Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 23.01.2019, RV/7100168/2019

Zurückweisung als verspätet (hier: Elektronische Versendung eines Telefaxes mit vertauschtem Fristerstreckungsantrag durch den Parteienvertreter)

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache N.N., Adresse1, vertreten durch RA, Adresse2, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling betreffend Einkommensteuer 2016 beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO iVm § 278 Abs 1 lit a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) übermittelte am  seine 
Einkommensteuererklärung 2016 auf elektronischem Weg. Nach Eingang einer Kontrollmitteilung bei der belangten Behörde wurde dem Bf. mit ein Ersuchen um Ergänzung betreffend Grundstücksveräußerung der Eigentumswohnung in ZZ, hinsichtlich des Verkaufs im Jahr 2016 übermittelt. Das Ergänzungsersuchen wurde nach mehrmaligen Anträgen auf Fristerstreckung zur Beantwortung (Schreiben von , , und ; letztmalige Gewährung der Fristerstreckung bis laut Bescheid vom ) mit Schreiben vom beantwortet.

Im Einkommensteuerbescheid vom wurde   unter "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 30%)" ein Betrag von EUR 4.116,00 festgesetzt. Zu dieser Festsetzung wurde eine mit datierte und mit approbierte gesonderte Bescheidbegründung erlassen.
Die belangte Behörde nahm mit Bescheid vom  das Einkommensteuerverfahren wieder auf, da dem Finanzamt aufgrund einer Mitteilung über steuerfreie Einkommensersätze (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, bestimmte Bezüge als Soldat oder Zivildiener) Umstände nachträglich bekannt wurden aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung und ergab. Im neuen Sachbescheid wurde die Einkommensteuer mit EUR 4.679,00 (bisher: EUR 3.302,00) festgesetzt, eine Änderung bezüglich Einkünfte aus Grundstücksveräußerung iHv EUR 4.116,00 erfolgte nicht.


Der Bf. beantragte zur Einbringung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 mehrere Fristverlängerungen:
Antrag vom mit Fristerstreckung bis ,
Antrag vom mit Fristerstreckung bis ,
Antrag vom mit Fristerstreckung bis (Sonntag),
Antrag vom (Montag) mit Fristerstreckung bis ,
Antrag vom mit Fristerstreckung bis ,
Antrag vom mit Fristerstreckung bis .

Mit Telefax vom brachte der Bf. durch den Parteienvertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.

In einer weiteren Telefaxsendung vom brachte der Bf. Beschwerde durch den Parteienvertreter gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 ein. Angefochten wurde die festgesetzte Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen iHv EUR 4.116,00.

Die belangte Behörde wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid vom ab. Unter Heranziehung der §§ 308f BAO bzw § 1332 ABGB und der entsprechende Judikatur wurde in der Abweisung zur Begründung ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall der Wiedereinsetzungsantrag auf ein behauptetes Versehen der Steuerberatungskanzlei des gewillkürten Vertreters gestützt sei, ohne jedoch im Wiedereinsetzungsantrag darzulegen, wem dieses Versehen tatsächlich unterlaufen sei. Konkret seien zwei Schreiben vertauscht worden, das mit dem falschen Datum sei abgesendet worden, kalendiert sei allerdings das Schreiben mit dem gewünschtem Datum worden. Im Fall sei zwar ein Schriftstück an die Behörde rechtzeitig abgesendet worden, es hätte sich aber um das falsche Schriftstück gehandelt, das Ende der Frist sei nicht mit (sowie im an die Behörde übermittelten Schreiben beantragt ), sondern mit im Vormerkkalender eingetragen worden, dadurch bedingt sei es zu der Fristversäumnis gekommen. Mit dem Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung sei es nicht gelungen, zweifelsfrei darzulegen, dass den steuerlichen Vertreter an der Versäumung der Frist (Verlängerung der Rechtsmittelfrist) kein den minderen Grad des Versehens nicht übersteigendes Verschulden treffe.    

Ebenfalls am erging die Beschwerdevorentscheidung zur Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016. Die belangte Behörde wies das eingebrachte Rechtsmittel zurück, weil die Beschwerdefrist gemäß § 245 bzw. § 276 BAO bereits abgelaufen sei.

Gegen diese Entscheidungen der belangten Behörde wurde mit Telefax vom Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid btr. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Vorlageantrag btr. Beschwerdevorentscheidung (Zurückweisung) zur Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 eingebracht.

Zur Bescheidbeschwerde wird im Vorlageantrag ausgeführt, dass mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung ein Antrag auf Fristverlängerung zur Einbringung der Beschwerde bis zum gestellt worden sei. Am  sei ein weiterer Antrag auf Fristverlängerung zur Einbringung der Beschwerde bis zum gestellt worden, die Beschwerde am eingebracht worden. Das Finanzamt habe zu diesen beiden Anträgen nicht reagiert, insbesondere die beiden Anträge nicht abgelehnt oder abgewiesen. In gleicher Weise habe das Finanzamt Baden auch zu vorangegangenen Anträgen auf Fristverlängerung nicht reagiert. Die Behandlung eines Antrags auf Fristverlängerung erfordere außer einer kurzen Akteneinsicht keine, insbesondere keine zeitaufwendigen Vorarbeiten. Weiters verwende die Finanzämter EDV-gestützte Textvorlagen für derartige Erledigungen, sodaß auch dadurch für die Behörde kein maßgeblicher Zeitaufwand entstehe. Aus dem Umstand, daß das Finanzamt auf die Anträge nicht reagiert habe und diese insbesondere nicht abgelehnt oder abgewiesen habe, könne auf Grund des Vertrauensgrundsatzes davon ausgegangen werden, daß das Finanzamt den Anträgen mangels Ablehnung oder Abweisung statt gegeben habe.

Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde mit dem Bundesfinanzgericht vor.

Das Rechtsmittel gegen den Abweisungsbescheid btr. Wiedereinsetzung wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag vom wurde von der belangten Behörde mit dem Bundesfinanzgericht zu GZ RV/7100186/2019 vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im Beschwerdefall liegt folgender unbestrittener Sachverhalt vor:
: Elektronische Versendung des Einkommensteuerbescheids 2016 und Eingang über FinanzOnline,  
: Versendung der gesonderte Bescheidbegründung,    
: Zustellung der gesonderten Bescheidbegründung,
: Antrag auf Fristerstreckung zur Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 bis ,
: Antrag auf Fristerstreckung bis ,
: Antrag auf Fristerstreckung bis (Sonntag),
: Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens 2016 und neuer Sachbescheid (k eine Änderung bezüglich Einkünfte aus Grundstücksveräußerung) 
(Montag): Antrag auf Fristerstreckung bis ,
: Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Antrag auf Fristerstreckung bis ,
: Antrag auf Fristerstreckung bis ,
: Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016
: Zurückweisung der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung; Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags
: Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 und Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid btr. Wiedereinsetzung

Der Parteienvertreter des Bf hält in seiner Beschwerde vom btr. Wiedereinsetzung fest, dass er selbst am die Übermittlung des unrichtigen Fristerstreckungsantrages vom , welcher in Folge zum Ablauf der Beschwerdefrist mit statt mit  führte, durch einen Zufall selbst festgestellt hat und dies der Anlaß gewesen ist, das Finanzamt „ohne Zeitverzug von der Verwechslung zu informieren und entsprechend der BAO den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen.“ Dieser Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Die dagegen erhobene Bescheidbeschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom ebenfalls abgewiesen und nach Einbringung des Vorlageantrags vom dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7100186/2019, wurde die Bescheidbeschwerde btr. Wiedereinsetzung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 leg.cit.) oder mit Beschluss (§ 278 leg.cit.) zurückzuweisen, wenn sie 
a) nicht zulässig ist oder 
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Beschwerdefrist beträgt nach § 245 Abs. 1 BAO einen Monat.
Mit ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist tritt die (formelle) Rechtskraft des Bescheides ein (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 245 Tz 43), er ist durch ordentliche Rechtsmittel nicht oder nicht mehr anfechtbar (vgl. ).

Nach § 245 Abs. 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Der Antrag auf Fristverlängerung kann rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden (). Ein verspäteter Antrag hat keine fristhemmende Wirkung (vgl. ) und ist zurückzuweisen ().

Gemäß § 245 Abs. 4 BAO beginnt die Hemmung des Fristenlaufes mit dem Tag der Einbringung des Antrages und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2 leg. cit.) oder die Entscheidung (Abs. 3 leg. cit.) über den Antrag dem Antragsteller mitgeteilt wird. In den Fällen des Abs. 3 leg. cit. kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Hemmung iSd § 245 Abs. 3 BAO nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt worden ist, abläuft und dass der zweite Satz des § 245 Abs. 4 BAO zur Anwendung kommt, wenn die Abgabenbehörde über einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist nicht bis zum angestrebten Fristende entschieden hat (, mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar, 2528). Diese Beschränkung der Hemmungswirkung hat insbesondere dann Bedeutung, wenn die Abgabenbehörde bis zu dem vom Beschwerdeführer angestrebten Fristende nicht entschieden hat (vgl. nochmals Stoll, BAO-Kommentar, 2528). 

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde über den Fristverlängerungsanträge vom
mit dem dort beantragten Fristende ,
mit dem dort   beantragten Fristende
mit dem dort  beantragten Fristende (Sonntag),
und
(Montag) mit dem dort  beantragten Fristende
nicht entschieden.

Die Beschwerdefrist endete daher wie beantragt am .
Die Beschwerde wurde erst am und somit verspätet eingebracht.
 

Daran können auch die nachfolgenden Fristverlängerungsanträge vom und  - über welche die belangte Behörde ebenfalls nicht entschieden hat - nichts mehr ändern, weil derartige Anträge rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden können (nochmals ).

Die Versäumung der Beschwerdefrist rechtfertigende Gründe i.S. des § 308 BAO liegen ebenfalls nicht vor. Auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 22 . Jänner 2019, RV/7100186/2019, wird verwiesen.

Da die mit datierte Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 sich wegen der am abgelaufenen Frist als verspätet erwiesen hatte, wies die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde in der Beschwerdevorentscheidung vom  zu Recht zurück.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung einer verspäteten Bescheidbeschwerde 
unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, liegt keine Rechtsfrage vor, der gem. Art 133 Abs 4 i.V.m. Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen stützt sich der Beschluss auf die angeführten Judikate des Verwaltungsgerichtshofs.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100168.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at