Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 12.12.2018, RV/7400150/2018

Gebrauchsabgabe für Baustelleneinrichtung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Mag. Karoline Windsteig und die weiteren Senatsmitglieder Dr. Adebiola Bayer, Mag. Daniel Samer und Mag. Martin Saringer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, MA 46, Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten, vom betreffend Festsetzung der Gebrauchsabgabe für den Zeitraum bis , xxx, in der Sitzung am   zu Recht erkannt: 

1. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Gebrauchsabgabe für Juli 2016 in Höhe von EUR 2.180,80,-- festgesetzt.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden "Bf.") ist ein Bauunternehmen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurden der Bf. für den Zeitraum vom bis zum eine Bewilligung und eine Gebrauchserlaubnis für eine Baustelleneinrichtung in Wien erteilt und eine Gebrauchsabgabe festgesetzt. Mit Bescheid vom wurden die Bewilligung und die Gebrauchserlaubnis vom 12. Mai bis zum verlängert und eine Gebrauchsabgabe zum Höchsttarif festgesetzt. Die Bf. beantragte mit Schreiben vom  eine weitere Verlängerung bis zum . Diese wurde mit Bescheid vom unter Festsetzung einer Gebrauchsabgabe zum Höchsttarif für die Monate August 2016 bis Jänner 2017 erteilt.

Die Landespolizeidirektion Wien brachte am eine Anzeige ein, da die Bf. Bauarbeiten auf und neben der Straße durchgeführt hatte, obwohl für den Zeitraum ab dem keine Bewilligung vorlag. In Folge setzte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Gebrauchsabgabe für die Monate Juni und Juli 2016 mit insgesamt EUR 4.361,60,-- fest, da die Bf. im Zeitraum vom 18. Juni bis zum den öffentlichen Grund bzw. den darüber befindlichen Luftraum ohne Gebrauchserlaubnis durch die Lagerung von Baustoff benutzt habe. Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Sie legte im Wesentlichen dar, die Gebrauchsabgabe für den Monat Juni 2016 bereits entrichtet zu haben. Eine nochmalige Entrichtung der Abgabe sei nicht vorgesehen, da nach § 9 Abs. 1a GAG eine Anrechnung der bereits entrichteten Abgabe zu erfolgen habe, wenn die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt werde. Darüber hinaus würde § 9 Abs. 1a GAG keinen unterschiedlichen bzw. erhöhten Tarif für den Gebrauch vorsehen, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis bewirkt zu haben.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. In ihrer Begründung legte sie dar, dass die "doppelte" Verrechnung der Monatsabgabe vom 1. bis zum 17. Juni im Rahmen der Gebrauchserlaubnis und vom 18. bis zum 30. Juni im Rahmen der Nachverrechnung systemimmanent und zulässig sei. Unverständlich sei es hingegen, wenn die, die im Einklang mit dem Gesetz eine Gebrauchserlaubnis bis zum 17. Juni innehätten und diese ab dem 18. Juni verlängern ließen, eine "doppelte" Gebrauchsabgabe zahlen müssten, während die, die über keine weitere Gebrauchserlaubnis verfügten, dies nicht müssten. Bei Härten im Falle einer zulässigen Mehrfachverrechnung von Gebrauchsabgaben würde § 15 Abs. 2 GAG eine Lösung auf Ebene der Zahlungsmodalitäten vorsehen. § 9 Abs. 1a GAG stehe der Festsetzung der Gebrauchsabgabe für Juni 2016 nicht entgegen, da diese Bestimmung auf die nachträgliche Erteilung einer Gebrauchserlaubnis abstelle, was hier nicht der Fall sei, da für den Zeitraum vom 18. bis zum niemals eine Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei. Auch was die Höhe des Tarifes betreffe, könne der Bf. nicht gefolgt werden, da für die Nutzung ab dem eine weitere Gebrauchserlaubnis erforderlich gewesen sei, die nach dem Höchsttarif hätte entgolten werden müssen.

In ihrem Vorlageantrag ergänzte die Bf., dass gemäß Tarif D Post 1 bei einer weiteren Bewilligung für denselben Zweck am selben Standort die Abgabe je weiteren begonnenen Monat zu entrichten sei, sodass für Juni 2016 keine nochmalige Abgabenentrichtung vorgesehen sei. Dem hielt die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht entgegen, dass jede Monatsabgabe hinsichtlich der Entstehung der Steuerschuld gesondert zu beurteilen sei (). Somit sei die Gebrauchsabgabe für den Zeitraum mit Gebrauchserlaubnis getrennt vom Zeitraum ohne Gebrauchserlaubnis zu betrachten. Somit sei die Festsetzung der Gebrauchsabgabe für den Zeitraum vom 18. bis zum erforderlich gewesen. Eine Ausdehnung der in § 9 Abs. 1a vorgesehenen Anrechnungsbestimmung auf den vorliegenden Fall sei nicht geboten, da derjenige, der ohne Gebrauchserlaubnis öffentlichen Grund nutze und somit nicht nur ein Bagatellvergehen begehe, die damit verbundenen Rechtsnachteile zu tragen habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Der Bf., einem Bauunternehmen, wurden mit Bescheid der belangten Behörde vom eine Gebrauchserlaubnis für eine Baustelleneinrichtung in Wien-XYZ für den Zeitraum vom bis zum und mit Bescheid vom eine Gebrauchserlaubnis für den Zeitraum vom 12. Mai bis zum erteilt. Dafür wurde eine Gebrauchsabgabe festgesetzt. Die Bf. entrichtete die für Juni 2016 vorgesehene Abgabe in Höhe von insgesamt EUR 2.180,80,-- (EUR 9,40,-- x 232 m2). Ab dem setzte die Bf. die Bauarbeiten fort und benutzte öffentlichen Grund für die Lagerung von Baustoffen, ohne über eine Gebrauchserlaubnis zu verfügen. Die Bf. stellte mit Schreiben vom einen Antrag auf Verlängerung der Gebrauchserlaubnis. Mit Bescheid der belangten Behörde wurde diese Verlängerung für den Zeitraum von August 2016 bis Jänner 2017 gewährt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und geht aus den vorgelegten Akten hervor.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt 1: Abänderung des angefochtenen Bescheides

§ 9 Abs. 1 und Abs. 1a des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG 1966) lauten wie folgt:

"§ 9

Abgabepflicht, Anzeigepflicht und Haftung

(1) Der Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund in der Gemeinde gemäß § 1, der Träger einer Erlaubnis zum Gebrauch von Bundesstraßengrund und derjenige, der Bundesstraßengrund auf eine im angeschlossenen Tarif angegebene Art gebraucht, für die nach der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich keine Bewilligung erforderlich ist, haben eine Gebrauchsabgabe zu entrichten.

(1a) Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, hat – unbeschadet der §§ 6 und 16 – die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen. [...]"

Gemäß § 11 Abs. 4 GAG 1966 ist die Monatsabgabe für jeden begonnenen Abgabenmonat zu entrichten; Abgabenmonat ist der Kalendermonat.

Nach § 15 Abs. 2 GAG 1966 gilt:

"§ 15

Erstattung und Anrechnung

[...]

(2) Erlischt eine Gebrauchserlaubnis nach § 4 Abs. 3 oder 4 und wird für die gleiche Gebrauchsart eine Gebrauchserlaubnis im gleichen Umfang einem anderen Erlaubnisträger erteilt, so kann auf Antrag dem neuen Erlaubnisträger auf die von ihm zu entrichtende Abgabe die von seinem Vorgänger bereits geleistete Abgabe voll oder teilweise angerechnet werden, wenn die Entrichtung des vollen Abgabenbetrages nach der Lage des Falles eine Härte bedeuten würde. Der Antrag ist innerhalb eines Monates nach Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis zu stellen. [...]"

§ 16 Abs. 1 und 2 GAG 1966 lauten wie folgt:

"§ 16

Strafen

(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

(2) Wer, ohne hierdurch den Tatbestand des Abs. 1 zu verwirklichen, öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1 Abs. 1) in einer im angeschlossenen Tarif angegebenen Art ohne bestehende Gebrauchserlaubnis nutzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Übertretung dauert so lange an, bis die Abgabenbehörde die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festsetzt. [...]"

Laut Tarif D Post 1 in der anzuwendenden Fassung gelten die folgenden Tarife:

"D. Monatsabgaben je begonnenen Abgabenmonat

1. für die Lagerung von Baustoffen, Schutt, Baugeräten, Baucontainern, Lademulden oder von sonstigen Gegenständen sowie für die Aufstellung von Baugeräten, Baucontainern, Gerüsten oder Bauhütten je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je begonnenen Monat beträgt die Abgabenhöhe im 1. Bezirk für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 6 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 12 Euro; in allen übrigen Bezirken beträgt die Abgabenhöhe für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 4,20 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 8,40 Euro. Wird vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für den selben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen – insbesondere wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist – beantragt, beträgt die Abgabenhöhe je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk 13 Euro und in allen übrigen Bezirken 9,40 Euro. Die Lagerung von Baucontainern und Lademulden bis zu 24 Stunden ist nicht genehmigungspflichtig und abgabenfrei […]"

Unstrittig ist, dass die Bf. eine Gebrauchsabgabe für den streitgegenständlichen Zeitraum auf Grund der Lagerung von Baustoffen auf öffentlichem Grund zu entrichten hat und sie im Juni 2016 Baustoffe sowohl mit als auch ohne Gebrauchserlaubnis lagerte. Somit erfüllte die Bf. im Juni 2016 sowohl den Tatbestand des § 9 Abs. 1 als auch denjenigen des § 9 Abs. 1a GAG 1966. Zu klären ist, ob die Bf. die Gebrauchsabgabe für Juni 2016 deshalb zwei Mal zu entrichten hat.

Aus § 11 Abs. 4 GAG 1966 und Tarif D Post 1 geht hervor, dass es sich bei der Gebrauchsabgabe, die für die Lagerung von Baustoffen zu entrichten ist, um eine Monatsabgabe handelt, die für jeden begonnenen Abgabenmonat zu entrichten ist, wobei der Kalendermonat Abgabenmonat ist. Diese Bestimmungen für sich alleine lassen nicht erkennen, ob eine zweimalige Entrichtung der Abgabe auf Grund unterschiedlicher Tatbestände vorgesehen ist. Auch der Hinweis der belangten Behörde, dass jede Monatsabgabe für sich eine Abgabe darstelle, die hinsichtlich der Entstehung der Steuerschuld gesondert zu beurteilen sei, bedeutet noch nicht, dass eine solche im vorliegenden Fall zwei Mal vorzuschreiben ist; dies lässt sich auch nicht aus der von der belangten Behörde zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/16/0019, ableiten, die zur Getränkeabgabe des Landes Steiermark erging.

Auch der Wortlaut anderer Bestimmungen des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 nimmt nicht ausdrücklich auf den Fall Bezug, dass für den Teil eines Monats eine Gebrauchserlaubnis vorliegt, die dafür vorgesehene Gebrauchsabgabe für das gesamte Monat entrichtet wird und die Nutzung des öffentlichen Grunds über den Teil des Monats erstreckt wird, für den keine Gebrauchserlaubnis mehr vorgesehen ist, ohne dass eine solche auch nachträglich erteilt wird. Die belangte Behörde meint, das Erfordernis einer doppelten Abgabenentrichtung aus dem vergleichbaren Fall ableiten zu können, dass eine Gebrauchserlaubnis während eines Monats abläuft und eine neue Gebrauchserlaubnis erteilt wird, die im selben Monat beginnt. In diesem Fall geht die belangte Behörde davon aus, dass eine zweimalige Entrichtung der Gebrauchsabgabe vorgesehen sei. Eine solche Auslegung lässt sich jedoch aus dem Wortlaut des Tarifs D Post 1 nicht ableiten, der auf diesen Fall Bezug nimmt und wo vorgesehen ist, dass die Abgabenhöhe auf Grundlage der neuen Bewilligung erst "je weiteren begonnenen Monat" zu bestimmen ist. Vor diesem Hintergrund geht die Argumentation der belangten Behörde ins Leere, es sei unverständlich, dass in diesem Fall eine zweimalige Gebrauchsabgabe zu entrichten sei, im beschwerdegegenständlichen Fall jedoch nicht.

Des Weiteren verwies die belangte Behörde auf § 15 Abs. 2 GAG 1966, wenn es auf Grund der zweimaligen Entrichtung der Gebrauchsabgabe zu Härtefällen komme. Diese Bestimmung nimmt allerdings nur auf den Fall Bezug, dass zwei Erlaubnisträger vorliegen. Da im gegenständlichen Fall jedoch nur die Bf. als Erlaubnisträgerin in Betracht kommt, kann § 15 Abs. 2 GAG 1966 keine Anwendung finden.

Vielmehr lassen die Anrechnungsbestimmungen des § 9 Abs. 1a und des § 15 Abs. 2 GAG 1966 erkennen, dass die zweimalige Entrichtung der Gebrauchsabgabe nicht als Regelfall vorgesehen sein soll. Während § 15 Abs. 2 GAG 1966 eine Anrechnung der Abgabe ermöglicht, die im Falle von zwei Erlaubnisträgern bereits vom ersten Erlaubnisträger entrichtet wurde, sieht § 9 Abs. 1a vor, dass eine nach dieser Bestimmung entrichtete Abgabe anzurechnen ist, wenn die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt wird. Daraus, dass für die gegenständliche Fallkonstellation keine Anrechnungsbestimmung besteht, kann nicht geschlossen werden, dass eine zweimalige Entrichtung der Abgabe für dasselbe Monat vorgesehen sein soll. Dies bedeutet lediglich, dass der Gesetzgeber nicht den Fall vor Augen hatte, dass zwar für das gesamte Kalendermonat eine Abgabe nach § 9 Abs. 1 GAG 1966 erhoben wird, die Gebrauchserlaubnis, die Grundlage für die Entrichtung dieser Abgabe bildet, sich jedoch nur auf einen Teil des Monats bezieht.

In ihrem Vorlagebericht führt die belangte Behörde aus, dass der, der ohne Gebrauchserlaubnis öffentlichen Grund nutze, Rechtsvorschriften missachtet habe und die sich daran anschließenden Rechtsnachteile tragen solle; dass Unternehmen Gebrauchserlaubnisse nicht einholten und ohne Wissen und Willen der Verkehrsbehörde Bauvorhaben fortsetzten, sei aus Gründen der Verkehrssicherheit hintanzuhalten, es handele sich dabei nicht um Bagatellvergehen. Dieses Vorbringen lässt erkennen, dass die belangte Behörde in der nunmehrigen Vorschreibung der Gebrauchsabgabe für den Monat Juni 2016 einen pönalen Charakter erblickt. Dass § 9 Abs. 1a GAG 1966 einen solchen entfalten soll, lässt sich jedoch weder aus dem Wortlaut dieser Bestimmung noch aus den Erläuterungen (Beilage Nr. 4572012, LG - 03021/2012/0001) ableiten. Auch die Systematik des Gebrauchsabgabegesetzes lässt dies nicht erkennen. Diese sieht mit § 16 Abs. 2 vielmehr eine Verwaltungsstrafbestimmung für den Fall vor, dass öffentlicher Grund ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis genutzt wird. Daraus ist erkennbar, dass dem Unrechtsgehalt dieses Verhaltens durch diese Strafbestimmung begegnet werden soll und nicht durch eine doppelte Vorschreibung der Gebrauchsabgabe. Darüber hinaus ist § 9 Abs. 1a GAG 1966 nicht geeignet, einen pönalen Charakter zu entfalten, da eine solche Wirkung nur dann in Form einer zweimaligen Abgabenfestsetzung für dasselbe Monat erfolgen könnte, wenn für einen Teil des Monats eine Gebrauchserlaubnis vorläge und die Abgabe dafür bereits auf Grundlage von § 9 Abs. 1 GAG 1966 entrichtet worden wäre.

Zwar mag das System der Gebrauchsabgabe es ermöglichen, dass eine Gebrauchserlaubnis, die Grundlage für die Erhebung der Abgabe für das gesamte Kalendermonat nach § 9 Abs. 1 GAG 1966 bilden soll, selbst nicht ebenfalls das gesamte Kalendermonat umfasst. Dass die zeitliche Einschränkung einer solchen Gebrauchserlaubnis auf einen Teil des Kalendermonats im Ergebnis dazu führen soll, dass die Entrichtung der Gebrauchsabgabe im Falle der weiteren Nutzung des öffentlichen Grunds im selben Kalendermonat nach Auslaufen der Bewilligung zwei Mal erfolgt, kann jedoch nicht aus der Systematik des Gebrauchsabgabegesetzes abgeleitet werden.

Im Ergebnis ist die im angefochtenen Bescheid erfolgte weitere Festsetzung der Gebrauchsabgabe gemäß § 9 Abs. 1a GAG 1966 für den Zeitraum vom 18. bis zum nicht rechtmäßig.

Strittig ist zudem die Höhe der von der belangten Behörde festgesetzten Abgabe. Da die Gebrauchsabgabe für Juni 2016 bereits mit dem nicht streitgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom festgesetzt wurde und aus den dargelegten Gründen eine weitere Festsetzung der Abgabe für den selben Zeitraum nicht zulässig ist, ist lediglich die Höhe der für Juli 2016 festgesetzten Gebrauchsabgabe zu prüfen.

Es ist unstrittig, dass die Bf. die Gebrauchsabgabe für Juli 2016 gemäß § 9 Abs. 1a GAG 1966 zu entrichten hat. Diese Bestimmung verweist bezüglich der Höhe der Abgabe auf den "angeschlossenen Tarif". Tarif D Post 1 sieht vor, dass dann, wenn vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für den selben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen beantragt wird, die Abgabenhöhe je begonnenen m2 der bewilligten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk EUR 13,00,-- und in allen übrigen Bezirken EUR 9,40,-- beträgt. Da sowohl der Standort der Baustelleneinrichtung der Bf. als auch das Ausmaß der Fläche unstrittig sind, ist zu klären, ob der Tarif iHv EUR 9,40,-- Anwendung findet. Die Bewilligung der Bf. war am abgelaufen und im Juli desselben Jahres beantragte sie eine weitere Bewilligung; eine weitere Bewilligung erfolgte jedoch erst für einen Zeitraum nach dem Juli 2016. Somit ist in Tarif D Post 1 nicht ausdrücklich geregelt, welcher Tarif anzuwenden ist, wenn die zuständige Behörde dem Antrag nicht Folge gibt. Da nach § 9 Abs. 1a GAG 1966 vorgesehen ist, dass die Bestimmungen des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 sinngemäß gelten, ist davon auszugehen, dass beim fehlenden Vorliegen einer Bewilligung der gleiche Tarif Anwendung findet wie bei Vorliegen einer solchen. Somit ist die Gebrauchsabgabe in folgender Höhe anzuwenden:

232 m2 x EUR 9,40,-- = EUR 2.180,80,--

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2: Zulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da zu den entscheidungswesentlichen Rechtsfragen keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7400150.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at