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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2018, RV/7105123/2016

Keine Aussetzung der Einhebung, wenn sich aus der Beschwerde, in der der Antrag gestellt wird, kein Nachforderungsbetrag errechnet.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat in den Beschwerdesachen von Mag. A., Wien, vertreten durch Mag. Thomas Mollik, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Haidfeldstraße 31, 2331 Vösendorf, über die Beschwerden der Abgabepflichtigen 
1. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom über die Abweisung eines Antrages vom auf Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung
2. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom über die Abweisung eines Antrages vom auf Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26. April 2018 in Abwesenheit des steuerlichen Vertreters Mag. Thomas Mollik (der erst zur Verkündung erschienen ist), in Anwesenheit der Vertreter der belangten Behörde Mag. R. sowie der Schriftführerin gemäß § 212a BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom wurde der Antrag von Mag. A. vom auf Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung für einen Abgabenbetrag von € 345.519,26 mit folgender Begründung abgewiesen:

"Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a BAO nur aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhängt. Der gegenständliche Aussetzungsantrag ist mit einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Aussetzungsantrages verbunden. Von der Erledigung der Beschwerde gegen einen - ebenfalls bereits im Abgabeneinhebungsverfahren ergangenen - abweisenden Aussetzungsbescheid ist die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig (vgl. ). Da es damit bereits an einer wesentlichen Voraussetzung des § 212a BAO mangelt, war der gegenständliche Antrag auf Aussetzung der Einhebung abzuweisen.

Die Abgabenschuldigkeiten, deren Aussetzung Sie beantragt haben, sind innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Abschließend ergeht der Hinweis, dass die Wirkungen von Aussetzungsanträgen dem § 212a Abs. 4 BAO zufolge auch Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung von Aussetzungsanträgen (somit z.B. nicht Bescheidbeschwerden gegen die Zurückweisung solcher Anträge) und Vorlageanträgen gegen den Aussetzungsantrag abweisende Beschwerdevorentscheidungen zukommen (vgl. Ritz, BAO, 5. Aufl. 2014, § 212a, Tz. 22).

In Anbetracht der Wirkungen des § 212a Abs. 4 BAO ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit Beschwerden gegen abweisende Aussetzungsbescheide erneut Anträge auf Aussetzung der Einhebung stellt."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wird ausgeführt, dass "mit dem o.a. Bescheid ein Aussetzungsantrag abgewiesen wird, der im Zuge einer Beschwerde gegen einen Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages gestellt wurde.

Das den jeweiligen Aussetzungsanträgen zugrundeliegende Abgabenverfahren betreffend Glücksspielabgaben ist unverändert nicht entschieden, die Erfolgschancen der diesbezüglichen Beschwerde aufgrund der einschlägigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes sowie auch des zwischenzeitlich ergangenen Beschlusses des Obersten Gerichtshofes der Republik Österreich, die grundlegenden Bestimmungen des GSpG bzw. in eventu das gesamte GSpG durch den österreichischen Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklären zu lassen, sehr gut.

Wenn nun die belangte Behörde behauptet, der am in der ersten Beschwerde; gestellte Aussetzungsantrag hänge nicht von der Erledigung des zugrundeliegenden Abgabenverfahrens ab, ist das schlichtweg unrichtig. Die Entscheidung über einen Aussetzungsantrag hängt immer vom zugrundeliegenden Abgabenverfahren ab, ein Aussetzungsantrag kann weiters in jeder Instanz des Rechtsmittelverfahrens gestellt werden.

Sehr deutlich hat dies der VwGH in seinem Erkenntnis 2003/15/0126 vom beschrieben:

Die Aussetzung der Einhebung nach § 212a 6 BAO dient der faktischen Effizienz von Berufungen. Die Wirkung der Aussetzung besteht nach § 212a Abs. 5 BAO in einem Zahlungsaufschub, welcher mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf endet Der Ablauf der Aussetzung ist gemäß § 212a Abs. 5 BAO anlässlich einer über die Berufung ergebenden Berufungsvorentscheidung, Berufungsentscheidung oder anderen das Berufungsverfahren  abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergebens einer Berufungsvorentscheidung schließt somit eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht aus. In gleicher Weise kann ein neuerlicher Antrag gestellt werden, wenn die Zurückweisung der Berufung bekämpft wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/15/0002). Wird ein Aussetzungsantrag gemäß § 212a Abs. 3 BAO zurückgewiesen, so steht dies einer neuerlichen (geänderten) Antragstellung nicht entgegen." Der neue Antrag bewirkt gemäß § 230 Abs. 6 BAO, dass Einbringungsmaßnahmen bis zu seiner Erledigung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/15/0017, u.a.).

Der VwGH hat somit bereits mit an Klarheit nicht zu übertreffenden Aussagen festgestellt, dass während eines offenen Abgabenverfahrens jederzeit auch im Beschwerdeverfahren ein neuerlicher Aussetzungsantrag gestellt werden kann.

Ich beantrage daher namens und im Auftrag meiner o. a. Klientin
1. nochmals die Aussetzung der Einhebung des Betrages von insgesamt EUR 345.519,26 betreffend Glücksspielabgabe gem. § 212a BAO entsprechend des ursprünglichen Antrages vom
2. die Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung im Sinne des § 262 Abs. 2 lit a BAO
3. Entscheidung durch den Beschwerdesenat gem. § 272 (2) Z. 1 BAO
4. Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 (1) Z. 1 BAO."

Anmerkung: der beigelegten Beschwerde vom ist zur Frage der Aussetzung der Einhebung nur zu entnehmen, dass als letzter Punkt dieser Beschwerde auf Seite sieben die Aussetzung der Einhebung des Betrages von EUR 345.519,26 gem. § 212a BAO (ohne weitere Begründung) bis zur Erledigung dieser Beschwerde beantragt wurde.

II. Mit weiterem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom wurde der (in der oben dargestellten Beschwerde gestellte) Antrag von Mag. A. vom auf Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung für einen Abgabenbetrag von € 345.519,26 mit folgender Begründung abgewiesen:

"Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a BAO nur aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhängt. Der gegenständliche Aussetzungsantrag ist mit einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Aussetzungsantrages verbunden. Von der Erledigung der Beschwerde gegen einen - ebenfalls bereits im Abgabeneinhebungsverfahren ergangenen - abweisenden Aussetzungsbescheid ist die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig (vgl. VwGH. vom , 95/13/0248). Da es damit bereits an einer wesentlichen Voraussetzung des § 212a BAO mangelt, war der gegenständliche Antrag auf Aussetzung der Einhebung abzuweisen.

Die Abgabenschuldigkeiten, deren Aussetzung Sie beantragt haben, sind innerhalb eines Monats ab Zustlelung dieses Bescheides zu entrichten.“

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom ist inhaltsgleich zur Beschwerde vom Beschwerde vom samt Anträgen (siehe oben I.) mit der Ergänzung: 

"Ausdrücklich möchte ich auch auf die zwei letzten Absätze des Abweisungsbescheides vom eingehen.

Im vorletzten Bescheid wird seitens der belangten Behörde auf die Wirkungen des § 212a Abs. 4 BAO verwiesen (die auch während des Beschwerdeverfahrens eine Hemmung der Einbringung gem. § 230 Abs. 6 BAO bedingen) und festgestellt, dass neuerliche Anträge auf Aussetzung der Einhebung nicht nachvollziehbar wären. Dieser Satz für sich allein wäre durchaus nachvollziehbar, wenn der bekämpfte Bescheid nicht im nächsten Absatz die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten innerhalb eines Monats verlangt.

Gelinde gesagt: ALSO WAS JETZT!"

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

§ 279 Abs. 1 BAO: Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO ist eine noch unerledigte Beschwerde gegen einen Abgabenbescheid, der von einem Anbringen abweicht oder dem kein Anbringen zugrunde liegt, der zu einer Nachforderung geführt hat.

Das jeweilige Beschwerdeargument, dass während eines offenen Abgabenverfahrens jederzeit auch im Beschwerdeverfahren ein neuerlicher Aussetzungsantrag gestellt werden kann, ist durchaus zutreffend. Doch übersieht die Bf., dass die hier vorliegenden Aussetzungsanträge nicht im Beschwerdeverfahren gegen die Abgabenfestsetzung, sondern im Einhebungsverfahren jeweils im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung gestellt wurde, dem kein Nachforderungsbetrag zugrunde liegt. Die von der Bf. in der Beschwerde versuchte Ausdehnung der Aussetzung der Einhebung auch auf Beschwerden im Einhebungsverfahren erfüllt nicht die Tatbestandsvoraussetzung des § 212a Abs. 1 BAO, da von diesem Beschwerdebegehren keine Abgabenbeträge betroffenen sind, die als Nachforderungsbeträge im Sinne des § 212a Abs. 1 BAO gewertet werden können.

Da somit schon dieses Tatbestandselement nicht verwirklicht ist, war m angels Erfüllung der gesetzlich determinierten Voraussetzungen eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO nicht möglich und die Beschwerden daher abzuweisen.

Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war somit obsolet.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die Rechtsfrage einer Nachforderung als Voraussetzung einer Aussetzung der Einhebung im Gesetz eindeutig geklärt ist, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7105123.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at