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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2019, RV/1100136/2017

Besteuerung einer als Einmalbetrag ausbezahlten Freizügigkeitsleistung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/15/0080. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100283/2020 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache XY, vertreten durch die G & B Steuerberatungs GmbH, Bauern 17, 6844 Altach, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2015 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer hat im Streitjahr neben laufenden Pensionsbezügen eine von der C Freizügigkeitsstiftung ausbezahlte Freizügigkeitsleistung bezogen.

2. Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom hat das Finanzamt die Freizügigkeitsleistung zur Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfasst.

3. In der dagegen erhobenen Beschwerde hat die steuerliche Vertretung im Wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdeführer habe bei der C Freizügigkeitsstiftung im Dezember 2015 die Auszahlung der auf einem Sperrkonto deponierten Freizügigkeitsleistung angefordert. Er sei von 1975 bis 1997 bei der Z AG tätig gewesen. Im Jahr 1997 habe die Arbeitgeberin ihren Betrieb in der Schweiz eingestellt und alle Dienstnehmer gekündigt. So auch den Beschwerdeführer. Das im Zuge der Tätigkeit bei der Z AG angesammelte Pensionsguthaben aus der zweiten Säule sei damals auf ein Sperrkonto bei der C Freizügigkeitsstiftung übertragen worden. Dieses Guthaben sei bis zum Pensionsantritt auf dem Sperrkonto verblieben. Der Beschwerdeführer habe daher keine Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer laufenden Rente gehabt. Nach der Beendigung der Tätigkeit bei der Z AG sei er arbeitslos gewesen. In der Folge habe er wieder eine Tätigkeit als Grenzgänger in der Schweiz aufgenommen und bei der Vorsorgeeinrichtung der neuen Arbeitgeberin wiederum einen Pensionsanspruch aus der zweiten Säule erworben. Diesbezüglich habe er eine Auszahlung in Rentenform gewählt. Die in Rede stehende Auszahlung betreffe ausschließlich das Freizügigkeitskonto bei der C Freizügigkeitsstiftung. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer keine Wahlmöglichkeit ("obligatio alternativa") gehabt und stehe die Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 im Hinblick auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0258, und vom , 2005/15/0010, daher zu.

4. Das Finanzamt hat die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/15/0026, und vom , 2009/15/0188, zusammengefasst ausgeführt, dass eine Abfindung des Pensionsanspruches im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht vorliege, wenn der Anspruchsberechtigte die freie Wahl zwischen mehreren gleichwertigen Ansprüchen ("obligatio alternativa") habe. Der Beschwerdeführer habe aufgrund der im Einzelnen angeführten gesetzlichen Regelungen im Zuge des Austrittes aus der Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse) im Jahr 1997 das Wahlrecht gehabt, den Vorsorgeschutz durch die Übertragung des Pensionskassenguthabens auf ein Freizügigkeitskonto oder auf eine Freizügigkeitspolice aufrechtzuerhalten. Anstelle der Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes im Wege einer Freizügigkeitspolice (bei einer Versicherung) sei die Überweisung des Pensionskassenguthabens auf ein Freizügigkeitskonto veranlasst worden. Im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer gesetzlich zustehende Wahlmöglichkeit, den Vorsorgeschutz in Form einer späteren Rentenzahlung aufrechtzuerhalten, könne die Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen. Zudem handle es sich bei den dort angeführten Zahlungen für Pensionsabfindungen um solche von einer Pensionskasse, während im gegenständlichen Fall die Überweisung der Freizügigkeitsleistung von einer dritten, von der Pensionskasse unterschiedlichen Einrichtung erfolgt sei. § 124b Z 53 EStG 1988 sei tatbestandsmäßig somit enger gefasst als § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988. Der durch die Übertragung auf das Freizügigkeitskonto bewirkte Schuldnerwechsel hätte demgemäß zur Folge, dass die von einem Dritten erwirkte Zahlung bei wörtlicher Auslegung des Gesetzes der Anwendung des § 124b Z 53 EStG 1988 entgegenstünde.

5. Mit Vorlageantrag hat die steuerliche Vertretung ohne weitere Begründung die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

6. Auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes hat das Finanzamt mit Schreiben vom vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe mit den Ausführungen im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, in der Revision sei - anders als noch in der Beschwerdevorentscheidung - nicht behauptet worden, dass der Vorsorgeschutz in der Schweiz mit späterem Rentenanspruch hätte aufrechterhalten werden können und - hätte ein derartiger Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch aufrechterhalten werden können - eine dennoch erfolgte Kapitalabfindung als begünstigungsschädlich zu beurteilen wäre, bestätigt, dass eine obligatio alternativa - unabhängig davon, wann das Wahlrecht ausgeübt worden sei - der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 entgegenstehe. Ob ein Vorsorgeanspruch mit späterem Rentenanspruch hätte aufrechterhalten werden können, sei primär eine Sachverhaltsfrage. Ein diesbezügliches Wahlrecht ergebe sich aus den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (Art. 4 FZG und Art. 10 FZV), nach denen der Vorsorgeschutz entweder in Form eines Freizügigkeitskontos oder einer Freizügigkeitspolice (als Kapital- und Rentenversicherung), somit auch mit späterem Rentenanspruch, aufrechterhalten werden könne. Die Frage, ob die solcherart gegebene Möglichkeit der Aufrechterhaltung eines Anspruches auf eine spätere Leistung in Rentenform ein schädliches Wahlrecht im Sinne der Rechtsprechung darstelle, sei erstmals in der Amtsrevision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100359/2016, aufgeworfen worden. Über diese Revision habe der Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden. Darüber hinaus habe das Finanzamt in seiner Revisionsbeantwortung betreffend die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100116/2018, ein entsprechendes Vorbringen erstattet. Auch in diesem Fall sei die Entscheidung des Höchstgerichtes noch ausständig. Wie eine Freizügigkeitspolice mit potentieller Rentenauszahlung zu behandeln sei, sei vom Verwaltungsgerichtshof bislang noch nicht entschieden worden, auch wenn diese Möglichkeit in Fällen bestanden habe, in denen die Begünstigung zuerkannt worden sei. In der im Vorhalt angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0258, in welchem die Übertragung des Altersguthabens auf eine Freizügigkeitspolice erfolgt sei, sei weder die Frage der obligatio alternativa noch die rechtliche Ausformulierung der Freizügigkeitspolice behandelt worden, zumal das Finanzamt in diesem Fall die Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 im angefochtenen Bescheid selbst zur Anwendung gebracht habe. Auch im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/15/0025, sei lediglich auf die Feststellung des Bundesfinanzgerichtes Bezug genommen worden, dass nur ein Anspruch auf die Austrittsleistung bestanden habe.

II. Sachverhalt

Der im Jahr 1948 geborene Beschwerdeführer war von 1975 bis zur Einstellung des Betriebes und der damit verbundenen Kündigung aller Dienstnehmer im Jahr 1997 bei der Z AG in der Schweiz beschäftigt. Aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses wurde auch das bestehende Vorsorgeverhältnis mit der Vorsorgeeinrichtung der Arbeitgeberin aufgelöst und das angesammelte Altersguthaben auf ein Sperrkonto bei der C Freizügigkeitsstiftung übertragen. Nach vorübergehender Arbeitslosigkeit hat er in der Folge wieder eine nichtselbständige Tätigkeit in der Schweiz aufgenommen, und war dort bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2013 beschäftigt. Im Dezember 2015 hat die C Freizügigkeitsstiftung dem Beschwerdeführer das aus seiner Tätigkeit bei der Z AG herrührende Freizügigkeitskapital in Höhe von 76.795,31 CHF (abzüglich Quellensteuer in Höhe von 4.825,50 CHF, die ihm in der Folge wieder rückerstattet wurde) antragsgemäß ausbezahlt. Weiters bezog er im Streitjahr neben einer inländischen Pension eine Rente von der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und von der L Pensionskasse. Außer Streit steht zwischen den Verfahrensparteien, dass zum Zeitpunkt der Auszahlung des Freizügigkeitsguthabens von der C Freizügigkeitsstiftung nur die Möglichkeit der Auszahlung als Einmalbetrag bestand.

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

§ 124b Z 53 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 54/2002, lautet:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Strittig ist im Beschwerdefall einzig, ob die von der C Freizügigkeitsstiftung bezogene Kapitalauszahlung der begünstigten Besteuerung gemäß § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 zu unterziehen ist.

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge in der Schweiz ist das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG) vom

Nach Art. 13 Abs. 1 BVG haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben, Anspruch auf Altersleistungen. Abweichend davon können nach Art. 13 Abs. 2 BVG die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht.

Die obligatorische Versicherung beginnt gemäß Art. 10 Abs. 1 BVG mit Antritt des Arbeitsverhältnisses und endet gemäß Art. 10 Abs. 2 BVG ua., wenn das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird (lit. b).

Verlassen Versicherte die Vorsorgeeinrichtung, bevor ein Vorsorgefall eintritt (Freizügigkeitsfall), so haben sie gemäß Art. 2 Abs. 1 des Schweizer Bundesgesetzes vom über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) Anspruch auf eine Austrittsleistung.

Die Austrittsleistung wird mit dem Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung fällig (Art. 2 Abs. 3 FZG). Treten Versicherte in eine neue Vorsorgeeinrichtung ein, so hat gemäß Art. 3 Abs. 1 FZG die frühere Vorsorgeeinrichtung die Austrittsleistung an die neue zu überweisen. Versicherte, die nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintreten, haben gemäß Art. 4 Abs. 1 FZG ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen, in welcher zulässigen Form sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen.

Abschnitt 2 der ua. auf Art. 26 Abs. 1 FZG gestützten Verordnung vom über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV) enthält Bestimmungen über die Erhaltung des Vorsorgeschutzes.

Nach Art. 10 Abs. 1 FZV wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten.

Als Freizügigkeitspolicen gelten nach Art. 10 Abs. 2 FZV besondere, ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- oder Rentenversicherungen, einschließlich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- oder Invaliditätsfall bei einer dort angeführten Versicherungseinrichtung.

Als Freizügigkeitskonten gelten nach Art. 10 Abs. 3 FZV besondere, ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Verträge mit einer Stiftung, welche die Voraussetzungen nach Art. 19 erfüllt. Diese Verträge können durch eine Versicherung für den Todes- oder Invaliditätsfall ergänzt werden.

Gemäß Art. 12 Abs. 2 FZV können die Versicherten die Freizügigkeitseinrichtung oder die Form der Erhaltung des Vorsorgeschutzes jederzeit wechseln.

Der Umfang der Leistungen bei Alter, Tod und Invalidität ergibt sich nach Art. 13 Abs. 1 FZV aus dem Vertrag oder dem Reglement der jeweiligen Freizügigkeitseinrichtung. Die Leistungen werden nach Vertrag oder Reglement als Rente oder als Kapitalabfindung ausbezahlt (Art. 13 Abs. 2 FZV). Für die Barauszahlung gilt nach Art. 14 FZV die Regelung des Art. 5 FZG sinngemäß.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 FZG können Versicherte die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn:
a) sie die Schweiz endgültig verlassen (vorbehalten bleibt Artikel 25f);
b) sie eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen und der obligatorischen beruflichen
Vorsorge nicht mehr unterstehen;
c) die Austrittsleistung weniger als ihr Jahresbeitrag beträgt.

Nach Art. 25f Abs. 1 FZG können Versicherte die Barauszahlung nach Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG im Umfang des bis zum Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung erworbenen Altersguthabens nach Art. 15 BVG ua. nicht verlangen, wenn sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert sind (lit. a).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mit Hinweis auf , und ; ebenso jüngst , und ). Bei fehlender Alternative zur Inanspruchnahme einer Abfindungszahlung soll dadurch eine tarifmäßige Besteuerung vermieden werden (vgl. ). Eine "Abfindung" eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sohin nicht vor, wenn dem Anwartschaftsberechtigten das freie Wahlrecht zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert (als Kapitalanspruch) andererseits eingeräumt ist (vgl. , und ).

Wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen das Vorsorgeverhältnis mit der beruflichen Pensionskasse des bisherigen Dienstgebers vor Eintritt des Vorsorgefalles beendet und in der Folge eine Tätigkeit in Österreich aufgenommen wurde, auch ausgesprochen, dass die Besteuerung des im Zusammenhang mit dem "endgültigen Verlassen der Schweiz" ausbezahlten "Altersguthabens" als Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 rechtmäßig ist (vgl. , mit Verweis auf , , und ).

Auf Grundlage der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hat das Bundesfinanzgericht mehrfach die Auffassung vertreten, dass die Möglichkeit zur Übertragung der Austrittsleistung auf eine Freizügigkeitspolice kein begünstigungsschädliches Wahlrecht im Sinne einer "obligatio alternativa" darstelle, da kein Anspruch auf Verbleib in der Pensionskasse und den (späteren) Bezug einer Altersrente bestehe (vgl. ua. , , und ). Auch könne der bei einer Freizügigkeitspolice auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhende Rentenanspruch nicht mit einem gesetzlichen Rentenanspruch gleichgestellt werden (vgl. ).

Der Umstand, dass die Auszahlung durch eine Freizügigkeitseinrichtung und nicht unmittelbar durch eine Pensionskasse erfolgt ist, steht der Anwendung der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 dabei nicht entgegen (vgl. ua. , und ), zumal das "Altersguthaben" auch in dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0258, zu Grunde liegenden Fall zunächst auf eine Freizügigkeitspolice übertragen und von der Freizügigkeitseinrichtung beim endgültigen Verlassen der Schweiz antragsgemäß bar ausbezahlt worden ist und ist mit den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung daher nichts zu gewinnen.

Der vom Finanzamt aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, dass eine bestehende Möglichkeit, den Vorsorgeschutz in der Schweiz mit späterem Rentenanspruch aufrechterhalten zu können, als begünstigungsschädlich zu beurteilen wäre, gezogenen Schlussfolgerung, dass die nach den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehene Option, den Vorsorgeschutz durch die Übertragung des Pensionskassenguthabens auf eine Freizügigkeitspolice aufrechtzuerhalten, der begünstigten Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 daher entgegenstehe sei, vermag sich das Bundesfinanzgericht nicht anzuschließen.

Als Freizügigkeitspolicen gelten nach Art. 10 Abs. 2 FZV besondere, ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- oder Rentenversicherungen, einschließlich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- oder Invaliditätsfall. Aus der vom Finanzamt ins Treffen geführten gesetzlichen Bestimmung kann damit aber weder abgeleitet werden, dass die Versicherungseinrichtungen eine Rentenversicherung anbieten müssten noch dass die Versicherungsnehmer Anspruch auf eine Auszahlung in Rentenform hätten.

Die von Versicherungseinrichtungen angebotenen Freizügigkeitsleistungen unterscheiden sich von den von Banken angebotenen Freizügigkeitskonten zum einen insoweit, als die Banken die Zinssätze bei veränderten Gegebenheiten auch mehrmals jährlich anpassen können, während die Policen der Versicherer auf von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) genehmigten Kollektiv-Lebensversicherungstarifen beruhen, wobei der Zinssatz jährlich festgelegt wird. Der wesentlichste Unterschied liegt jedoch in den gewährten Garantien im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Anbieters. Die Versicherer unterstehen der Aufsicht der FINMA und dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), während für die Banken die Bankenaufsichtsgesetzgebung gilt. Bankprodukte sind im Konkursfall bis zu einem bestimmten Betrag pro Versicherten geschützt. Die Guthaben aus den Freizügigkeitspolicen (inkl. Zinsen) sind dagegen jederzeit vollumfänglich garantiert, da die Versicherungsgesellschaft die Ansprüche der Versicherten sicherstellen muss, indem sie dafür ein gebundenes und speziell ausgeschiedenes Vermögen bildet (vgl. https://www.svv.ch/de/freizuegigkeitspolice-oder-konto-wo-liegt-der-unterschied).Zudem bieten Freizügigkeitspolicen einen Versicherungsschutz beim Todesfall und zum Teil auch einen erweiterten Versicherungsschutz bei Erwerbsunfähigkeit. Der zusätzliche Versicherungsschutz geht jedoch zu Lasten der Rendite, die Verzinsung ist daher niedriger als bei einem Freizügigkeitskonto (vgl. https://www.finanzmonitor.com/2-saule/freizuegigkeitskonto).

Abgesehen davon, dass das Finanzamt nicht konkret aufgezeigt hat, dass dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Kündigung tatsächlich die Möglichkeit zur Übertragung auf eine Freizügigkeitspolice mit Anspruch auf eine Auszahlung in Rentenform offenstand und inwieweit die im Falle einer solchen Übertragung bestehenden Ansprüche auf Auszahlung in Rentenform den gegenüber der Vorsorgeeinrichtung der Arbeitgeberin gegebenenfalls bestehenden Rentenansprüchen gleich zu halten wären, würde eine Auslegung im Sinne der Ausführungen des Finanzamtes wiederum dazu führen, dass der gesetzlichen Bestimmung de facto kein allgemeiner Anwendungsbereich bliebe. Dies aber ist jedenfalls im Zweifel nicht anzunehmen (vgl. ).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Beendigung des hier maßgeblichen Dienstverhältnisses vor Erreichen des Rentenalters und damit vor Eintritt des Vorsorgefalles Anspruch auf eine Austrittsleistung nach Art. 2 FZG hatte. Nachdem diese auf ein Freizügigkeitskonto überwiesen wurde, hatte der Beschwerdeführer mit Erreichen des Rentenalters unbestritten nur einen Anspruch auf Barauszahlung der Austrittsleistung. Damit hatte er aber kein begünstigungsschädliches Wahlrecht im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwischen gleichrangigen Ansprüchen und war der Beschwerde daher Folge zu geben.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Frage der Besteuerung einer infolge der Beendigung eines Dienstverhältnisses vor Eintritt des Vorsorgefalles fälligen, zunächst auf ein Freizügigkeitskonto überwiesenen und nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters als Einmalbetrag ausbezahlten Freizügigkeitsleistung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

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Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100136.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at