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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.10.2018, RV/7104363/2018

Aufwendungen für Familienheimfahrten; doppelte Haushaltsführung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104363/2018-RS1
Im Abgabenverfahren gibt es keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel. Als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; ). Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. RV/0317-G/06, zur Begünstigungsbestimmung des § 34 EStG 1988; ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf. vertreten durch A über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt X vom bzw. , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2013 bis 2016, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig. 

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog in den streitgegenständlichen Jahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In seinen am beim Finanzamt elektronisch eingelangten Arbeitnehmerveranlagungserklärungen für die Jahre 2013 bis 2016 machte der Bf. ua. jeweils Aufwendungen für Familienheimfahrten nach Polen in Höhe von 3.672,00 € geltend.

Am erging ein diesbezügliches Ergänzungsersuchen des Finanzamts an den Bf. mit folgendem Wortlaut:

„Ersuchen um Ergänzung betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2013-2016

[…]

Ergänzungspunkte:

- Meldezettel aller am Familienwohnsitz wohnhaften Personen (beglaubigte Übersetzung);

- Vorlage Heiratsurkunde in Kopie in beglaubigter Übersetzung sowie

- Einkommensnachweis des Ehepartners für die Jahre 2013-2016 (in beglaubigter Übersetzung; bei Vorliegen einer Landwirtschaft: Vorlage Einkommensteuerbescheid);

- genaue Aufstellung der Familienheimfahrten mit Datum der Hin- und Rückreise und verwendeten Verkehrsmittel. Bei Fahrten mit dem eigenen Auto: Vorlage Fahrtenbuch, Kopie Zulassungsschein und Vorlage Tankbelege; bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Vorlage der Tickets.

Gemäß § 115 Bundesabgabenordnung besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht sowie Beweismittelbeschaffungspflicht des Steuerpflichtigen unter anderem dann, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben. Sollten Sie oben angeführte Unterlagen nicht oder nur teilweise beibringen, kann Ihr Antrag nur aufgrund der Aktenlage erledigt werden.“

In seinem am beim Finanzamt eingelangten Antwortschreiben führte der Bf. aus, er habe kein Auto; nach Hause fahre er mit einer Fahrgemeinschaft zwei Mal pro Monat. Die Strecke Wien - Y (Polen) betrage 470 km. Diesem Antwortschreiben waren ua. beigelegt:

- Die beglaubigte Übersetzung aus dem Polnischen einer vom Gemeindeamt Y ausgestellten Bescheinigung vom , wonach die Gattin des Bf., B, und die beiden Kinder des Bf., Z (geborenJahr1) und ZZ (geborenJahr2), in der Gemeinde Y zum ständigen Aufenthalt angemeldet sind. Auf dieser Bescheinigung befinden sich weiters zwei Vermerke des Bezug habenden Gemeindeamts vom und vom , jeweils mit folgendem Inhalt: „Die Angaben gelten weiter.“

- Vier von der polnischen Steuerbehörde ausgefüllte Formulare „Bescheinigung EU/EWR der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)“, jeweils vom , wonach die in Y wohnhafte B in den Jahren 2013 bis 2016 keine Einkünfte bezogen hat, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen.

- Die beglaubigte Übersetzung aus dem Polnischen einer von der Kasse der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, Gebietsgeschäftsstelle in C (Polen), ausgestellten Bescheinigung vom , wonach die in Y wohnhafte B „der Sozialversicherung der Landwirte unterliegt in Zeiträumen von:

-- Datum1 bis Datum2 auf Antrag im Umfang von der Alters- und Erwerbsminderungs- sowie Unfall-, Kranken- und Mutterschaftsversicherung als Hausbewohnerin, die das Kind betreut,

-- Datum3 bis auf weiteres auf Antrag als Hausbewohnerin im Umfang von der Alters- und Erwerbsminderungs- sowie Unfall-, Kranken- und Mutterschaftsversicherung.“

Am 12. bzw. erließ das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016, mit denen es die vom Bf. jeweils geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten anerkannte. Begründend führte die Abgabenbehörde dazu jeweils aus:

„Nachdem kein belegmäßiger Nachweis der Familienheimfahrten erfolgte, wurden diese steuerlich nicht anerkannt.“

Gegen die angeführten Bescheide erhob der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde:

Der Bf. habe in seinen Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2013 bis 2016 Familienheimfahrten geltend gemacht. Diese seien nicht zuerkannt worden, da er keine Belege vorgelegt habe. Der Bf. habe die Heimfahrten beschrieben, da er zwei Mal im Monat fahre. Die Belege lege er der Beschwerde bei. Er ersuche um nochmalige Überprüfung seines Anliegens.

Der Beschwerde waren vier von der polnischen Firma D in C ausgestellte Bescheinigungen, jeweils vom , beigeschlossen, wonach der Bf. in den Jahren 2013 bis 2016 die Dienste dieser Firma für Fahrten Y - Wien und Wien - Y genutzt habe. Der Preis für eine einfache Fahrt Österreich - Polen - Österreich habe 60,00 € betragen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 25. bzw. wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte es dazu aus:

„Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind nur Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, weil zum Beispiel der/die (Ehe-)Partner(in) am Ort des Familienwohnsitzes (un)selbständige Einkünfte in relevanter Höhe erzielt (mehr als 6.000,00 € jährlich). Dies ist in Ihrem Fall laut den vorgelegten Bescheinigungen jedoch nicht gegeben.

Weiters ist, wie bereits im angefochtenen Erstbescheid begründet, eine Gewährung von Aufwendungen für Familienheimfahrten ohne belegmäßigen Nachweis der tatsächlich angefallenen Kosten nicht möglich.

Da in Ihrem Fall somit die Voraussetzungen nicht zutreffen, konnten die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten im Sinne des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1988 berücksichtigt werden (auch nicht vorübergehend).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.“

In seinem Vorlageantrag vom führte der steuerliche Vertreter des Bf. aus, betreffend die Beschwerdegründe werde einerseits auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Andererseits seien die heranzuziehenden Gründe hinsichtlich der wirtschaftlichen Gegebenheiten irrtümlich nicht vollständig dargelegt worden. Diesbezüglich benötige der steuerliche Vertreter allerdings die Mithilfe bzw. Unterlagen vom Bf.. Dessen Arbeitgeber (E) habe jedoch wegen des extremen Winterwetters den Betrieb eingestellt, sodass der Bf. bei seiner Familie in Polen weile. Der steuerliche Vertreter ersuche, die zusätzlichen Beschwerdegründe nachreichen zu dürfen und werde dies sofort nach Erhalt der vollständigen Unterlagen tun.

Der steuerliche Vertreter ersuche weiter um stattgebende Erledigung.

Am wurde das Rechtsmittel dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im Bezug habenden Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, da der Bf. trotz eines Vorhalts und seiner Ankündigungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag bis zum jetzigen Zeitpunkt (Mitte September 2018) die benötigten Unterlagen nicht übermittelt habe, hätten die geltend gemachten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden können. Dementsprechend werde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

- § 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. [...] Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. [...]"

- § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 lauten:

"Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufwendeten Beträge.

2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen."

- Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Im Abgabenverfahren gibt es keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel. Als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; ). Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. RV/0317-G/06, zur Begünstigungsbestimmung des § 34 EStG 1988; ).

Im gegenständlichen Fall haben der Bf. bzw. sein steuerlicher Vertreter diesen Beweis nicht erbracht, und zwar weder hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung (diese wäre insbesondere dann der Fall, wenn dem Bf. eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, weil zB seine Gattin am Ort des Familienwohnsitzes mit relevanten Einkünften erwerbstätig ist, was aber hier nicht gegeben ist) noch hinsichtlich des belegmäßigen Nachweises der tatsächlich angefallenen Kostenfür Familienheimfahrten (die oa. Bescheinigung der polnischen Firma D in C, wonach der Bf. in den Jahren 2013 bis 2016 deren Dienste für Fahrten Y - Wien und retour genutzt habe und der Preis für eine einfache Fahrt Österreich - Polen - Österreich 60,00 € betragen habe, vermag diesen belegmäßigen Nachweis der tatsächlich angefallenen Fahrtkosten nicht zu ersetzen).

Dies, obwohl der Bf. bereits am mit Ergänzungsersuchen des Finanzamts dazu aufgefordert worden war; auch in den Begründungen der angefochtenen Einkommensteuerbescheide und Beschwerdevorentscheidungen (einer Beschwerdevorentscheidung kommt Vorhaltscharakter zu (; )) wurde ausdrücklich darauf Bezug genommen. Auch im Vorlageantrag vom wurden wiederum keine geeigneten Aufzeichnungen und/oder Belege vorgelegt; der darin enthaltenen Ankündigung des steuerlichen Vertreters, die zusätzlichen Beschwerdegründe sofort nach Erhalt der vollständigen Unterlagen nachzureichen, ist dieser bis dato, sohin seit rund zehn Monaten, nicht nachgekommen.

Aus den angeführten Gründen ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegen diese Voraussetzungen nicht vor (das Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes ab etc.), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben ist. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.    

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at