Verzicht auf Mieteinnahmen einer Miteigentümerin der vermieteten Liegenschaft als Änderung der Einkünfteverteilung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ER in der Beschwerdesache LZR Ag u. Ni, AStrasse 4, PLZ Ort, vertreten durch SteuerlVertreter , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die im Kalenderjahr erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 12.625,32 EURO
Ag LZR Anteil Einkünfte 1.803,62 EURO
Ni LZR Anteil Einkünfte 10.821,70 EURO
Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die beschwerdeführende Miteigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft AStrasse 4, PLZ Ort (in der Folge kurz Bf.) mit den jeweils zu 50% beteiligten Miteigentümern Ag LZR und Ni LZR erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung von Teilen dieser Liegenschaft an die XY GmbH (in der Folge kurz GmbH), deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer Ni LZR ist.
Strittig ist in gegenständlicher Beschwerdesache, ob ein von der Miteigentümerin Ag LZR ausgesprochener Verzicht auf ihren Anteil an den Mieteinnahmen (10 anteilige Monatsmieten) steuerlich anzuerkennen ist oder nicht.
In ihrer elektronisch eingebrachten Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften/-gemeinschaften für das Jahr 2013 erklärte die Vermietungsgemeinschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 12.625,32 EURO (Einnahmen von 18.900,00 abzüglich Afa von 2.727,27 EURO und übrige Werbungskosten von 3.547,41 EURO). Diese Einkünfte wurden (abweichend von den Miteigentumsverhältnissen und den den Miteigentumsverhältnissen folgenden Erklärungen der Vorjahre) der Miteigentümerin Ag LZR anteilig in Höhe von 1.803,62 EURO und dem Miteigentümer Ni LZR anteilig in Höhe von 10.821,70 EURO zugerechnet. Dabei wurde im Detail so vorgegangen: Von der Monatsmiete von 2.700,00 EURO entfalle je ein Betrag von 1.350,00 auf die beiden Hälfteeigentümer. Während Ag LZR auf 10 anteilige Monatsmieten verzichtet habe und ihr daher nur ein Betrag von 2.700,00 EURO zugeflossen sei, habe Ni LZR die gesamte anteilige Jahresmiete von 16.200,00 EURO erhalten. Der Überschuss der Einnahmen von 12.625,32 EURO wurde sodann im Verhältnis der Mieteinnahmenanteile (14,286% und 85,714%) verteilt (siehe die Eingabe an das ).
Das Finanzamt stellte die Einkünfte mit Bescheid vom gemäß § 188 BAO fest. Dabei wich es von der Zurechnung der Anteile laut Erklärung ab und verteilte die erklärten Einkünfte je zur Hälfte und somit jeweils in Höhe von 6.312,65 EURO auf die beiden Miteigentümer.
In ihrer Beschwerde vom beantragte die Bf. die erklärungsgemäße Einkünfteverteilung und führte dazu aus, dass Ag LZR im Jahr 2013 auf ihren Anteil an 10 Monatsmieten verzichtet habe, Ni LZR hingegen nicht.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab und führte dazu aus, dass ein einseitiger Verzicht auf Mieteinnahmen ohne Zustimmung des anderen Miteigentümers nicht möglich sei.
In ihrem Vorlageantrag brachte die Bf. vor, dass die Miteigentümer ein Ehepaar seien und die Zustimmung des anderen Ehepartners vorläge.
In seinem Vorlagebericht nahm das Finanzamt zum Beschwerdebegehren Stellung. Es sei dem Erfordernis der Publizität nicht Rechnung getragen worden, wenn dem Finanzamt die Änderung der Einkünfteverteilung erst nach Ende des Besteuerungszeitraumes an Hand der Abgabenerklärung zur Kenntnis gebracht wurde. Es seien auch keine Nachweise oder sonstige diesbezügliche Vereinbarungen über eine allfällige geänderte Gewinnverteilung dem Finanzamt vorgelegt worden, weshalb die Einkünfteverteilung wie für die Vorjahre gemäß dem Miteigentumsverhältnis vorgenommen worden sei.
Mit Schriftsatz vom replizierte die Bf. auf die Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht. Es seien niemals Nachweise oder Vereinbarungen von Seiten der Behörde verlangt worden. Ag LZR habe sich seit Jahren monatlich ihren Mietanteil auf ihr Konto überweisen lassen. Ni LZR werde sein Mietanteil monatlich seinem Verrechnungskonto [Anm: bei der GmbH] gutgeschrieben. Im Jahr 2013 habe Ag LZR 10 Monate auf die Bezahlung der Miete verzichtet (somit keine Banküberweisungen), während bei Ni LZR weiterhin monatlich die Buchung auf seinem Verrechnungskonto erfolgt sei. Durch die monatliche Aufnahme des Geschäftsfalles in die Bücher sei der Publizität genüge getan worden.
Im weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht verwies das Finanzamt noch darauf, dass durch den Verzicht auf 10 anteilige Monatsmieten sich die gemeinsamen zu verteilenden Mieteinkünfte verringert hätten.
Die Bf. legte wiederum über Vorhalt mit Eingabe vom eine Aktennotiz der GmbH datiert vom mit dem Inhalt einer Mietvereinbarung zwischen den Hauseigentümern und der GmbH vor. Danach betrug die Monatsmiete insgesamt 5.000,00 EURO, die 50:50 an Ag und Ni LZR zu entrichten sei. Die Vereinbarung ist von den Vertragspartien unterzeichnet.
Vorgelegt wurde auch eine Aktennotiz der GmbH mit Datum mit der Überschrift: „Verrechnung Miete Büro und Carport ab “. darin wird festgehalten, dass anlässlich der Bilanzierung 2012 am mit Herrn [Steuerberater] und Herrn LZR besprochen worden sei, dass die Zahlung der monatlichen Büromiete von 1.250,00 EURO und für Carport von 100,00 EURO ab 1.3. nicht mehr überwiesen werde, sondern monatlich zur Abstattung des Saldos des Verrechnungskontos-3721 herangezogen werde. Das Verrechnungskonto weise einen Minussaldo von 108.992,09 EURO auf, der mit dieser monatlichen Verrechnung verringert werde. Frau LZR verzichte ab zur Gänze auf die Mietzahlung. Der Mietvertrag müsse entsprechend geändert werden. Auf dieser Aktennotiz ist weiter unten folgender Vermerk angebracht: „Frau LZR widerruft diese Vereinbarung. Mietzahlungen an sie werden ab wieder getätigt.“ Der Vermerk trägt die Unterschrift Ag LZR.
Weiters vorgelegt wurde eine Vereinbarung zwischen der GmbH und den Hauseigentümern datiert vom , wonach in Ergänzung zur Mietvereinbarung vom und dem Bestandsvertrag vom die Regelung beschlossen werde, dass bis auf Widerruf 50% der vereinbarten Miete von der GmbH nur an Ni LZR ausbezahlt werde. Diese Regelung trete mit in Kraft. Die Vereinbarung ist von den Vertragsparteien unterschrieben. Auf diesem Papier ist weiters folgender Vermerk mit Datum festgehalten: „Frau LZR widerruft diese Vereinbarung. Mietzahlungen an sie werden ab wieder getätigt.“ Der Vermerk trägt die Unterschrift Ag LZR.
Im weiteren Verfahren wurde von der Bf. noch vorgebracht, dass es kein eigenes Bankkonto der Hausgemeinschaft gebe und dass die Miete nach dem Mietvertrag aus dem Jahr 2009 von 5.000,00 EURO pro Monat in der Folge reduziert worden sei.
Das Finanzamt verwies abschließend darauf, dass sich aus den jetzt vorgelegten Unterlagen keine dezidierte Vereinbarung über eine geänderte Gewinnverteilung entnehmen lasse. Der Verzicht auf die Mieteinnahmen ergebe noch nicht eine Änderung der Gewinnverteilung der Vermietungsgemeinschaft. Dies würde in weiterer Folge zum Ergebnis haben, dass es zwar eine Vermietungsgemeinschaft gebe, am Ende aber jeder nach Gutdünken über seine Einnahmen und die Gewinne verfügen könne.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO werden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens festgestellt, wenn an den Einkünften derselben Einkunftsart mehrere Personen beteiligt sind. Gemäß § 188 Abs. 3 BAO ist Gegenstand der Verteilung gemäß Abs. 1 auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber.
Auch bei Beteiligung mehrere Personen als Miteigentümer an einer Liegenschaft ist bei Vermietung eine Feststellung gemäß § 188 BAO durchzuführen. Der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ist den Mitgliedern der Gemeinschaft grundsätzlich im Verhältnis ihrer Anteile am Vermögen zuzurechnen. Abweichende Vereinbarungen sind zulässig, wenn sie eindeutig sind, im Vorhinein getroffen werden und eine entsprechende wirtschaftliche Begründung erfahren (vgl. Jakom/Laudacher, EStG, 2017, § 28 Rz 31 und die dort zitierte Judikatur).
Im gegenständlichen Fall macht die Bf. geltend, dass für das Jahr 2013 eine (von den Miteigentumsverhältnissen abweichende) Regelung zwischen der Mieterin und den Vermietern getroffen worden sei, wonach die Miteigentümerin Ag LZR auf ihren 50%-Anteil an 10 Monatsmieten verzichte, der Miteigentümer Ni LZR aber nicht. Das Finanzamt sieht in den dazu vorgelegten Dokumenten keine taugliche Basis für eine Änderung der Einkünfteverteilung und führt überdies ins Treffen, dass die Änderungsregelungen nicht zeitgerecht dem Finanzamt bekannt gegeben worden seien und somit die für die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen notwendige Publizität nicht erfüllt sei.
Die notwendige Publizität setzt eine ausreichend deutliche Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile sowie des Beweises des Abschlusses und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Dritten gegenüber voraus (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke, Einkommensteuergesetz-EStG 1988, § 4 Tz 69). Nicht unbedingt erforderlich ist eine zeitnahe Bekanntgabe von Vereinbarungen gegenüber dem Finanzamt. Das Gericht sieht in den vorgelegten schriftlichen Unterlagen (Vereinbarungen und Aktennotizen) eine ausreichende und zeitnahe Dokumentation des Mietverzichtes der Miteigentümerin Ag LZR. Diese Vereinbarungen und Notizen tragen jeweils ein Datum vor dem Inkrafttreten der Vereinbarung. Es gibt keine Veranlassung die Echtheit und Richtigkeit dieser Unterlagen in Frage zu stellen, was das Finanzamt auch nicht getan hat.
Wenn das Finanzamt die Ansicht vertritt, dass die vorliegende (Verzichts)Vereinbarung keine Änderung der Gewinnverteilung bedeute, dann mag dies formal gesehen insofern richtig sein, als der Begriff Gewinnänderung in den Vereinbarungen nicht vorkommt. Im Ergebnis ist dies aber anders zu betrachten. Denn in der vorliegenden Mietvereinbarung mit der GmbH wurde festgelegt, dass der vereinbarte monatliche Mietzins jeweils 50:50 an die Miteigentümer zu entrichten sei. Wenn dann die Miteigentümerin Ag LZR für den Zeitraum von 10 Monaten im Jahr 2013 auf die Entrichtung ihrer 50% verzichtet, während sich an der Entrichtung an den zweiten Miteigentümer nichts ändert, dann ist dies ein Verzicht auf Mieteinnahmen einer Miteigentümerin direkt gegenüber der Mieterin, der aber im Einvernehmen mit dem zweiten Miteigentümer erfolgte, der wiederum auf seinen Anteil der Mieteinnahmen nicht verzichtet hat. Im wirtschaftlichen Ergebnis bewirkt dieser Verzicht nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien dann aber eine Änderung der Gewinnverteilung.
Es erscheint daher nicht gerechtfertigt, die entrichtete (reduzierte) Miete von 18.900,00 EURO (12 Monate x 50% Miete für Ni LZR und 2 Monate x 50% Miete für Ag LZR) im Verhältnis 50:50 aufzuteilen. Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut und der erkennbare Wille der Vereinbarungen, die grundsätzlich zu achten sind. Außerdem führt ein Verzicht auf künftige Einnahmen (auch aus privaten Gründen) nicht zu einem Einnahmenzufluss beim Verzichtenden, da der Zufluss grundsätzlich nicht fingiert werden darf (vgl. Jakom/Lenneis, EStG 2017, § 15 Rz 5 und die dort zitierte Judikatur des und ). Folgte man dem Finanzamt, dann wäre bei der Miteigentümerin Ag LZR ein Mietanteil in Höhe von 9.450,00 EURO (50% von 18.900,00 EURO) statt des tatsächlich vereinbarten Betrages von 2.700,00 EURO anzusetzen und würde damit ein Zufluss des Mehrbetrages von 6.750,00 EURO fingiert werden.
Es erscheint auch naheliegend anzunehmen, dass der Mietverzicht aus Liquiditätsgründen bei der laufend Verluste erzielenden GmbH erfolgte, zumal auch gleichzeitig in den vorgelegten Unterlagen festgehalten ist, dass die anteiligen Mieten des Miteigentümers Ni LZR nicht mehr auszuzahlen seien, sondern seinem im Minus befindlichen Verrechnungskonto bei der GmbH gut zu buchen wären, damit sich dieser Minussaldo verringere. Klarstellend merkt das Gericht an, dass dieses Gutbuchen unzweifelhaft einen Zufluss darstellt.
Es war daher der Beschwerde Folge zu geben und waren die Mieteinkünfte erklärungsgemäß auf die Miteigentümer zu verteilen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Streitfrage wurde im Einklang mit der bestehenden Lehre und Rechtsprechung beantwortet. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.4100737.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at