Zurücknahmeerklärung einer mangelhaften Säumnisbeschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Säumnisbeschwerde vom wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamt Wien 4/5/10 beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom leitete das Finanzamt Wien 4/5/10 ein am eingebrachtes Schreiben des Beschwerdeführers (Bf) vom als Devolutionsantrag (nunmehr Säumnisbeschwerde) zuständigkeitshalber an das BFG weiter.
Es liege folgender Sachverhalt zugrunde:
„: Der Pfl. bringt ein Schreiben, datiert mit ein, in welchem diverse Anträge, unter anderem ein „Devolutionsantrag" gestellt wurden. Die Bearbeitung verzögerte sich auf Grund von unklaren Angaben und widersprüchlichen Willensäußerungen. Bis heute ist nicht klar, ob der Pfl. mit dem Wort Devolutionsantrag eine Säumnisbeschwerde oder einen Vorlageantrag meint. Es konnten zum damaligen Zeitpunkt auch keine offenen Anträge im Finanzamt aufgefunden werden.
: Das Finanzamt erlässt hinsichtlich des Devolutionsantrages einen Mängelbehebungsauftrag per Rückschein, welcher nicht behoben wurde.
: Es wird ein neuerlicher Mängelbehebungsauftrag erlassen. Diesmal erfolgte die Zustellung durch einen Vollstrecker in den Briefkasten.
: Antwort des Pfl. auf den Mängelbehebungsauftrag. Hier weist der Pfl. wieder auf seinen gestellten Devolutionsantrag hin, gibt jedoch keine weiteren zweckdienlichen Auskünfte.
Auf Grund der Forderung des Pfl., seinen Devolutionsantrag umgehenst zu bearbeiten, entschloss sich nun das Finanzamt, diesen Antrag tatsächlich als Säumnisbeschwerde zu werten und diese nun an das BFG weiterzuleiten.
Im Zuge der Bearbeitung dieser Weiterleitung konnte ein Stundungsansuchen vom ausgemacht werden, in welchem gleichzeitig auch um Erlassung der Schulden ersucht wird. Dies wäre eigentlich als Nachsichtsansuchen zu werten gewesen. Das Stundungsansuchen wurde am abgewiesen. Eine Erledigung des Nachsichtsansuchens ist im Akt nicht ersichtlich, jedoch wurde ebenfalls am ein zweites Nachsichtsansuchen hinsichtlich von Nebengebühren eingebracht, welches am erledigt wurde. Hier lag auf Grund des gleichen Eingangsdatums wahrscheinlich eine Verwechslung durch die Sachbearbeiterin vor.
Bis zur Behandlung des Devolutionsantrages bzw. Säumnisbeschwerde nimmt die Abgabenbehörde von der Erledigung der offenen Beschwerde und des Nachsichtsansuchens Abstand, da neue Argumente oder Sachverhalte nicht ausgeschlossen werden können.“
Mit Beschluss vom wurde dem Bf gemäß § 85 Abs. 2 BAO aufgetragen, die der Eingabe vom anhaftenden Mängel des Fehlens der Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages (§ 285 Abs. 1 lit. b BAO) und die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind (§ 285 Abs. 1 lit. c BAO), zu beheben.
Es wurde darauf hingewiesen, dass n ach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die Beschwerde als zurückgenommen bzw bei rechtzeitig und vollständiger Behebung der Mängel die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht gilt.
Mit Eingabe vom kam der Antragsteller der Aufforderung nach und brachte Folgendes vor:
„Mir hat das FA einen Bescheid geschickt, obwohl ich seit Anfang an, glaublich seit 2010, immer Einsprüche, Anträge geschrieben haben und diese nur sporadisch beantwortet wurden.
In meinem elektronischen Akt wurde, wie es scheint, alles gerade gerückt. Nach Rücksprache mit einem Rechtsexperten der rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien stelle ich folgenden Antrag, dass das FA meinen gesamten Steuerakt in Original dem BFG zur Beweis-Sicherung vorlegt, um sich selbst ein Bild machen zu können und um feststellen zu können, dass meine Beschwerde zu Recht besteht.
Weiters stelle ich den Antrag, in meinen vollständigen Steuerakt Einsicht zu erhalten beim BFG, um weitere Schritte einleiten zu können.
Weiters stelle ich den Antrag auf Verfahrenshilfe, da ich nicht rechtskundig bin.
Weitere Beweise und Anträge behalte ich mir vor.“
Über die Säumnisbeschwerde wurde erwogen:
Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann gemäß § 284 Abs. 1 BAO die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
Gemäß § 284 Abs. 2 BAO hat das Verwaltungsgericht der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.
Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht gemäß § 284 Abs. 3 BAO erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
Gemäß § 285 Abs. 1 BAO hat die Säumnisbeschwerde zu enthalten:
a) die Bezeichnung der säumigen Abgabenbehörde;
b) die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages bzw. der Angelegenheit, in der eine Verpflichtung zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides besteht;
c) die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind.
Die Frist des § 284 Abs. 2 wird gemäß § 285 Abs. 2 BAO durch einen Mängelbehebungsauftrag (§ 85 Abs. 2) gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages und endet mit Ablauf der Mängelbehebungsfrist oder mit dem früheren Tag des Einlangens der Mängelbehebung beim Verwaltungsgericht.
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Mit Eingabe vom teilte der Bf aufgrund des Bescheides vom , seines Einspruches, seines persönlichen Besuches beim Finanzamt und des Auftrages des Finanzamtes, sich mit den Kollegen des Finanzamtes zusammen zu sprechen, dem Finanzamt Wien 4/5/10 wie versprochen mit, dass der Kollege gesagt habe, dass dies alles schon längst verjährt sei.
Daher stelle der Bf zusätzlich zum Antrag zur Zurücksetzung bzw. Aufhebung des Bescheides vom , da dieser sich selbst widerspreche, einen Devolutionsantrag, weiters den Antrag einer Verfahrenshilfe, da er nicht rechtskundig sei, sowie den Antrag auf Erlassung seiner Schuld des aushaftenden Betrages.
Mit welcher gegenüber dem Bf zu erlassenden Sachentscheidung die Behörde in Verzug geblieben ist, ist dem Devolutionsantrag ebensowenig zu entnehmen wie der Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Auch mit Eingabe vom kam der Antragsteller der Aufforderung nur insofern nach, als er vorbrachte, dass ihm das Finanzamt einen Bescheid geschickt habe, obwohl er seit Anfang an, glaublich seit 2010, immer Einsprüche, Anträge geschrieben habe und diese nur sporadisch beantwortet worden seien.
Für die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages reicht laut Ritz, Mängelbehebungsaufträge bei Inhaltsmängeln von Devolutionsanträgen – Änderung der BAO durch die UFSG-Novelle 2006 – UFSG-Novelle 2006, SWK 2006, S 708 nicht, den Antrag lediglich mit Datum zu bezeichnen. Ersichtlich soll sein, worum es geht. Zweckmäßig ist etwa, den Inhalt durch Anschluss einer Ablichtung des unerledigten Antrages der Abgabenbehörde zweiter Instanz bekannt zu geben.
Für die Sechsmonatsfrist ist bei Anbringen ihr Einlangen maßgebend (nicht bereits der Zeitpunkt der Postaufgabe). Das Einlangensdatum wird dem Einschreiter vielfach nicht bekannt sein (außer im Wege der Akteneinsicht oder der Beantwortung eines diesbezüglichen an das Finanzamt gerichteten Auskunftsverlangens). Zur Beurteilung des Ablaufes der Sechsmonatsfrist wird i.d.R. die Angabe des Zeitpunktes der Einbringung des Anbringens ausreichend sein (etwa wenn der Devolutionsantrag sechs Monate zuzüglich einer Woche nach Postaufgabe des Anbringens gestellt wird).
Die Säumnisbeschwerde (Devolutionsantrag) vom entspricht nicht den in § 285 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen, diese Mängel wurden auch durch die Eingabe vom nicht behoben.
Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht rechtzeitig oder zwar innerhalb der gesetzten Frist, aber unzureichend entsprochen, ist die Behörde verpflichtet, einen Bescheid zu erlassen, mit dem die Zurücknahme der Eingabe festgestellt wird (vgl. ).
Die Säumnisbeschwerde vom gilt daher gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit § 25a VwGG nicht zulässig, da er nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, sondern sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RS.7100139.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at