firma (nunmehr Firma-neu, Firma) als Organgesellschaft angehört.

Die Bf. wurde beginnend mit dem Jahr 2013 eine Außenprüfung (Bp.) bzw. Nachschau betreffend die Jahre 2009 bis 2013 unterzogen. Mit den angefochtenen Bescheiden nahm die belangte Behörde (FA) die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2013 wieder auf und erließ geänderte Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2013.

Im Bericht vom wird unter anderen - nicht bekämpften Feststellungen - betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2013 begründend ausgeführt, dass die von der Bf. als "Pressefahrzeuge" verwendeten Fahrzeuge entsprechend der Judikatur der Umsatzsteuer zu unterziehen seien. 

Daraus ergaben sich folgende Änderungen der Bemessungsgrundlagen bzw. der Umsatzsteuer:


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Jahr
BMG
USt
2009
96.956,30
 19.391,26
2010
  83.921,61
 16.784,32
2011
79.336,77
15.867,35
2012
72.475,29
14.495,06
2013
94.329,59
18.865,92
Summe
 
85.403,91

Zur Begründung der Wiederaufnahme Umsatzsteuer für 2009-2013 verweist die Bp. darauf, dass die Qualifizierung und die Verwendung von sogenannten Vorführfahrzeugen für Pressezwecke den Neuerungstatbestand erfülle und somit ein entscheidungswesentliches Sachverhaltselement sei.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde von wird zur Frage der Umsatzsteuerpflicht der zur Verfügung gestellten "Pressefahrzeuge" für Journalisten im Wesentlichen eingewendet, dass der Zurverfügungstellung der Fahrzeuge keine Gegenleistung der betroffenen Journalisten gegenüberstünde. Es fehle somit an der für die Steuerpflicht unerlässlichen inneren Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung und somit an einer Entgeltlichkeit. Die Fahrzeuge würden den Journalisten durchwegs für einen kurzen Zeitraum von ca. 15 Tagen zur Verfügung gestellt. Aus den vorgelegten Vereinbarungen sei ersichtlich, dass die Bf.. mangels eines eigenständigen Werbewert aus der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Fahrzeuge keinerlei Gegenleistung erwartet habe und habe erwarten könne. Die Erstellung eines journalistischen Beitrags in Form eines Testberichts sei völlig unabhängig davon, ob ein Pressefahrzeug zu Testzwecken zur Verfügung gestellt werde oder nicht. Würde ein Fahrzeug entgegen den üblichen Branchen-Usancen nicht zur Verfügung gestellt, würde ein Journalist - wie jeder andere Konsument im Übrigen auch - auf ein "reguläres" Vorführfahrzeug zurückgreifen. Die von der Bp. angenommene Entgeltlichkeit wäre zudem mit den berufsethischen Prinzipien von Journalisten unvereinbar, würde diese doch eine unzulässige Einflussnahme im Sinne des Punktes 4. des Ehrenkodex für die österreichische Presse darstellen.
Wenn der Unabhängige Finanzsenat (UFS) in seiner von der Bp. zitierten Entscheidung vom , RV/1766-W/10 darauf hinweist, dass es auch ohne zweiseitiges Verpflichtungsgeschäft zum Leistungsaustausch kommen könne, wenn die Gegenleistung freiwillig erbracht werde unter kein Rechtsanspruch auf diese bestehe, so sei dennoch ein finales Element im eingangs erwähnten Sinn erforderlich um von einem Leistungsaustausch ausgehen zu können. Wenn ein Testbericht ohnehin verfasst würde, da die Leserschaft einer Tageszeitung mit Aktualitätsbezug einen solchen erwarten können, sei innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung überhaupt nicht erkennbar. Der Journalist erbringe infolge der Verfassung eines Testberichts zwar wohl eine Gegenleistung, diese allerdings an die Leserschaft und nicht an die Bf. Für die Annahme des Leistungsaustausches bedürfe es jedoch des „gegenseitigen" Austausches von Leistungen.

Die von der Bf. unentgeltlich erbrachten Leistungen, nämlich die Zurverfügungstellung von Fahrzeugen für einen kurzen Zeitraum zu Testzwecken, ähnlich einem Vorführfahrzeug, würden sich im Kern nicht von einer sonstigen Zurverfügungstellung von Fahrzeugen und potentielle Kunden unterscheiden. Es liege demgemäß kein allgemein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch und im speziellen kein tauschähnlicher Umsatz im Sinne des § 3a Abs. 2 UStG vor.

Die Beschwerde wurde antragsgemäß ohne Erlassung der Beschwerde Vorentscheidung an das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vom wiederholte die Bf. ihre Darstellungen in der Beschwerde und ergänzte, dass die Bf. ein bereits seit langer Zeit am Markt eingeführter Fahrzeughändler wäre. Die von der Bp. angezogene Entscheidung verweise ausdrücklich darauf, dass es sich bei dem dort entscheidungswesentlichen Sachverhalt um ein Unternehmen gehandelt habe, dass eine neue Fahrzeugmarke am österreichischen Markt habe einführen wollen und daher umfangreiche Werbe- und Marketingmaßnahmen erforderlich gewesen wären. Der Sachverhalt sei daher nicht mit dem hier strittigen vergleichbar.

Die belangte Behörde verwies ergänzend darauf, dass in der genannten Entscheidung des UFS zu den "Pressefahrzeugen" nicht auf die Dauer der Zurverfügungstellung an die Journalisten zu Testzwecken abgestellt sei.

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die Bf. bzw. ihre Organgesellschaft verlieh Fahrzeuge zu Testzwecken für einen Zeitraum von idR 15 Tagen ausschließlich an Journalisten. Während der Verleihzeit übernahm die Bf.. sämtliche mit dem Fahrzeug verbundenen Kosten (einschließlich Treibstoff und allfällige Reparaturkosten). Die Journalisten bzw. deren Zielmedium entrichteten für die Nutzung der Fahrzeuge kein gesondertes Entgelt. Die Bf. trug auch die aus der Nutzung resultierende Wertminderungen der Fahrzeuge.

Der Mietvertrag (vorgelegt von der Bf.) lautet auszugsweise wie folgt:

1. Die Firma Bf. ....verleiht an....zu Testzweckenfür (Name des Mediums) das ihr zugehörige, zugelassene, nachstehend beschriebene Fahrzeug.....
.
.
.
8. Dem Entlehner werden für seine Testtätigkeiten folgende Auslagen ersetzt
a) die zur Abholung sowie abschließenden Rückstellung des Leihfahrzeuges an den vereinbarten Übergabeort entstehenden Kosten einer Bahnfahrt, Schnellzug 1.Klasse bzw. im städtischen Bereich die Taxikosten.
b) die während der vereinbarten Leihdauer für Kraftstoff, eventuell anfallende Wartungskosten, Reparaturen usw. ausgelegten Barbeträge für die Auslagen müssen Belege vorgelegt werden, die den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften (Angabe, welchen Mehrwertsteuersätzen die Beträge unterliegen) entsprechen. Aufwendungen ohne Belege und Belege, die umsatzsteuerrechtlicher Sicht unvollständig sind, können nicht ersetzt werden.

Schon aus der Formulierung des Leihvertrages ist eine Gegenleistung - nämlich Testtätigkeit - eindeutig ersichtlich. Die Überlassung erfolgt daher zweckgebunden.

Eine Verleihung von Fahrzeugen zu "Testzwecken" findet laut den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen wie oben erwähnt nur an Journalisten statt. Übliche Kaufinteressenten können keine Vorführfahrzeuge für einen derart langen Zeitraum "testen".

Bei der gerichtsbekannten, branchenüblichen Verleihung von Vorführfahrzeugen für Probefahrten an (ernstliche) Kaufinteressenten umfassen die Verleihzeiten regelmäßig wenige Stunden bis maximal 3 Tage (verlängertes Wochenende). Sollten während dieser Ausleihungen Auffüllungen des Tanks erforderlich sein, tragen die Ausleiher (Kunden) - anders als im vorliegenden Fall - die Treibstoffkosten selbst. Ebenso tragen die Ausleiher im Fall von herkömmlichen Probefahrten die Kosten für An- und Abreise zum Übernahme- bzw Rückgabeort selbst. Die Kundenausleihung für Probefahrten sind daher, anders als die Bf.. vermeint, mit dem hier strittigen Sachverhalt nicht vergleichbar.

Die Verleihung zu Probefahrten an potentielle Käufer ist von der wirtschaftlichen Intention eines erwarteten/erhofften nachfolgenden Verkaufs an den ausleihenden Kunden getragen. Ausleihungen zu Probefahrzwecken an Kunden bei welchen von vorherein anzunehmen ist, dass sie kein Fahrzeug erwerben wollen, können daher nach den Erfahrungen des Wirtschaftslebens wohl ausgeschlossen werden.

Dass die ausleihenden Journalisten Kaufinteressenten gewesen wären, wird von der Bf. gar nicht behauptet und lässt sich aus dem Akteninhalt nicht entnehmen. Auch ist weder behauptet noch ersichtlich, dass auch nur einer der Journalisten nach der "Ausleihung zu Testzwecken" das getestete oder ein vergleichbares Fahrzeug erworben hätte. Hätte auch nur einer der betroffenen Journalisten einen entsprechenden Ankauf getätigt, hätte die Bf.. dies angesichts der durch die Bp. aufgeworfenen Frage der Behandlung der Ausleihungen wohl zur Stützung der eigenen Argumentation vorgebracht. Die Intention der Ausleihung an die Journalisten zu Testzwecken seitens der Bf. kann daher nicht der erhoffte Ankauf durch die Ausleiher sein. Auch darin unterscheidet sich das streitgegenständliche Leihverhältnis von herkömmlichen Probefahrten.

Eben der von der Bf. angezogene Ehrenkodex der Journalisten ist ein Argument für die erwartete Gegenleistung in Form eines den tatsächlichen Testerfahrungen des Journalisten entsprechenden Testberichts. Die testweise Überlassung eines Fahrzeuges unter Übernahme sämtlicher anfallenden Kosten an einen Journalisten ohne nachfolgende Reportage/Testbericht wäre eine den gängigen Compliance-Bestimmungen zuwiderlaufende Vorteilszuwendung. Die Bf. konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass der vertragsgegenständliche Fahrzeugtest in der Regel eine entsprechende Reaktion (veröffentlichte Testbericht, Reportage oÄ) des Journalisten auslösen würde.

Der Umstand, dass die streitgegenständlichen Testverleihungen nur und ausschließlich an Journalisten - also Personen mit Presseausweis - erfolgten zeigt deutlich, dass die Bf.. die Erwähnung in den jeweiligen Medien erhoffte/erwartete und für die Erfüllung dieser Erwartung bereit war sämtliche Kosten (samt An- und Abreise) zu übernehmen. Der Umstand, dass die Erwartungshaltung im Vertrag nicht ausdrücklich niedergelegt wurde ändert daran nichts. Für eine intendierte Schenkung (kostenlose Überlassung) an eine bestimmte Berufsgruppe findet sich kein Hinweis im Vorbringen der Bf.. Da Kaufleute einander nichts zu schenken pflegen, ist eine derartige Schenkung (gewollte einseitige Vorteilszuwendung) im Wirtschaftsleben nicht denkbar.

Die Ausführungen, dass falls die Zurverfügungstellung zu Testzwecken für 15 Tage nicht erfolgte wäre, der Journalist - wie andere Personen auch - ein Vorführfahrzeug verwenden würde vermag dabei nicht zu überzeugen. Diesfalls müsste der Journalist als Kaufinteressent auftreten, könnten dann aber lediglich kurzzeitige Probefahrten absolvieren. Ob diese für einen objektivierten Testbericht ausreichen bleibt dahingestellt  und könnte der Bf. allenfalls zum Nachteil gereichen.

Das Handeln der Bf. als Unternehmer am Markt ist unstrittig gewinnorientiert. In einem inhaltlich vergleichbaren Fall führt der UFS in seiner Berufungsentscheidung vom , RV/1766-W/10 im Rahmen der Beweiswürdigung zutreffend aus, dass n ach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass ein Unternehmer seine Leistungen grundsätzlich nicht gratis erbringt. Selbst wenn der Leistung nicht ein unmittelbares Entgelt gegenübersteht, ist davon auszugehen, dass das Handeln des Unternehmers auf einen Vorteil für sein Unternehmen gerichtet ist. Sollten die Berichte in den Medien für die Bf. wertlos sein und lediglich die Presse einen Nutzen daraus ziehen, so müßte unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes von der Presse zumindest eine Abgeltung der Kosten, die der Bf. für die Überlassung der Fahrzeuge entstehen, verlangt werden. Da eine derartige Abgeltung nicht erfolgt, ist daher davon auszugehen, dass die Presseberichte den geschäftlichen Vorteilsausgleich darstellen.

Unstrittig ist im gegenständlichen Fall auch, dass die Bf., obwohl sie eine am österreichischen Markt eingeführte Automarke vertreibt, umfangreiche Werbe- und Marketingmaßnahmen setzt. Auch diese Automarke bringt regelmäßig neue oder verbesserte Modelle auf den Markt, deren Platzierung am Absatzmarkt durch die Bf. mittels umfangreicher Marketingmaßnahmen erfolgt. Daher besteht auch bei einer eingeführten Marke großes Interesse an Medienpräsenz und Veröffentlichung von Testberichten.

Festgestellt wird, dass eine Vermietung von 15 Tagen an Endkunden oder andere Berufsgruppen als Journalisten weder behauptet noch festgestellt werden konnte.

Zusammengefasst lässt sich daher erkennen, dass die unentgeltliche Überlassung von Vorführfahrzeugen zur Probefahrten Kaufinteressenten in der wirtschaftlich begründeten Erwartung eines Ausgangsumsatzes erfolgte. Die Vermietung an Journalisten erfolgte in Erwartung der Veröffentlichung von Testberichten und damit einer Gegenleistung.

Des BFG geht daher davon aus, dass die streitgegenständliche Überlassung von Fahrzeugen zu Testzwecken ausschließlich an Personen mit Presseausweis - Journalisten - nur deshalb erfolgte, weil die Bf.. davon ausging, dass eine Gegenleistung in Form eines Testberichtes oder andere Erwähnungen in den Medien erfolgen würde und damit ein Werbeeffekt für die getesteten Fahrzeuge bewirken sollte.

Zur Höhe der von der Bf. im Rahmen der Zurverfügungstellung der Testfahrzeuge übernommenen Aufwendungen wird auf die Berechnungen der Bp. verwiesen. Die Beträge sind unstrittig und umfassen anteilige Abnutzung, Treibstoffkosten und andere Betriebskosten sowie die Kosten der An- und Abreise zum Übergabeort.


Gemäß Art. 2 (1) lit. a der RL 2006/112/EG unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 der entsprechenden nationalen Regelung unterliegen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.

Die Umsatzsteuerpflicht setzt einen Leistungsaustausch zwischen bestimmten Personen, also eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Das Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist die einzelne Leistung (). Ob die Gegenleistung auf einem Vertrag oder einem einseitigen Rechtsgeschäft beruht oder ohne rechtsgeschäftliche Grundlage erbracht wird, ist gleichgültig. In Fällen, in denen ein Leistungsaustausch nicht unmittelbar erkennbar ist (wie z.B. bei Schenkungen, Subventionen, Spenden) ist zu prüfen, ob die Zuwendungen nicht doch in Wechselbeziehung zu einer Gegenleistung stehen (; , 2011/03/0027).

Ob eine bestimmte Leistung gegen Entgelt vorliegt, ist eine Sachfrage ().

Gegenleistung und damit Entgelt ist das, was vom Leistenden gefordert oder erwartet wird, Leistung und Gegenleistung brauchen sich nicht gleichwertig gegenüberstehen. Die Erwartung des leistenden Unternehmers kann von vornherein auf eine seiner Leistung ungleichwertige Gegenleistung (zB nur teilweise Aufwandsentschädigung) gerichtet sein. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nicht von Bedeutung ist, ob der Wert der Leistung dem Wert der Gegenleistung entspricht ( ). Entscheidend ist nur, dass mit der Leistung die Erwartung auf eine Gegenleistung verbunden ist. Der Annahme eines Leistungsaustausches steht nicht entgegen, dass sich die Entgeltserwartung nicht erfüllt.

Ein unternehmerisch agierender Anbieter wird im Allgemeinen keinen Grund haben, Dienste/Leistungen ohne Gegenleistung anzubieten, wenn er sich dafür nicht einen anderen, wirtschaftlich verwertbaren Vorteil verspricht. (Ruppe/Achatz UStG Kommentar  § 1 Rz 68/1 bezogen auf digitale Gratis-Dienstleistungen).

Zwischen Leistung und Gegenleistung muss eine innere Verknüpfung gegeben sein. Es ist erforderlich, dass sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte oder erwartbare Gegenleistung auslöst, sodass schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind (Kolacny/Caganek, UStG, § 1 Anm 5).

Auch ohne zweiseitiges Verpflichtungsgeschäft kann es zum Leistungsaustausch kommen. Die Gegenleistung braucht nicht vereinbart worden sein. Auch wenn die Gegenleistung freiwillig erbracht wird oder kein Rechtsanspruch besteht, liegt Leistungsaustausch vor (Kolacny/Caganek, UStG § 1 Anm 6).

Ein Leistungsaustausch kann schließlich außerhalb vertraglicher oder gesetzlicher Austauschbeziehungen zustande kommen. Die innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung kann auch rein faktischer Natur sein (Ruppe/Achatz, UStG, § 1 Tz 63).

Die für den Leistungsaustausch vorausgesetzte Zweckgerichtetheit des Handels fehlt aber dann, wenn der leistende Unternehmer den ernstgemeinten und den sich aus den Umständen ergebenden Willen hat, für seine Leistung kein Entgelt zu nehmen. Er muss dem Leistungsempfänger gegenüber erkennbar die Möglichkeit der Entgegennahme einer Gegenleistung ausgeschlossen haben (BFH vom , BStBl II 1981, 495, Grundsatzurteil zum Leistungsaustausch, zitiert bei Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, § 46 Rz 454). Eine Gegenleistungsausschluß ist im vorliegenden Sachverhalt nicht erkennbar und wird auch nicht behauptet.

Gemäß § 3a Abs. 2 UStG 1994 liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht. Bei Dienstleistungen umfasst nach Art. 73 MwSt-RL 2006/112/EG die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Dienstleistungsempfänger erhält oder erhalten soll.

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 der nationalen Regelung ist Entgelt alles, was der Empfänger einer sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme). Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung gehört zum Entgelt auch, was der Empfänger einer sonstigen Leistung freiwillig aufwendet, um die sonstige Leistung zu erhalten.

Beim Tausch und bei tauschähnlichen Umsätzen gilt nach § 4 Abs. 6 UStG 1994 der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz.

Wenngleich Bemessungsgrundlage beim tauschähnlichen Umsatz sowohl nach dem UStG als auch nach der MwSt-RL 2006/112/EG der Wert der Gegenleistung ist, muss dieser Wert in richtlinienkonformer Auslegung – wenn er nicht aus einem Geldbetrag besteht – derjenige subjektive Wert sein, den der Empfänger der Dienstleistung (hier: der Fahrzeughändler) den Dienstleistungen (hier: Testberichte in Medien) beimisst, die er sich verschaffen will, und dem Betrag entsprechen, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist ( , Rs Empire Stores, sowie , Bertelsmann; BFH , XI R 56/06, Rz. 33; ). Das sind alle für die Überlassung des Fahrzeuges dem Fahrzeughändler erwachsenden Kosten, einschließlich AfA-Anteil (Scheiner/Kolacny/Caganek Mehrwertsteuer-Kommentar, § 12 Rz 330/7).

Bezogen auf den Streitfall ist ersichtlich, dass die Verleihung der Fahrzeuge an Journalisten in Erwartung der Gegenleistung - nämlich Veröffentlichung von Testberichten in Medien - erfolgte, welche allenfalls ausblieb. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist jedoch erkennbar, die Verleihung nur zum Zweck der erhofften Gegenleistung erfolgte woraus sich die innere Verknüpfung das dem Leistungsaustausch innewohnende finale Element erkennen lässt.

Die Bf. erbrachte durch das vorübergehende Überlassen der Fahrzeuge an diverse Journalisten eine sonstige Leistung. Dieser Leistung der Bf. stand eine Leistung der Journalisten in Form von Berichten und Artikeln in den diversen Zeitschriften gegenüber. Zwischen diesen beiden Leistungen bestand ein innerer Zusammenhang, weil die Überlassung der Fahrzeuge durch die Bf. die erwartbare und gewollte Gegenleistung in Form von Berichten und Artikeln über die Fahrzeuge der Bf. auslöste. Da die Berichte dem wirtschaftlichen Interesse (Marketing) der Bf. dienten, erfolgte die Überlassung der Fahrzeuge zu Testzwecken auch im Rahmen des Unternehmens.

Dass die Bf. die Artikel ihrem Inhalt nach nicht bestellen konnte, sondern diese seitens der Presse allenfalls freiwillig verfasst wurden, ist für die Bejahung eines Leistungsaustausches und eines inneren Zusammenhanges für die beiden Leistungen nicht maßgeblich, weil auch eine innere Verknüpfung rein faktischer Natur ausreicht. Die Überlassung der Fahrzeuge löst die erwartbare und auch von der Bf. gewollte Gegenleistung, nämlich die Darstellung und Beschreibung der Fahrzeuge der Bf. in diversen Medien, aus. Eines Rechtsanspruches der Bf.. auf die erwartbare Gegenleistung bedarf es zur Bejahung des Leistungsaustausches nicht, weil auch freiwillige Leistungen einen Leistungsaustausch begründen können.

Da der Leistung der Bf. eine Leistung der Journalisten/Presse gegenübersteht, welche im Rahmen des Unternehmens erfolgt und die mit der Überlassung der Fahrzeuge erwirkten Artikel die Gegenleistung darstellen, stellen diese das Entgelt für die Leistung der Bf. dar. Die Bf. verwirklichte damit einen steuerbaren tauschähnlichen Umsatz.

Zur Bemessung und Bewertung des Entgelts ist nach der gesetzlichen Definition darauf abzustellen, was die Bf. aufwenden musste, um diese Leistung zu erhalten. Dies umfasst alle Aufwendungen, die die Bf. zu tragen hatte, um die Gegenleistung zu erhalten. Dazu gehört die Wertminderung der Fahrzeuge, die übernommen Betriebs- und Treibstoffkosten sowie die Kosten der An- und Abreise der testenden Personen. Ob die Summe der übernommen Aufwendungen dem Wert der erhaltenen Gegenleistung in Form der veröffentlichten Artikel entspricht, ist nicht maßgeblich.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit ersichtlich, besteht zur Frage der Behandlung der Überlassung von Dienstleistungen in Erwartung einer Gegenleistung keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, weshalb eine Revision zuzulassen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise







BFH , XI R 56/06

BFH , BStBl II 1981, 495
Zitiert/besprochen in
Spilker in SWK 16/2019, 731
Fuchs in AFS 2019/3, 94
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101000.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at