Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 22.11.2018, RV/7103221/2018

Säumniszuschlag, Beschwerde ohne expliziten Antrag auf § 217 Abs. 7 BAO durch einen Beschwerdeführer, der selbst rechtskundiger Parteienvertreter ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den_Senat im Beisein der Schriftführerin in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom , StNr. XY, betreffend Säumniszuschlag gemäß § 217 BAO in der mündlichen Verhandlung vom  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen Säumniszuschlag in Höhe von € 210,74 fest, da die Einkommensteuer 07-09/2017 mit einem Betrag von € 10.536,95 nicht bis zum Fälligkeitstag, dem , entrichtet worden sei.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Beschwerdeführer (Bf.) ein, dass es gemäß der Jahressteuererklärung 2015, die im Mai eingereicht worden sei, zum Zeitpunkt der Fälligkeit längst zu einer Gutschrift in Höhe der anfallenden Vorauszahlung kommen hätte müssen.

Darüber hinaus scheine, dass statt eines Betrages von € 12.500,00 durch einen Verarbeitungsfehler nur ein Betrag von € 1.250,00 überwiesen worden sei.

Er beantrage, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, in eventu den Betrag nachzusehen.

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Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus:

Werde eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so seien gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 2-10 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag betrage gemäß § 217 Abs. 2 BAO 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG habe der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer Vorauszahlungen zu entrichten. Die Vorauszahlungen würden mittels Bescheides festgesetzt und seien zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November gemäß § 45 Abs. 2 EStG zu leisten.

Die Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2017 sei am fällig gewesen. € 1.250,00 seien zeitgerecht überwiesen worden, der Rest der Abgabenschuld verspätet am .

Da die Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2017 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden sei, sei ein Säumniszuschlag vorzuschreiben gewesen.

Wenn Gründe vorlägen, die die zeitgerechte Entrichtung einer Abgabe begründet verzögerten, und der Abgabepflichtige einen Säumniszuschlag vermeiden möchte, müsse spätestens bis zum Fälligkeitstag ein Ansuchen um Zahlungserleichterung eingebracht werden.

Weiters werde mitgeteilt, dass eine Gutschrift erst mit Buchung am Abgabenkonto entstehe. Gutschriften, die erwartet würden, könnten zu diesem Zeitpunkt nicht berücksichtigt werden. Ein Guthaben entstehe, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteige.

Da die pünktliche Abgabenzahlungsverpflichtung in der Vergangenheit bereits wiederholt nicht eingehalten worden sei (Umsatzsteuer 03/2017, Lohnabgaben 06/2017), liege ein die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO ausschließendes grobes Verschulden an der gegenständlichen Säumnis vor.

Die Beschwerde sei daher abzuweisen gewesen.

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Der Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und führte nach dem Betreff „Säumniszuschlag von € 210,74 wegen Tippfehler“ aus, dass statt € 12.500,00 ein Betrag von € 1.250,00 und nach Beanstandung der Rest überwiesen worden sei. Ein Säumniszuschlag von € 210,74 sei hierfür völlig unverhältnismäßig, da Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bestanden habe. Genau dies solle der Säumniszuschlag, wenn gegenteilig, sanktionieren.

Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, sowie die Verhandlung durch den Senat.

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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung verwies der Bf. zunächst auf sein schriftliches Vorbringen.

Der Amtsbeauftragte legte Daten des Abgabenkontos in Form einer Auflistung von Säumniszuschlägen der Jahre 2000 bis 2018 vor, die dem Bf. zur Einsichtnahme übergeben und von ihm fotografiert wurden.

Der Bf. brachte abschließend vor, dass es sich um einen Tippfehler gehandelt habe. Er habe letztlich zum Erhalt des Guthabens mehrmals beim Finanzamt urgiert. Es habe jedoch 6 Monate gedauert, bis die Gutschrift ausgezahlt worden sei. Ihm erscheine der Säumniszuschlag in keiner Relation zur Verspätung. Zinsen dafür würden lediglich einen Betrag in Höhe von ca. € 20,00 ausmachen. Man sehe auf der Säumniszuschlagsauflistung auch, dass viele Säumniszuschläge in der Folge wieder gestrichen worden seien. Es werde daher die Stattgabe der Beschwerde beantragt.

Der Amtsbeauftragte beantragte die Abweisung der Beschwerde und verwies darauf, dass regelmäßig Einkommensteuervorauszahlungen nicht bei Fälligkeit entrichtet worden seien. Daraus ergebe sich, dass die Einrichtung eines entsprechenden Kontrollsystems nicht erfolgt sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer ( ).

Die Abgabenbehörde hat daher im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis zu prüfen (vgl. ). Die Verhängung liegt nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist eine objektive Säumnisfolge (). Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind ebenso wie die Dauer des Verzuges grundsätzlich unbeachtlich (). Insbesondere setzt die Verwirkung des Säumniszuschlages kein Verschulden der Partei voraus ().

Die Einwendungen des Bf. betreffend das Vorliegen eines Verarbeitungs- oder Tippfehlers bzw. der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit gehen daher ins Leere.

Das Beschwerdevorbringen, die Höhe des strittigen Säumniszuschlages sei völlig unverhältnismäßig, geht fehl, weil ein Säumniszuschlag nicht den Charakter einer Verzinsung des seiner Vorschreibung zugrunde liegenden Abgabenrückstandes hat. Denn der Säumniszuschlag ist der Höhe nach unabhängig vom Zeitraum, während dessen der betreffende Abgabenrückstand besteht. Zinsen hingegen hängen ihrem Ausmaß nach stets von der Dauer jenes Zeitraumes ab, innerhalb dessen eine fällige Zahlung nicht geleistet wird (vgl. ).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen, dass der Umstand, wonach der Säumniszuschlag bei kurzer Dauer des Verzuges einer höheren „Verzinsung“ des geschuldeten Abgabenbetrages entspricht als bei längerer Dauer, eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage darstellt, die keine Unbilligkeit der Einhebung des Säumniszuschlages begründet (vgl. zB ; ; ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die für die Anlastung eines Säumniszuschlages maßgeblichen Rechtsgrundlagen als unbedenklich erachtet. Wie etwa dem Erkenntnis vom , B 249/80, zu entnehmen ist, bezweckt der Säumniszuschlag, die rechtzeitige Entrichtung der Abgaben zu bewirken. Gegen dieses Ziel ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, aber auch nicht gegen die Mittel, es zu erreichen. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes sind die Regelungen betreffend den Säumniszuschlag nicht unsachlich; vielmehr hat der Gesetzgeber eine im Interesse der Verwaltungsökonomie gelegene Pauschallösung getroffen. Da es dem Gesetzgeber zusteht, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu erlassen, müssen in Einzelfällen entstehende Härten in Kauf genommen werden (vgl. auch VfSlg. 9258/1981; VfSlg. 7996/1977).

In Anbetracht dieser Rechtsprechung besteht die vom Bf. behauptete Rechtswidrigkeit des Säumniszuschlages infolge Unverhältnismäßigkeit nicht.

Auch aus dem Vorbringen, dass es zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Einkommensteuer 07-09/2017 längst zu einer Gutschrift aus der Veranlagung der Einkommensteuer 2015 kommen hätte müssen, lässt sich nichts gewinnen, weil maßgebend die tatsächlich durchgeführten Veranlagungen sind und nicht diejenigen, die nach Ansicht des Bf. hätten durchgeführt werden müssen.

Festgestellt wird, dass die Einkommensteuer 2015 mit einer Gutschrift von € 23.222,00 erst am bescheidmäßig festgesetzt wurde und daher keine Auswirkung auf die gegenständliche Fristversäumnis haben konnte.

Mit Verrechnungsweisung für die am in Höhe von € 12.500,00 fällige Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2017 erfolgte am eine Überweisung von € 1.250,00, die jedoch gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO iVm § 211 Abs. 2 BAO (Respirofrist von drei Tagen) als rechtzeitig entrichtet gilt. Aufgrund des auf dem Abgabenkonto zum in Höhe von € 713,05 bestehenden Guthabens verringerte sich die noch zu entrichtende Einkommensteuer 07-09/2017 auf € 10.536,95, die erst durch die Zahlung vom €  – und daher verspätet - getilgt wurde.

Die Festsetzung des angefochtenen Säumniszuschlages erfolgte mangels rechtzeitiger Entrichtung eines Teilbetrages der Einkommensteuer 07-09/2017 von € 10.536,95 zum Fälligkeitstag somit zu Recht.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind gemäß § 217 Abs. 7 BAO Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Das Finanzamt wertete die Beschwerde als Antrag auf § 217 Abs. 7 BAO.

Dem kann sich das Bundesfinanzgericht nicht anschließen, weil der Bf. nicht nur Partei des Verfahrens, sondern selbst auch Rechtsanwalt ist und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen ().

Der Bf. hätte somit explizit einen Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO stellen und diesen auch begründen müssen, was sowohl in der Beschwerde, in der lediglich lapidar auf einen „Verarbeitungsfehler“ hingewiesen wurde, als auch im Vorlageantrag, in dem sogar nur im Betreff ein „Tippfehler“ angeführt wurde, unterblieb, da das Fehlen eines groben Verschuldens nicht dargelegt wurde und die beiden Hinweise zudem widersprüchlich sind.

Da die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO somit nicht verfahrensgegenständlich war, war auch nicht auf den Einwand des Finanzamtes die zahlreich begangenen Fristversäumnisse des Bf. betreffend einzugehen.

Informativ wird festgestellt, dass Anträge nach § 217 Abs. 7 BAO innerhalb der Festsetzungsverjährung der §§ 207 bis 209 BAO () auch unabhängig von einer Beschwerde gegen Säumniszuschlagsbescheide gestellt werden können.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7103221.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at