Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.12.2018, RV/7101579/2017

Haftungsbescheid

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/13/0043. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache des *****, *****, vertreten durch RA Mag. Andreas Kukla, Museumstraße 4, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO, zu Recht: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer für folgende Abgaben in Anspruch genommen wird:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Normverbrauchsabgabe
04/2013
34.093,15

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1.1. Im Zuge eines Haftungsprüfungsvorhaltes vom wurde dem Beschwerdeführer nach Anführung der aushaftenden Abgabenschulden iHv 113.664,51 Euro u.a. Folgendes vorgehalten:

"[...]

5. Sofern die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, werden Sie ersucht, dies durch eine Auflistung´sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten (siehe Punkt 1) gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssen alle damaligen Gläubiger der Gesellschaft (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem sind alle verfügbar´gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.

Es steht Ihnen frei, die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger auch auf andere Art und Weise einwandfrei bekannt zu geben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt Ihnen als Vertreter, Nachweise dafür, wie viel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden sind und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger noch Befriedigung erlangten, zu erbringen. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise muss das Finanzamt davon ausgehen, dass Sie die Ihnen obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt haben, und diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall ist.

6. Wird der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung nicht in nachvollziehbarer Weise erbracht, liegt es im Ermessen des Finanzamtes, die Haftung für die unter Punkt 1 genannten Abgabenbeträge auszusprechen, bei Benachteiligung des Abgabengläubigers im Ausmaß der nachgewiesenen Benachteiligung der Abgabenschuldigkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten (z.B. ).   Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen.

Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt (z.B. ), sähe sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche Vertreterhaftung gegen Sie im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen.

  Unter diesen Umständen haften Sie für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß (zB. ).

7. Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer (), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier für die Lohnsteuer."     

Weiters wurde der Beschwerdeführer im Schreiben aufgefordert, zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zu den Fragen, ob Forderungen an Banken oder an andere Gläubiger abgetreten worden seien und ob ein Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs) geplant sei, Stellung zu nehmen und entsprechende Unterlagen vorzulegen.

1.2. Dazu nahm der Beschwerdeführer am ausführlich schriftlich Stellung und legte entsprechende Unterlagen wie Kontoauszüge, ein Vermögensverzeichnis gemäß § 31a AbgEO sowie eine Auflistung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor.

1.3. Mit - angefochtenem - Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der K*** GmbH (im Folgenden: K. GmbH), welche die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K*** GmbH & Co KG (im Folgenden: K. GmbH & Co KG) ist, gemäß § 9 iVm §§ 80 ff. BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der K. GmbH & Co KG im Ausmaß von 111.433,91 Euro in Anspruch genommen. Begründend wurde u.a. ausgeführt, leichte Fahrlässigkeit würde für eine Haftungsinanspruchnahme reichen. Die aushaftenden Beträge seien zweifelsfrei als uneinbringlich anzusehen. Die Fälligkeit der Abgaben falle zudem in den Verantwortungszeitraum des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der K. GmbH seit . Weiters nahm die belangte Behörde im Haftungsbescheid zu den einzelnen, vom Beschwerdeführer in Beantwortung des Haftungsprüfungsvorhaltes vorgebrachten Punkten wie folgt Stellung:

"[...]

Zu der am eingebrachten Beantwortung zum Haftungsprüfungsvorhalt vom wird folgendermaßen Stellung bezogen: 

1.) Die Lohnsteuer, der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2009 und 2010 werden aus der Haftung genommen.

Die unter Punkt 2 angeführten Verbindlichkeiten bei der Bawag P.S.K (Giro- 

und Kreditkonten), bzw. gegenüber der A*** GmbH und der B*** GmbH wurden dem Anmeldungsverzeichnis vom entnommen.

Das Anmeldungsverzeichnis ist eine Auflistung der vermögensrechtlichen Ansprüche zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung der Gläubiger gegen den Schuldner. In Insolvenzfällen liegt ein Anmeldungsverzeichnis der Finanzbehörde bereits vor. Der Stichtag liegt außerhalb des Haftungsprüfungszeitraumes.

Unter Punkt 3 der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt werden die Zahlungen angeführt, welche auf die haftungsrelevanten Abgaben Nova 04/2013, Nova 07/2013 und Umsatzsteuer 07/2013 geleistet wurden.

Dazu ist seitens des Finanzamtes festzuhalten, dass alle angeführten Zahlungen ohne Verrechnungsweisung geleistet wurden und daher saldowirksam verbucht wurden. Gemäß § 214 Abs.4 Bundesabgabenordnung (BAO) hat die Abgabenbehörde dem auf den Zahlungsbeleg bekannt gegeben Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen. Wurde eine Verrechnungsweisung irrtümlich unrichtig oder gar nicht erteilt, so hätte dies mittels Antrag binnen 3 Monaten ab Erteilung der unrichtigen Verrechnungsweisung berichtigt werden können. 

Das Argument, die im Jahr 2013 geleisteten Saldozahlungen hätten haftungsrelevante Abgaben gezielt abgedeckt, wird somit widerlegt.

4.) Zu den Abgabenfälligkeitsterminen werden in der eingebrachten Stellungnahme folgende Zahlungen ausgewiesen:

a) Fälligkeit — Lohnabgaben in Höhe von € 15.019,26 (Kontoauszug: Girokonto [...] e-banking vom 14.06)

b) Fälligkeit — Lohnabgaben im Höhe von € 13.888,97 (Kontoauszug: Girokonto [...] e-banking vorn 16.09)

Seitens der Finanzbehörde konnten auf dem Abgabenkonto der „K[...] GmbH & Co KG" keine Zahlungseingänge in dieser Höhe und in diesem Zeitraum festgestellt werden.

Im Haftungsprüfungsverfahren wird eine detaillierte und präzise Berechnung (rechnerische Darlegung) zur Gleichbehandlung aller Gläubiger abverlangt, aus der die Entrichtung zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten (Zeitraum) in Gegenüberstellung mit den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen ersichtlich ist und somit dem Gebot der Gleichbehandlung aller Forderungen entsprochen hätte.

Die in der Stellungnahme eingebrachte rechnerische Darstellung konnte aufgrund der angeführten Gründe den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht erbringen.

[...]"

1.4. Mit - auf Grund von Fristverlängerungen rechtzeitig - am eingebrachter Beschwerde wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Haftungsinanspruchnahme: Auf sein Vorbringen sei nur peripher eingegangen worden, obwohl dieser seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des (teilweisen) Fehlens liquider Mittel und der anteiligen Verwendung dieser Mittel nachgekommen sei. Die Behörde sei dadurch nicht von ihrer Ermittlungspflicht entbunden. Allein aus den vorgelegten Kontoauszügen ergäben sich deutlich Anhaltspunkte für das Fehlen der Mittel zur Abgabenentrichtung; konkrete Feststellungen über die vom Beschwerdeführer angebotenen Entlastungsbehauptungen seien nicht getroffen worden. Über das Vermögen der K. GmbH & Co KG sei am Datum**** das Insolvenzverfahren eröffnet worden, nicht am . Das Datum der Insolvenzeröffnung liege in enger zeitlicher Nähe zu den Abgabenfälligkeitsterminen am und . Weiters habe der Beschwerdeführer zahlreiche Kontoauszüge, gerade von den Abgabenfälligkeitsterminen, vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass die Höhe der Verbindlichkeiten der K. GmbH & Co KG zu diesen Zeitpunkten von der Höhe der Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung kaum abgewichen ist. Nichts anderes gelte für die Schulden der K. GmbH & Co KG gegenüber A***GmbH und B*** GmbH. Dies habe der Beschwerdeführer, der nicht vernommen wurden sei, in seiner eidesstättigen Erklärung bestätigt. Dieses Beweismittel sei im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht erwähnt worden. Wörtlich heißt es auszugsweise weiter:

"Der Beschwerdeführer hat in einer Zeitraumbetrachtung (in Pkt. 4. der Stellungnahme vom ) dargelegt, dass von der Primärschuldnerin Teilzahlungen auf Abgabenschulden geleistet wurden, die eine Benachteiligung des Abgabengläubigers ausschließen. Dabei wurde selbstverständlich davon ausgegangen, dass diese Teilzahlungen in der Forderungsanmeldung des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart berücksichtigt wurden, aber dennoch: Aus diesen Teilzahlungen ergibt sich, dass der Abgabengläubiger im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern keineswegs verkürzt wurde!

[...]

Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in dieser Stellungnahme lediglich die Verbindlichkeiten des Girokontos der Primärschuldnerin zur Berechnung der Quoten herangezogen hat, die Gesamtverbindlichkeiten der Primärschuldnerin, wie aber ebenfalls ausführlich dargelegt wurde, erheblich höher waren, womit sich eben die Quote im Verhältnis zu den Gesamtschulden wesentlich verringert und die von der Primärschuldnerin an den Abgabengläubiger geleisteten Zahlungen im Verhältnis zur Quote umso höher sind.

[...]"

Aus "prozessualer Vorsicht" wiederholte der Beschwerdeführer so dann seine "inhaltlich noch präzisierte" Stellungnahme und legte noch die Bilanzen der K. GmbH & Co KG zum und vor. Abgabenschulden seien nicht schlechter behandelt worden als andere Verbindlichkeiten. Es werde daher der Antrag gestellt, den Beschwerdeführer aus der Haftung zu entlassen.

1.5. Mit Berufungsvorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge und schränkte den Haftungsbetrag um 21.773,22 Euro auf 89.660,69 ein.

1.6. Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht, in dem er der Beschwerdevorentscheidung widersprach und seine Beschwerde vom vollinhaltlich aufrechterhielt. Soweit die Beschwerdevorentscheidung dem Einwand des Beschwerdeführers gefolgt sei, dass das Datum der Insolvenzeröffnung in enger zeitlicher Nähe zu den Abgabenfälligkeitsterminen liege und sich die Höhe der Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin in diesem Zeitraum zwischen den Abgabenfälligkeitsterminen (am und ) und der Insolvenzeröffnung (Datum****) kaum verändert habe und aus diesem Grund die Umsatzsteuer 07/2013 aus der Haftung ausgeschieden worden sei, sei kein Grund ersichtlich, warum es zu einer unterschiedlichen Behandlung der Umsatzsteuer 07/2013 und der Nova 04/2013 und 07/2013 komme.

1.7. Im Zuge der Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht hielt die belangte Behörde im Vorlagebericht an ihrer Rechtsansicht fest, dass die vorgelegten Unterlagen nicht geeignet gewesen seien, die Gläubigergleichbehandlung plausibel nachzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war vom bis zur Eröffnung eines Sanierungsverfahrens beim Landesgericht Eisenstadt am Datum**** über die Firma K*** GmbH & Co KG (im Folgenden: K. GmbH & Co KG) und die Firma K*** GmbH alleiniger eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden Firma K*** GmbH (im Folgenden K. GmbH). Die Aufhebung des Sanierungsverfahrens gemäß § 152 b IO nach Sanierungsplan erfolgte beschlussmäßig am . Die Quote in Höhe von 20% wurde zur Gänze einbezahlt. Die K. GmbH & Co KG wurde am im Firmenbuch gelöscht, während die K. GmbH nach beendeter Liquidation am gelöscht wurde.

Seitens der belangten Behörde erging am ein Haftungsprüfungsvorhalt hinsichtlich der aushaftenden Abgabenschulden in Höhe von € 113.664,51, der am unter Bestreitung der Verletzung der Gläubigergleichbehandlung vom Beschwerdeführer beantwortet wurde.

Mit angefochtenem Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der K*** GmbH gemäß § 9 iVm §§ 80 ff. BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der K. GmbH & Co KG unter Berücksichtigung der 20% Quote im Ausmaß von 111.433,91 Euro für folgende Abgaben in Anspruch genommen:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
07/2013
21.773,22
Normverbrauchsabgabe
04/2013
56.821,91
Normverbrauchsabgabe
07/2013
32.838,78

Die Umsatzsteuer 07/2013 und die Normverbrauchsabgabe 07/2013 waren am fällig, die Normverbrauchsabgabe 04/2013 bereits am .

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde, ergänzt durch den Vorlageantrag, einen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung angetreten. Insbesondere hat er zu den Fälligkeitszeitpunkten an Hand eines Kassabuches die Ein- und Ausgänge pauschal aufgelistet, jedoch ohne die einzelnen offenen Verbindlichkeiten der einzelnen Gläubiger zum jeweiligen Fälligkeitstag anzugeben. Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin ergeben sich keine Anhaltspunkte.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich allesamt aus dem dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Verwaltungsakt: Die Feststellungen zur Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers bei der Primärschuldnerin sowie zum Insolvenzverfahren und der Löschung aus dem Firmenbuch ergeben sich aus den entsprechenden Firmenbucheinträgen und im Akt enthaltenen Beschlüssen des LG Eisenstadt. Die Feststellung zu Höhe und Abgabenart der Haftungsbeträge ergibt sich aus dem angefochtenen Haftungsbescheid. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Gläubigernachweis nicht erbracht hat, ergibt sich aus dessen nicht nachvollziehbaren Angaben, die ein stichtagsbezogenes Befriedigungsverhältnis durch die angegebenen Zahlungen vermissen ließen. Aus den Auflistungen wurde vielmehr evident, dass seitens der Primärschuldnerin sehr wohl Zahlungen geleistet wurden. Dass die Primärschuldnerin überhaupt keine liquiden Mittel hatte um die Abgaben zu entrichten, ergibt sich schon aus der Aktenlage, da unbestritten den Angaben des Beschwerdeführers zufolge sehr wohl Zahlungen geleitet wurden, wie beispielsweise am  die Auszahlung eines Geschäftsführerbezuges oder Zahlungen an S*** iHv 13.966,73 Euro oder iHv 648,06 Euro an die P***. Eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger konnte damit nicht dargetan werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

3.1.1. Rechtslage

§ 9 Abs. 1 BAO lautet:

"Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können."

§ 20 BAO lautet:

"Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen."

§ 80 Abs. 1 BAO lautet:

"Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden."

§ 224 Abs. 1 BAO lautet:

"Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten."

3.1.2. Nach der im Folgenden näher dargestellten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO voraus, dass

1. eine uneinbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht,
2. die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO gehört,
3. eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliegt und
4. die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war.

Die Haftung des § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung, welche die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraussetzt.

3.1.3. Auf Grund des Abschlusses des Sanierungsverfahrens im April 2014, ist die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei der Primärschuldnerin (der KG) unter Berücksichtigung der 20% Quote, gegeben.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob dem Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre (vgl. für viele etwa , mwN).

Diese Tatbestandsvoraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben, weil der Beschwerdeführer im haftungsgegenständlichen Zeitraum – die Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgaben liegen zwischen  und – unbestritten der alleinige eingetragene handelsrechtliche Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden GmbH war, als solcher für die Abgabenentrichtung der Gesellschaft zu sorgen gehabt hätte und das Konkursverfahren beendet und die GmbH & Co KG gelöscht ist.

3.1.4. Sind die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten und die Vertreterstellung gegeben, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Vertreters, im Rahmen der ihm obliegenden qualifizierten Mitwirkungspflicht darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war. Nur der Vertreter wird in der Regel jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht ().

Aufgabe des Geschäftsführers ist es, im Verwaltungsverfahren allfällige Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert haben, die Abgabenschulden am oder nach dem Fälligkeitstag zu begleichen. Er hat darzustellen, dass ab dem Zeitpunkt, an welchem die von der Haftungsinanspruchnahme erfassten Abgaben fällig geworden sind, keine Geldmittel der Gesellschaft mehr vorhanden waren. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel.

Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat.

Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden ().

3.1.4.1. Dem Beschwerdeführer wurden die Rechtslage und Rechtsprechung wiederholt dargelegt. Ihm wurde bereits im Rahmen des Haftungsvorhaltes die Möglichkeit eingeräumt, seiner Behauptungs- und Beweispflicht nachzukommen. In der Stellungnahmen zum Haftungsvorhalt, aber auch im Rahmen seiner Beschwerde und in Ergänzung seiner bisherigen Ausführungen im Vorlageantrag, konnte der Beschwerdeführer nicht die Gläubigergleichbehandlung entsprechend der in der Judikatur gesetzten Kriterien nachweisen.

Insgesamt gesehen gelangt das Bundesfinanzgericht daher zur Ansicht, dass die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin auf ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen ist. Als schuldhaft gilt jede Form des Verschuldens, somit auch leichte Fahrlässigkeit (vgl. ). Der Beschwerdeführer hatte wie bereits einleitend ausgeführt im Zuge der ihn treffenden Verpflichtung zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Daher ist es auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im ersten Prüfungsschritt den bei Haftungen gemäß § 9 BAO erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung einer abgabenrechtlichen Pflicht und der Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bejaht hat.

3.1.4.2. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären ().

Die Umsatzsteuer 07/2013 und die Normverbrauchsabgabe 07/2013 waren am fällig, die Normverbrauchsabgabe 04/2013 bereits am . Das Sanierungsverfahren beim Landesgericht Eisenstadt über die Firma K. GmbH und die Firma K. GmbH & Co KG wurde am Datum**** eröffnet; dieses Datum stellt den Eröffnungsstichtag für das Insolvenzverfahren dar. Damit lag es aber in zeitlicher Nähe zu den Abgabefälligkeitsterminen der Umsatzsteuer 07/2013 und auch der Normverbrauchsabgabe 07/2013, weshalb diese beiden Abgaben schon aus diesem Grund aus der Haftung auszuscheiden sind.

3.1.4.3. Hinsichtlich der Normverbrauchsabgabe 04/2013, welche bereits am und somit mehr als fünf Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig war, ist dem Beschwerdeführer der angetretene Gläubigergleichbehandlungsnachweis nicht gelungen:

Die Liquiditätsrechnung muss die in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben der GmbH zur Verfügung gestandenen Mittel, ihre offenen Verbindlichkeiten und die von ihr geleiteten Zahlungen enthalten (). In die Liquiditätsrechnung sind jedenfalls die gesamte Einnahmesituation ( ), die gesamte Liquiditätssituation (), die freiwillig geleisteten Zahlungen (), die im Wege der Exekution entrichteten Beträge (), die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (wie etwas "Zug-um-Zug Geschäfte"; ; , 2006/15/0073) sowie die von der Gesellschaft getätigten "systemerhaltenden" Ausgaben (), einzubeziehen.

Der Beschwerdeführer konnte mit seinem Vorbringen nicht dartun, weshalb der nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtete, weshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf, die ursächlich für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.In seinen Eingaben führt der Beschwerdeführer zwar (beigelegte) Kontoauszüge ins Treffen, die einen erheblichen Rückstand ausweisen, gleichzeitig war es dem Beschwerdeführer zum Stichtag aber möglich diverse Ausgaben zu tätigen. Ob Gläubiger mit diesen Überweisungen zur Gänze oder nur anteilig befriedigt wurden, ist aus diesen Ausführungen nicht zu erkennen. Aus den in der Beschwerde ergänzt um den Vorlageantrag dargestellten Berechnungen, die lediglich Zahlungsquoten hinsichtlich offener Verbindlichkeiten angeben, lässt sich nicht ableiten, welche Mittel dem Beschwerdeführer zur Entrichtung der Abgabenschulden der K. GmbH am Fälligkeitstag tatsächlich zur Verfügung gestanden sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den nach der Judikatur zur Haftungsbeschränkung notwendigen Nachweis nicht angetreten hat (vgl. zB ). 

3.1.4.4. Im Zusammenhang mit der in der Beschwerde als Beweis angebotenen Einvernahme des Beschwerdeführers verkennt der Beschwerdeführer die qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht des Vertreters in Verfahren der vorliegenden Art (vgl. dazu insbesondere mwN). Im Übrigen handelt es sich bei der Frage, ob eine Gleichbehandlung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, um keinen unter Beweis zu stellenden Sachverhalt.

3.1.5.Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Berufungswerbers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn versursacht worden ist. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit kommt die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgabe zu. Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt darin, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben ist und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden kann.

Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist zweifellos ein Umstand, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab (vgl. ).

Vom Beschwerdeführer wurde grundsätzlich nicht aufgezeigt, dass die Haftung wegen seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geltend gemacht werden dürfe. Eine allfällige Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen stünde im Übrigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen (vgl. zB mwN).

Allerdings ist im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen, dass zwischen der Fälligkeit der Normverbrauchsabgabe am  bzw. der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im November 2013 und dem Haftprüfungsvorhalt bzw. der Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides rund drei Jahre vergangen sind. Angesichts dieses Zeitraumes erachtet das Bundesfinanzgericht es daher unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsüberlegungen für geboten und angemessen, die noch in der Haftung verbliebene Normverbrauchsabgabe 04/2013 um 40 %, sohin auf 34.093,15 Euro zu senken und den Beschwerdeführer lediglich für diesen Betrag in Anspruch zu nehmen.

3.1.6. Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnissesauszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die unter 3.1. dargestellte Rechtsprechung, der die Entscheidung folgt); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101579.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at