Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2016, RV/2100355/2011

Zuflusszeitpunkt von Lohnentgelten bei Auszahlung durch die Insolvenz-Ausgleichs-Fonds Service GmbH

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2008 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer war im strittigen Jahr 2008 nichtselbständig beschäftigt. Mit Beschluss des zuständigen Landesgerichtes vom wurde das Konkursverfahren über seine Arbeitgeberin eröffnet und die als GesmbH geführte Arbeitgeberin infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers endete am durch Austritt gemäß § 25 KO. Nach seinen eigenen Angaben hat der Beschwerdeführer ab Juni bis zum Dezember 2008 kein Gehalt erhalten, erst im März bzw. Mai 2009 habe er von der IAF Service GmbH die angeführten Gelder von Euro 46.162,78 erhalten.

Das Finanzamt führte in der Folge mit dem angefochtenen Bescheid unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers in seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2008 und den übermittelten Lohnzetteln von der Arbeitgeberin des Beschwerdeführers, der Arbeitgeberin im Konkurs, der IAF Service GmbH und dem Arbeitsmarktservice die Arbeitnehmerveranlagung durch und setzte gleichzeitig eine Nachforderung an Einkommensteuer in Höhe von Euro 11.023,98 fest.

In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass der auf Seite 4 des Einkommensteuerbescheides 2008 zur bezugsauszahlenden Stelle „IAF Service GmbH“ angeführte Bezugszeitraum vom bis falsch sei, da er das angeführte Geld von Euro 46.162,78 erst im März bzw. Mai 2009 erhalten habe. Somit müsste dieser Betrag seiner Meinung nach erst im Einkommensteuerbescheid 2009 aufscheinen. Ansonsten müsste er Steuer im Vorhinein bezahlen für Geld, das er erst im nächsten Jahr erhalten habe und dies sei nicht logisch. Weiters seien die Bruttobezüge seines Arbeitgebers für ihn nicht nachvollziehbar bzw. aus seiner Sicht auch zu hoch. Als Beweis übersende er die Gehaltsabrechnungen, die er erhalten habe für den Zeitraum Jänner bis Mai 2008. Nach dem Mai 2008 habe er leider kein Gehalt mehr erhalten.

Das Finanzamt verwies in seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung auf das Abgabenänderungsgesetz 2005, BGBl I Nr 161/2005, wonach der § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 dahingehend geändert worden sei, dass Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren dem Kalenderjahr zugeordnet werden würden, in dem der Anspruch entstanden sei. Die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren würden daher im Fall von Konkursen, die nach dem eröffnet worden seien, dem Kalendermonat zugeordnet, in dem der Anspruch entstanden sei. Die monatlichen Lohn/Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers des Beschwerdeführers seien geprüft worden und für richtig befunden worden. Diese Einkünfte seien auch dem Finanzamt als Jahreslohnzettel übermittelt worden und der Ermittlung des Einkommens für das Jahr 2008 unterzogen worden.

In dem dagegen erhobene Vorlageantrag verweist der Beschwerdeführer darauf, dass die Anwendung des Abgabenänderungsgesetzes 2005 in seinem Fall nicht richtig sei, da sich seine Kündigungsfrist bis zum Jahr 2009 erstreckt und er auch dafür das Geld erst im Nachhinein erhalten habe. Er finde es nicht gerecht, dass er Steuern zahlen müsse für Geld, das er erst ein Jahr später erhalten habe. Er sei der Meinung, dass der Gesetzgeber in diesem Fall dieses Gesetz auch neu überdenken sollte oder in seinem Fall eventuell einer Sonderregelung zustimmen sollte.

Das Finanzamt legte die Beschwerde an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 idF des AbgÄG 2005, BGBl I 2005/161, gelten Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt.

Gemäß § 124b Z 130 EStG 1988 ist die vorstehend zitierte Fassung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 erstmals auf Konkurse anzuwenden, die nach dem eröffnet wurden.

In den erläuternden Bemerkungen zum Abgabenänderungsgesetz 2005 ist ausgeführt, dass die Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld in vielen Fällen nicht in dem Kalenderjahr erfolgt, in dem die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers eingetreten ist. Dies führt auf Grund der Progressionswirkung teilweise zu erheblichen Nachzahlungen, wenn die Arbeitnehmer im Folgejahr bei einem neuen Arbeitgeber beschäftigt sind und neben den laufenden Bezügen auch die Nachzahlung aus dem Insolvenzverfahren zu versteuern haben, während im Insolvenzjahr nur geringe oder keine steuerpflichtigen Einkünfte vorliegen. Die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren sollen daher – wie bereits bisher Pensionsnachzahlungen - dem Kalenderjahr zugeordnet werden, in dem der Anspruch entstanden ist.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , 2011/15/0185, ausgeführt, dass im Zuge von Insolvenzverfahren sich für Dienstnehmer typischerweise die Situation ergibt, dass sie ihre Entlohnung nicht mehr regelmäßig am Fälligkeitstag erhalten. Nachträglich erhalten sie dafür zusammengeballt (Ersatz)Zahlungen in Form von Insolvenz-Ausfallgeld nach dem IESG. Die mit dem AbgÄG 2005 vorgenommene Ausweitung des Anwendungsbereiches der Sonderreglung des § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 auf Nachzahlungen im Insolvenzverfahren dient dem Zweck, die negativen Progressionsfolgen der kumulierten Auszahlung zu vermeiden. Im Hinblick darauf führen die ErlRV zum AbgÄG 2005 aus: "Die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren sollen daher - wie bereits bisher Pensionsnachzahlungen - dem Kalenderjahr zugeordnet werden, in dem der Anspruch entstanden ist." Die in Rede stehende Sonderregelung in § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 will somit Bezüge den Zeiträumen zuordnen, in denen sie bei normalem Lauf der Dinge zugeflossen wären, wäre dem nicht im Fall von Pensionen die erst nachträgliche Bescheiderlassung und im Insolvenzfall die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners entgegengestanden. Beim vorzeitigen Austritt aus wichtigem Grund nach § 25 Abs. 1 KO gebührt dem Arbeitnehmer gemäß § 29 Abs. 1 und 2 AngG (§ 1162b ABGB) die Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von bis zu drei Monaten sofort ("unbedingte" Kündigungsentschädigung). Hinsichtlich dieser Bezüge ist daher zu Recht anzunehmen, dass durch § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 die Fiktion des Zuflusses für den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses normiert wird. Für den Fall des berechtigten vorzeitigen Austritts ist der Kalendermonat, für den iSd § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 der Anspruch auf Entschädigung besteht, jener, in welchen die Auflösung des Dienstverhältnisses fällt.

Aus den vom Beschwerdeführer über Vorhalt vorgelegten Unterlagen der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH ist zu ersehen, dass die im Insolvenzverfahren seiner Arbeitgeberin angemeldeten Lohnforderungen für laufende Entgelte für die Monate 1-12/2008, Urlaubsersatzleistungen für den nicht konsumierten Urlaub, Sonstige Bezüge (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) sowie eine unbedingte Kündigungsentschädigung für 3 Monate ( bis ) bis auf geringe Abweichungen in dem von der IAF Service GmbH übermittelten Lohnzettel über den Bezugszeitraum 19.2. bis enthalten sind. Nicht darin enthalten sind Forderungen des Beschwerdeführers, deren Ansprüche erst im Jahr 2009 entstanden sind, nämlich bedingte Kündigungsentschädigungen/Schadenersatz für den Zeitraum bis samt den bedingten Urlaubsersatzleistungen.

Damit sind in dem angesprochenen Lohnzettel der IEF Service GmbH und somit im angefochtenen Bescheid lediglich Bezüge enthalten, deren Ansprüche bereits im Jahr 2008 (spätestens) mit Austritt am oder  bei vorzeitigem Austritt aus wichtigem Grund (unbedingte Kündigungsentschädigung) für den Zeitraum von bis zu drei Monaten nach dem Austritt sofort entstanden sind. Nach der bereits oben zitierten Rechtsprechung des VwGH (vgl. 2011/15/0185 vom ) gelten Bezüge für den Zeitraum von bis zu drei Monaten nach dem Austritt zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses als zugeflossen. Erst soweit eine Kündigungsentschädigung den drei Monate übersteigenden Zeitraum betrifft (§ 29 Abs. 1 AngG, § 1162b ABGB) ergibt sich aus § 29 Abs. 2 iVm § 15 AngG, dass sie im jeweils betroffenen Monat zu leisten ist. 

Nachdem der angefochtene Bescheid aus den vorgenannten Gründen der Rechtslage entspricht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die klare Gesetzeslage und die hiezu ergangene eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100355.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at