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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2019, RV/2101299/2016

Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag gemäß §303 Abs. 1 lit.b BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache NN, vertreten durch Mag. Gerhard Friedrich Diechler, Grössingstraße 6a Tür 1, 8850 Murau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren vom  hinsichtlich Einkommensteuer 2010 bis 2012 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe:

Aufgrund der Mitteilungen gem. § 109a EStG von zwei Dienstgebern für das Jahr 2010 und eines Dienstgebers für das Jahr 2011 hat das Finanzamt die Beschwerdeführerin (Bf) mit Schreiben vom zur Einreichung der Abgabenerklärungen für die Jahre 2010 und 2011 aufgefordert.

Dieser Aufforderung kam die Bf nach und reichte die Erklärungen 2010 und 2011 samt Beilagen (E1a) ein und erklärte Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt erließ in der Folge erklärungsgemäße Einkommensteuerbescheide vom .

Die Einkommensteuererklärung samt Beilage für das Jahr 2012 wurde am eingereicht.

Nach Überprüfung der geltend gemachten Kfz-Kosten erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom und gemäß § 299 (2) BAO neue Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 vom .

In der Folge stellte die Bf am  für die Jahr 2010, 2011 und 2012 Anträge auf Wiederaufnahme und begehrte im Hinblick auf die diesen Anträge beigelegten Bilanzen und VuG Rechnungen eine Verminderung ihrer Einkünften aus Gewerbetrieb.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt diesen Antrag mit der Begründung, eine nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart stelle keinen tauglichen Neuerungstatbestand dar, ab.

Am  stellte die Bf einen "Antrag auf Verfahrenswiederaufnahme" mit dem sie beantragte ihre Einkünfte auf Null zu stellen. Dies mit der Begründung, dass die auszahlende Stelle die Empfängerin berichtigt habe.

Diesem Antrag legte die Bf ein Schreiben der X vom bei, worin eine rückwirkende Auflösung der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung mit Wirkung zum , 24.00 Uhr, bestätigt wurde.

Zur Überprüfung forderte das Finanzamt die Bf mit Vorhalt vom auf, ihre Bankkontoauszüge 2010 bis 2012, sowie auch Bankauszüge und schriftliche Erklärungen der angeblich wahren Vertragspartnern (=Eltern) vorzulegen.

Das Finanzamt wies in der Folge den Antrag auf Wiederaufnahme mit Bescheid vom  ab und begründete dies wie folgt:

"Die im Antrag behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel konnten trotz Aufforderung anhand von Belegen (Bankkontoauszüge bzw. Stellungnahme der beteiligten Personen) nicht nachgewiesen werden."  

Dagegen wandte sich der steuerliche Vertreter der Bf mit dem Rechtsmittel der Beschwerde vom  und führte im Wesentlichen aus:

"Da ich bei diesem Steuerfall erst nach den ursprünglichen durch die Partei getätigten Rechtshandlungen hinzugezogen wurde, ermangelte es meines Erachtens bei den ersten Eingaben der Partei an der der Behörde auferlegten Manuduktionspflicht, sodass die Bescheidergebnisse der Jahre 2010 bis 2012 anders hätten lauten müssen.

Ich reduziere das Begehren auf folgende Fakten:
Die Klientin wollte ihren Sachaufwand durch die Anerkenntnis des amtlichen Kilometergeldes auf der Basis der vorliegenden Abrechnung der auszahlenden Stelle geltend machen. Die Behörde wendete ein, dass einerseits der PKW der Frau aa überwiegend betrieblich genutzt wurde und so die tatsächlichen Kosten anzusetzen wären. Des Weiteren wurde der amtliche Kilometergeldsatz wegen des Fehlens einer AFA -Tangente aufgrund des Fahrzeugalters beanstandet bzw. bei der Schätzung gekürzt. Dass mehrere Fahrzeuge für die Zeitungskolportage verwendet wurden hat sich durch den Autounfall am um 3:55 Uhr bestätigt. Auch diese Rechtslage ist revisionsbedürftig."

In der in der Folge ergangenen Beschwerdevorentscheidung führtedas Finanzamt aus, dass eine neu hervorgekommene Tatsache nur dann vorliegen würde, wenn gesichert wäre, dass - wie im y Schreiben vom behauptet - bereits seinerzeit die ursprüngliche Rahmenvereinbarung tatsächlich nur irrtümlich zwischen der Bf und den damaligen Werkvertragspartnern abgeschlossen worden wäre.

Im vorliegenden Fall habe die Bf nicht nachweisen können, dass sie selbst nie Zurechnungssubjekt der aus dieser Tätigkeit lukrierten Einkünfte gewesen sei. Sie selbst sei über Jahre hindurch gegenüber dem Finanzamt als Selbständige und Einkünftebezieherin aufgetreten. Auch das jeweilige Zeitungsvertriebsunternehmen habe den Vertrag mit ihr abgeschlossen und für sie jährliche Mitteilungen gem. § 109a EStG dem Finanzamt erstattet.

Die zur Untermauerung ihres Vorbringens angeforderten Nachweise habe diese jedoch nicht erbracht, weshalb kein Zweifel bestehe, dass die Bf selbst Vertragspartnerin und Einkünftebezieherin gewesen sei und sich die im Schreiben vom aufgestellte Behauptung, der ursprüngliche Leistungsvertrag sei irrtümlich auf ihren Namen ausgestellt worden, als eine völlig haltlose Gefälligkeitsbestätigung erweise.

Während im zweiten WA-Antrag vom noch ein Vorschieben von anderen Personen (nahen Angehörigen) als Einkünftebezieher mit der Folgewirkung bei der WA Werberin von "Einkünften aus Gewerbebetrieb € O,OO" als gewünschter Wiederaufnahmsgrund begehrt worden sei, werde diesem in der anschließenden Beschwerdeschrift vom ohnehin selbst der Boden entzogen, indem dort an der Zurechnung der gegenständlichen Einkunftsquelle an die Bf selbst gar nicht mehr gezweifelt werde, sondern das Begehren auf die Höhe des Kfz-Aufwandes eingeschränkt werde.

Dagegen richtete sich die Bf mit ihrem Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte vor, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine familienhafte Zusammenarbeit handle, weshalb es zum Einsatz von zwei Fahrzeugen gekommen sei. Es werde nunmehr beantragt, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter  Berücksichtigung des amtlichen Kilometergeldes anzusetzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Bf erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Branche laut Erklärung "Zeitungsstand"). Auf Grund von Mitteilungen gemäß § 109a EStG 1988 erließ das Finanzamt nach einem Ermittlungsverfahren die Einkommensteuerbescheide vom für die Jahre 2010 und 2011 sowie vom für das Jahr 2013.

Mit Schreiben vom stellte die Bf den gegenständlichen Antrag auf "Verfahrenswiederaufnahme" und beantragte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 2010 bis 2012 mit Null festzusetzen mit der Begründung, die auszahlende Stelle habe die Empfängerin der Entgelte berichtigt.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiederaufnahmsantrag vom für die Jahre 2010 bis 2012 mit der Begründung ab, die im Antrag behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel, haben trotz Aufforderung anhand von Belegen (Bankkontoauszüge bzw. Stellungnahme der beteiligten Personen) nicht nachgewiesen werden können.

Gegenständlichenfalls ist strittig, ob Wiederaufnahmsgründe vorliegen.   

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemeint sind Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. ).

Gemäß § 303 Abs. 2 BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, hat der Wiederaufnahmsantrag zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl. ).

Die Bf brachte als Wiederaufnahmsgrund vor, "die auszahlende Stelle hat die Empfängerin berichtigt".
Zum Nachweis wurde die Bestätigung vom  mit nachstehendem Inhalt vorgelegt:

"Wie besprochen bestätigt die X Zustell GmbH hiermit in beiderseitiger Übereinstimmung und in beiderseitigen Willen die rückwirkende Auflösung der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung mit Wirkung , 24:00 Uhr, zumal die Rahmenvereinbarung irrtümlich auf Ihren Namen ausgestellt wurde."

In der Folge nahm das Finanzamt Ermittlungen dahingehend vor, ob diese unverbindlich gehaltene Bestätigung geeignet ist, der Bf keine Einkünfte zuzurechnen und eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechtfertigen. Dazu wurde die Bf aufgefordert, Bankkontoauszüge und schriftliche Erklärungen der Personen von denen nunmehr behauptet wurde, diese Tätigkeit auszuführen, vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Bf nicht nach und legte statt dessen eine Finanzbuchhaltung und einen Unfallbericht ihren Vater betreffend vor.
Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Bf die Einkünfte nicht zugeflossen und sie irrtümlich als Vertragspartnerin aufscheint. Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt hat, kann aufgrund des verwirklichten Sachverhaltes, davon ausgegangen werden, dass die Bf Vertragspartnerin ist und ihr diese Einkünfte zugeflossen sind:

So hat das jeweilige Zeitungsvertriebsunternehmen den Vertrag mit der Bf abgeschlossen und die Mitteilungen gemäß § 109a EStG 1988 dem Finanzamt erstattet.
Als Beilage zu ihren Einkommensteuererklärungen hat die Bf selbst Schreiben ihrer Vertragspartner vorgelegt, die ausdrücklich bestätigen, dass sie als Werkvertragsnehmerin tätig ist und Aufträge für das Aufstellen von Selbstbedienungsgeräten angenommen hat.
Bereits im Schreiben vom bestätigt der Steuerberater, dass die Bf als freie Dienstnehmerin unter Vertrag ist.  

All diese Ausführungen blieben unwidersprochen. Auch legte die Bf trotz Aufforderung keine Vereinbarungen oder Kontoauszüge vor, die diese Fakten widerlegen hätten können. Angesichts des Ermittlungsergebnisses, kann die unkonkrete Bestätigung, die Rahmenvereinbarung sei rückwirkend aufgelöst worden, nur als bloße Gefälligkeitsbestätigung angesehen werden.  

Das Vorbringen der Bf, ihre seien keine Einkünfte zugeflossen, kann nicht als erwiesen angenommen werden und stellen daher keinen geeigneten Wiederaufnahmsgrund dar.

Zum geänderten Vorbringen in der Beschwerde (Ansatz des Kilometergeldes), worüber das Finanzamt nach einem Ermittlungsverfahren bereits bei Erlassung der Bescheide vom 18.10 und  abgesprochen hat, ist zu erwähnen, dass sich die nachteiligen Folgen einer früheren (unzutreffenden) Würdigung oder Wertung des geltend gemachten, offengelegt gewesenen oder sonst bekannt gewesenen Sachverhalts oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung – gleichgültig durch welche Umstände veranlasst - bei unveränderter Tatsachenlage nicht nachträglich im Wege einer Wiederaufnahme beseitigen lassen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2921, mwN).

Die Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen; sie dient aber nicht dazu, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen (vgl. ). Es lassen sich damit die nachteiligen Folgen einer früheren unzutreffenden Würdigung oder Wertung des Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung bei unveränderter Tatsachenlage nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen ().

Im gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurden neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit der Bf ins Treffen geführt, die wie ausgeführt, keinen geeigneten Wiederaufnahmsgrund darstellen.   

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt

Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2101299.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at