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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2019, RV/1100375/2017

Besteuerung ausbezahlter Pensionskassenguthaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die XX in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Mag. Dr. Rudolf Rudari, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, Felderstraße 5, 6706 Bürs, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Die im Inland wohnhafte und am xxx geborene Beschwerdeführerin (im Folgenden abgekürzt: Bf.) war bis zum  nichtselbständig in der Schweiz tätig. Mit trat die Bf. in den ordentlichen Ruhestand. Infolge eines bei der Pensionskasse ihres Schweizer Arbeitgebers eingebrachten Antrages wurde der Bf. ihr Pensionskassenguthaben in Höhe von 152.092,50 CHF nach Abzug von Quellensteuer in Höhe von 10.196,80 CHF mittels Banküberweisung ausbezahlt.

Mit Bescheid vom wurde das gesamte ausbezahlte Pensionskassenguthaben der Tarifsteuer unterworfen, wodurch sich eine Einkommensteuernachforderung in Höhe von 61.638,00 € ergab.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde die Anrechnung der in der Schweiz einbehaltenen Quellensteuer in Höhe von 10.196,80 CHF beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, gemäß Art. 18 DBA Schweiz dürften Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt würde, nur in diesem Staat besteuert werden. Im Fall der abkommenswidrigen Einbehaltung der Quellensteuer könne die Bf. eine Rückerstattung in der Schweiz beantragen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde das Beschwerdebegehren abgeändert. Nunmehr wird nicht mehr die Anrechnung der in der Schweiz einbehaltenen Quellensteuer beantragt, sondern die Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 für das ausbezahlte Alterskapital. Begründend wurde auf das Erkenntnis des , verwiesen sowie auf die Erkenntnisse des , und vom , 2006/15/0258. Weiters wurde ausgeführt, gegenständlich handle es sich um eine Zusammenballung von Einkünften, da diese Altersguthaben über einen längeren Zeitraum angespart worden seien. Für solche Fälle sei im österreichischen EStG regelmäßig eine gewisse Begünstigung vorgesehen, beispielsweise in § 37 EStG 1988 oder in § 67 leg. cit. In diesem Licht sei auch die Drittelbegünstigung zu sehen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Strittig ist im konkreten Fall, ob das ausbezahlte Pensionskassenguthaben wie ein laufender Bezug zur Gänze der Tarifsteuer zu unterziehen ist oder ob im Beschwerdefall die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 zur Anwendung kommt.

Der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt wird der obig dargestellte Sachverhalt.

Maßgeblich sind im zu beurteilenden Fall die folgenden Normen:

  • Innerstaatliches Recht

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes).

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteigt, mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt.

Gemäß § 67 Abs. 10 1988 sind sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.

Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

Gemäß § 1 Abs. 1 Pensionskassengesetz ist eine Pensionskasse ein Unternehmen, das nach diesem Bundesgesetz berechtigt ist, Pensionskassengeschäfte zu betreiben.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Pensionskassengesetz dürfen die von einer Pensionskasse auszuzahlenden Pensionen nur dann abgefunden werden, wenn bei Eintritt des Leistungsfalles der Barwert des Auszahlungsbetrages 9 300 Euro nicht übersteigt.

  • Zwischenstaatliches Recht

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der Folge kurz: DBA Schweiz) bedeutet der Ausdruck “eine in einem Vertragsstaat ansässige Person” eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Gemäß Art. 18 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

  • Schweizer Recht

Gemäß Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom (BVG) idgF umfasst die berufliche Vorsorge alle Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 BVG beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses, für Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Nach Abs. 2 leg. cit. endet die Versicherungspflicht unter Vorbehalt von Artikel 8 Absatz 3, wenn das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13), das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, der Mindestlohn unterschritten wird oder der Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung endet.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 BVG haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. a) und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. b) Anspruch auf Altersleistungen.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BVG werden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in der Regel als Rente ausgerichtet.

Gemäß Art. 37 Abs. 4 lit. a BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten eine Kapitalabfindung an Stelle einer Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenrente wählen können.

  • Reglement der Vorsorgeeinrichtung

Gemäß Ziffer 5.4.1 zweiter Satz dieses Reglements hat die versicherte Person frühestens ab dem vollendeten 58. Altersjahr die Möglichkeit, sich vorzeitig pensionieren zu lassen.

Wird eine versicherte Person pensioniert, so hat sie gemäß Ziffer 10.1.1 dieses Reglements Anspruch auf eine lebenslängliche Altersrente.

Gemäß Ziffer 10.3.1 dieses Reglements kann die versicherte Person anstelle der Altersrente die Auszahlung der Altersleistung in Form eines Kapitals verlangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt (siehe dazu z.B. ; , Ra 2018/15/0086) mit dem im EStG nicht näher definierten Begriff "Pensionsabfindung", der sich unter anderem in § 124b Z 53 EStG 1988 findet, explizit auseinandergesetzt. Das Höchstgericht kam zum Ergebnis, dass eine "Abfindung" eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung nicht vorliegt, wenn dem Anwartschaftsberechtigten das freie Wahlrecht (obligatio alternativa) zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert (als Kapitalanspruch) andererseits eingeräumt ist. § 124b Z 53 EStG 1988 setzt somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) dem Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mit Hinweis auf , und ; ebenso jüngst , und ).

Im Beschwerdefall stand der Bf. gemäß Art. 37 BVG iVm Ziffer 10 des Reglements der Vorsorgeeinrichtung die Wahl zwischen einer lebenslänglichen Altersrente und einer Kapitalabfindung zu.

Der Beschwerdefall ist damit nicht vergleichbar mit dem dem Erkenntnis des , zugrunde liegenden Sachverhalt. In dem dem zitierten Erkenntnis zugrunde liegendem Fall ging es ebenso wie in den Erkenntnissen des , und vom , 2006/15/0258, um eine Austrittsleistung aufgrund des Freizügigkeitsgesetzes nach Beendigung des ausländischen Dienstverhältnisses und dem damit verbundenen endgültigen Verlassen der Schweiz. Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses wurde auch das Versorgungsverhältnis mit der betrieblichen Pensionskasse ex lege beendet. Die Anspruchsberechtigten hatten gegenüber der Pensionskasse nur einen Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung. Die Möglichkeit, weiter in der betrieblichen Pensionskasse zu verbleiben und später eine Altersrente aus dieser Pensionskasse zu beziehen, bestand nicht. Nur deshalb schadete die "Freiwilligkeit der Entscheidung", sich die Austrittsleistung oder einen Teil davon auszahlen zu lassen, der Inanspruchnahme der Drittelbegünstigung nicht (siehe auch den diesbezüglich ergangenen ). Ein solcher Fall liegt beschwerdegegenständlich nicht vor.

Die hier vertretene Rechtsansicht wird auch durch eine teleologische Interpretation des § 124b Z 53 EStG gestützt.

Die parlamentarischen Erläuterungen zur Regierungsvorlage 927 BlgNR 21. GP führen zu § 124b Z 53 aus:

„Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern“.

Zweck der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG ist es demnach, die bei einer Pensionsabfindung infolge der Zusammenballung der Bezüge gegenüber einer Rente greifende höhere Progression und damit eintretende höhere Steuerlast durch die steuerliche Befreiung eines Drittels der Abfindung in jenen Fällen abzumildern, in denen der Anwartschaftsberechtigte keine andere Möglichkeit hat, als die Pension in Form einer Pensionsabfindung in Anspruch zu nehmen (vgl. ).

Hat die Anwartschaftsberechtigte aber wie im Beschwerdefall die freie Wahl, die Pension als Rente oder als Einmalzahlung ausbezahlt zu bekommen, so liegt es gleichzeitig auch in ihrer Disposition, ob für die Besteuerung eine höhere oder geringere Progression zur Anwendung gelangt. Entscheidet sie sich für die Einmalzahlung, so liegt in der Anwendung einer höheren Progressionsstufe bzw. im Greifen einer höheren Steuerlast als bei Bezug einer Rente auch kein unbilliges Ergebnis vor. Denn sie hätte sich ja für die Ausbezahlung der Pension in Form einer Rente entscheiden können.

Gesamthaft ergibt sich aus obigen Ausführungen, dass im Beschwerdefall mangels Vorliegens einer "Pensionsabfindung" (Abfindung eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung) die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 nicht zur Anwendung kommt.

III. Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wie obig dargelegt wurde, ist die in Streit stehende Rechtsfrage höchstgerichtlich geklärt. Da das Bundesfinanzgericht mit dieser Entscheidung nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen ist, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 67 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 1 PKG, Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990
§ 1 Abs. 2 Z 1 PKG, Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990
Art. 4 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 18 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100375.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at