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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.02.2019, RV/7100080/2009

Voraussetzungen eines Mantelkaufs

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Grohe in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., St.Nr.- neu: ****, vertreten durch stV. GmbH, AdressestV. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Wien **''' vom betreffend Körperschaftsteuer 2006 zu Recht erkannt:

I.  Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erklärte in ihrem beim Finanzamt am eingereichten Jahresabschluss zum Stichtag  einen Verlust in Höhe von € 479,10, der im Körperschaftsteuerbescheid vom erklärungsgemäß veranlagt wurde und darin eine Mindestkörperschaftsteuer von € 1.750,00 festgesetzt wurde.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde eingewendet, dass bedingt durch den Eigentümerwechsel zum der Wechsel des Bilanzstichtages vom 31.12. auf den 30.6. jeden Kalenderjahres notwendig gewesen sei. Der Wechsel auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr begründe sich auf der rascheren und erleichterten Bilanzerstellung  zu diesem Zeitpunkt. Entsprechend dem Antrag auf Genehmigung des geänderten Bilanzstichtages zum 30.6. für das Wirtschaftsjahr 1.7. bis 30.6. des Folgejahres ab 2006 werde um Umstellung des Wirtschaftsjahres und antragsgemäße Entscheidung über die Berufung (Beschwerde) ersucht.

Die Bf. wurde im fortgesetzten Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde u.a. ersucht, die Jahresbeträge für 2006  (-in Form von neuen Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuererklärungen) bekanntzugeben. Ferner wurde die Bf. unter Bezugnahme auf die im Firmenbuch unter FN #### im Jahr 2006 eingetragenen Änderungen um Vorlage der Abtretungsverträge betreffend die Gesellschaftsanteile sowie des Gesellschaftsvertrages und dessen Änderungen ersucht sowie um entsprechende Angaben über die tatsächliche betriebliche Tätigkeit seit der Neuübernahme der Gesellschaftsanteile.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom  wurden erläuternde Erklärungen zum Antrag auf das abweichende Wirtschaftsjahr abgegeben, auf die gleichzeitig vorgelegten Steuererklärungen 2006 verwiesen und die abverlangten Verträge zu den Firmenbuchänderungen vorgelegt. Zur Frage des Unternehmensgegenstandes wurde ebenfalls auf den beiliegenden Gesellschaftsvertrag verwiesen,  wonach seit der Gründung keine Änderung des Unternehmensgegenstandes erfolgt sei. Und auch hinsichtlich der tatsächliche Unternehmenstätigkeit hätten sich - laut Auskunft der Geschäftsführung- keine Änderungen ergeben. 

Die am eingereichte Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2006 wies nunmehr  Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 33.486,73 aus sowie unter der Kennzahl 619 in Vorjahren entstandene Verluste  in Höhe von € 129.130,63, die als Sonderausgaben geltend gemacht wurden.

Das Finanzamt übermittelte daraufhin der Bf. ein Ergänzungsersuchen mit folgendem Inhalt:

"Mit Bezug auf das Schreiben mit Bezug der steuerlichen Vertretung vom   sowie die Körperschaftsteuererklärung für 2006 mit Datum vom :  erklärte Verlustabzüge aus Vorjahren in Höhe von Euro 129.130,63.

A) Die im AIS erfassten offenen Verlustabzüge für 2006 betragen Euro 112. 742,25. Um Aufklärung des Unterschiedsbetrages wird ersucht.

B) § 8 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988-Mantelkauf:

Aufgrund der Eintragungen in Firmenbuch zu FN **''' g  ergibt sich hinsichtlich der Vorgänge im Juni 2006, dass
- alle Gesellschafter gewechselt haben und dass
- der Geschäftsführer gewechselt hat.
Aufgrund der Aktenlage ergibt sich, das der Betrieb bereits eingestellt gewesen war (siehe Bilanzen zum , und ).
Der Unternehmensgegenstand ist zwar unverändert geblieben, doch steht dieser Umstand im Hinblick auf die gewichtigeren anderen Änderungen einer Bewertung der Vorgänge als Mantelkauf mit der Folge des Verlustes der Verlustvorträge nicht entgegen (siehe beiliegende Kopie des Erkenntnisses des  Zl. 2005/13/0045).
Es wird ersucht, den Kaufvertrag über den Anteilerwerb von Herrn Kommerzialrat NN1 an der xy-  GmbH vorzulegen.
Weiters wird hiermit Gelegenheit geboten, Gründe vorzubringen, die gegen eine Bewertung der Vorgänge als Mantelkauf sprechen."


Im diesbezüglichen Antwortschreiben der Bf. vom wurde Folgendes ausgeführt:

 "ad A) Die Differenz kann nicht aufgeklärt werden, da die Verlustvortragswerte vom früheren steuerlichen Vertreter übernommen wurden. Es wird daher davon ausgegangen, dass die Daten der Finanzverwaltung stimmen.


ad B) Es wird auf die Beilagen verwiesen.

Zum Mantelkauf wird auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass Herr NN2von einen Kurator vertreten wurde (Vgl. Beilage). Dem ausscheidenden Gesellschafter Geschäftsführer (Herrn NN3) wurde gesellschaftsvertraglich ein Recht auf die Geschäftsführerstellung (Einzelvertretungsbefugnis) bis zum Ausscheiden als Gesellschafter eingeräumt. Die Übernahme der Anteile durch Herr Kommerzialrat NN1  bewirkte einerseits das gesellschaftsvertraglich geregelte Ausscheiden des einzigen Geschäftsführers (organisatorische Struktur) und eine Änderung der Gesellschafterstruktur. Die wirtschaftliche Struktur blieb wie schon im zweiten Ergänzungsersuchen angemerkt unverändert.

Es soll mit diesen Ausführungen zum Ausdruck gebracht werden, dass es schwierig ist ein Unternehmen mit einem Sachwalter als Gesellschafter zu führen und gleichzeitig einen Gesellschaftergeschäftsführer zu haben, der entsprechende gesellschaftsvertragliche Sonderrechte hat. Aus diesem Grund war es daher notwendig, gleichzeitig eine Änderung der organisatorischen und Gesellschafterstruktur herbeizuführen. Letztlich wird auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass laut Rz. 1183 letzter Absatz der KStRL "die Reaktivierung eines ruhenden Betriebes, der in betriebsbereitem Zustand ist, keine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur begründet."

Das Finanzamt versagte in der Berufungsvorentscheidung (Beschwerdevorentscheidung) betreffend  Körperschaftsteuer 2006 den Verlusten die Abzugsfähigkeit mit folgender Begründung:

"Gemäß § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988, in der Fassung nach dem VfGH-Erkenntnis vom (G 441,442/97 ua), ist bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in der Höhe von 5 % eines Viertels der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals (35.000 € für Gesellschaften mit beschränkter Haftung und 70.000 € für Aktiengesellschaften) zu entrichten.

Der Verlustvortrag wurde gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 und 3 EStG 1988 gekürzt.

Aufgrund des Abtretungsvertrages v. ist NN1 auf entgeltl. Grundlage Alleingesellschafter der xy- GmbH geworden. Dieser Abtretungsvertrag ist erst im Mai 2006 rechtswirksam geworden. Der Abtretungspreis war je Anteil 1 Euro. Im Juni 2006 wurde der im FB eingetragene Geschäftsführer NN3 von NN1 abgelöst und der Firmenwortlaut auf Bf. geändert. Der Betrieb ist bereits im Jahr 2004 eingestellt gewesen, sodass im Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Abtretungsvertrages kein ruhender Betrieb vorlag. Der Unternehmensgegenstand lt. Punkt III des Gesellschaftsvertrages ist zwar unverändert geblieben, doch steht dieser Umstand im Hinblick auf die gewichtigeren anderen Änderungen einer Bewertung der Vorgänge als Mantelkauf nicht entgegen (siehe Zl. 2005/13/0045).

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist die Identität des Steuerpflichtigen wirtschaftlich nicht mehr gegeben. Daher steht gemäß § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG 1988 der Verlustabzug i.H.v. 112.742,25 Euro nicht zu."

In dem gegen die BVE fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wird folgendes eingewendet:

"Die Berufung richtet sich gegen die Nichtberücksichtigung der Verlustvorträge iHv. € 112.742,25 bei der Ermittlung des Einkommens 2006 und gegen die Nichtberücksichtigung des Verlustes 2007 (€ 2.577,76) als Verlustvortrag (sh. Bescheidbegründung):

Als Begründung wird auf das Schreiben der Kanzlei vom verwiesen und nochmals auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass Herr NN4von einem Kurator vertreten wurde.

Zur Begründung im Körperschaftsteuerbescheid wird wie folgt Stellung genommen:

Gemäß § 8 (4) 2 KStG müssen die Änderungen kumulativ erfüllt sein und keine Identität nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich gegeben sein. Weiters wird Entgeltlichkeit vorausgesetzt. Die einzelnen in § 8  Abs. 4 Z 2 KStG genannten Kriterien sind also

-die wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage

-die wesentliche Änderung in der Organisationsstruktur und

-die wesentliche Änderung in der wirtschaftlichen Struktur (die Gesellschaft verwaltet bzw. makelt nach wie vor Immobilien).

Nach herrschender Auffassung geht der Verlustabzug nur dann verloren, wenn sämtliche Veränderungskriterien kumulativ erfüllt sind. Im Umkehrschluss genügt es daher, wenn nur ein Strukturänderungselement nicht erfüllt ist, um die Anwendung des Mantelkaufes zu verhindern.

Dazu ist anzumerken. dass der Unternehmensgegenstand nach wie vor unverändert ist (wie schon in der Bescheidbegründung festgehalten wird).

Weiters wird in der Bescheidbegründung angeführt, dass der Abtretungspreis mit 1 € bemessen wurde und sohin offenbar Entgeltlichkeit unterstellt wird. Nachdem sich Unternehmer gegenseitig nichts zu schenken haben, der Kaufpreis für die Anteile 1 € betrug und mit diesem beispielsweise ein Vielfaches an verrechenbarer Mindestkörperschaftsteuer erworben wurde, ist wirtschaftlich betrachtet nicht von Entgeltlichkeit auszugehen. Lt. Bauer/Quantschnigg/SchellmannlWerilly/Renner, KStG 1988 Tz. 292 zu § 8 "hat die Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage vor sich zu gehen. Eine Änderung auf Grund einer Erbschaft oder einer Schenkung, und zwar auch bei gleichzeitiger Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur, führt somit zu keinem Mantelkauf.

Allerdings stellt ein Kauf der Anteile um einen symbolischen Betrag idR ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, weil damit im Normalfall Verbindlichkeiten übernommen werden, die den Barverkaufspreis gesenkt haben.

Gleiches gilt,  wenn sich für eine an sich unentgeltliche Anteilsübertragung ein wirtschaftlicher Ausgleichsposten finden lässt.

Im konkreten Fall wurden keine Schulden übertragen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Verkauf der Anteile um einen symbolischen Euro ohne Schulden zu übernehmen, wohl nicht als entgeltlicher Vorgang angenommen werden kann.

Es wird daher der Antrag gestellt, die o.a. Verlustvorträge bei der Ermittlung des Einkommens 2006 und Folgejahre entsprechend zu berücksichtigen bzw. den Verlust 2007 als vortragsfähigen Verlust anzuerkennen."

Die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2006 wurde dem damals als Rechtsmittelbehörde zuständigen UFS zur Entscheidung vorgelegt.

Die  Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2007 wurde nach erfolgter Zurücknahme mit Bescheid vom durch das Finanzamt als gegenstandslos erklärt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Dementsprechend stellt das Bundesfinanzgericht auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

1. Feststellungen

Die xy- GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom , FN #### mit dem Unternehmensgegenstand Vermittlung, Ankauf, Verkauf von Immobilien; Immobilienverwaltung und Gewerbe des Immobilienmaklers sowie Handel mit Waren aller Art gegründet. Gesellschafter waren NN3 mit einem einer Stammeinlage von ATS 255.000 (51 %) entsprechenden Geschäftsanteil und  NN4 mit einem einer Stammeinlage von ATS 245.000 (49 %) entsprechenden Geschäftsanteil. Zu Geschäftsführern mit Einzelvertretungsbefugnis für die Dauer ihrer Zugehörigkeit als Gesellschafter wurden lt. Gesellschaftsvertrag  NN3, wohnhaft in  O und NN4, wohnhaft in Nassau-Bahamas bestellt. Mit  Beschluss des HG Wien vom wurde NN4 als Geschäftsführer abberufen, sodass fortan nur noch NN3 als Geschäftsführer fungierte.
Mit Abtretungsvertrag vom ist in weiterer Folge Kommerzialrat NN1 auf entgeltlicher Grundlage Alleingesellschafter der vorgenannten xy- GmbH geworden. NN3 und NN4 haben darin ihre Geschäftsanteile um den Abtretungspreis von jeweils 1 Euro an NN1 abgetreten. Dieser Abtretungsvertrag wurde laut Punkt 12. aufschiebend bedingt durch die pflegschaftsbehördliche Genehmigung abgeschlossen, da der auf den Bahamas wohnhafte Gesellschafter NN4 von einem Abwesenheitskurator vertreten worden ist und ist erst aufgrund des diesbezüglichen Beschlusses des Bezirksgerichts Innere Stadt vom rechtswirksam geworden (§ 696 ABGB). Im Juni 2006 wurde der im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführer NN3 von Kommerzialrat NN1 abgelöst und der Firmenwortlaut auf Bf. geändert. Mit Abtretungsvertrag vom trat der nunmehrige Alleingesellschafter Kommerzialrat NN1 je einen einer voll eingezahlten Stammeinlage von 50.000 ATS entsprechenden Anteil um den Abtretungspreis von Euro 1,00 an NM1 und  NM2 ab. Mit außerordentlichen Generalversammlungsbeschluss vom wurde sodann der Firmenwortlaut der Gesellschaft von derzeit xy- GmbH in Bf. geändert. Weiters wurde der Geschäftsführer NN3 mit sofortiger Wirkung abberufen und NN1 zum Geschäftsführer bestellt. Das Geschäftsjahr wurde dahingehend geändert dass dieses mit 1. Juli beginnt und mit 30. Juni endet.  Mit einem weiteren Änderungsantrag ( eingetragen im Firmenbuch am ) wurde der Gesellschaftsanteil von NM2 (ATS 50.000) wiederum an den Gesellschafter NN1 rückübertragen, sodass fortan nur noch die beiden Gesellschafter NN1 (90%) und NM1 (10%) an der GmbH beteiligt waren.

Unstrittig ist auch die betragsmäßige Höhe der in den Vorjahren 1997-2005 entstandenen Verluste, die die belangte Behörde mit € 112.742,25 errechnet hat und seitens der Bf. nach entsprechendem behördlichen Vorhalt unwidersprochen blieb.

2. Beweiswürdigung

Die allgemeinen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und der Einsicht ins Firmenbuch (unter der Firmenbuchnummer FN ####), entsprechen dem von der belangten Behörde in der BVE festgestellten Sachverhalt und wurden von der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht bestritten. Darüber hinaus ergeben sich auch keinerlei Hinweise aus dem Verwaltungsakt, die an der Richtigkeit des diesbezüglich festgestellten Sachverhaltes zweifeln lassen.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 steht der Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf).

Für den Gesetzgeber erwies sich eine gesetzliche Regelung des sogenannten Mantelkaufes als geboten um Bestrebungen entgegentreten zu können, Verluste zum Gegenstand von Erwerbsvorgängen zu machen. Die Regelung sollte daher für Extremfälle, in denen eine vollkommene Strukturänderung einer Körperschaft mit einer Veränderung der Eigentümerstellung auf entgeltlicher Grundlage im Zusammenhang steht, eine Rechtsgrundlage zur Versagung des Verlustvortragsrechtes bei der zivilrechtlich ident bleibenden Körperschaft schaffen (vgl. ErlRV 622 BlgNR 17. GP).

Der gesetzliche Mantelkauftatbestand bringt daher die Rechtsfolge des Untergangs des Verlustvortragsrechts mit einer gesamthaften wesentlichen Änderung der Strukturen der Körperschaft innerhalb eines überschaubar kurzen Zeitraums in Verbindung. Voraussetzung für die Versagung des Verlustabzugs ist, dass es zwischen dem Zeitpunkt des Entstehens eines Verlusts und dem Zeitpunkt des Verlustabzugs zu einem Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft gekommen ist. Die wirtschaftliche Identität geht dabei verloren, wenn wesentliche Änderungen der wirtschaftlichen und der organisatorischen Struktur mit wesentlichen Änderungen der Gesellschafterstruktur einhergehen ( mit Verweis auf die Erkenntnisse vom , 2001/14/0135, und vom , 2007/15/0090).

Der klassische Fall eines steuerlich motivierten Mantelkaufs ist die entgeltliche Übertragung von "leeren Hülsen", also insbesondere von Gesellschaftsanteilen an Kapitalgesellschaften, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit eingestellt haben und von der nur mehr das Rechtskleid der juristischen Person samt deren Verlustvorträgen verblieben ist (vgl. dazu Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG § 8 Tz 542).

Die Versagung des Verlustabzugs tritt nur dann ein, wenn die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 kumulativ erfüllt sind. Die einzelnen Tatbestandselemente können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Nach herrschender Meinung kann unter Berücksichtigung des Gesamtbilds ein Mantelkauf auch dann vorliegen, wenn ein Änderungselement etwas schwächer, dafür aber die anderen Elemente so stark ausgeprägt sind, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Identität des Steuerpflichtigen nicht mehr gegeben ist (Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG § 8 Tz 573).

Die Reihenfolge, in der die einzelnen Tatbestandsmerkmale verwirklicht wurden, spielt keine Rolle (). Gleichermaßen legt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch keinen festen Zeithorizont fest. Dem Faktor Zeit wird in der Rechtsprechung lediglich Indizwirkung beigemessen, die umso schwächer wird, je länger sich die Zeitspanne erstreckt innerhalb der die einzelnen Strukturänderungen vorgenommen worden sind. Vielmehr ist ein planmäßiger Zusammenhang zwischen den einzelnen Strukturänderungen ausschlaggebend (vgl. dazu Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2018, § 8, Tz 245).

Geht z.B. die Änderung der wirtschaftlichen Strukturen sukzessive vor sich, liegt ein dem Verlustabzug schädlicher Mantelkauf dann noch vor, wenn die einzelnen Schritte der Änderung in einem inneren Zusammenhang stehen (). Zu beachten ist weiters, dass die Rechtsfolgen von § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 auch unabhängig davon eintreten, ob vom Abgabepflichtigen ein außersteuerlicher Grund für den Mantelkauf vorgebracht werden kann oder nicht ().

Zu prüfen war daher, ob vor diesem Hintergrund die Voraussetzungen für die Versagung des Verlustabzugs gem. § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 im gegenständlichen Fall vorlagen.

a) Wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur

Es ist unbestritten, dass es bei der beschwerdeführenden Gesellschaft im Juni 2006 mit der entgeltlichen Abtretung der Gesellschaftsanteile vorerst an NN1 als Alleingesellschafter und in weiterer Folge an NM1 und NM2 zu einer gänzlichen  Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Basis gekommen ist.

Die Abtretung erfolgte um je einen Euro und somit gegen Entgelt (vgl. Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer ( KStG 1988) ( 27. Lfg 2015), § 8 Tz 292/1). Denn auch der Kauf der Anteile um einen symbolischen Betrag ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ein entgeltliches Rechtsgeschäft, wobei in dem Zusammenhang auch die in Aussicht gestellten Verlustvorträge nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

b) Wesentliche wirtschaftliche Strukturänderung

Nach der herrschenden Lehre liegt eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur iSd § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit im Hinblick auf sämtliche bisherige Tätigkeitsbereiche verloren geht. Für eine Änderung der wirtschaftlichen Einheit ist entweder eine hinreichend große Erhöhung des Vermögens oder eine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstandes oder eine kombinierte Änderung beider Parameter erforderlich (vgl. dazu Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG § 8 Tz 548). Diese Änderung kann somit auch dann eintreten, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert.

Aus der Aktenlage (Bilanzen zum , und zum )  ergibt sich, dass die beschwerdeführende Gesellschaft zumindest bereits im Jahr 2005 ihre operative Geschäftstätigkeit eingestellt hat. Es sind weder Umsatzerlöse ausgewiesen noch Personalaufwand oder sonstige betriebliche Forderungen in den GuV-Rechnungen ersichtlich. Die Bf. hat in diesen Jahren über kein Anlage-und Umlaufvermögen mehr verfügt, die Gesellschaft war somit völlig vermögenslos, die Bilanzsummen waren in diesen Geschäftsjahren Null, während bei der "Folgegesellschaft" zum die Bilanzsummen rund  € 235.000 bzw. zum rund € 180.000 betragen. Diese wesentliche Vermögensänderung manifestierte sich in unmittelbarem zeitlichen Konnex mit dem Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel und ist damit auch das Kriterium der wesentlichen wirtschaftlichen Strukturänderung iSd § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 erfüllt.

c) Wesentliche organisatorische Strukturänderung

Unter "organisatorischer Struktur" iSd Vorschrift wird nach herrschender Lehre eine Änderung der Leitung und Verwaltung der Körperschaft in Form ihrer gesetzlichen Vertreter verstanden. Wesentlichkeit ist dann gegeben, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der geschäftsleitenden Funktionäre in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs fraktioniert ersetzt werden. Ein fixer Prozentsatz ist nicht vorgegeben. Nach der Verwaltungspraxis soll von einem Vorliegen der wesentlichen Änderung der organisatorischen Struktur jedenfalls ab einem Wechsel von 75 % der willensbildenden Organe der Gesellschaft auszugehen sein. Bei einem geringeren Ausmaß sei demnach eine schädliche Veränderung der organisatorischen Struktur dann anzunehmen, wenn die wirtschaftlichen Strukturänderungen stärker ausgeprägt sind (vgl. dazu Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2018, § 8 Tz 247f).

Im gegenständlichen Fall ist unstrittiger Weise jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit dem Gesellschafterwechsel mit NN1 auch ein neuer Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis bestellt worden, der offensichtlich auch tatsächlich die Geschäfte führt. Die wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur ist somit evident und bedarf keiner weitergehenden Erörterung.

Abschließend ist festzuhalten, dass nach herrschender Meinung -wie auch bereits die belangte Behörde zutreffend in ihrer Beschwerdevorentscheidung dargelegt hat- nicht sämtliche Tatbestandsmerkmale in derselben Ausprägung erfüllt sein müssen. Entscheidend für die Verwirklichung eines Mantelkaufs ist vielmehr das Gesamtbild der Verhältnisse (vgl. dazu Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, 2. Aufl. 2018, § 8 Tz 244).

d) Planmäßiger Zusammenhang

Die zeitliche Reihenfolge der organisatorischen, wirtschaftlichen und beteiligungsmäßigen Strukturänderungen ist nach herrschender Auffassung irrelevant, solange es im Ergebnis zu einer Änderung der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft kommt. Die einzelnen Strukturänderungen müssen nicht notwendigerweise innerhalb eines kurzen Zeitraums durchgeführt werden. Entscheidend für einen Mantelkauf ist ein planmäßiger Zusammenhang zwischen den einzelnen Änderungen (vgl. dazu Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG § 8 Tz 574). Treten die Änderungen nicht in einem Jahr ein, so wird nur bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs zwischen den Etappen der Änderung von einem Mantelkauf auszugehen sein (vgl zuletzt ).

Aufgrund der zeitlichen Nähe der relevanten Ereignisse (Verkauf der Anlagegüter im Geschäftsjahr 2005, kein Anlage- und Umlaufvermögen im darauf folgenden Rumpfwirtschaftsjahr, keine operative Geschäftstätigkeit, kompletter Gesellschafter-und Geschäftsführerwechsel im Juni 2006) ist der planmäßige Zusammenhang zwischen den einzelnen Tatbestandselementen im Beschwerdefall evident. Im Zeitpunkt des Beginns der umfassenden organisatorischen, wirtschaftlichen und beteiligungsmäßigen Strukturänderung im Juni 2006 hat die Bf. im Wesentlichen nur mehr aus einer leeren Unternehmenshülse bestanden. Die Bf. hat unter den Folgeeigentümern ihre Unternehmenstätigkeit mit einer wesentlich anders gestalteten Vermögensstruktur ausgeübt. Die Identität der Gesellschaft ist daher auf Grund der wesentlichen Strukturänderungen seither eine andere. Das Gesamtbild der dargestellten Verhältnisse legt den Schluss nahe, dass die Verwertung der Vorjahresverluste ein steuerrechtliches Primärziel für den Erwerb der Bf. durch die Folgeeigentümer  war (vgl. BFG, , RV/5101506/2017 und BFG, , RV/7100158/2014).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid somit zu Recht die Verluste der vorangegangenen Jahre in Höhe von insgesamt €  112.742,25  wegen Vorliegens eines Mantelkaufs im Jahr 2006 gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 vom Verlustabzug ausgeschlossen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung des Beschwerdefalls war insbesondere von der Beurteilung der Tatsachenfrage abhängig, ob durch die Folgegesellschafter eine wesentliche wirtschaftliche Strukturänderung bei der Bf. herbeigeführt wurde. Tatsachenfragen sind einer ordentlichen Revision nicht zugänglich. Im übrigen folgte die Entscheidung bei den zu behandelnden Rechtsfragen zum Mantelkauf der ständigen einhelligen Rechsprechung des VwGH. Ein Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Mantelkauf
Strukturänderung
wirtschaftliche Strukturänderung
organisatorische Strukturänderung
Gesellschafterstruktur
Verlustabzug
Zitiert/besprochen in
Raab/Renner in BFGjournal 2019, 458
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100080.2009

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at