Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2018, RV/7104530/2017

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhalts

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom 27.05.201 5 hielt die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer (Bf) vor, dass auf dem Abgabenkonto der Firma ein Abgabenrückstand in Höhe von € 6.079,26 aushafte, dessen Einbringung bisher vergeblich ersucht worden sei, ersuchte ihn bekanntzugeben, ob die Gesellschaft über Mittel verfüge, die die Entrichtung oben angeführter Abgabenrückstände ermöglichten, und führte zudem wie folgt aus:

„Sollte jedoch die aushaltende Abgabenschuld nicht abgestattet werden können, werden Sie als Geschäftsführer(in) gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen, es sei denn, Sie können beweisen, dass Sie ohne Ihr Verschulden daran gehindert waren, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Dazu werden Sie ersucht anzugeben, ob in dem Zeitraum, in dem Sie als Geschäftsführer(in) für die Bezahlung der Abgaben verantwortlich waren, andere anfallende Zahlungen (zB Lieferantenzahlungen, Lohnzahlungen, Krankenkassenzahlungen etc.) geleistet worden sind.

Zur Erbringung dieses Beweises wird Ihnen eine Frist von vier Wochen ab Zustellung gewährt. Weiteres werden Sie ersucht, beiliegenden Fragebogen betreffend Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt retournieren.“

Mit Eingabe vom teilte der Bf dazu Folgendes mit:

„1. Die Gesellschaft ist in Konkurs, der Konkurs wurde abgeschlossen (MV DP), die Gesellschaft verfügt über keinerlei Mittel um die Abgabenrückstände zu befriedigen.

2. Die Abgabenhaftung nach § 9 BAO wird von mir bestritten.

3. Ich war bis der im Firmenbuch eingetragene GF, der de facto GF war aber immer Hr. GS. Die Abgabenschuld wurde aber erst nach meiner Tätigkeit als GF angehäuft und bin ich daher dafür nicht verantwortlich.

4. Meine wirtschaftlichen Verhältnisse sind:
Ich bin Arbeitslos und werde bis auf das Existenzminimum aus früheren Haftungen als GF (Fa. M) gepfändet.

5. Im Übrigen verweise ich darauf, dass ich nur als Strohmann der GF dieser Firma war, da der de facto GF Hr. GS war.

Ich ersuche daher, mich nicht nach § 9 BAO haftbar zu machen, infolge dies ja ohnehin bei mir nicht einbringlich wäre.“

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Bf als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. BAO für die nachstehenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma I-GmbH, Firmenbuchnummer Nr1, Adr1, im Ausmaß von € 5.388,66 in Anspruch.


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
2012
4.413,62
Umsatzsteuer
01-03/2013
975,04
Summe
 
5.388,66

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

„1. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

2. Gemäß § 9 Abs. 1 leg.cit. haften die in § 80 Abs. 1 leg.cit. erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

3. Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

4. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

5. Sie waren im Zeitraum von bis unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma I-GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

6. Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 und des § 16 leg.cit. selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zeiträume - siehe Haftungsbescheid - wurde die Umsatzsteuer gemeldet, festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet.

7. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (, 0038). Demnach haftet der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

8. Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral sind, ist es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg.cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. Erk. des ZI. 84/13/0198; vom , ZI. 85/17/0035 und vom , ZI. 87/14/0148). Da Sie Ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sind und die Abgaben bei der o.a. Gesellschaft uneinbringlich sind, war wie im Spruch zu entscheiden.

9. Der Haftungspflichtige war im obgenannten Zeitraum als verantwortlicher Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.

10. Sie haben über einen Zeitraum von bis keine oder nur unzureichende Zahlungen für Selbstbemessungsabgaben geleistet. Sie haben verabsäumt, für eine gleichmäßige Befriedigung aller Verbindlichkeiten Sorge zu tragen und haben Ihre Pflichten gegenüber der Abgabenbehörde verletzt und es musste wie im Spruch entschieden werden.

11. Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten ist. Weiters sind Sie Ihrer Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu Ihrer Entlastung darzutun, nicht nachgekommen, daher war wie im Spruch zu entscheiden.

12. Durch das abgeschlossene Konkursverfahren ist der Abgabenrückstand bei der Firma uneinbringlich geworden.

13. Die Vermögensverhältnisse sind für die Heranziehung zur Haftung nicht maßgeblich.

14. Bei der Berechnung der Haftungsschuld wurde die Verteilungsquote in Höhe von 11,36% berücksichtigt.

Beilage: Umsatzsteuer 2012“

Mit Eingabe vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom und Beschwerde gegen die Abgabenansprüche nach § 248 BAO und führte zur Begründung wie folgt aus:

„1. Die Gesellschaft ist in Konkurs, der Konkurs wurde abgeschlossen (MV DP).

2. Die Abgabenhaftung nach § 9 BAO wird von mir bestritten.

3. Ich war bis der im Firmenbuch eingetragene GF, der de facto GF war aber immer Hr. GS. Die Abgabenschuld wurde aber erst nach meiner Tätigkeit als GF angehäuft und bin ich daher dafür nicht verantwortlich.

4. Meine wirtschaftlichen Verhältnisse sind:
Ich bin arbeitslos und werde bis auf das Existenzminimum aus früheren Haftungen als GF (Fa. M) gepfändet. Mein Vermögen wurde bereits anlässlich eines abgebrochenen Schuldenregulierungsverfahrens (vor dem BG F) verwertet und bin ich absolut vermögenslos.

5. Im Übrigen verweise ich darauf, dass ich nur als Strohmann der GF dieser Firma war, da der de facto GF Hr. GS war.

Ich beantrage daher, mich nicht nach § 9 BAO haftbar zu machen, infolge dies ja ohnehin bei mir nicht einbringlich wäre.“

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde den Bf zur Ergänzung der Beschwerde vom um Beantwortung der nachstehenden Fragen innerhalb der Frist :

„1. Wie haben Sie sich bei Übernahme der Geschäftsführerfunktion über die ordnungsgemäße Buchhaltung der Firma vergewissert?

2. Warum war nicht ersichtlich, dass keine Umsatzsteuervorauszahlung im Jahr 2012 ordnungsgemäß geleistet wurden?

3. Herr GS hat bereits am die Beendigung der Geschäftsführerfunktion im Firmenbuch beantragt. In welcher Form hat er die Funktion des Geschäftsführers noch ausgeübt?

Mit Eingabe vom ersuchte der Bf um Fristverlängerung bis Ende November dieses Jahres und begründete die wie folgt:

„Mit Schreiben vom haben Sie mir die Möglichkeit einer Ergänzung meiner Beschwerde vom ermöglicht.

Ich will mich in diesem Falle von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater beraten lassen, habe aber mangels der Möglichkeit einer Vorauszahlung noch keinen Berater gefunden.

Ich werde dies über das AMS nun versuchen (da ich arbeitslos gemeldet bin).“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte zur Begründung Folgendes aus:

„Der Fragevorhalt vom wurde nicht beantwortet.

Die Begründung des Haftungsbescheides wird auf Grund Ihrer Beschwerde wie folgt ergänzt:

Zu Punkt 2 der Begründung Ihrer Beschwerde:

Die nachgeforderte Umsatzsteuer für das Jahr 2012 war bis zu entrichten. Die Möglichkeit zur Beschwerde gem. § 248 BAO gegen den Umsatzsteuernachforderungsbescheid vom wurde von Ihnen wahrgenommen. Die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2012 kann aber erst nach rechtskräftigem Haftungsbescheid erledigt werden. Die Umsatzsteuervorauszahlung 1-3/2013 wurde von Ihnen selbst gemeldet, aber nicht  bezahlt.

Zu Punkt 3 der Begründung Ihrer Beschwerde:

Für das Verschulden im Sinne des § 9 BAO ist nicht maßgeblich, ob der Geschäftsführer seine Funktion tatsächlich ausgeübt hat, sondern ob er als Geschäftsführer bestellt war und ihm die Ausübung der Funktion oblegen wäre.

Zu Punkt 4 der Begründung Ihrer Beschwerde:

Vermögenslosigkeit bzw. Arbeitslosigkeit des Haftenden steht an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung. Eine derzeitige Uneinbringlichkeit schließt nicht aus, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder zukünftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können.“

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass dem Bf als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei der GmbH stand nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spätestens mit der Eintragung der amtswegigen Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit am fest ().

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.

Dass für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben keine Mittel zur Verfügung gestanden wären, wurde vom Bf nicht behauptet. Bestätigt wird das Vorhandensein von Mittel für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben auch durch die laut Kontoabfrage bis (etwa : € 437,00, : € 577,59 und € 1.649,07, : € 1.197,96) auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin geleisteten Zahlungen, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die Tatsache der teilweisen Abgabenentrichtung auf das Vorhandensein liquider Mittel schließen lässt.

Dem Einwand des Bf, dass die Abgabenschuld erst nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer angehäuft worden und er daher dafür nicht verantwortlich sei, ist vorerst zu entgegnen, dass der Abgabenanspruch hinsichtlich der Umsatzsteuer 2012 in Höhe von € 4.413,62 und zum Teil auch hinsichtlich der Umsatzsteuer 01-03/2013 in Höhe von € 975,04 bereits vor Beginn der Geschäftsführung des Bf verwirklicht und fällig wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, weil die Pflicht der GmbH zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet. Dass der Bf daran ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, ist seinem Vorbringen nicht entnehmbar ().

Für die gegenständlichen Abgabenzeiträume 2012 und 01-03/2013 wäre die Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 1 UStG jeweils bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten gewesen. Auf den Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe kommt es für die Prüfung der Haftungsvoraussetzungen nicht an ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist für das Verschulden im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO nicht maßgeblich, ob der Geschäftsführer seine Funktion tatsächlich ausgeübt hat, sondern ob er als Geschäftsführer bestellt war und ihm daher die Ausübung der Funktion oblegen wäre. Der vertretungsbefugte Geschäftsführer ist von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben nicht befreit, weil die Geschäftsführung - sei es auf Grund eines eigenen Willensentschlusses des Geschäftsführers, sei es über Weisung von Gesellschaftern, sei es auf Grund einer sonstigen Einflussnahme wirtschaftlich die Gesellschaft beherrschender Personen - anderen Personen zusteht und der Geschäftsführer dadurch entweder der rechtlichen oder faktischen Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung, ob die jeweils fällig werdenden Abgaben zumindest anteilig entrichtet werden, beraubt ist, sich aber gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsichts- und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzt oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktritt, oder die nicht eingeschränkte Kontrollmöglichkeit nicht in ausreichender und effektiver Weise wahrnimmt.

Ein Zuwarten durch 6 Monate bis zur Zurücklegung seiner Geschäftsführerfunktion ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () jedenfalls als zu lang anzusehen.

Die mangelnde Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung der Gesellschaft aufgrund der De-facto-Geschäftsführung des GS vermag daher ein fehlendes Verschulden an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nicht zu begründen.

Bezüglich der vom Bf erhobenen Beschwerde gegen die Abgabenansprüche nach § 248 BAO ist zu bemerken, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen sind. Bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde darauf hingewiesen, dass zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden ist, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Die Heranziehung des Geschäftsführers zur Haftung für Abgabenrückstände der GmbH setzt somit keinen rechtskräftigen Abgabenbescheid voraus ().

Auch zu den vorgebrachten wirtschaftlichen Verhältnisse wurde bereits mit Beschwerdevorentscheidung zutreffend darauf verwiesen, dass Vermögenslosigkeit bzw. Arbeitslosigkeit des Haftenden an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung steht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird mit dem Hinweis auf die Uneinbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden nicht eine unzweckmäßige Ermessensübung dargelegt, da die allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().

Laut Firmenbuchauszug war der Bf im haftungsrelevanten Zeitraum einziger Geschäftsführer der Gesellschaft, somit der einzige in Betracht kommende Haftende im Sinne der § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 ff. BAO, und können diese Abgabenschulden bei der Gesellschaft nicht mehr eingebracht werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen ().

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf für die laut Rückstandsaufgliederung vom nach wie vor unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der I-GmbH im Ausmaß von €  5. 388,66 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7104530.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at