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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.02.2019, RV/1100751/2016

Drittelbegünstigung bei Vorwegbezug (berufliche Vorsorge, 2. Säule)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Gerald Daniaux über die Beschwerde des a , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Feldkirch vom , betreffend Einkommensteuer 2015(Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer (Bf.) einen Vorbezug aus der Personalvorsorgestiftung der b erhalten habe, welcher beim Erstbescheid steuerlich nicht erfasst worden sei. Es handle sich hierbei um einen steuerpflichtigen Vorbezug in Höhe von € 41.506,70.

Hiergegen hat der Bf. Beschwerde erhoben und begründend ausgeführt, dass im angefochtenen Bescheid die Auszahlung der Personalfürsorgestiftung von CHF 45.000,00 (€ 41.506,70) voll versteuert und nicht wie bisher vorgesehen bis zu einem Drittel steuerfrei belassen worden sei.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wird im Wesentlichen dargelegt, dass es sich bei einer Auszahlung als Einmalzahlung, die aufgrund eines Wahlrechts anstatt einer Rentenzahlung bezogen werden könne und nicht um eine Abfindung des Pensionsanspruches im Sinne des §§ 124b Z 53 EStG 1988, sondern um einen davon getrennten, eigenständigen Anspruch handle und daher die Drittelbegünstigung nicht zur Anwendung komme. Diese Rechtsansicht sei durch den Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 2009/15/0188 vom bestätigt worden. Diesem Erkenntnis zufolge liege keine Abfindung vor, wenn bei einer sogenannten obligatio alternativa (Wahlschuld im Sinn des §§ 906 ABGB) dem Gläubiger das Wahlrecht eingeräumt sei und er seine freie Wahl zwischen mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen treffe. Der Kapitalbezug sei somit zur Gänze (ohne Belassung eines Drittels steuerfrei) steuerlich zu erfassen gewesen.


Hierauf wurde vom Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt. Ein ergänzendes Vorbringen wurde nicht erstattet. 

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Strittig ist im konkreten Fall, ob der von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung ausbezahlte Vorwegbezug wie ein laufender Bezug zur Gänze der Tarifsteuer zu unterziehen ist oder ob im Beschwerdefall die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 idF BGBl. I, 54/2002, zur Anwendung kommt.

Sachverhalt:

Der am c geborene Bf. ist als Grenzgänger in die Schweiz nichtselbständig tätig. Am beantragte er einen Vorwegbezug in Höhe von CHF 45.000,00 aus seiner beruflichen Vorsorge (zweite Säule) zur Schaffung von Wohnungseigentum. Dieser wurde ihm im Februar 2015 nach Abzug der Quellensteuer in Höhe von CHF 2.740,00 auf sein österreichisches Konto überwiesen.

Für diese - unbestrittenen - Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das Bundesfinanzgericht auf die ihm vom Finanzamt übermittelten Unterlagen.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung:

  • Innerstaatliches Recht

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes).

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteigt, mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt.

Gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.

Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

Gemäß § 1 Abs. 1 Pensionskassengesetz ist eine Pensionskasse ein Unternehmen, das nach diesem Bundesgesetz berechtigt ist, Pensionskassengeschäfte zu betreiben.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Pensionskassengesetz dürfen die von einer Pensionskasse auszuzahlenden Pensionen nur dann abgefunden werden, wenn bei Eintritt des Leistungsfalles der Barwert des Auszahlungsbetrages 9 300 Euro nicht übersteigt.

  • Zwischenstaatliches Recht

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der Folge kurz: DBA Schweiz) bedeutet der Ausdruck “eine in einem Vertragsstaat ansässige Person” eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Gemäß Art. 18 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

  • Schweizer Recht

Gemäß Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom (BVG) idgF umfasst die berufliche Vorsorge alle Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 BVG beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses, für Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Nach Abs. 2 leg. cit. endet die Versicherungspflicht unter Vorbehalt von Artikel 8 Absatz 3, wenn das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13), das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, der Mindestlohn unterschritten wird oder der Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung endet.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 BVG haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. a) und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. b) Anspruch auf Altersleistungen.

Gemäß Art. 30c Abs. 1 BVG kann der Versicherte bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen von seiner Vorsorgeeinrichtung einen Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen.

Gemäß Art. 30c Abs. 2 BVG dürfen Versicherte bis zum 50. Altersjahr einen Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung beziehen. Versicherte, die das 50. Altersjahr überschritten haben, dürfen höchstens die Freizügigkeitsleistung, auf die sie im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt des Bezuges in Anspruch nehmen.

Gemäß Art. 30c Abs. 4 BVG wird mit dem Bezug gleichzeitig der Anspruch auf Vorsorgeleistungen entsprechend den jeweiligen Vorsorgereglementen und den technischen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung gekürzt. Um eine Einbuße des Vorsorgeschutzes durch eine Leistungskürzung bei Tod oder Invalidität zu vermeiden, bietet die Vorsorgeeinrichtung eine Zusatzversicherung an oder vermittelt eine solche.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt (siehe dazu z.B. ; , Ra 2018/15/0086) mit dem im EStG nicht näher definierten Begriff "Pensionsabfindung", der sich unter anderem in § 124b Z 53 EStG 1988 findet, explizit auseinandergesetzt. Das Höchstgericht kam zum Ergebnis, dass eine "Abfindung" eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung nicht vorliegt, wenn dem Anwartschaftsberechtigten das freie Wahlrecht (obligatio alternativa) zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert (als Kapitalanspruch) andererseits eingeräumt ist. § 124b Z 53 EStG 1988 setzt somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) dem Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mit Hinweis auf , und ; ebenso jüngst , und ). Zweck dieser Bestimmung ist es, bei fehlender Alternative zur Inanspruchnahme einer Abfindungszahlung eine tarifmäßige Besteuerung zu vermeiden (vgl. ).

Im vorliegenden Fall wurde das Versorgungsverhältnis mit der Pensionskasse unstrittig durch den Vorwegbezug nicht beendet und der Bf. hätte auch die Möglichkeit gehabt, den Vorwegbezug nicht in Anspruch zu nehmen und dadurch weiter den vollen Pensionsanspruch gegenüber der Pensionskasse zu wahren. Entscheidend ist somit nicht die gesetzliche Möglichkeit der Inanspruchnahme des Vorwegbezugs bzw. der Auszahlung der Freizügigkeitsleistung, sondern einzig der Bestand eines freien Wahlrechtes zwischen der Wahrung des (vollen) Rentenanspruchs einerseits und dem Vorwegbezug.

Der Verwaltungsgerichtshof als Höchstgericht hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 124b Z 53 EStG 1988 die Begünstigungsschädlichkeit der im vorliegenden Fall unstrittig gegebenen Möglichkeit der Aufrechterhaltung eines gesetzlichen Vorsorgeschutzes mit späterem Rentenanspruch zum Ausdruck gebracht hat.

Gesamthaft ergibt sich aus obigen Ausführungen, dass im Beschwerdefall mangels Vorliegens einer "Pensionsabfindung" (Abfindung eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung) die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 nicht zur Anwendung kommt.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wie obig dargelegt wurde, sind die in Streit stehenden Rechtsfragen höchstgerichtlich geklärt. Da das Bundesfinanzgericht mit dieser Entscheidung nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen ist, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Drittelbegünstigung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100751.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at