TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.11.2015, RV/2100462/2012

Zurückverweisung - Unzureichende Sachverhaltsermittlung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der AAA GmbH in Liquidation, Adresse, vertreten durch V KG, Adresse1, gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom für die Jahre 2005 bis 2008 beschlossen:

Die angefochtenen Bescheide werden unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den Haftungs- und Abgabenbescheiden vom wurde die Beschwerdeführerin für die Jahre 2005 bis 2008 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer in Anspruch genommen und dieser der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wurde auf den Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom selben Tag verwiesen. Darin wurde ausgeführt, die Heranziehung zur Haftung sei im Rahmen der Ermessensentscheidung innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen worden. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit sei insbesondere die Bedeutung öffentliches Anliegen an der Einhebung der Abgaben beizumessen gewesen. Im Hinblick darauf, dass die Arbeitgeberhaftung ein für den praktischen Vollzug des Lohnsteuerverfahrens unerlässliches Element darstelle und die im vorliegenden Fall festgestellten Fehlberechnungen und Einbehaltungsdifferenzen nicht bloß von geringem Ausmaß seien, seien bei der Ermessensübung dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabenerhebung der Vorzug zu geben und die gegenständliche Haftungsheranziehung bescheidmäßig auszusprechen gewesen.

Dagegen richtete sich die nun als Beschwerde zu erledigende Berufung vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch V KG, brachte vor, einerseits lägen keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor und andererseits seien keine Lohnabgaben abzuführen, da keine Auszahlung der Geschäftsführerbezüge erfolgt sei; die Geschäftsführerbezüge seien als Verbindlichkeit noch offen. Die Beschwerdeführerin ersuchte um Berichtigung der Bescheide dahingehend, diese vollinhaltlich zu stornieren.

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, Herr BBB sei vom bis 5.  Dezember 2009 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer gewesen. Es habe noch einen zweiten Geschäftsführer gegeben, dieser sei der deutschen Sprache nicht mächtig, habe in Russland seinen ordentlichen Wohnsitz und habe keine Kenntnis österreichischer Gesetze. Dafür sei Herr BBB bestellt worden, "der Formalitäten und Pflichten als Geschäftsführer in Österreich hatte." Der Geschäftsführer habe immer wieder betont, dass ihm seine Freiheit wichtig sei, er auch für andere Unternehmen arbeite und ihm seine Unabhängigkeit als Unternehmensberater wichtig sei und er seine Honorare im Wege der Einkommensteuerveranlagung erklären würde. Im Jahr 2008 habe sich Herr BBB beim steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin erkundigt. Er bekomme seine Honorare nicht bezahlt und er habe Angst, dass das Unternehmen insolvent werde und er um seine Ansprüche umfalle. Ihm sei mitgeteilt worden, nur ein Dienstnehmer sei im Falle einer Insolvenz gesichert. Dies habe dazu geführt, dass Herr BBB eine Änderung in seiner Rechtsposition vereinbart habe, um seine Bezugsausfälle für die Zukunft abzusichern.

Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass Herr BBB jahrelang (solange es für ihn einen Vorteil bedeutet habe) seine Tätigkeit als Konsulent ausgeführt habe und darauf auch als Geschäftsführer bestanden habe. Wenn er nun Jahre später aus opportunistischen und eigennützigen Gründen versuche, seine Tätigkeit als die eines Dienstnehmers umzudeuten, dann übersehe er dabei, dass er selbst als Geschäftsführer für diese Handlungsweise einstehen müsse und dafür hafte. Es werde auch darauf verwiesen, dass Herr BBB zur Einkommensteuer veranlagt worden sei und daher eine Heranziehung der Beschwerdeführerin für die Lohnsteuer nicht in Frage komme.

Herr BBB habe dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin selbst erzählt, immer nur projektbezogen gewisse Tätigkeiten ausgeübt zu haben und nicht die ganze Zeit zur Verfügung gestanden zu haben. Tatsache sei auch, dass es keinen laufenden Geschäftsbetrieb gegeben habe. Es habe eben fallweise Arbeit gegeben, bei dieser sei Herr BBB keiner Kontrolle und keinen Weisungen unterworfen gewesen. Er habe außer Telefon und Computer keiner Infrastruktur bedurft. Von einem Schulden der Arbeitskraft könne in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Auch nicht von einer Eingliederung in einen Organismus. Es habe außer Herrn BBB weder Mitarbeiter noch einen wirtschaftlichen Organismus gegeben, in den Herr BBB eingegliedert hätte werden können. Niemand habe ihn kontrollieren können, von einer verpflichtenden Öffnungszeit im Büro habe keine Rede sein können.

Wenn er nun bei der Gebietskrankenkasse ab dem Jahr 2004 seine Nachversicherung verlange, so gäbe er damit zum Erkennen, dass er wissentlich ab dem Jahr 2004 als dafür verantwortlicher Geschäftsführer Melde- und Abfuhrverpflichtungen verletzt habe oder nunmehr die Unwahrheit sage. Nicht nur aus Rache, sondern weil er sich dadurch Vorteile verspreche. Letzteres erscheine wohl im Hinblick darauf, dass Herr BBB nicht alle Honorare erhalten habe, glaubwürdiger zu sein. Gerne sei der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin bereit, in dieser Angelegenheit als Zeuge auszusagen. Ihm gegenüber habe Herr BBB mehrfach betont, dass er noch andere Auftraggeber habe und ihm das lose Auftragsverhältnis sehr zum Vorteil gereiche. Dies decke sich auch mit der Aussage des Gesellschafters, wonach Herr BBB oft wochenlang nicht telefonisch im Büro erreichbar gewesen sei. Honorarnoten, welche Herr BBB immer als selbständiger Unternehmensberater für Technologie und Logistik mit Umsatzsteuerausweis gestellt habe, könnten vorgelegt werden.

Ein Dienstverhältnis sei nicht vorgelegen, eine Nachverrechnung von Lohnsteuer und Lohnabgaben komme daher nicht in Betracht. Aber selbst wenn, dann habe sich die Nachforderung auf den Dienstgeberbeitrag und auf den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu beschränken, da Herr BBB zur Einkommensteuer veranlagt worden sei. Das Finanzamt habe die Frage der Dienstnehmereigenschaft eigenständig zu prüfen und müsse das Ergebnis der Gebietskrankenkasse nicht abwarten. Es gehe nicht an, dass sich die Gebietskrankenkasse auf das Finanzamt und dieses auf die Gebietskrankenkasse berufe.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt. Mit Schreiben vom übermittelte die Beschwerdeführerin dem Unabhängigen Finanzsenat eine im Rechtsmittelverfahren an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung gerichtete Stellungnahme betreffend die Versicherungspflicht des Herrn BBB. Die Beschwerdeführerin führte aus, die Finanzverwaltung habe keine eigenen Ermittlungen durchgeführt, sondern einfach die rechtliche Würdigung der Gebietskrankenkasse übernommen. Die Beschwerdeführerin verwies auf ein Judikat des Verwaltungsgerichtshofes, das durchaus eine selbständige Tätigkeit eines nicht oder nur minder beteiligten Geschäftsführers als zum Beispiel freier Dienstnehmer zulasse.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Auf Grund durchgeführter Firmenbuchabfragen stand fest, dass Herr BBB in den verfahrensgegenständlichen Jahren Geschäftsführer der Beschwerdeführerin war. Ebenso war er Geschäftsführer der CCC  GmbH, bei der die Beschwerdeführerin mit 55% beteiligt war. Herr BBB war weder bei der Beschwerdeführerin, noch beim zuletzt genannten Unternehmen Gesellschafter.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer). Der Arbeitgeber haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen. Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen.

Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet in § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1988 seine rechtliche Grundlage.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Definition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III C § 47 Tz 4.3.). Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienstverhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuerrecht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozialversicherungsrecht oder Ausländerbeschäftigungsrecht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich ().

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es auch nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht ().

Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen ().

Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis ist daher stets das Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist ().

Betreffend die Weisungsgebundenheit ist grundsätzlich zwischen den persönlichen Weisungen einerseits und den sachlichen Weisungen andererseits zu unterscheiden. Eine sachliche Weisungsgebundenheit, die sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Arbeitsleistung bezieht, begründet für sich allein kein Dienstverhältnis.

Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht hingegen ruft einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervor (). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Der Arbeitnehmer verspricht nicht die Ausführung einzelner Arbeiten, sondern stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung.

Bei Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem zu beachten, dass das kraft Gesetzes bestehende organschaftliche Weisungsrecht der Generalversammlung nach § 20 Abs. 1 GmbHG nicht notwendig auch die Erteilung persönlicher Weisungen umfasst, wenngleich die Möglichkeit einer vertraglichen Einordnung in die Gesellschaft in persönlicher Abhängigkeit von ihr durch schuldrechtliche Vereinbarung im Innenverhältnis nicht ausgeschlossen ist ().

Eine organisatorische Eingliederung wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt (). Hierfür spricht insbesondere, wenn der Arbeitnehmer an einen bestimmten Arbeitsort gebunden ist, zur Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden verpflichtet ist oder der Arbeitgeber die Planung und Vorbereitung sowie die Kontrolle der Tätigkeit vornimmt oder vornehmen lässt.

Die belangte Behörde stützt die angefochtenen Bescheide, wonach Herr BBB in einem Dienstverhältnis gestanden sei, im Wesentlichen auf dessen Aussagen. Weitergehende Feststellungen betreffend die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin wurden nicht getroffen.

So fehlen nicht nur Feststellungen darüber, was Gegenstand der Beschwerdeführerin war, sondern auch darüber, welche konkreten Tätigkeiten Herr BBB wahrgenommen hat. Es lassen sich aus der im Verwaltungsakt befindlichen, zwischen Herrn BBB einerseits und der Beschwerdeführerin sowie der CCC GmbH andererseits abgeschlossenen Rahmenvereinbarung und aus der Niederschrift über die Einvernahme des Herrn BBB vom zwar eine sehr allgemein gehaltene Umschreibung des Unternehmensgegenstandes und der Aufgaben des Herrn BBB entnehmen, jedoch lässt sich daraus nicht ableiten, welche Tätigkeiten die Beschwerdeführerin bzw. Herr BBB tatsächlich ausgeübt und vorgenommen haben. So finden sich zum Beispiel in den im Zuge der Außenprüfung übernommenen Buchhaltungsunterlagen keine Hinweise auf die Produktion von speziellen Maschinen oder Geräten und auch keine auf Produktionsstätten.

Ebenso fehlen Ermittlungen dahingehend, welche Weisungen Herr BBB erhalten hat, solche die auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet waren oder lediglich sachliche Weisungen. Nach der am aufgenommenen Niederschrift habe Herr BBB die Weisungen von den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin erhalten. Weitere Feststellungen, ob es sich um sachliche Weisungen der Generalversammlung oder doch um persönliche Weisungen gehandelt hat, wurden nicht getroffen. Auch in der Einvernahme vom ist lediglich von Weisungen der Hauptversammlung die Rede. Gänzlich fehlen Feststellungen betreffend die organisatorische Eingliederung des Herrn BBB. In der Einvernahme am hat dieser zwar angegeben, zur Einhaltung einer gewissen Rahmenarbeitszeit verpflichtet gewesen zu sein, jedoch auch ausgesagt, detaillierte Zeitaufzeichnungen erst ab dem Jahr 2008 (in diesem Jahr wurde zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn BBB ein Dienstvertrag abgeschlossen) geführt zu haben. Auch die in der Niederschrift vom enthaltene Aussage, die Arbeitsstelle habe sich hauptsächlich in Graz befunden, lässt keine Feststellung über eine Eingliederung zu. Denn sowohl der Firmensitz der Beschwerdeführerin, als auch der Wohnsitz des Herrn BBB befanden sich in Graz.

Auch die Höhe der von der belangten Behörde angenommenen, dem Geschäftsführer zugeflossenen Beträge lässt sich nicht nachvollziehen. So ist die belangte Behörde zum Beispiel für das Kalenderjahr 2006 von einer Bemessungsgrundlage von 63.000 Euro ausgegangen. Dieser Betrag deckt sich zwar mit einem im Akt befindlichen Jahreslohnkonto für Herrn BBB für das Jahr 2006. Bei diesem im Verwaltungsakt befindlichen Lohnkonto scheint jedoch nicht die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin auf, sondern ein anderes Unternehmen. Hingegen ist in den Buchhaltungsunterlagen der Personalaufwand für Herrn BBB mit 42.000 Euro ausgewiesen. Darüber hinaus lässt sich aus der im Verwaltungsakt befindlichen Vergleichsausfertigung vom der Schluss ziehen, dass dem Geschäftsführer das Entgelt nicht in der vereinbarten Höhe zugeflossen ist. Für das Bundesfinanzgericht lässt sich die Höhe der angenommenen Bemessungsgrundlage nicht nachvollziehen.

Die Beschwerdeführerin brachte in der Berufung vor, der Geschäftsführer habe seine Einkommensteuer selbst bezahlt. Eine Haftung des Arbeitgebers nach § 82 EStG 1988 besteht jedenfalls dann nicht mehr, wenn Mitarbeitern die Einkommensteuer, die auf die entsprechenden Einkünfte entfällt, vorgeschrieben wurde und diese die Steuer entrichtet haben (). Von der belangten Behörde wurden keine Feststellungen dahingehend getroffen, ob (bzw. in welcher Höhe) die vom Haftungsbescheid erfassten Entgelte beim Geschäftsführer bei der Festsetzung der Einkommensteuer Berücksichtigung fanden und von diesem entrichtet worden sind.

Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das Verwaltungsgericht die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die Aufhebung gemäß § 278 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen des Bundesfinanzgerichtes. Ein aufhebender und zurückverweisender Beschluss setzt voraus, dass die Unterlassung der Ermittlungen "wesentlich" ist (Ritz, BAO5 § 278 Rz 11). Von einer Wesentlichkeit ist im gegenständlichen Fall aufgrund der vorstehenden Ausführungen (in erheblichem Ausmaß ungeklärte Sachverhaltsfragen; erheblicher Umfang der vorzunehmenden Verfahrensergänzungen) auszugehen.

Für eine Bescheidaufhebung im Rahmen der Ermessensübung sprechen im gegenständlichen Fall der Grundsatz der Verfahrensökonomie und die Überlegung, dass es nicht Aufgabe des Bundesfinanzgerichtes ist, anstatt die Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen (Ritz, BAO5 § 278 Rz 5).

Das Finanzamt wird im erstinstanzlichen Verfahren unter voller Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin im Detail zu ermitteln haben, ob die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin vorgelegen sind.

Es werden daher durch Einsicht in die Bücher und durch weitere Ermittlungen die genaue Tätigkeit der Beschwerdeführerin, das Auftreten dieser und darauf aufbauend die tatsächliche Tätigkeit des Herrn BBB festzustellen sein und auch, ob dieser auch für andere Unternehmen tätig geworden ist. Dabei wird durch weitere Befragungen (zum Beispiel weiterer Geschäftsführer, Kunden, Lieferanten, etc.) auch zu klären sein, ob Herr BBB persönliche Weisungen erhalten hat, und nach Feststellung seiner Tätigkeiten, wie er nach außen aufgetreten ist, wo und wie er für Kunden und Lieferanten erreichbar war, ob Bürozeiten und/oder Arbeitszeiten vorgegeben waren, ob er sich an diese zu halten hatte, etc. Bei diesen weiteren Ermittlungen werden die Vorbringen der Beschwerdeführerin auf ihre Richtigkeit zu überprüfen sein. Gegebenenfalls wird die Höhe der dem Geschäftsführer tatsächlich zugeflossenen Entgelte und somit die Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung der Abgaben zu ermitteln sein. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass das in der Rahmenvereinbarung vom vereinbarte Honorar sich auf die Tätigkeiten des Herrn BBB bei der Beschwerdeführerin und bei der CCC GmbH bezieht.

Da somit zur Klärung des Sachverhaltes nicht nur ergänzende Ermittlungen vorzunehmen sind, war es zweckmäßig, die angefochtenen Bescheide unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufzuheben.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese gestützt. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100462.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at