Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2018, RV/7102244/2011

Endbesteuerte Kapitaleinkünfte sind nicht in den Gesamtbetrag der Vorjahreseinkünfte einzubeziehen

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7102244/2011-RS1
Die vom Bf angestrebte Steueroptimierung, nur zum Zweck der Ermittlung des Gesamtbetrages der Vorjahreseinkünfte endbesteuerte Kapitaleinkünfte in die Veranlagung zur Einkommensteuer einzubeziehen, um den Grenzbetrag des § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 anzuheben, und dennoch für die unter das Endbesteuerungsgesetz fallenden Kapitaleinkünfte die günstigere Endbesteuerung zu genießen, findet als bloßes "Rosinen-Picken" in der gegebenen Rechtslage keine Deckung (Marschner in Jakom3, 2010, § 97 Abs 4 Rz 36 mwN).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Berufungssache des Berufungswerbers, vertreten durch ****, über die als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung vom gegen die Bescheide der belangten Behörde, FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg, jeweils vom , betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 und 2010, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I Verfahrenshergang und Sachverhalt:

Der Berufungswerber (Bw) war in den Streitjahren Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich und beantragte im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer für die Jahre 2009 und 2010 die Berücksichtigung von Spenden iHv EUR 30.000,00 für 2009 und EUR 40.000,00 für 2010. Seine selbständigen Einkünfte als Vorstandsmitglied betrugen in beiden Jahren rd  EUR 50.000,00. In den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen E1a erklärte der Bw zum Zweck der Ermittlung des Gesamtbetrages der Vorjahreseinkünfte endbesteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen von EUR 2.241.000,00 aus dem Jahr 2008 für 2009 und EUR 2.706.000,00 aus dem Jahr 2009 für 2010. Nach dieser Erklärung ergaben sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von EUR 2.291.081,22 für 2009 und von EUR 2.756.302,64 für 2010 und folglich ein Grenzbetrag für Spenden weit über EUR 200.000,00.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom ermittelte die belangte Behörde davon abweichend den Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres ohne die endbesteuerten Kapitaleinkünfte, sodass sich die Spenden nicht zur Gänze steuermindernd auswirkten, sondern im Ausmaß von EUR 5.0098,12 für 2009 und von EUR 5.030,26 für 2010.

Mit gleichlautenden Bescheidbegründungen wurde ausgeführt, dass die Absetzbarkeit von Spendenaufwendungen iHv 10% des Gesamtbetrages der Vorjahreseinkünfte begrenzt sei.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw form- und fristgerecht Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide und begehrte die erklärungsgemäße Veranlagung. Die Spenden für mildtätige Zwecke seien nicht korrekt mit 10% des Gesamtbetrages der Vorjahreseinkünfte begrenzet worden, weil in den Gesamtbetrag der Einkünfte die Dividenden nicht einbezogen worden seien, wobei nochmals auf die Erklärungsbeilagen E1a verwiesen wurde. Der Umstand, dass diese Dividenden auf Grund einer Tarifvorschrift nicht im Einkommensteuerbescheid aufschienen, tue nichts zur Sache. Schließlich werde auf Rz 774 LStR zum Alleinverdienerabsetzbetrag verwiesen, wo es im Ergebnis um die identische Rechtsfrage gehe.

Die belangte Behörde wies die Berufungen mit Beschwerdevorentscheidungen, jeweils vom , als unbegründet ab. Als Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres sei der im Bescheid des vorangegangenen Veranlagungsjahres als solcher ausgewiesene Betrag maßgebend.

Mit gemeinsamem Schriftsatz vom erhob der Bw Vorlageantrag. In der Sache wurde vorgetragen, dass es an einer gesetzlichen Grundlage für die Besteuerung der Dividenden fehlen würde, wenn diese nicht in den Gesamtbetrag der Einkünfte einzubeziehen wären. Nur die in § 2 Abs 3 EStG 1988 taxativ aufgezählten Einkunftsarten unterlägen der Einkommensteuer.

Gemäß § 27 Abs 2 Z 1 lit a EStG 1988 seien Dividenden aus Aktien Einkünfte aus der Überlassung von Kapital und daher
gemäß § 27 Abs 1 EStG 1988 Einkünfte aus Kapitalvermögen und daher
gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 und § 2 Abs 3 Z 5 EStG 1988 in den Gesamtbetrag der Einkünfte miteinzubeziehen.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung mitsamt dem bezughabenden Verwaltungsakten 2009 und 2011 vorgelegt.

Durch Einsicht in den elektronischen Steuerakt des Bw (DB2) wurde festgestellt, dass der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 einen Gesamtbetrag der Einkünfte von EUR 50.081,22 ausweist.

Über die Berufungen wurde erwogen:

II Rechtslage ab 2014:

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht. Die Ausfertigung von noch vor dem verkündeten Rechtsmittelentscheidungen hat jedoch noch im Namen des unabhängigen Finanzsenates als Abgabenbehörde zweiter Instanz nach den zum geltenden Verfahrensbestimmungen zu erfolgen. Nach dem wirksam werdende Erledigungen des unabhängigen Finanzsenates als Abgabenbehörde zweiter Instanz gelten als Erledigungen des Bundesfinanzgerichtes.

Gegenständlicher Berufungsschriftsatz fällt unter leg. cit. und ist daher als Bescheidbeschwerde zu erledigen.

III Rechtzeitigkeit und Begründetheit der Berufung

Gemäß § 26 Abs 2 ZustG (Zustellgesetz) idF BGBl I 5/2008 gilt die Zustellung ohne Zustellnachweis als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. [...]

Die angefochtenen Bescheide datieren vom , weisen den Bw als Empfänger aus und wurden ohne Zustellnachweis verschickt. Der Berufungsschriftsatz datiert vom und langte laut Finanzamtsstempel am bei der belangten Behörde ein. Der Stempel vermerkte "Eingeschrieben". Weder das Kuvert noch ein Fristverlängerungsansuchen liegen dem vorgelegten Verwaltungsakt ein.

Da die angefochtenen Bescheide nicht an den damaligen steuerlichen Vertreter zugestellt wurden, ist der Zustellzeitpunkt der angefochtenen Bescheide (zB Eingangsvermerk in der Kanzlei) nicht eruierbar. Im Zweifel ist Rechtzeitigkeit anzunehmen.

An der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages kann kein Zweifel bestehen.

Berufung und Vorlageantrag sind form- und fristgerecht.

IV Rechtsfrage:

Die Berufung wirft zwei Rechtsfragen auf, und zwar

1.) ob für Zwecke der Ermittlung des für die Abzugsfähigkeit von Spenden gemäß § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 maßgeblichen Grenzbetrages endbesteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen in den an dieser Gesetzesstelle verwendeten Begriff des Gesamtbetrages der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Kalenderjahres einzubeziehen sind; und

2.) im Fall der Bejahung von Frage 1, ob mit dem in § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 verwendeten Begriff des "Gesamtbetrages der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Kalenderjahres" jene Größe gemeint ist, die sich aus dem Vorjahresbescheid ergebe, oder ob der Gesamtbetrag der Einkünfte - unabhängig von Frage 1 - vom Vorjahresbescheid abweichend als bloße Vorfrage zu berechnen ist.

V Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung BGBl I 52/2009 und 135/2009 sind Geldzuwendungen an begünstigte Körperschaften im Sinne des § 4a Z 3 und 4 nur insoweit bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, als sie insgesamt 10% des sich nach Verlustausgleich ergebenden Gesamtbetrages der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Kalenderjahres nicht übersteigen.

§ 124b Z 152 EStG 1988 lautet:

"§ 4a Z 3 und Z 4 sowie § 18 Abs. 1 Z 8, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2009, sind erstmalig auf Zuwendungen anzuwenden, die im Kalenderjahr 2009 getätigt werden.

Zur Aufnahme in die in § 4a Z 4 genannten Listen für das Jahr 2009 haben Körperschaften im Sinne des § 4a Z 3, die selbst bereits seit drei Jahren bestehen und die die Voraussetzungen im Übrigen erfüllen, oder aus einer Vorgängerorganisation (Organisationsfeld mit eigenem Rechnungskreis), die diese Voraussetzungen erfüllt hat, hervorgegangen sind, zur Wahrung der rückwirkenden Spendenabzugsfähigkeit bis dem Finanzamt Wien 1/23 die Bestätigungen des Wirtschaftsprüfers über das Vorliegen der in § 4a Z 4 genannten Voraussetzungen zu den Abschlussstichtagen der Jahre 2006 und 2007 gemeinsam mit einer aktuellen Fassung der Rechtsgrundlage (wie Satzung, Gesellschaftsvertrag) vorzulegen. Ab dem Abschlussstichtag des Jahres 2008 gilt § 4a Z 4, sodass eine Spendenabzugsfähigkeit erst mit Eintragung in der jeweiligen Liste gegeben ist. Das Finanzamt Wien 1/23 hat die Listen für 2009 erstmalig bis zu veröffentlichen. Diese bis veröffentlichten Listen gelten für Zuwendungen ab dem .

Für Zwecke der Evaluierung der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen gemäß § 4a Z 3 und 4 sowie § 18 Abs. 1 Z 8 ist ein Prüfungsbeirat beim Bundesministerium für Finanzen einzurichten. Arbeitgeber, die Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung oder Ruhegenussbezüge einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1, 3 oder 4 auszahlen, können im Zuge einer Aufrollung gemäß § 77 Abs. 3 Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 8 berücksichtigen."

Das Bundesverfassungsgesetz über eine Steuerabgeltung bei Einkünften aus Kapitalvermögen, bei sonstigem Vermögen und bei Übergang dieses Vermögens von Todes wegen durch den Abzug einer Kapitalertragsteuer, über eine Steueramnestie, über eine Sonderregelung bei der Einkommen- und Körperschaftsteuerveranlagung für das Kalenderjahr 1992 und über eine Amnestie im Bereich des Devisenrechts (Endbesteuerungsgesetz) idF des StrukturanpassungsG 1996 BGBl Nr 201/1996 lautet auszugsweise:

"ABSCHNITT I

Steuerabgeltung bei bestimmten Einkünften aus Kapitalvermögen und sonstigem Vermögen durch Abzug von Kapitalertragsteuer

§ 1. (1) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß bei der Besteuerung

von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 des Einkommensteuergesetzes 1988), und zwar von

c) Kapitalerträgen aus Ausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auf Gesellschafts- und Genossenschaftsanteile sowie auf Genußrechte,

…die Steuern (Abs. 2) soweit diese Kapitalerträge nach der für das Kalenderjahr 1993 geltenden Rechtslage einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen – mit dem Kapitalertragsteuerabzug abgegolten sind. …

Unter die Steuerabgeltung fallen ab der Veranlagung 1996 Forderungswertpapiere im Sinne des § 93 Abs. 3 Z 1 bis 3 nur dann, wenn sie bei ihrer Begebung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht einem unbestimmten Personenkreis angeboten werden; dies gilt hinsichtlich der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Erwerbe von Todes wegen, wenn der Erblasser nach dem verstorben ist.

(2) Abs. 1 gilt hinsichtlich

lit. c bis f für die Einkommensteuer, soweit die Steuerschuld ab entstanden ist.

(3) ...

(4) Die Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge im Sinne des Abs. 1 ist mit einem einheitlichen Satz festzusetzen. Sie darf nicht weniger als 20% und nicht mehr als die Hälfte des für das betreffende Jahr bei der Einkommensteuer geltenden höchsten Steuersatzes betragen.

(5) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß die einbehaltene Kapitalertragsteuer insoweit erstattet wird, als sich aus der Anwendung des für die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) jeweils geltenden Steuertarifs auf das Einkommen eine niedrigere Steuer ergäbe. Dabei ist das Ausmaß der Steuererstattung bei einem unterhaltsberechtigten Steuerpflichtigen um die steuerliche Abgeltung der Unterhaltsverpflichtungen zu kürzen. Ferner ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß bei der Erstattung der für 1993 einbehaltenen Kapitalertragsteuer der für 1994 geltende Einkommensteuertarif anzuwenden ist."

§ 97 Abs 4 EStG 1988 idF BGBl I 26/2009 bestimmt:

„Ist die nach dem Steuertarif für Kapitalerträge im Sinne des Abs. 1 und 2 sowie im Sinne des § 37 Abs. 8 zu erhebende Einkommensteuer geringer als die Kapitalertragsteuer, der freiwillig geleistete Betrag und die gemäß § 37 Abs. 8 gesondert zu berechnende Steuer, so ist der allgemeine Steuertarif anzuwenden. Dabei ist die Kapitalertragsteuer oder der freiwillig geleistete Betrag auf Antrag auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten. Eine solche Anrechnung und Erstattung ist weiters bei Erhebung der Kapitalertragsteuer von Kapitalerträgen vorzunehmen, hinsichtlich derer in Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens eine über das entrichtete Ausmaß hinausgehende Anrechnung ausländischer Steuer beantragt wird. Der Antrag kann innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsjahres gestellt werden. Für die Berechnung des zu erstattenden Betrages gilt folgendes: …“

VII rechtliche Beurteilung

Die in der Berufung vertretene Rechtsanschauung wäre als schlüssig anzusehen, wenn sie einen Sachverhalt beträfe, der vor Inkrafttreten des als Bundesverfassungsgesetz erlassenen Endbesteuerungsgesetzes verwirklicht worden wäre. Es handelt sich also keinesfalls um eine bloße "Tarifvorschrift", wie in der Berufung ausgeführt wird, also einer Norm auf einfachgesetzlicher Ebene. Zur bis geltenden Rechtslage ist aber zu ergänzen, dass die Kapitaleinkünfte als Teil des Gesamtbetrages der Einkünfte und als Teil des zu versteuernden Einkommens zum laufenden Tarif nach § 33 EStG 1988 besteuert wurden, wobei die Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld anzurechnen war.

Es ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass diese Art der Berechnung der Einkommensteuer für den Bw überdeutlich spürbar ungünstiger wäre als die Endbesteuerung.

Der ins Treffen geführte Normenkonflikt ist nach dem höheren Recht zu Gunsten des im Verfassungsrang angesiedelten Endbesteuerungsgesetzes zu lösen. Da das Endbesteuerungsgesetz Teil des Verfassungsrechts ist, kann es auch nicht mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft werden.

Ab fallen Dividenden als Ausschüttungen von inländischen Kapitalgesellschaften zwingend unter die verfassungsrechtlich gebotene Endbesteuerung, was zur Folge hat, dass Dividenden bei der Veranlagung zur Einkommensteuer außer Acht zu lassen und nicht in den Spruch des Einkommensteuerbescheides aufzunehmen sind. Das Endbesteuerungsgesetz hat daher den Grundsatz, die Einkommensteuer sei eine kumulative Steuer, sehr wesentlich abgeschwächt. Kapitaleinkünfte sind im Veranlagungsbescheid bei der Einkommensermittlung nach § 2 Abs 2 EStG 1988 nur dann zu erfassen, wenn sie nicht der Endbesteuerung unterliegen (zB Zinsen aus Privatdarlehen).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Endbesteuerung bestimmt § 1 Abs 5 Endbesteuerungsgesetz iVm § 97 Abs 4 EStG 1988. Für steuerpflichtige Einkommen, deren Besteuerung nach dem Tarif des § 33 EStG 1988 unter 25% zu erfolgen hätte, sieht § 1 Abs 5 Endbesteuerungsgesetz eine Option zur Regelbesteuerung vor, die auf einfachgesetzlicher Stufe in § 97 Abs 4 EStG 1988 eingerichtet wurde. Die Option wirkt wie eine Rückkehr zur Rechtslage vor dem , ist aber auf jene Fälle beschränkt, die für den Abgabepflichtigen nach dem Tarif ein günstigeres Ergebnis als nach der Endbesteuerung bringen. Wie bereits oben erwähnt, ist das in casu concreto nicht der Fall.

Der Bw war aufgrund der Höhe der Kapitaleinkünfte nicht zu fragen, ob er einen Antrag auf Besteuerung nach dem Tarif unter Anrechnung der - übrigens nicht bekannt gegebenen - Kapitalertragsteuer stellen möchte.

Zum Hinweis auf die Lohnsteuerrichtlinien ist zu sagen, dass diese als bloßer Erlass nicht zum geschlossenen Rechtsquellenkatalog zählen und daher für die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und die Verwaltungsgerichte nicht verbindlich ist (vgl mwN). Weiters lässt das lapidare Vorbringen, dass es um die identische Rechtsfrage gehe wie beim Alleinverdienerabsetzbetrag keine substantiierte Auseinandersetzung zu. Nach ha Rechtsansicht liegt keinesfalls eine identische Rechtsfrage vor.

Die vom Bw angestrebte Steueroptimierung, nur zum Zweck der Ermittlung des Gesamtbetrages der Vorjahreseinkünfte endbesteuerte Kapitaleinkünfte in die Veranlagung zur Einkommensteuer einzubeziehen, um den Grenzbetrag des § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 anzuheben und dennoch für die unter das Endbesteuerungsgesetz fallenden Kapitaleinkünfte die günstigere Endbesteuerung zu genießen, findet als bloßes "Rosinen-Picken" in der gegebenen Rechtslage keine Deckung (Marschner in Jakom3, 2010, § 97 Abs 4 Rz 36 mwN). Der Begriff des Gesamtbetrages der Einkünfte iSd § 2 Abs 3 EStG 1988 ist auch ohne ausdrücklichen Verweis in § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 mit dem dort verwendeten, gleichlautenden Begriff inhaltlich identisch.

Somit kann zur Falllösung die Beantwortung der zweiten Frage auf sich beruhen.

Es wird darüber hinaus bemerkt, dass die zweite Frage eine rein hypothetische ist. Hätte der Bw die Millioneneinkünfte als solche aus Gewerbebetrieb im Vorjahr nicht erklärt, sondern erst für Zwecke der Spendenbegünstigung für das Folgejahr, so hätte die belangte Behörde darin wohl zu Recht ein novum repertum erblickt und die Wiederaufnahme des Verfahrens für das Vorjahr durchgeführt, womit ohnedies ein neuer Sachbescheid gegeben wäre. Ist zum unmittelbar vorangegangenen Jahr ein Einkommensteuerbescheid ergangen, so ist dieser für Zwecke des § 18 Abs 1 Z 8 lit c EStG 1988 heranzuziehen. Damit stellt sich die Frage ausschließlich für den Fall einer erstmaligen Veranlagung zur Einkommensteuer überhaupt. Für EU-Ausländer, die in Österreich die EU-Grundfreiheiten (insbes Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit) ausüben und damit einkommensteuerpflichtig werden, wird aufgrund des Gebots der Inländergleichstellung auch zu beachten sein, dass der Einkommensteuerbescheid des anderen Mitgliedstaates als Vorjahresbescheid iSd leg.cit. in Betracht kommt.

Ebenfalls ist zu bemerken, dass die einzig interessante Frage im konkreten Fall wäre, ob die Vorstandsbezüge angesichts der Gewinnlage der Aktiengesellschaft fremdüblich vereinbart wurden. Fremdüblich wären wohl Boni-Vereinbarungen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die in Berufung gezogene Rechtsfolge zwingend aus dem im Verfassungsrang angesiedelten Endbesteuerungsgesetz ergibt, liegt keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG vor. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 18 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 152 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Endbesteuerungsgesetz, BGBl. Nr. 11/1993
§ 97 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7102244.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at