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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2019, RV/7102220/2011

Pauschale Bemessungsgrundlage von Zahlungen für die Einräumung von Leitungsrechten gemäß § 107 Abs. 11 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom des Bf1 und der Bf.2, A. wohnhaft, vertreten durch LBG Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH, 1030 Wien, Boerhaavegasse 6/3,  gegen den Bescheid betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2008 

 zu Recht erkannt:  

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Art und Höhe der Einkünfte und ihr Verteilung auf die beteiligten Personen sind der am Ende der Entscheidung stehenden Berechnungstabelle zur Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 2008 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführer (in der Folge Bf. genannt) sind zu gleichen Teilen Mitunternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes. Nach einer abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt (FA) am einen geänderten Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO. Die von der EVN und ÖMV den Bf. 2008 geleisteten Zahlungen für die Einräumung des verbücherten Rechts zur Verlegung von Leitungen über ihren landwirtschaftlich genutzten Grund und Boden seien im Umfang von € 35.418,47 steuerpflichtige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (vgl. BP-Bericht vom , Seite 4-6). Im geänderten Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO wurden daher die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf € 64.602,29 angehoben. Im Erstbescheid vom war erklärungsgemäß € 29.183,82 festgestellt worden.

Die Bf. haben durch ihren steuerlichen Vertreter (StV) gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vom mit Schriftsatz vom rechtzeitig und formgerecht Rechtsmittel erhoben (Berufung, nunmehr Bescheidbeschwerde). Die Bf. begehrten mit ausführlicher Begründung, dass die steuerpflichtigen Komponenten der Entschädigung insgesamt nur € 10.382,63 betragen. Zudem wurde eine Verteilung dieser Einkünfte aus der Einräumung von Leitungsrechten auf drei Jahre gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 beantragt und die Entscheidung durch einen Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verlangt.

Mit BVE vom wurde das Rechtsmittel als unbegründet abgewiesen und in einer gesonderten Bescheidbegründung vom die Sachverhalts- und Rechtsbeurteilung der Abgabenbehörde im Detail dargelegt. Zum Antrag auf Einkünfteverteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG wurde angemerkt, dass die Zahlungen für Leitungsrechte, die gesetzlichen Voraussetzungen, wie sie in dieser Bestimmung gefordert werden, nicht erfüllen und deshalb diesem Antrag keine Folge zu geben sei.

Die Bf. stellten mit Anbringen vom gegen die BVE vom , zugestellt am , fristgerecht einen Vorlageantrag. Das Rechtsmittel wurde von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht samt Vorlagebericht und Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die den Bf. 2008 zugeflossenen Einnahmen von der EVN und der ÖMV für die Einräumung von Leitungsrechten sind aktenkundig und als erwiesene Tatsache zu beurteilen. Strittig ist vor allem, wie hoch bei diesen Zahlungen der Anteil echter Schadenersatzleistung für die durch die andauernd verlegten Leitungen verursachte Bodenwertminderung ist.

Im Lichte der zwischenzeitig geänderten Gesetzeslage haben die Parteien Einvernehmen über die steuerliche Behandlung dieser Zahlungen erzielt. Das Ergebnis der einvernehmlichen Streitbeilegung steht im Einklang mit den steuerlichen Bestimmungen und wird daher vom BFG der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Mit BGBl. 62/2018 wurde die steuerliche Behandlung von Einkünften aus Anlass der Einräumung vom Leitungsrechten im § 107 EStG 1988  einer umfassenden Regelung unterzogen. Diese Bestimmung lautet:

"(1) Einkünfte gemäß § 21, § 22, § 23, § 27, § 28 oder § 29 Z 3 in Zusammenhang mit dem einem Infrastrukturbetreiber (Abs. 2) eingeräumten Recht, Grund und Boden zur Errichtung und zum Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen im öffentlichen Interesse (Abs. 3) zu nutzen, unterliegen einer Abzugsteuer und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des von der Rechtseinräumung unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümers oder -bewirtschafters weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 11) beantragt wird.

(2) Infrastrukturbetreiber im Sinne dieser Bestimmung sind:

1. Elektrizitätsunternehmen (§ 7 Abs. 1 Z 11 des Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetzes 2010)

2. Erdgasunternehmen (§ 7 Abs. 1 Z 16 des Gaswirtschaftsgesetzes 2011)

3. Dem Mineralrohstoffgesetz, BGBl. I Nr. 38/1999, unterliegende Unternehmen, die Leitungsanlagen zum Zwecke des Transportes gasförmiger oder flüssiger Kohlenwasserstoffe betreiben

4. Fernwärmeversorgungsunternehmen (§ 10 Energieförderungsgesetz 1979)

(3) Die Nutzung von Grund und Boden liegt bei allen Maßnahmen im öffentlichen Interesse, die von Infrastrukturbetreibern zur Errichtung und zum Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen insbesondere nach Maßgabe der Bestimmungen des Elektrizitätswirtschafts- und – organisationsgesetzes 2010, des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, des Mineralrohstoffgesetzes oder des Energieförderungsgesetzes 1979 durchgeführt werden.

(4) Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer ist der bezahlte Betrag vor Berücksichtigung der Abzugsteuer, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang dieser Betrag die Rechtseinräumung, die Abgeltung einer gemäß § 3 Abs. 1 Z 33 steuerfreien Wertminderung oder sonstige Zahlungen (z. B. Entschädigungen für Ertragsausfälle, Wirtschaftserschwernisse, Wegebenützung oder für eine temporäre Nutzung einer Liegenschaft als Lagerplatz) betrifft. Die Umsatzsteuer ist nicht Teil der Bemessungsgrundlage.

(5) Die Abzugsteuer beträgt 10%.

(6) Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 7) haftet für die Entrichtung der Abzugsteuer.

(7) Abzugsverpflichteter ist der Schuldner der Einkünfte. Der Abzugsverpflichtete hat die Abzugsteuer bei jeder Zahlung einzubehalten und die in einem Kalenderjahr einbehaltenen Steuerbeträge in einem Gesamtbetrag spätestens am 15. Februar des Folgejahres an sein Betriebsfinanzamt abzuführen.

(8) Der Abzugsverpflichtete hat innerhalb der Frist des Abs. 7 dem Finanzamt eine Anmeldung elektronisch zu übermitteln, in der die Empfänger der Einkünfte zu bezeichnen und die auf diese entfallenden Steuerbeträge anzugeben sind. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den weiteren Inhalt der Anmeldung und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen. Der Empfänger der Einkünfte hat dem Abzugsverpflichteten für Zwecke der Anmeldung folgenden Daten bekannt zu geben:

1. Vor- und Familienname, Firma bzw. sonstige Bezeichnung

2. Wohnsitz oder Sitz

3. Falls vorhanden: Abgabenkontonummer

4. Bei natürlichen Personen: Die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG), wenn keine Abgabenkontonummer angegeben wird. Besteht keine Versicherungsnummer, ist das Geburtsdatum anzugeben.

(9) Mit der Entrichtung der Abzugsteuer durch den Abzugsverpflichteten gilt vorbehaltlich des Abs. 11 die Einkommensteuer in Bezug auf Einkünfte gemäß Abs. 1 als abgegolten.

(10) Dem Empfänger der Einkünfte ist die Abzugsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der Abzugsverpflichtete die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach Abs. 6 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder

2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Abzugsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

(11) Auf Antrag ist auf Einkünfte, von denen eine Abzugsteuer einbehalten worden ist, der allgemeine Steuertarif anzuwenden (Regelbesteuerungsoption). Sofern der Steuerpflichtige die Berücksichtigung der Einkünfte nicht in der von ihm nachzuweisenden Höhe beantragt, sind diese mit 33% der auf das Veranlagungsjahr bezogenen Bemessungsgrundlage (Abs. 4) anzusetzen."

Gemäß § 124b Ziffer 334 ist die Bestimmung des § 107 Abs. 11 zweiter Satz EStG auf alle zum Zeitpunkt der Kundmachung des Bundesgesetzes, BGBl I 62/2018, nicht rechtskräftig veranlagte Fälle mit Einkünften aus der Einräumung von Leitungsrechten anzuwenden.

In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (190 d. Beilagen XXVI. GP) wird dazu sinngemäß Folgendes ausgeführt:

"Anstelle der Belastung mit der Abzugsteuer kann in der Veranlagung die Regelbesteuerung beantragt werden (Abs. 11). Damit bleibt gewährleistet, dass die Einkünfte stets nach dem Einkommensteuertarif (§ 33), aber auch nach den auf Basis eines Gutachtens dargelegten tatsächlichen Verhältnissen besteuert werden können, wenn dies vom Betroffenen gewünscht wird, weil er dadurch z. B. gar keiner oder einer niedrigeren Steuerbelastung unterliegt. Die Bemessungsgrundlage ist dabei:

– 33% der Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer als pauschale Bemessungsgrundlage.

Da sich der Abzugsteuersatz auf den Gesamtbetrag bezieht, von dem die steuerfreie Komponente (insbesondere die Wertminderung) herauszuschälen ist, führt ein (durchschnittlicher) Steuersatz von 30%, bei einer Bemessungsgrundlage von 33% zu einem Steuersatz von 10% vom Gesamtbetrag.

Beantragt der Steuerpflichtige eine geringere Bemessungsgrundlage als 33% des an ihn bezahlten Betrages gemäß § 107 Abs. 4 EStG für Regelbesteuerung anzusetzen, ist diese den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bemessungsgrundlage von ihm durch Gutachten nachzuweisen.

Die Neuregelung soll auf Zahlungen ab dem anzuwenden sein; überdies sollen die zum Zeitpunkt der Kundmachung nicht rechtskräftig veranlagten Fälle durch Anwendung des Abs. 11 ebenfalls erfasst werden."

Aus dieser für den gegenständlichen Fall geltenden Rechtslage folgt, dass von dem an die Bf. geflossenen Auszahlungsbetrag im Sinne des § 107 Abs. 4 EStG in Verbindung mit § 107 Absatz 11 EStG 33% die Bemessungsgrundlage bilden. Grundsätzlich ist dieser Betrag den steuerpflichtigen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hinzuzurechnen.

Von den Bf. wurde ausdrücklich erklärt, dass sie mit dieser widerlegbaren gesetzlichen Vermutung des steuerpflichtigen Entgeltanteiles einverstanden sind.

Die Bf. haben gemeinsam im Jahr 2008 von der EVN netto € 34.758, 45 und der OMV € 8.443,36 erhalten, sodass sich ein Auszahlungsbetrag von € 43.201,81 als Bemessungsgrundlage errechnet. Daraus ergeben sich im Ausmaß von 33% steuerpflichtige Einkünfte von insgesamt € 14.256,59.

Die Parteien kamen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu der übereinstimmenden Rechtsauffassung, dass die Entschädigungsleistung für die Einräumung der Leitungsrechte insoweit die Voraussetzung des § 37 Abs. 2 Z. 2 iVm. § 32 Abs. 1 Z. 1 EStG erfüllt, als sie wegen eines künftigen Aufwuchsentganges oder eines sonstigen künftigen Einnahmenausfalls, für den die Leitungen im Grund und Boden kausal sind, geleistet werden. Der StV erklärte dazu, dass für mehrere Generationen – also ewig – die Leitungstrasse für künftige, höherwertige Nutzungen nicht mehr zur Verfügung steht. Beispielsweise ist eine Nutzung durch Obstbaumkulturen oder eine gärtnerische Glashausnutzung ausgeschlossen und auch Nutzungen durch später unter Umständen zulässige Bauvorhaben sind nicht mehr möglich. Die Entschädigung enthalte daher auch eine pauschale Abgeltung dieses potentiellen künftigen Einnahmenausfalls.

Die Parteien haben den Entschädigungsanteil zur Abgeltung dieses künftigen Einnahmenausfalls übereinstimmend gemäß § 184 BAO mit 20% der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage geschätzt. In dem gemäß § 107 Abs. 4 und Abs. 11 EStG steuerpflichtigen Entgelt (€ 14.256,59) sind somit gleichmäßig über drei Jahre zu verteilende Einkünfte gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG im Umfang von € 2.851,32 enthalten.

Beide Parteien haben einer gekürzten Erkenntnisausfertigung ausdrücklich zugestimmt. Die beschwerdeführende Partei hat den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und auf mündliche Verhandlung mit Schreiben vom zurückgenommen.

Berechnung und Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 2008:


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Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (EaL+F) 2008
Betrag in Euro
a) Laut Erklärung
29.183,82
stpfl. Einnahmen für Leitungsrechte, § 107/11 EStG
14.256,59
Einkünfteanteil gem. § 37/2/2 EStG
Zwischensumme
Verteilung Einkünfte 2008 bis 2010 jährlich
b) Zwischensumme
- 2.851,32
11.405,27
950,44
12.355,71
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 2008 (∑=a+b)
41.539,53
Anteil Bf.2, StNr. 1*****
20.769,76
Anteil Bf1, StNr. 2*****
20.769,76

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG). Die zu behandelnde Tatsachenfrage (Schätzung des Entgeltanteiles gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG ist keiner Revision zugänglich. Die Lösung der Rechtsfrage durch Anwendung der pauschalen Bemessungsgrundlage nach § 107 Abs. 4 und 11 EStG folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102220.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at