Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2019, RV/2101403/2017

Doppelte Haushaltsführung, wenn der (Ehe)Partner vom Familienwohnsitz aus einer Erwerbstätigkeit nachgeht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2015 und 2016 zu Recht erkannt: 

1. Der Beschwerde wird (teilweise) Folge gegeben.

2. Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2015 mit € -477,-- (Gutschrift) sowie für das Jahr 2016 mit € -5.199,-- (Gutschrift) festgesetzt.

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der festgesetzten Abgaben sind den Entscheidungsgründen sowie den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen; diese bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung sowie für Familienheimfahrten.

Der Beschwerdeführer (Bf.) begehrte in seinen Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung die Berücksichtigung von Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv. € 717,49 (2015) bzw. € 9.389,-- (2016) sowie für Familienheimfahrten iHv. € 306,-- bzw. € 3.672,--.

Im Zuge einer Erklärungsprüfung ersuchte das Finanzamt um Nachweis der beantragten Werbungskosten. Der Bf. ließ den Vorhalt der Abgabenbehörde (zunächst) unbeantwortet, weshalb die Aufwendungen in den angefochtenen Bescheiden außer Ansatz blieben.

In seiner Beschwerde erstattete der Bf. im Wesentlichen folgendes Vorbringen: Er lebe mit einer Partnerin in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Seine Lebenspartnerin sei als Polizistin in Salzburg gebunden und verdiene Einkünfte von mehr als € 2.200,-- jährlich. Der Dienstort des Bf. sei seit Oktober 2007 (durchgehend) Graz gewesen; im Ennstal gebe es keine vergleichbare Beschäftigung. Für die wöchentlichen Heimfahrten verwende er sein eigenes Kfz. Wohnort und Beschäftigungsort seien 171 km voneinander entfernt. In Graz verfüge er über eine 49 m² große Mietwohnung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Da der Bf. in den Grunddaten seines FinanzOnline-Zuganges keine Partnerdaten erfasst habe, könne das Bestehen einer Partnerschaft nicht geprüft werden, da unbekannt sei, mit wem – und seit wann - diese bestanden haben soll. Selbst wenn eine Partnerschaft sowie steuerlich relevante Einkünfte der Partnerin vorliegen würden, wäre eine Stattgabe nicht möglich: Die (Familien)Wohnsitznahme sei in S erfolgt. Weder der Bf. noch seine Partnerin würden „am Familienwohnsitz“ – ja nicht einmal in entsprechender Nähe dazu – Einkünfte erzielen. Beide Beschäftigungsorte würden sich jeweils in deutlicher Entfernung zum Familienwohnsitz befinden.

Im Vorlageantrag verweist der Bf. darauf, dass er die FinanzOnline-Grunddaten nun seinem Lebensstatus entsprechend angepasst habe. Des Weiteren führt er nochmals aus, dass seine Partnerin in Salzburg jährlich steuerlich relevante Einkünfte (von mehr als € 6.000,--) erziele. Dem Vorlageantrag ist eine Auflistung der (seit Dezember 2015) geltend gemachten Kosten beigelegt. Die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung werden darin für 2016 auf den Betrag von € 9.318,77 korrigiert.

Das BFG nahm ergänzende Ermittlungen vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der Bf. erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (aus einer Tätigkeit in Graz). Er war im Zentralen Melderegister seit 1989 bis November 2015 mit Hauptwohnsitz in Ramsau am Dachstein gemeldet. Seit ist er mit Hauptwohnsitz in S gemeldet (Unterkunftgeberin: XY). Seit August 2013 hat er laut Melderegister einen Nebenwohnsitz in Graz (2-Zimmer-Mietwohnung mit 49m²). Dafür fielen eine Miete von monatlich € 650,-- sowie (bis Juni 2016) Stromkosten in Höhe von € 40,-- bzw. (ab Juli 2016) in Höhe von € 42,-- an (s. vorliegender Mietvertrag sowie Buchungsbestätigung der Bank).

Der Arbeitsort des Bf. liegt seit Oktober 2007 in Graz.

Die Lebensgefährtin des Bf., Frau XY, hatte ihren Hauptwohnsitz seit 1983 durchgehend in S. Im Juli 2015 erwarb sie eine rund 80m² große Wohnung in S (Kaufvertrag vom ). Seit ist sie dort polizeilich – wie der Bf. – mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Der Bf. hat mit XY einen gemeinsamen Sohn (geb. ).

XY war in den Streitjahren als Polizistin im Bundesland Salzburg tätig und erzielte daraus nichtselbständige Einkünfte iHv. rund € 27.600,-- (2015) bzw. € 30.000,-- (2016). Ihre Dienststelle lag in O (einige Km nördlich der Stadt Salzburg).

Seit November 2013 ist sie in St. Georgen bei Salzburg mit Nebenwohnsitz gemeldet (s. ZMR-Ausdruck vom ). Tatsächlich handelt es dabei um ein angemietetes Zimmer in einer Pension, in dem sie nur nächtigte, wenn es der Dienstplan erforderlich machte (zB bei Block- oder Bereitschaftsdiensten). Überwiegend pendelte sie jedoch zwischen ihrem Dienstort und S hin und her. Das Zimmer in der Pension wurde nur zum Schlafen benutzt. Die Fahrzeit zwischen O und S beträgt ca. 75 Minuten (Distanz ca. 110km). Die Meldung des Nebenwohnsitzes in St. Georgen bei Salzburg erfolgte vorwiegend aus Praktikabilitätsgründen, um das bei den einzelnen Nächtigungen in der Pension jeweils vorgesehene An- und Abmeldeprozedere zu vermeiden. Der Bf. legte dem BFG Rechnungen vor, aus denen ersichtlich ist, wie oft seine Lebensgefährtin im Jahr 2016 in St. Georgen (in der Pension G) genächtigt hat:


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Monat
Anzahl der Nächte/Pension
Jänner
10
Februar
3
März
7
April
11
Mai
8
Juni
6
Juli
9
August
10
September
5
Oktober
4
November
9
Dezember
6

In der Wintersaison 2014/2015 war XY dem Posten Altenmarkt/Pongau (rund 20 km von S entfernt) zugeteilt, um zumindest zeitweise die weitere Anfahrt nach O sowie Nächtigungskosten zu vermeiden. Sie hat bereits zwei Mal um (dauernde) Versetzung an einen (dem Familienwohnsitz) näheren Dienstposten angesucht. In Anbetracht der nunmehrigen familiären Situation (Sohn) sind weitere Versetzungsgesuche geplant, sobald entsprechende Arbeitsplätze in dem Familienwohnsitz näherliegenden Dienststellen ausgeschrieben sind (Mail des Bf. vom ).

Der gemeinsame Familienwohnsitz des Bf. und seiner Lebensgefährtin liegt auf der Strecke zwischen seinem Arbeitsort und jenem seiner Partnerin.

In den Streitjahren fuhr der Bf. mit seinem Kfz einmal wöchentlich zwischen Graz und S hin und retour. Die einfache Fahrtstrecke beträgt rund 170km, die Fahrzeit ca. 2 Stunden.

Beweiswürdigung:

Der vom BFG festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere der
-- ZMR-Ausdrucke (bzw. Meldebestätigungen),
-- dem vorgelegten Mietvertrag des Bf. vom ,
-- den beispielhaft vorgelegten Buchungs- bzw. Überweisungsbestätigungen und Rechnungen,
-- dem Beschluss des BG S (Grundbuch) vom ,
-- der Geburtsurkunde der Marktgemeinde Schwarzach vom ,
-- den Rechnungen der Pension G vom , , , , , , , sowie ,

sowie dem glaubhaften Vorbringen des Bf. im Zuge einer Einvernahme vor dem BFG am .

Zum Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft:

Das Finanzamt bezweifelt das Vorliegen einer (eheähnlichen) Partnerschaft zwischen dem Bf. und Frau XY, da in den Grunddaten des FinanzOnline-Zuganges (zunächst) keine Partnerdaten erfasst (gewesen) seien und das Bestehen der behaupteten Partnerschaft nicht geprüft werden könne.

Das BFG kam im Zuge seiner weiteren Ermittlungen hingegen zu dem Schluss, dass im hier relevanten Zeitraum ab Dezember 2015 sehr wohl eine (eheähnliche) Partnerschaft zwischen dem Bf. und XY vorgelegen ist: Dafür spricht die seit Ende November bestehende Meldung im ZMR unter derselben Adresse in S (jeweils als Hauptwohnsitz). Aus dem vom Bf. vorgelegten Plan der Wohnung, welche von seiner Lebensgefährtin erworben wurde, geht hervor, dass diese auf Grund ihrer Größe und räumlichen Aufteilung nur im Falle des Vorliegens eines besonderen Naheverhältnisses, wie insbesondere einer (eheähnlichen) Lebenspartnerschaft, von 2 Personen gemeinsam (und nicht etwa in Form einer bloßen „WG“ bzw. Wohngemeinschaft) bewohnt werden kann. Ein sehr starkes Indiz dafür, dass in den Streitjahren bereits eine Partnerschaft vorlag, ist für das BFG der Umstand, dass der Bf. und XY seit Mai 2018 einen gemeinsamen Sohn haben. Der Bf. hat auch einige handschriftliche Aufzeichnungen vorgelegt, in denen die Teilung der gemeinsamen Betriebskosten uä. dokumentiert ist. Zudem hat der Bf. seine Grunddaten in FinanzOnline zwischenzeitig entsprechend angepasst.

Auf Grund all dieser Umstände und des glaubhaften Eindruckes, welchen der Bf. im Zuge seiner Vorsprache beim BFG hinterließ, konnte das BFG daher davon ausgehen, dass im hier relevanten Streitzeitraum jedenfalls (bereits) eine aufrechte eheähnliche Partnerschaft zwischen dem Bf. und XY bestanden hat.

Rechtlich gilt Folgendes:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnung am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt dann vor, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (Jakom/Lenneis, EStG 2018, § 16 Rz 56 "Doppelte Haushaltsführung").

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn (bzw. solange) dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind (zB , mwH).

Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder aber auch in der Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben (zB ; ).

Steuerlich relevante Erwerbseinkünfte iSd. § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG des anderen (Ehe)Partners am Familienwohnsitz (bzw. in üblicher Entfernung von diesem) sprechen für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung bzw. für die steuerliche Abzugsfähigkeit der damit zusammenhängenden Kosten (zB Jakom/Lenneis, aaO).

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen. Wird erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort des einen (Ehe-)Partners gegründet und muss der andere (Ehe-)Partner, weil er seine bisherige Erwerbstätigkeit beibehält, auch seinen bisherigen Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom neuen Familienwohnsitz beibehalten, liegt ab diesem Zeitpunkt eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vor ().

Auf Grund der Umstände des vorliegenden Beschwerdefalles ist nach Ansicht des BFG von einer Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit des Bf. auszugehen:

Die Lebensgefährtin des Bf. ging im Streitzeitraum vom gemeinsamen Familienwohnsitz aus einer Erwerbstätigkeit nach, aus der sie steuerlich relevante Einkünfte erzielt hat.

Es ist nun für die Annahme der Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung nicht gefordert, dass der Partner seine Erwerbstätigkeit (unmittelbar) am Familienwohnsitz (also: in derselben Gemeinde) ausübt. Der Arbeitsort des Partners kann auch in einer Entfernung vom Familienwohnsitz liegen, die üblicherweise eine tägliche Rückkehr an den Wohnsitz erlaubt. Nach der derzeitigen Judikatur und Verwaltungspraxis ist die tägliche Rückkehr bei einer Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Familienwohnort von rund 80 km und bei einer Fahrzeit von rund einer Stunde jedenfalls zumutbar (vgl. zB Jakom/Lenneis, aaO, mwN). Diese Strecken- bzw. Zeitangabe kann aber nicht als starre Grenze, sondern nur als brauchbarer Richtwert angesehen werden. Nach früherer Rechtsprechung und Verwaltungspraxis galt die tägliche Rückkehr erst dann als nicht mehr zumutbar, wenn die Entfernung zwischen den beiden Orten mehr als 120 km betragen hat (s. zB Rz 342 der LStR idF vom ; sowie zB Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, 664f.).

Im hier zu beurteilenden Fall kann der Lebensgefährtin des Bf. die tägliche Rückkehr von O nach S bei einer Strecke von 110 km und einer Fahrzeit von rund 75 Minuten noch zugemutet werden. Die Lebensgefährtin des Bf. ist im relevanten Zeitraum auch tatsächlich überwiegend zwischen ihrem Dienstort und dem nunmehrigen Familienwohnsitz täglich hin und her gefahren. Nur dann, wenn auf Grund des Dienstplanes eine tägliche Rückkehr zum Wohnsitz nicht möglich war, hat sie in der Nähe des Dienstortes (in einer Pension) genächtigt.

Tatsächlich ist sie also vom Familienwohnsitz aus ihrer Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Dazu kommt, dass auf Seiten der Lebensgefährtin das ernsthafte Bestreben vorliegt, eine Versetzung an eine Dienststelle zu erwirken, die dem Familienwohnsitz räumlich näher liegt als die derzeitige. Im Winter 2014/15 kam es bereits zu einer vorübergehenden Versetzung nach Altenmarkt/Pongau.

Für die Anerkennung der Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung spricht des Weiteren der Umstand, dass der Familienwohnsitz unmittelbar auf der Fahrtstrecke zwischen den beiden Arbeitsorten des Bf. und seiner Lebensgefährtin liegt. Bei den Heimfahrten sind also durch die Wahl des Familienwohnsitzes in S für beide Partner keine „Umwege“ erforderlich und fallen dafür auch keine zusätzlichen (Fahrt-)Kosten an (anders gelagert wäre der Fall etwa, wenn die Partnerin – lediglich beispielhaft – in Liezen oder Murau beschäftigt wäre; in diesem Fall wäre eine Festlegung des Familienwohnsitzes in S ohne jeden Zweifel als rein privat veranlasst anzusehen).

Durch die Festlegung des gemeinsamen Wohnsitzes in S ergibt sich überdies auf beiden Seiten eine angemessene Kostenreduktion: Würde der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort eines der beiden Lebensgefährten verlegt werden (bzw. in übliche Entfernung zu diesem), würden dem jeweils Anderen unweigerlich höhere Fahrtkosten (sowie längere Fahrzeiten) entstehen. Auf Grund der Tatsache, dass der Familienwohnsitz direkt auf der (kürzesten) Wegstrecke zwischen den Arbeitsorten der beiden Partner liegt, würde die Fahrtkostenersparnis des einen Partners der Höhe nach der Fahrtkostenerhöhung des anderen entsprechen.

Auf Grund der dargestellten Umstände ist nach Ansicht des BFG im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Festlegung des Familienwohnsitzes in S ganz maßgeblich in der Erwerbstätigkeit der Lebensgefährtin des Bf. begründet liegt und somit im Sinne der oa. Rechtslage von einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auszugehen ist.

Abzugsfähig sind aber nur die unvermeidbaren Mehraufwendungen, die dem Pflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss. Das sind insbesondere die Kosten für Unterbringung (zB Miete) und Familienheimfahrten. Aufwendungen für Telefonkosten bzw. Internetanschluss uä. sind nicht abzugsfähig (s. Jakom/Lenneis, aaO, mwN). Ebenso wenig können GIS-Gebühren als Werbungskosten Berücksichtigung finden.

Der Bf. macht neben Miete und Stromkosten auch Kosten für Internet und GIS geltend. Die Kosten für Internet und Fernsehen/Radio zählen aber nicht zu den „unvermeidbaren Mehraufwendungen“ im oa. Sinne.

Die nichtselbständigen Einkünfte des Bf. sind daher um folgende Beträge zu vermindern:

2015:

Miete und Betriebskosten iHv. insgesamt € 650,-- (1 Monat)
Strom: € 40,-- (1 Monat)
Familienheimfahrten (gedeckelt): € 306,--

Gesamtaufwand aus doppelter Haushaltsführung 2015 daher: € 996,--

2016:

Jänner bis Dezember 2016:

Miete und Betriebskosten iHv. mtl. € 650,-- (für 12 Monate): € 7.800,--
Strom: € 40,-- (6 Monate): € 240,--
Strom: € 42,-- (6 Monate): € 252,--
Heimfahrten (gedeckelt): € 3.672,--
sowie sonstige Aufwendungen für Haushaltsversicherung, Balkonverblendung, Thermostat iHv. insgesamt € 220,--

Gesamtaufwand aus doppelter Haushaltsführung 2016 daher: € 12.184,--

Der Beschwerde war im dargestellten Umfang – sohin teilweise – Folge zu geben.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung zum Arbeitsort kann nach der Rechtsprechung ihre Ursache ua. auch in einer Erwerbstätigkeit des (Ehe)Partners haben (zB ; ; uva.). Wenn der Partner am Familienwohnsitz (bzw. in üblicher Entfernung vom Wohnsitz) steuerlich bedeutsame Einkünfte erzielt, ist eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst zu werten.

Ob dies - in Zusammenschau mit den weiteren oben dargestellten Kriterien des Beschwerdefalles - auch dann gelten kann, wenn der (Ehe)Partner zwar vom Familienwohnsitz aus seiner Erwerbstätigkeit nachgeht, der Wohnsitz allerdings nach den nunmehr geltenden Maßstäben (Entfernung ca. 80 km, Fahrzeit rund eine Stunde) grundsätzlich als (gerade) nicht mehr in üblicher Entfernung zum Arbeitsort liegend anzusehen ist, hat der VwGH – soweit überblickbar – bislang nicht behandelt.

Es liegt daher nach Auffassung des BFG eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weshalb die Revision als zulässig zu erklären war.

Graz, am

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