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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.12.2018, RV/3100774/2016

Besteuerung einer als „freiwillige Abfertigung“ bezeichneten Zahlung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100774/2016-RS1
Die äußere Bezeichnung einer Zahlung als „freiwillige Abfertigung“ ist für die Subsumtion unter § 67 Abs. 6 EStG nicht von entscheidender Bedeutung, vielmehr ist entscheidend, ob sie nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einer freiwilligen Abfertigung oder Abfindung entspricht. Von ausschlaggebender Bedeutung sind somit die Hintergründe und die Motive, die zur Zahlung führen. Es ist daher zu prüfen aus welchem Grund die Zahlung geleistet wird.
RV/3100774/2016-RS2
Nach § 67 Abs. 6 EStG sind nur solche Bezüge begünstigt, die für die Auflösung eines Dienstverhältnisses typisch sind (vgl. Doralt et al, EStG 1988, § 67 Tz 73 ff, 122; Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 67 Rz 19 f und die dort jeweils angeführte Rechtsprechung). Zahlungen, die einem Dienstnehmer gewährt werden, um ihn zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zu bewegen, stehen zwar mit der Auflösung des Dienstverhältnisses im ursächlichen Zusammenhang, es handelt sich dabei aber um keine Bezüge bzw. Zahlungen, die - etwa gleich einer Abfertigung - für die Beendigung eines Dienstverhältnisses typisch sind.
RV/3100774/2016-RS3
Erhöht sich aufgrund einer kollektivvertraglichen Vereinbarung im Falle einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung eines Arbeitnehmers die gebührende gesetzliche Abfertigung um zwei Monatsbezüge, so erschiene es nicht sachgerecht und im Sinne dieser kollektivvertraglichen Bestimmung, für diese beiden dem Arbeitnehmer bezahlten Monatsbezüge die begünstige Besteuerung mit 6% nur deshalb nicht zu gewähren, weil sich der Arbeitnehmer unter dem Eindruck einer bevorstehenden Kündigung dazu entschlossen hat, einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zuzustimmen (vgl. ).

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer(Gutschrift) sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I) Verfahrensgang:

1) In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 führte die Beschwerdeführerin (Bf) aus, in dem von der Rochus Bank AG als Arbeitgeberin an das Finanzamt übermittelten Jahreslohnzettel, sei in den steuerpflichtigen Einkünften fälschlich der Betrag einer freiwilligen Abfertigung enthalten. Sie beantrage daher, dass von den insgesamt fünf Monatsbezügen von 20.413,86 €, die Einkünfte um drei Monatsbezüge reduziert werden (ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate gemäß § 67 Abs. 6 EStG) und diese stattdessen mit dem fixen Steuersatz von 6% zu versteuern. Mit ihr sei eine freiwillige Abfertigung in Höhe von fünf Monatsentgelten vereinbart worden, welche gemeinsam mit der Endabrechnung zur Auszahlung gelangt sei. Diese freiwillige Abfertigungszahlung soll Dank und Anerkennung ausdrücken. In keinster Weise sei eine Trennung in Unfrieden erfolgt, habe sie doch nicht einmal die Ausbildungskosten zurückzahlen müssen. Zudem sei ihr ein sehr positives Dienstzeugnis ausgestellt worden.

2) Bereits vor Einbringung der Einkommensteuererklärung für 2015 wandte sich die Bf mit diesem Anliegen an die Arbeiterkammer, die ihrerseits die Arbeitgeberin der Bf mit Schreiben von und kontaktierte, in der sie wie die Bf die Ansicht vertrat, dass drei Monatsbezüge der freiwilligen Abfertigung den begünstigten Steuersatz von 6% unterliegen würden.

3) Die Rochus Bank AG als Arbeitgeberin der Bf richtete wiederum an das Finanzamt mit Schreiben vom eine Anfrage gemäß § 90 EStG hinsichtlich der steuerlichen Behandlung dieser „freiwilligen Abfertigung“. Darin führt sie aus, die Rochus Bank AG habe sich aus diversen Gründen veranlasst gesehen, das Dienstverhältnis mit der Bf zu lösen. Durch Vereinbarung einer freiwilligen Abfertigung im Ausmaß von fünf Monatsentgelten habe eine einvernehmliche Lösung erzielt werden können. Die Rochus Bank AG habe diese als „Zahlung“ für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Perioden“ gemäß § 67 Abs. 10 EStG nach dem allgemeinen Lohnsteuertarif versteuert. Die Arbeiterkammer beanstande, dass diese Form der Besteuerung nicht korrekt sei und die Zahlung als freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG abzurechnen gewesen wäre.
Der in der Rochus Bank anzuwendende Kollektivertrag sehe im Falle einer Dienstgeberkündigung und bei einer Dienstzugehörigkeit von zumindest 10 Jahren eine Erhöhung der gesetzlichen Abfertigungsansprüche um zwei Monatsgehälter vor.
Es stelle sich daher die Frage, ob diese Zahlung gänzlich als freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG zu versteuern sei bzw. wenn das nicht der Fall sein sollte, ob auch bei einer einvernehmlichen Lösung, zumindest zwei Monatsgehälter als freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG versteuert werden dürften.

4) Das Finanzamt vertrat in einer Anfragebeantwortung vom zusammengefasst die Ansicht, dass die Besteuerung nach § 67 Abs. 10 EStG zutreffend sei. Nach dem geschilderten Sachverhalt liege keine freiwillige Abfertigung vor. Die gegenständliche Zahlung im Ausmaß von fünf Monatsentgelten stelle weder in Höhe von fünf Monatsentgelten noch in Höhe von zwei Monatsentgelten eine freiwillige Abfertigung dar.

5) In dem am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 zog das Finanzamt den von der Rochus Bank AG übermittelten Lohnzettel unverändert zur Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit heran, ohne auf die Einwendungen der Bf einzugehen.

6) Mit Eingabe vom erhob die Bf gegen diesen Bescheid Beschwerde und beantragte die Herabsetzung ihrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend dem in Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2015 eingebrachten Schreiben.

7) Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte in der Begründung zusammengefasst aus, im gegenständlichen Fall habe sich der Arbeitgeber aus diversen, nicht näher erläuterten Gründen von der Dienstnehmerin (Bf) trennen wollen. Auch in der Beschwerde seien die genauen Hintergründe der Trennung nicht dargelegt oder irgendwelche Beweismittel angeboten bzw. beigefügt worden. In einer am unterzeichneten Vereinbarung sei durch Zusage einer freiwilligen Abfertigung eine einvernehmliche Lösung erzielt worden. Aus der Vereinbarung gehe hervor, dass das Dienstverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen per aufgelöst und die Bf mit Stichtag der Vertragsunterzeichnung () unwiderruflich vom Dienst freigestellt worden sei.
Eine freiwillige Abfertigung beruhe, wie schon aus dem Wortlaut erkennbar, auf einer gewissen Freiwilligkeit der Leistung. Bei Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung sei ein Ausscheiden der Dienstnehmerin im Unfrieden zu erkennen. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein Arbeitgeber, der sich von seinem Arbeitnehmer im Unfrieden trenne, aus freien Stücken eine Abfertigung zahle, zu der er nicht verpflichtet sei.
Von einer freiwilligen Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 könne nicht gesprochen werden, wenn eine Zahlung geleistet werde, um den Dienstnehmer zur vorzeitigen Auflösung eines Dienstvertrages zu bewegen. Es handelt sich weder um eine Kündigungsentschädigung (nicht fristgerechte Kündigung durch den Arbeitgeber, laufende Gehälter seien neben der Dienstfreistellung bis Dienstende bezahlt worden) noch um eine Vergleichszahlung (Zahlung strittiger Bezugsbestandteile aus der Vergangenheit). Die Zahlung der drei Monatsgehälter sei als „Abgangsentschädigung“ zu sehen, die nach den Bestimmungen des § 67 Abs. 10 EStG 1988 (Tarifbesteuerung) zu versteuern sei (Budgetbegleitgesetz 2014).
Auf Grund der oben dargestellten Überlegungen sei davon auszugehen, dass die als freiwillige Abfertigung bezeichnete Zahlung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes darstellt als eine Zahlung, die die Bf zur Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung seines Dienstverhältnisses bewegen sollte, da der Arbeitgeber die Zusammenarbeit - aus welchen Gründen bzw. aus welchem Anlass auch immer - mit sofortiger Wirkung beenden wollte. Die Besteuerung durch den Arbeitgeber sei daher korrekt erfolgt.

8) Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf ihr bisheriges Vorbringen und ergänzte, die Unterstellung, dass aufgrund einer Dienstfreistellung Unfriede geherrscht habe, sei durch kein wie immer geartetes Beweismittel belegbar, im Gegenteil, eine einvernehmliche Lösung lasse dies gerade nicht vermuten.

9) Das Bundesfinanzgericht führte in der Folge sowohl mit der Bf als auch mit ihrer Dienstgeberin der Rochus Bank AG ein Vorhalteverfahren durch, in denen ersucht worden ist den Sachverhalt näher abzuklären.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

II) Sachverhalt

1) Die Bf war vom bis bei der Rochus Bank als Dienstnehmerin beschäftigt. Die Rochus Bank sah sich aus diversen, im Einzelnen nicht näher dargelegten Gründen veranlasst, das Dienstverhältnis mit der Bf zu lösen. Um die bei einer Kündigung im Raum stehende gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden wurde seitens der Arbeitgeberin eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses angestrebt, die letztlich erzielt werden konnte.
Die mit der Bf getroffene Vereinbarung vom sah vor, dass das bestehende Dienstverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen unter Wahrung aller gesetzlichen Ansprüche zum aufgelöst wird (Pkt. 1 der Vereinbarung).
Weiters wurden sie ab Unterzeichnung der Vereinbarung am unter Wahrung der Bezüge für die restlichen zehneinhalb Monate bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses Ende März 2015 vom Dienst freigestellt (Pkt. 2 der Vereinbarung).
Gleichzeitig wurde eine freiwillige Abfertigung in Höhe von drei Monatsentgelten vereinbart, welche gemeinsam mit der Endabrechnung zur Auszahlung gelangte (Pkt. 3 der Vereinbarung). Zudem wurde ihr die Option eingeräumt, eine vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses zu erklären. In diesem Fall erhöhte sich die Zusage der Dienstgeberin zur Zahlung einer freiwilligen Abfertigung um die Anzahl der Kalendermonate, um die das Dienstverhältnis zeitlich vor dem aufgelöst wird (Pkt. 4 der Vereinbarung).

2) Von der in Pkt. 4 der Vereinbarung eingeräumten Option hat die Bf insofern Gebrauch gemacht, als sie mit Schreiben vom die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses zum (zwei Monate früher als vereinbart) erklärt hat.

3) Entsprechend der Vereinbarung wurde ihr von der Arbeitgeberin (neben der gesetzlichen Abfertigung von vier Monatsbezügen) eine als freiwillige Abfertigung bezeichnete Zahlung in Höhe von fünf Monatsbezügen gewährt. Diese fünf Monatsbezüge sind von der Arbeitgeberin nach dem allgemeinen Lohnsteuertarif versteuert worden.

4) Der festgestellte, unbestrittene Sachverhalt basiert auf dem im Verwaltungsakt aufliegenden Unterlagen und den Angaben der Bf und der Arbeitgeberin in den Vorhaltebeantwortungen.

5) Bezüglich des Auflösungsgrundes des Dienstverhältnisses gab die Bf an, sie hätte in die von der Arbeitgeberin neu gegründete R-C- und S GmbH (RCS GmbH) überführt werden sollen, wozu sie nicht bereit gewesen sei, weil sich das für sie nachteilig ausgewirkt hätte.

6) Die Arbeitgeberin wendete dagegen ein, die Auflösung des Dienstverhältnisses der Bf sei in keinem direkten Zusammenhang mit der geplanten Auslagerung gestanden, sondern der Grund für die Auflösung sei ausschließlich in deren Person gelegen. Es sei zwar richtig, dass das Facility Management der Rochus Bank AG mit in ihre 100% Tochterfirma RCS GmbH ausgelagert worden sei. Unrichtig sei die Tatsache, dass es dadurch zu nachteiligen Auswirkungen auf das Dienstverhältnis der Bf gekommen wäre, zumal die Auslagerung regelnde Betriebsvereinbarung unter anderem ein Wahlrecht der Mitarbeiter vorgesehen habe. Danach konnte das Dienstverhältnis bei der Rochus Bank AG beendet werden und gleichzeitigen zu den Bedingungen der Betriebsvereinbarung in die RCS GmbH gewechselt werden oder die Mitarbeiter konnten als Bedienstete der Rochus Bank AG in Form einer Arbeitskräfteüberlassung für die RCS GmbH tätig werden. Einen Personalabbau im Zuge des Betriebsüberganges von einzelnen Abteilungen der Rochus Bank AG an die RCS-GmbH habe es nicht gegeben.

7) Welche Gründe für die Auflösung des Dienstverhältnisses letztendlich ausschlaggebend gewesen sind, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, unzweifelhaft ist jedoch, dass die Arbeitgeberin das Dienstverhältnis mit der Bf auflösen wollte und durch entsprechende finanzielle Zusagen die Zustimmung der Bf zu einer einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses erreichen konnte.

III) Rechtliche Würdigung:

1) Unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass insgesamt vier Monatsbezüge als gesetzliche Abfertigung nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 mit dem begünstigten Steuersatz von 6% zu versteuern sind.

2) Strittig ist, ob von den der Bf bei Auflösung des Dienstverhältnisses zusätzlich gewährten, als freiwillige Abfertigung bezeichneten fünf Monatsgehältern, drei Monatsgehälter als freiwillige Abfertigung oder Abfindung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 ebenfalls mit dem begünstigten Steuersatz von 6% zu versteuern sind oder als sonstige Bezüge im Sinne des § 6 Abs. 10 EStG 1988 dem allgemeinen Lohnsteuertarif unterliegen.

3) Nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 wird die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, so berechnet, dass die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes von 6% niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen mit 6%. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund u.a. gesetzlicher Vorschriften oder eines Kollektivvertrages zu leisten ist.

4) § 67 Abs. 6 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40/2014 lautete auszugsweise:

Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume), sind nach Maßgabe folgender Bestimmungen mit dem Steuersatz von 6 % zu versteuern:

1. Der Steuersatz von 6% ist auf ein Viertel der laufen Bezüge der letzten zwölf Monate, höchstens aber auf den Betrag anzuwenden, der dem Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG entspricht.“

2. Über das Ausmaß der Z 1 hinaus ist bei freiwilligen Abfertigungen der Steuersatz von 6% auf einen Betrag anzuwenden, der von der nachgewiesenen Dienstzeit abhängt. Bei einer nachgewiesenen Dienstzeit von 10 Jahren ist ein Betrag bis zur Höhe von 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern.

3. Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 kürzen das nach Z 2 ergebende steuerlich begünstigte Ausmaß.

5) Nach § 67 Abs. 10 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die nicht unter § 67 Abs. 1 bis 8 EStG 1988 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2 EStG.

6) Der für die Bf anzuwendende Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers sieht in § 32 Abs. 2 für den Fall einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung eines Arbeitnehmers mit mehr als fünf im Institut verbrachten Jahren eine Erhöhung der gesetzlichen Kündigungsfrist um zwei Monate vor. Die gebührende gesetzliche Abfertigung erhöht sich in diesen Fällen um zwei Monate.

7) Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegen der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur solche Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses ist ( und die dort angeführten Vorerkenntnisse). Es sind nur solche Bezüge begünstigt, die durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst werden bzw. mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in ursächlichem Zusammenhang stehen und aus diesem Grund anfallen. Dabei muss es sich um Bezüge handeln, die für die Auflösung eines Dienstverhältnisses typisch sind (vgl. ).

8) Zahlungen die einem Dienstnehmer gewährt werden, um ihn zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zu bewegen, stehen zwar mit der Auflösung des Dienstverhältnisses im ursächlichen Zusammenhang, es handelt sich dabei aber um keine Bezüge bzw. Zahlungen, die - etwa gleich einer Abfertigung - für die Beendigung eines Dienstverhältnisses typisch sind (vgl. Doralt et al, EStG 1988, § 67 Tz 73 ff, 122; Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 67 Rz 19 f und die dort jeweils angeführte Rechtsprechung). Derartige Zahlungen fallen unter § 67 Abs. 10 EStG 1988.

9) Das Finanzamt vertritt in der Beschwerdevorentscheidung die Ansicht, bei den hier strittigen Zahlungen handle es sich um eine Zahlung mit der die Bf zur Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung ihres Dienstverhältnisses bewegen worden sei und gewährt der Bf aus diesem Grund nicht die begünstige Besteuerung.

10) Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt ausgesprochen, dass § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht Zahlungen erfasst, die geleistet werden, um den Dienstnehmer zur vorzeitigen Auflösung seines Dienstverhältnisses zu bewegen (vgl. zuletzt und die dort angeführte Vorjudikatur). Bei all diesen Entscheidungen handelte es sich um befristete Dienstverhältnisse oder Vorstandsverträge, bei denen das Dienstverhältnis vor Ablauf der Befristung oder vor Ablauf der Kündigungsfrist einvernehmlich aufgelöst worden ist.

11) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Bf hatte einen unbefristeten Dienstvertrag. Einzelvertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Kündigung sind nicht getroffen worden, auch eine freiwillige Abfertigung ist der Bf im Dienstvertrag nicht zugesichert worden. Bei einer Dienstzeit von gegenständlich mehr als 10 Jahren hätte sich im Fall einer Kündigung durch die Arbeitgeberin die in § 20 AngG vorgesehene Kündigungsfirst von 3 Monaten auf Grund der für die Bf geltenden kollektivvertraglichen Regelung um zwei Monate auf insgesamt 5 Monate erhöht und die Bf hätte daher unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach § 20 Abs. 2 AngG eine Kündigung nur mit Ablauf eines Kalendervierteljahres erfolgen kann, zum gekündigt werden können. Tatsächlich ist mit der Bf bei gleichzeitiger „Freistellung“ ab eine Auflösung des Dienstverhältnisses erst mit vereinbart worden, wobei ihr die Bezüge in dieser Zeit in uneingeschränkter Höhe bezahlt worden sind. Von einer vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses kann daher nicht gesprochen werden, zumal ihr die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses weit über die Kündigungsfrist hinaus zugesichert worden ist (vgl. dazu auch ) .

12) Aber auch wenn keine vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses im Sinne der Rechtsprechung vorgelegen hat, ist für die steuerrechtliche Zuordnung dieser „freiwilligen Abfertigung“ von insgesamt 5 Monatsbezüge von Bedeutung, aus welchem Grund ihr diese gewährt worden ist.

13) Die äußere Bezeichnung einer Zahlung als „freiwillige Abfertigung“ ist für die Subsumtion unter § 67 Abs. 6 EStG nicht von entscheidender Bedeutung, vielmehr ist entscheidend, ob sie nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einer freiwilligen Abfertigung oder Abfindung entspricht. Von ausschlaggebender Bedeutung sind somit die Hintergründe und die Motive, die zur Zahlung führen. Es ist daher zu prüfen aus welchem Grund die Zahlung geleistet wird.

14) Unzweifelhaft ist, dass es sich bei jenen zwei Monatsbezügen, die der Bf gewährt worden sind, weil sie von ihrem in der Vereinbarung vom normierten Optionsrecht gebrach gemacht hat das Dienstverhältnis zwei Monate früher als vereinbart - nämlich bereits zum – aufzukünden, nicht um eine freiwillige Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 handelt, sondern um die Abgeltung der beiden Bezüge für Februar und März 2015, die ihr noch zugestanden wären, wenn sie das Optionsrecht nicht ausgeübt hätte. Diese Bezüge sind daher jedenfalls zu Recht nach dem allgemeinen Lohnsteuertarif besteuert worden.

15) Auch hinsichtlich der restlichen 3 Monatsbezüge ist zu fragen, aus welchen Gründen ihr diese gewährt worden sind.

16) Es ist unstrittig, dass sich die Dienstgeberin von der Bf trennen wollte, eine Kündigung aber möglichst vermeiden wollte und deshalb eine einvernehmliche, friktionsfreie Auflösung des Dienstverhältnisses angestrebt hat.

17) Die Ausführungen der Arbeitgeberin in der Vorhaltsbeantwortung vom , wonach der Bf diese 3 Monatsbezüge deshalb gewährt worden seien, um ihre Zustimmung zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zu erreichen, damit die bei einer möglichen Kündigung im Raum stehende gerichtliche Auseinandersetzungen im Vorhinein vermieden werden konnten, erscheint grundsätzlich glaubwürdig. Ebenso die Angabe, wonach aufgrund der strengen Compliance-Regeln im Bankwesen bei dienstgeberveranlassten Auflösungsvereinbarungen von Dienstverhältnissen, wegen der nicht ausgeschlossenen Missstimmung der davon betroffenen Dienstnehmer, grundsätzlich und unmittelbar Dienstfreistellungen ausgesprochen werden.

18) Im konkreten Fall ist aber zu beachten, dass sich die der Bf gebührende gesetzliche Abfertigung bei einer Kündigung durch die Arbeitgeberin nach der oben angeführten kollektivvertraglichen Regelung um zwei Monatsentgelte erhöht hätte. Zwei zusätzliche Monatsentgelte hätte die Arbeitgeberin der Bf also jedenfalls zahlen müssen, auch wenn es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen wäre. Auch die Bf weist in der Vorhaltsbeantwortung vom darauf hin, dass sie im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung Anspruch auf zwei zusätzliche Monatsbezüge als gesetzliche Abfertigung gehabt hätte. Diese zwei Monatsentgelte seien in der einvernehmlichen Lösung mitberücksichtigt worden, weil die Arbeitgeberkündigung die einzige Alternative zur einvernehmlichen Lösung gewesen wäre.

19) Nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt kann daher von den der Bf gewährten drei Monatsbezügen nur der über diese zwei Monatsbezüge hinausgehende dritte Monatsbezug als Zahlung für die Zustimmung für die Auflösung ihres Dienstverhältnisses angesehen werden, denn auf zwei zusätzliche Monatsbezüge hätte die Bf auch im Fall einer Kündigung Anspruch gehabt.

Nur diese über die zwei Monatsbezüge hinausgehende Zahlung ist nach Ansicht des Gerichtes zum allgemeinen Lohnsteuertarif zu versteuern.

20) Im gegenständlichen Fall konnte aufgrund der mit der Bf getroffenen Vereinbarung eine Kündigung zwar vermieden werden, insoweit mag hinsichtlich dieser beiden Monatsbezüge der Wortlaut des § 32 Abs. 2 des Kollektivertrages, nämlich eine ausgesprochene Kündigung ,nicht erfüllt sein, er erschiene aber nicht sachgerecht und im Sinne dieser kollektivvertraglichen Bestimmung, die begünstige Besteuerung für diese beiden Monatsbezüge nur deshalb nicht zu gewähren, weil sich die Bf unter dem Eindruck einer bevorstehenden Kündigung entschlossen hat, einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zuzustimmen (vgl. ).

21) Von den hier strittigen drei Monatsbezügen sind daher zwei Monatsbezüge soweit sie nicht bereits nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 der begünstigten Besteuerung unterliegen sollten, nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 als freiwillige Abfertigung bzw. als Abfindung für die zusätzliche gesetzliche Abfertigung anzusehen, die der Bf, wenn sie die drohende Kündigung nicht hätte abwenden können, zugestanden wäre.
Diese zwei Monatsbezüge sind daher der Besteuerung von 6% zu unterziehen.

IV) Zulässigkeit einer Revision

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2) Die Rechtsfrage, ob eine nur im Fall einer Arbeitgeberkündigung zugesagte zusätzliche kollektivvertragliche Abfertigung auch dann nach § 67 Abs. 3 bzw. 6 EStG 1988 begünstigt besteuert werden kann, wenn sich die Bf unter dem Eindruck einer bevorstehenden Kündigung entschlossen hat, einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zuzustimmen, ist bisher an den Verwaltungsgerichtshof nicht herangetragen worden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100774.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at