Begünstigte Besteuerung einer Freizügigkeitsleistung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 (Drittelbegünstigung)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Gerald Daniaux über die Beschwerde des b, vertreten durch "WTJ" Steuerberatungs GmbH & Co KG, Bundesstraße 70, 6830 Rankweil, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2015(Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe angeschlossenen Berechnungsblattzu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (Bf.) war im Zeitraum Oktober 2002 bis Grenzpendler in die Schweiz.
Das in der gesetzlichen Altersversorgung BVG (2. Säule) angesparte Vorsorgeguthaben wurde bei Verlassen der Schweiz auf eine Freizügigkeitspolice bei der SwissLife AG überwiesen. In der Folge wurde die Freizügigkeitspolice aufgelöst und das Guthaben in Höhe von CHF 49.801,10 CHF abzüglich der Quellensteuer in Höhe von CHF 2.988,00 unter Angabe des Verwendungszwecks „Vorbezug für Wohneigentum“ ausbezahlt.
Nach erklärungsgemäßer Veranlagung der Einkommensteuer 2015 mit Bescheid vom wurde dieser Bescheid gemäß § 299 BAO mit Bescheid vom aufgehoben. Im mit selben Datum neu erlassenen Sachbescheid wurde das ausbezahlte Vorsorgeguthaben erklärungswidrig nicht zu einem Drittel gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 steuerfrei belassen, sondern zur Gänze besteuert. Begründend wurde ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , 2009/15/0188, zu Recht erkannt, dass die „Drittelbegünstigung“ gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 nur dann zustehe, wenn eine Pensions-„Abfindung“ vorliege. Eine „Abfindung“ liege jedoch nur vor, wenn ein Zwang zur Annahme dieses von der Arbeitgeberseite unterbreiteten Angebots vorliege und die bezugsberechtigte Person über kein Wahlrecht betreffend der Auszahlungsmodalitäten (z.B. Ehegattenrente oder Kapitalleistung) verfüge.
Bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) seien zuerst die steuerpflichtigen Einkünfte des Bf. auf den Jahresbetrag umgerechnet worden, seien Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt worden und sei anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittssteuersatz ermittelt und auf das Einkommen des Bf. angewendet worden (Umrechnungsvariante). Danach sei anhand einer Kontrollrechnung festzustellen, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergebe. Da dies gegenständlich zutreffe, sei der Tarif nicht auf das im Bescheid ausgewiesene, sondern auf ein Einkommen von € 65.700,15 angewendet worden.
Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen € 36.400,00 und € 60.000,00 vermindere sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich ab einem Gesamtbetrag der Einkünfte von € 60.000,00 ein absetzbarer Betrag in Höhe von € 60,00 ergebe.
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde richtet sich gegen die Nichtanerkennung von Krankenversicherungsbeiträgen als Werbungskosten, gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 sowie gegen die Nichtanwendung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988. Weiters wurde beantragt, die Sonderausgaben an die geänderten Verhältnisse anzupassen.
Nichtanerkennung von Krankenversicherungsbeiträgen als Werbungskosten
Gemäß dem beigelegten Versicherungsnachweis habe der Bf. an die VGKK Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von € 641,82 bezahlt, welche als Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag zu berücksichtigen seien.
Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs.2 EStG 1988
Der Bf. habe im Streitjahr 2015 folgende Einkünfte bezogen:
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CHF | Euro | Tage | |
Aus Grenzgängertätigkeit | 8.189,00 | 7.553,30 | |
Auszahlung 2. Säule | 49.801,10 | 45.935,09 | |
Arbeitslosenbezug | 15.114,37 | 312 | |
Abzüge Sozialversicherung | -657,00 | -606,00 | |
VGKK | -641,82 | ||
Sonderausgaben | -7.420,00 |
Bei der Kontrollrechnung im angefochtenen Bescheid (Progressionsvorbehalt) sei die Auszahlung der 2. Säule als laufender Bezug in die Hochrechnung miteinbezogen worden. Dadurch sei eine zu hohe Steuergrundlage errechnet worden. Die Umrechnung der steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag sei nach Abzug der Werbungskosten und Sonderausgaben nur vom Grenzgängereinkommen vorzunehmen.
Nichtanwendung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988
Das BFG habe im Erkenntnis vom , RV/1100654/2015 die folgende Rechtsansicht vertreten: „Eine teilweise „Barauszahlung“ einer Austrittsleistung (Freizügigkeitsleistung iSd § 2 FZG Schweiz), die eine Grenzgängerin von der Schweizer Pensionskasse ihrer ehemaligen Dienstgeberin nach Beendigung des Dienstverhältnisses in der Schweiz und Aufnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich „wegen endgültigem Verlassens“ der Schweiz 2014 erhalten hat und die den Barwert iSd § 1 Abs. 2 Z 1 PKG übersteigt, ist als Pensionsabfindung nach der (ab 2001 anzuwendenden) Regelung des § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 zu einem Drittel steuerfrei zu belassen. Die Freiwilligkeit der Entscheidung zur Barabfindung steht der Anwendbarkeit der Begünstigung nicht entgegen (vwGH , 2005/15/0010; , 2006/15/0258).“
Die Auszahlung des Betrages sei mit erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bf. vom endgültigen Verlassen der Schweiz ausgegangen. Das neuerliche Dienstverhältnis sei nur deshalb vom bis zum 22. Deezember 2015 eingegangen worden, weil durch das Arbeitsmarktservice keine andere Arbeit zur Verfügung gestellt werden habe können. Somit sei die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG anzuwenden.
Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, als die Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von € 641,82 als Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag berücksichtigt wurden. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde Folgendes ausgeführt:
Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs.2 EStG 1988
Wie das BFG in seinem Erkenntnis vom , RV/6100112/2014, dargelegt habe, seien die für das restliche Kalenderjahr bezogenen Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen, wenn der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres erhalte. Dadurch solle verhindert werden, dass das steuerfreie Arbeitslosengeld progressionsmindernd auf die außerhalb der Zeit der Arbeitslosigkeit bezogenen Einkünfte wirke.
Ein Ausscheiden des als vorweggenommene Pensionsauszahlung zu wertenden Wohnraumvorbezugs aus der Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG sei nicht möglich, da diese Pensionsbezüge gemäß § 67 Abs. 10 EStG zum laufenden Tarif zu versteuern seien und für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen seien, da der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des § 3 Abs.1 Z 5 lit. a EStG 1988 bezogen habe.
Gemäß EUGH-Urteil vom , C-453/14 (Knauer) und VwGH-Erkenntnis vom , Ro 2014/08/0047, sei bestätigt worden, dass das schweizerische 2-Säulenmodell AHV und BVG (inklusive Überobligatorium) mit dem österreichischen gesetzlichen Pensionsversicherungsmodell vergleichbar sei, weil beide Systeme den Zweck verfolgen würden, die Beibehaltung eines Lebensstandards im Alter sicherzustellen, der jenem vor dem Ruhestand entspreche. Nach Ansicht des Finanzamtes sollte deshalb sogar hinterfragt werden, ob nicht derartige Bezüge aus der zweiten Säule der schweizerischen Altersvorsorge als Einkommen zu werten seien und daher – wie in der Schweiz zumindest in der Vorruhestandsarbeitslosigkeit – die AMS-Bezüge hätten kürzen müssen. Das Arbeitsmarktservice vertrete diesbezüglich jedoch eine günstigere Rechtsmeinung.
Drittelbegünstigung bei Auszahlung eines Wohnraumvorbezugs
Die am erfolgte Barauszahlung des gesamten, auf einer Freizügigkeitspolice der Swiss Life Versicherungs AG gelegenen Altersvorsorgekapitals unterliege gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 vollumfänglich der Besteuerung im Inland. Die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 könne nicht zur Anwendung gelangen, da gemäß der Intention des Gesetzes und gemäß den vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Qualifikationskriterien keine begünstigte „Pensionsabfindung“ vorliege. Aufgrund des vom Vorsorgeberechtigten ohne Zwang gestellten Antrags auf Auszahlung eines Vorbezugs für Wohneigentum und der wunschgemäß erfolgten Barauszahlung liege eine begünstigungsschädliche Arbeitnehmerinitiative ohne Zwang von dritter Seite vor. Eine aus dem System der Freizügigkeit erhaltene Barauszahlung des gemäß gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben grundsätzlich sogar vom Auszahlungsverbot umfassten obligatorischen Vorsorgekapitals könne schon deshalb nicht zu einen Drittel steuerfrei belassen werden, weil nach Ansicht der Finanzverwaltung eine Pensionskassenabfindung im Rentenantrittsalter wegen der Wahlmöglichkeit zwischen monatlicher Rente und Einmalzahlung nicht steuerbegünstigt sei (vgl. ). Denn die Begünstigungsbestimmung des § 124b Z 53 dritter Satz EStG sei für jene Härtefälle eingeführt worden, die keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung hätten.
Das Freizügigkeitssystem sei insbesondere dazu geschaffen worden, bei Verlust der Arbeitsstelle und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Vorsorgegemeinschaft des letzten Arbeitsgebers das angesparte Alterskapital sicher zu verwahren, damit es bei Antritt einer neuen Arbeitsstelle in die Pensionskasse des neuen Arbeitsgebers einbezahlt werden könne – um dann schlussendlich im Rentenalter gemäß Art. 37 Abs. 1 BVG zu einer lebenslangen Altersrente zu führen. Der Bf., dessen Dienstverhältnis im Alter von 43 Jahren beendet worden sei, sei sogar ein Beispiel dafür, habe er doch 16 Monate später am wieder (wenn auch nur für wenige Wochen) eine Arbeitsstelle beim alten Arbeitgeber in der Schweiz angetreten, sodass das Freizügigkeitskapital wieder in die Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers überführt werden hätte können.
Es sei nicht im Sinne des Abgabengesetzgebers, einen Wohnraumvorbezug im Aktivstand besser zu behandeln als eine Pensionskapitalauszahlung eines „in-Pension-gehenden-Grenzpendlers“, welcher z.B. das BVG-Alterskapital (zumindest teilweise) für die Haussanierung verwenden möchte. Dem Pensionisten müsse gemäß Judikatur des Höchstgerichts und Ansicht der Finanzverwaltung die Steuerbegünstigung wegen der schädlichen Wahlmöglichkeit (obligatio alternativa) zwischen der lebenslangen Altersrente und der Barauszahlung verweigert werden. Da im Inland pensionsversicherte Personen keine Möglichkeit hätten, sich einen Teil ihres Pensionsguthabens als steuerbegünstigten Wohnraumvorbezug auszahlen zu lassen, müsste eine dementsprechende aktive und ehemalige Grenzpendler begünstigende Gesetzesbestimmung sogar wegen Verdachts auf Gleichheitswidrigkeit zu einem Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof führen.
Weiters sei zu beachten, dass der Abgabengesetzgeber mit der Begrenzung der begünstigten Pensionsabfindungen im § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 auf einen Barwert gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Pensionskassengesetz (€ 12.000,00 im Jahr 2016) ein klares Zeichen dahingehend gesetzt habe, dass nicht der Bezug eines Barguthabens, sondern die Vorsorgeversicherung durch lebenslange Renten gefördert werden solle (vgl. ).
Schließlich sei auch noch zu bedenken, dass gemäß Wortlaut der Begünstigungsbestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 nur bei „Zahlungen von Pensionsabfindungen von Pensionskassen“ die Progressionsverschärfung einer gezwungenermaßen anzunehmenden Abfindung abgefedert werden solle. Von der Auszahlung eines Wohnraumvorbezugs durch die Freizügigkeitsstiftung einer Bank oder einer Versicherung spreche der Gesetzestext nicht. Sogar das BFG gelange in dem in der Beschwerdeschrift ins Treffen geführten Erkenntnis vom , RV/1100654/2015, zu der Auffassung, dass hier ein Schuldnerwechsel zwischen Pensionskasse und Freizügigkeitseinrichtung vorliege. Ansonsten sei dieses Erkenntnis nach Ansicht der Finanzverwaltung jedoch auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da es einen anderen Sachverhalt behandle (Auszahlung des nicht vom Auszahlungsverbot umfassten Überobligatoriums) und da es wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts mittels außerordentlicher Revision beim VwGH angefochten sei.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde kein ergänzendes Vorbringen erstattet.
Im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt aus, eine Anrechnung der Quellensteuer (CHF 2.988,00) sei nicht möglich, weil Pensionseinkünfte gemäß Art. 18 DBA-Schweiz nur im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig seien. Der Bf. müsse die Rückerstattung dieser Quellensteuer beim Kantonalen Steueramt binnen drei Jahren schriftlich beantragen.
Bezüglich der Rechtsfrage, ob im Beschwerdefall die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 zur Anwendung komme, werde ergänzend auf den Zurückweisungsbeschluss des , verwiesen. Dort werde festgehalten, dass das Höchstgericht in ständiger Rechtsprechung einen fehlenden Zwang zur Abfindung sowie eine Wahlmöglichkeit für begünstigungsschädlich erachtet habe.
Angesichts der vom Abgabengesetzgeber für förderungswürdig erachteten lebenslangen Vorsorge – welche durch den lebenslangen Bezug einer Altersrente besser gesichert scheine als bei einem Kapitalbezug – könne bei einem 44-jährigen Arbeitnehmer nicht verbindlich davon ausgegangen werden, dass dieser nicht im Laufe der bis zum Rentenantrittsalter ausstehenden 21 Jahre erneut ein Dienstverhältnis in der Schweiz begründe und dadurch das in einer Freizügigkeitspolizze sicher geparkte Vorsorgekapital in die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers einbringen und daraus später eine monatliche Altersrente im Sinne des Art. 37 BVG beziehen werde.
Beantragt werde die Abweisung der Beschwerde im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung zumal
der als vorweggenommene Pensionszahlung zu wertende Wohnraumvorbezug gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 iVm 67 Abs. 10 leg. cit. als laufender Bezug zu besteuern und für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen sei;
bei dem auf Antrag gewährten Bezug eines Wohnraumvorbezuges kein Zwang vorliege und die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung aus freien Stücken erfolgt sei, weshalb die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht anwendbar sei, und
zumal bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von € 60.000,00 oder mehr lediglich das Sonderausgabenpauschale gemäß § 18 Abs. 2 EStG 1988 gewährt werden könne.
Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters des Bf. vom wurde der Antrag auf Behandlung der Beschwerde durch den Senat sowie der Antrag auf Berichtigung der Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 zurückgezogen. Aufrechterhalten wurde der Antrag auf Gewährung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG. Diesbezüglich wurde auf das Erkenntnis des , verwiesen und ergänzend festgestellt, dass bei der ausländischen Steuer nur die Grenzgängersteuer in Höhe von CHF 8,00 CHF (€ 7,38) in Abzug gebracht worden sei. Zusätzlich zu berücksichtigen sei aber auch die bei der Auszahlung der 2. Säule in Abzug gebrachte Quellensteuer in Höhe von CHF 2.988,00 (€ 2.756,04).
Schließlich wurde mit Schrifsatz vom auch der Antrag auf Abhaltung einer (monokratischen) mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob das ausbezahlte Freizügigkeitskapital wie ein laufender Bezug zur Gänze der Tarifsteuer zu unterziehen ist oder ob im Beschwerdefall die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 idF BGBl. I, 54/2002, zur Anwendung kommt.
Sachverhalt:
Der am a geborene Bf. war im Zeitraum Oktober 2002 bis Grenzpendler in die Schweiz. Vom bis zum war der Bf. in Österreich als arbeitslos gemeldet, vom bis zum war er wiederum bei seinem früheren Schweizer Arbeitgeber beschäftigt und vom 1. Jänner 016 bis war er erneut im Inland als arbeitslos gemeldet. Seit ist der Bf. im Inland nichtselbständig tätig.
Das in der gesetzlichen Altersversorgung BVG (2. Säule) angesparte Guthaben (Obligatorium) wurde beim erstmaligen Verlassen der Schweiz auf eine Freizügigkeitspolice bei der Swiss Life AG überwiesen. Auf Antrag des Bf. wurde die Freizügigkeitspolice aufgelöst und der Freizügigkeitsanspruch, der inklusive zwischenzeitlich angefallener Zinsen zum Stichtag CHF 49.801,10 betrug, nach Abzug der Quellensteuer in Höhe von CHF 2.988,00 auf ein inländisches Bankkonto der Bf. überwiesen. Als Verwendungszweck für den Freizügigkeitsanspruch wurde ein „Vorbezug für Wohneigentum“ angeführt.
Eine Rückerstattung der Quellensteuer von der Schweizer Steuerverwaltung ist bislang nicht erfolgt.
Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die im Finanzamtsakt befindlichen Unterlagen.
Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung:
Innerstaatliches Recht
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes).
Gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteigt, mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt.
Gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.
Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.
Gemäß § 1 Abs. 1 Pensionskassengesetz ist eine Pensionskasse ein Unternehmen, das nach diesem Bundesgesetz berechtigt ist, Pensionskassengeschäfte zu betreiben.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Pensionskassengesetz dürfen die von einer Pensionskasse auszuzahlenden Pensionen nur dann abgefunden werden, wenn bei Eintritt des Leistungsfalles der Barwert des Auszahlungsbetrages € 9.300,00 nicht übersteigt.
Zwischenstaatliches Recht
Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der Folge kurz: DBA Schweiz) bedeutet der Ausdruck “eine in einem Vertragsstaat ansässige Person” eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Gemäß Art. 18 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
Schweizer Recht
Gemäß Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom (BVG) idgF umfasst die berufliche Vorsorge alle Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben.
Gemäß Art. 10 Abs. 1 BVG beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses, für Bezieher von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Nach Abs. 2 leg. cit. endet die Versicherungspflicht unter Vorbehalt von Artikel 8 Absatz 3, wenn das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13), das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, der Mindestlohn unterschritten wird oder der Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung endet.
Gemäß Art. 13 Abs. 1 BVG haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. a) und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben (lit. b) Anspruch auf Altersleistungen.
Gemäß Art. 27 BVG gilt für die Freizügigkeitsleistung das FZG.
Gemäß Art. 30c Abs. 1 BVG kann der Versicherte bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen von seiner Vorsorgeeinrichtung einen Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) haben Versicherte, welche die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein Vorsorgefall eintritt (Freizügigkeitsfall), Anspruch auf eine Austrittsleistung.
Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG können Versicherte die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn sie die Schweiz endgültig verlassen; vorbehalten bleibt Artikel 25f.
Gemäß Art. 25f Abs. 1 lit. a FZG können Versicherte die Barauszahlung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a im Umfang des bis zum Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung erworbenen Altersguthabens nach Artikel 15 BVG nicht verlangen, wenn sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt die Rechtsansicht vertreten (; , Ra 2018/15/0086), dass die Austrittsleistung, die eine Person gemäß Art. 2 Abs. 1 FZG iVm Art. 5 Abs. 1 lit. a leg. cit. als Barauszahlung erhält, wenn ihr Versorgungsverhältnis mit der beruflichen Pensionskasse ihres bisherigen Schweizer Dienstgebers durch Dienstaustritt vor Eintritt des Versorgungsfalles beendet wurde und sie die Schweiz endgültig verlässt, als Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 EStG 1988 zu beurteilen ist. Begründend verwies das Höchstgericht auf den Normzweck von § 124b Z 53 EStG 1988, der der Vermeidung einer tarifmäßigen Besteuerung von Pensionsabfindungen in jenen Fällen dient, bei denen keine andere Möglichkeit besteht als die Inanspruchnahme dieser Abfindung.
Im Beschwerdefall wurde die Austrittsleistung zur Schaffung von Wohnungseigentum verwendet. Dies ist nur insofern von Bedeutung, als die auszahlende Stelle die Sperrklausel für die Austrittsleistung, die zur Gänze aus dem obligatorischen Anteil besteht, als nicht anwendbar erachtete, wobei irrelevant ist, ob dies nunmehr zu Recht oder Unrecht erfolgte, und demzufolge die Austrittsleistung trotz bestehender obligatorischer Versicherung im Inland ausbezahlt wurde. Jedenfalls bleibt das Faktum bestehen, dass aufgrund der Beendigung des Versorgungsverhältnisses mit der beruflichen Pensionskasse kein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital bestand. Demzufolge ist die Beschwerdeangelegenheit nicht anders zu beurteilen, als jene Fälle, die den o.a. Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde gelegen sind.
Somit wurde die begünstigte Besteuerung der Freizügigkeitsleistung im angefochtenen Bescheid zu Unrecht versagt und war der Beschwerde insofern Folge zu geben.
Nicht Folge gegeben werden konnte der Beschwerde insofern, als eine Anrechnung der Quellensteuer (CHF 2.988,00) begehrt wurde. Wie das Finanzamt im Vorlagebericht vom zutreffend ausgeführt hat, ist eine Anrechnung der Quellensteuer deshalb nicht möglich, weil Pensionseinkünfte gemäß Art. 18 DBA-Schweiz nur im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig sind. Die Rückerstattung dieser Quellensteuer kann beim Kantonalen Steueramt unter Vorlage einer Bestätigung der Steuerbehörde des Ansässigkeitsstaates binnen drei Jahren schriftlich beantragt werden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wie obig dargelegt wurde, ist die in Streit stehende Rechtsfrage höchstgerichtlich geklärt. Da das Bundesfinanzgericht mit dieser Entscheidung nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen ist, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Gesamthaft war der Beschwerde somit teilweise stattzugeben.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 67 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 Abs. 1 PKG, Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990 § 1 Abs. 2 Z 1 PKG, Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990 Art. 4 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 18 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 |
Schlagworte | Drittelbegünstigung Freizügigkeitsleistung |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100370.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at