Nachsicht der Aussetzungszinsen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr.Bf., vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt, Mariahilfersrasse 1b/17, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , betreffend Nachsicht der Aussetzungszinsen zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer (Bf.) u.a. die Nachsicht der festgesetzten Aussetzungszinsen wegen objektiver Unbilligkeit.
Mit Berufungsbescheid vom , ABK-123/10 der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien wurden die Aussetzungszinsen neu berechnet und eingeschränkt auf € 10.022,70.
Mit Bescheid vom (angefochtener Bescheid) wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, den Antrag des Bf. auf Nachsicht der Aussetzungszinsen ab und verwies auf den Berufungsbescheid vom , in dem die Aussetzungszinsen auf € 10.022,70 herabgesetzt worden seien.
Hinsichtlich der beantragten Nachsicht der Aussetzungszinsen führte die belangte Behörde aus, dass in der Einhebung von Aussetzungszinsen im Hinblick darauf, dass diese durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung ausgelöst worden sei und den damit verbundenen Exekutionsaufschub keine Unbilligkeit ersehen werden könne.
Mit Schriftsatz vom erhob der Bf. Berufung (nunmehr: Beschwerde) und führte aus, dass der Bescheid zur Gänze wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten sei.
Unstrittig sei, dass sich die Aussetzungszinsen auf den Zeitraum Dezember 1990 bis Dezember 1995 festgesetzten Anzeigenabgaben und den Aussetzungszeitraum vom bis beziehen würden.
Unstrittig sei auch, dass die damaligen Berufungen letztlich berechtigt gewesen seien und die Abgabenberufungskommission erst am nach zweimaliger Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof die Anzeigenabgabe für die Zeit Dezember 1990 bis Dezember 1995 festgesetzt habe (vgl. VwGH-Erkenntnis vom , 99/17/0449 und VwGH-Erkenntnis vom , 2005/17/0266). Daraus folge, dass erst im Oktober 2009 die Pflicht zur Zahlung der Anzeigenabgabe für die Zeit Dezember 1990 bis Dezember 1995 endgültig festgestellt worden sei. Das Abgabenverfahren habe sich sehr lange gezogen und der Beschwerdeführer habe im Zuge dieser Verfahren erhebliche Aufwendungen gehabt. Allein aus dem Umstand der objektiven Unbilligkeit rechtfertige diese überlange Verfahrensdauer die Nachsicht.
Objektive Unbilligkeit bei Gesamtbetrachtung:
Bei der hier beantragten Nachsicht sei eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Betreffend die Wiener Anzeigenabgabe habe der Bf. für die Zeit von Dezember 1990 bis Dezember 1995 € 90.286,48 samt Säumniszuschlag in Höhe von € 1.805,73 bezahlt, von der zweiten zur Anzeigenabgabeerhebung berechtigten Gebietskörperschaft (Gemeinde P.) habe er für diesen Zeitraum 1990 bis 1995 diesen Betrag nicht rückerstattet erhalten. Er habe lediglich € 84.935,15 zurückerstattet bekommen. Da für die Rückerstattung der ersten Jahre durch die Gemeinde P. Verjährung eingetreten sei.
Hinzu komme, dass die Rückzahlung durch die Gemeinde P. erst in den Jahren 2003 und 2004 erfolgt sei, also im Zeitraum vom bis schon zu 100% Anzeigenabgabe an die Gemeinde P. geleistet habe. Die Zersplitterung der Abgabenerhebungskompetenz, einerseits Gemeinde Wien und andererseits Gemeinde P., habe zur Folge, dass der Bf. nicht nur Anzeigenabgabe, sondern gegenüber der Gemeinde Wien auch Stundungszinsen bzw. Aussetzungszinsen zahlen habe müssen. Während die Gemeinde P. im Fall einer Rückerstattung von zu Unrecht erhobenen Beträge keine Zinsen gezahlt habe.
Bei Gesamtbetrachtung der Zahlungen gegenüber der Gemeinde P. und der Gemeinde Wien sei der Bf. zu Unrecht beschwert. In der vermeintlichen späteren Einhebung der Wiener Anzeigenabgabe habe der Bf. keinen Vorteil erhalten, da er in der Zeit von 1996 bis 1999 zu 100% die Anzeigenabgabe der Gemeinde P. entrichtet und damit keinen Zinsvorteil erzielt habe.
Der Grundsatz der Gleichbehandlung verbiete eine Sichtweise, die sich ausschließlich auf die Abgabenverpflichtungen bei der Stadt Wien beschränke. Zu diesem Zweck sei die Nachsichtsregelung vorgesehen. Bei einer verfassungskonformen Auslegung der Nachsichtsregelung unter Berücksichtigung der unbilligen Erschwernis durch die mehrfache Erhebungskompetenz könne ein Abgabepflichtiger nicht so gestellt sein, dass er in Summe erheblich mehr zahle, weil nach endgültiger Beurteilung des Sachverhaltes sich herausstelle, dass eine doppelte Erhebungskompetenz zweier Gebietskörperschaften vorliege. All dies begründe den Tatbestand der objektiven Unbilligkeit.
Subjektive Unbilligkeit:
Der Tatbestand der subjektiven Unbilligkeit sei ebenfalls in einer Gesamtbeurteilung begründet, da im Zuge dieser doppelten Abgabenerhebungskompetenz zwischen der Gemeinde P. und Gemeinde Wien eine zusätzliche Belastung in Höhe von € 50.999,36 enstanden sei. Dies sei ein Betrag, der einen normalen Steuerpflichtigen auch subjektiv unbillig belaste.
Der Bf. verfüge laut eigenen Angaben über keine nennenswerten Vermögensgüter und über ein Nettogehalt von ca. € 4.100,00 pro Monat. Damit müsse der Bf. ein ganzes Jahr nur zur Abzahlung dieser unbilligen Mehrbelastung arbeiten. Der Bf. sei verheiratet, habe einen schulpflichtigen Sohn und somit erhebliche Fixkosten pro Monat, sodass sich ein Zeitraum von zwei oder sogar mehr Jahren ergebe (durch Gericht ergänzt: um die unbillige Mehrbelastung abzuzahlen). Vor diesem Hintergrund könne dem Bf. auch subjektiv nicht zugemutet werden, diese riesige Zusatzbelastung zur normalen Anzeigenabgabepflicht abzutragen. Diese Zusatzpflicht belaste den Bf. aus den oben genannten objektiven Unbilligkeiten.
In der Folge setzte die belangte Behörde das Verfahren betreffend Nachsicht der Aussetzungszinsen aus.
Mit Erkenntnis vom , 2010/17/0243 sprach der VwGH betreffend Nachsicht der Anzeigenabgabe 1990 bis 1995 und Nebengebühren aus, dass der Bescheid vom , ABK-63/10 soweit er die Nachsicht des Säumniszuschlages betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und soweit er die Nachsicht der Stundungszinsen betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben wird. Hinsichtlich der Nachsicht der Anzeigenabgabe wurde die Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof als unbegründet abgewiesen.
Das ausgesetzte Verfahren betreffend Nachsicht der Aussetzungszinsen wurde fortgesetzt und die Beschwerde mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangten Behörde nach Zitierung der anzuwendenden Gesetzesbestimmung aus, dass die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu verneinen sei und damit für eine Ermessensentscheidung kein Raum verbleibe.
Die in der gegenständlichen Berufung vom angeführten Begründungen seien gleichgelagert mit jenen Begründungen der Beschwerde gegen den ABK-Bescheid vom (gemeint: Beschwerde an den gegen den Berufungsbescheid vom , ABK-63/10).
Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom , 2010/17/0243 betreffend das Nachsichtsansuchen über die Anzeigenabgabe 1990 bis 1995 ausführlich dargelegt, dass weder eine persönliche subjektive, noch eine sachliche Unbilligkeit vorliege.
Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag vom führte der Bf. aus, dass die belangte Behörde den Sachverhalt unzureichend ermittelt und unzureichende Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe. Die belangte Behörde habe sich mit dem Antrag auf Nachsicht der Aussetzungszinsen nicht ausreichend auseinandergesetzt und den relevanten Sachverhalt nicht ermittelt, indem sie nicht in den betreffenden Anzeigenabgabeakt betreffend Wiener Anzeigenabgabe Dezember 1990 bis Dezember 1995 bzw. Jänner 1996 bis August 1997 und die in diesem Zusammenhang gestellten Anträge auf Nachsicht bzw. Aussetzung und Stundung Einsicht genommen habe.
Die belangte Behörde hätte folgenden Sachverhalt festzustellen gehabt:
1.1. In der Zeit 1990 bis 1995 habe der Bf. Zeitschriften verlegt, wobei der Verlagsort in der Gemeinde P. gewesen sei. Die Verbeitung der Zeitschriften sei von P. bzw. von NÖ. aus erfolgt. Die verwaltende Tätigkeit sei ebenfalls in P. gelegen. Aus diesem Grund habe der Bf. 100% der Anzeigenabgabe in P. entrichtet.
1.2. Mit Bescheid vom habe der Magistrat der Stadt Wien für den Zeitraum Dezember 1990 bis Dezember 1995 ebenfalls 100% Anzeigenabgabe zuzüglich Verspätungszuschlag und zuzüglich Versäumniszuschlag mit der Begründung vorgeschrieben, dass alle drei Tatbestände des Wiener Anzeigenabgabegesetzes in Wien gelegen seien. Unter zweimaligem Rechtszug zum Verwaltungsgerichtshof ( und ) habe die belangte Behörde die Anzeigenabgabe und den Säumniszuschlag unter Berücksichtigung des Bruchteilsfestsetzungsbescheides vom am , ABK-117/08 festgesetzt.
1.3. Am sei die Anzeigenabgabe erstmals durch die Abgabenberufungskommission festgesetzt worden und habe der Bf. mit der Stadt Wien eine Ratenvereinbarung, beginnend mit in Höhe von monatlich ATS 10.000,00 (€ 726,23) abgeschlossen.
1.4. Letztlich habe der Bf. für die Zeit Dezember 1990 bis Dezember 1995 Anzeigenabgabe und Säumniszuschlag in Höhe von € 92.092,21, sowie Zinsen für Ratenbewilligung in Höhe von € 31.954,24, sowie Aussetzungszinsen für die Zeit vom bis in Höhe von € 10.022,70 insgesamt sohin € 134.069,15 an die Gemeinde Wien bezahlt.
1.5. Gegenüber der Gemeinde P. habe der Bf. nach einem aufwendigen Rechtsstreit eine Bruchteilsfestsetzung und Rückerstattung der zu viel entrichteten Anzeigenabgabe lediglich für den Zeitraum April 1991 bis Dezember 1995 erreicht. Die entrichtete niederösterreichische Anzeigenabgabe für Dezember 1990 bis März 1991 habe der Bf. wegen der eingetretenen Verjährung nicht refundiert erhalten.
1.6. Die Rückzahlung der niederösterreichischen Anzeigenabgabe seitens der Gemeinde P. sei erst in den Jahren 2003 und 2004 erfolgt.
1.7. Für die Zeit Dezember 1990 bis Dezember 1995 habe der Bf. in Folge der erst im Jahr 2009 festgestellten Doppelbesteuerung in der Gemeinde P. und in der Gemeinde Wien eine Mehrbelastung in Höhe von € 47.328,63 erlitten.
Mit Berufungsbescheid vom , ABK-403660/2013 habe die Abgabenberufungskommission betreffend den Säumniszuschlag in Höhe von € 1.805,73 auf sein Ansuchen hin Nachsicht gewährt. In diesem Berufungsbescheid sei zurecht ausgeführt worden, dass der Bf. aufgrund der 1992 erfolgten Revision der nicht auszuschließenden Aussage eines Revisionsorgans, dass keine Abgabenpflicht gegenüber Wien gegeben sei, habe vertrauen können. Auch der Umstand, dass die Abgabenbehörde über längere Zeit von der Geltendmachung des Abgabenanspruchs Abstand genommen habe, habe der Bf. davon ausgehen können, dass die Wiener Abgabenbehörde eine Abgabepflicht verneine.
In Orientierung an diese nicht offensichtlich unrichtige Rechtslage habe der Bf. die Anzeigenabgabe zur Gänze an die Gemeinde P. abgeführt. Schon allein dieser Umstand reiche aus, um in diesem Fall Nachsicht zu gewähren, da die Abgabenberufungskommission in diesem Bescheid zum Schluss gekommen sei, dass eine sachliche Unbilligkeit vorliege.
Sachliche Unbilligkeit gemäß § 236 BAO
Auf Basis eines solcherart festgestellten Sachverhaltes sei die Begründung der erstinstanzlichen Behörde zumindest erheblich unvollständig und müsse bei einer Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangen.
Im Erkenntnis vom , 2010/17/0243 habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass keine Nachsicht der Anzeigenabgabe geboten sei. Dieses Erkenntnis dürfe jedoch nicht 1:1 auf die Frage der Nachsicht für Stundungs- bzw. Aussetzungszinsen umgelegt werden, da der VwGH im Pkt. 2 auch ausgesprochen habe, dass die Verhängung eines Säumniszuschlages sachlich unbillig erscheinen könne und sein diesbezügliches Vorbringen nicht unplausibel sei. In der Folge führte die Abgabeberufungskommission richtigerweise aus, dass bei Gesamtbetrachtung die Verhängung eines Säumniszuschlages durch die Stadt Wien unbillig sei.
Gleiches gelte auch für die Frage der Stundungs- und Aussetzungszinsen. Die Aussetzungszinsen seien vor dem Hintergrund des Gesamtsachverhaltes als sachlich unbillig zu beurteilen. Die vom VwGH bejahte sachliche Billigkeit der Erhebung der Anzeigenabgabe lasse keinen Rückschluß auf die sachliche Billigkeit der Erhebung von Aussetzungszinsen zu.
Im gegenständlichen Fall seien a) die überlange Verfahrensdauer bis 2009 und b) der Umstand, dass der Bf. seit April 2009 Ratenzahlungen getätigt habe und von der Gemeinde P. die zu viel gezahlte Anzeigenabgabe erst 2003 und 2004 rückerstattet erhalten habe und letztlich trotz laufender Ratenzahlungen Stundungszinsen vorgeschrieben worden seien, zu berücksichtigen.
Auch in puncto Aussetzungszinsen sei der Bf. wegen der unklaren Rechtslage und der geteilten Abgabenerhebungskompetenz erheblich benachteiligt gewesen.
Den Aussetzungszinsen stünde kein Vorteil gegenüber, sie seien in der Höhe durch die überlange Verfahrensdauer begründet und würden deutlich über die fremdüblichen Bankzinsen liegen. Wäre das Verfahren früher abgeschlossen worden, hätte der Bf. seine Angehörigen um Zwischenfinanzierung ersucht und sich dadurch die nunmehr vorgeschriebenen Aussetzungszinsen erspart. Es sei zwar richtig, dass der Bf. durch seinen Antrag auf Aussetzung die Aussetzungszinsen verursacht habe, die Länge des Verfahrens und damit die Höhe der Aussetzungszinsen habe er jedoch nicht verursacht. Die Aussetzungszinsen seien eine weitere übermäßige Benachteiligung in Folge der missverstandenen Rechtslage.
Bei einer Gesamtbetrachtung habe der Bf. um ca. € 50.000,00 mehr geleistet, als dies gesetzlich geboten gewesen wäre und dies begründe eine sachliche Unbilligkeit gemäß § 236 ABGB.
Im Ergebnis seien die Aussetzungszinsen in Höhe von € 10.022,70 bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sachlich unbillig. Wie bereits ausgeführt, habe der Bf. 100% der Anzeigenabgabe an die Gemeinde P. fristgerecht gezahlt und 50% dieser Anzeigenabgabe ohne Zinsen erst in den Jahren 2003 und 2004 rückerstattet erhalten.
Aus welchem Grund solle er Zinsen zahlen, die vor der Zeit der Rückerstattung durch die Gemeinde P. angelaufen sind. Die Bundesabgabenordnung sehe zwar Verzugsfolgen für den Fall vor, dass der Abgabepflichtige in Verzug gerät, jedoch für den Fall, dass ein Rückerstattungsanspruch zu spät zurückgezahlt werde, sehe die Bundesabgabenordnung keine Folgen vor.
Durch die Ratenzahlung habe der Bf. keinen Zinsgewinn erzielt, sondern bis zur Rückerstattung durch die Gemeinde P. sogar eine Mehrfachbelastung zu finanzieren gehabt.
Bei einer Gesamtbetrachtung sei sohin zu berücksichtigen, dass der Bf., obwohl er 100% der Anzeigenabgabe fristgerecht gezahlt habe, keine Zinsen dafür zu zahlen habe und dass ein Teil der Anzeigenabgabe an die letztlich 2009 festgestellte falsche Gebietskörperschaft entrichtet worden sei.
Aus der Doppelbesteuerung könne dem Bf. nicht die Zahlung von Verzugszinsen gegenüber der Gemeinde Wien vorgeschrieben werden, während er für die jahrelang zu viel gezahlte niederösterreichische Anzeigenabgabe gegenüber der Gemeinde P. keine Zinsen erhalten habe. Diese durch die Abgabenordnung bedingte Ungerechtigkeit sei dem Bf. die beantragte Nachsicht aus Billigkeitserwägungen zu beheben.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt ist erwiesen:
Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag u.a. auf Nachsicht der festgesetzten Aussetzungszinsen wegen objektiver Unbilligkeit.
Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien das Ansuchen ab.
Am erhob der Bf. Berufung, die am mittels Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen wurde. Dagegen brachte der Bf. am einen Antrag auf Vorlage der Berufung ein.
Um eine Gesamtbetrachtung im gegenständlichen Verfahren vorzunehmen, jedoch um Wiederholungen so weit wie möglich zu vermeiden, wird auf den festgestellten Sachverhalt betreffend Festsetzung und Nachsicht der Wr. Anzeigenabgabe in der BFG-Entscheidung vom , RV/7400080/2014 verwiesen.
Auch die im gegenständlichen Fall anzuwendenden gesetzlichen Grundlagen sind der BFG-Entscheidung vom , RV/7400080/2014 zu entnehmen.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Verfahren keine Nachsicht gewährt, da der Bf. die Aussetzung der Einhebung selbst ausgelöst habe und ein damit verbundener Exekutionsaufschub nicht unbillig sei. Das Gericht schließt sich dieser Ansicht an. Wenn nämlich der Bf. in seiner Beschwerde vorbringt, die überlange Verfahrensdauer rechtfertige schon allein die Nachsicht, ist auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach dieser wiederholt ausgesprochen hat, dass Zinsen, die durch einen vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung der strittigen Abgaben ausgelöst wurden, nicht sachlich unbillig sind (vgl. ).
Soweit der Bf. vorbringt, von der zweiten zur Anzeigenabgabenerhebung berechtigten Gebietskörperschaft habe er für den Zeitraum 1990 bis 1995 diesen Betrag nicht rückerstattet erhalten, da für die Rückerstattung der ersten Jahre durch die Gemeinde P. Verjährung eingetreten sei, ist entgegenzuhalten, dass der Bf. für den Zeitraum Jänner 1990 bis März 1991 (15 Monate) wegen Verjährung keine Bruchteilsfestsetzung mehr bewirken konnte, obwohl er spätestens mit der Abgabenvorschreibung der Gemeinde Wien vom die Auffassung der Wr. Abgabenbehörde kennen musste. Der Bf. hatte erst im Jahr 1998 einen Antrag auf Bruchteilsfestsetzung verbunden mit einem Rückzahlungsansuchen an die Gemeinde P. gestellt. Hätte der Bf. die Bruchteilsfestsetzung früher beantragt, hätte die Gemeinde P. sicherlich noch den gesamten Zeitraum Jänner 1990 bis Dezember 1995 aufrollen können.
Wenn der Bf. ausführt, die Zersplitterung der Abgabenerhebungskompetenz habe zur Folge gehabt, dass er gegenüber der Gemeinde Wien Stundungs- und Aussetzungszinsen zahlen habe müssen, ist entgegenzuhalten, dass der Bf. selbst seine unternehmerische Tätigkeit in zwei unterschiedlichen Gemeinden ausgeübt hat. Dieser Sachverhalt war maßgeblich, dass die Abgabenerhebung eben von zwei Gemeinden durchgeführt wurde. Desweiteren hat der Bf. die Aussetzungszinsen für die Wr. Anzeigenabgabe durch seinen Antrag verursacht. Eine sachliche Unbilligkeit ist darin nicht zu erkennen.
Hinsichtlich des Vorbringens des Bf., er habe in der späteren Einhebung der Wr. Anzeigenabgabe keinen Zinsvorteil erzielt, da er bereits 100 % der Anzeigenabgabe an die Gemeinde P. entrichtet habe, ist zu erwidern, dass für die Nachsicht von Aussetzungszinsen betreffend die Wr. Anzeigenabgabe nicht ein Sachverhalt eines anderen Abgabeverfahrens heranzuziehen ist. Im gegenständlichen Verfahren ist eine allfällige Nachsicht der Aussetzungszinsen betreffend die Wr. Anzeigenabgabe zu beurteilen und nicht, ob der Bf. einen Zinsvorteil gegenüber einer anderen Gebietskörperschaft erzielt hat. Wenn der Bf. die Ansicht vertritt, er habe aufgrund der mehrfachen Erhebungskompetenz erheblich mehr bezahlt als ein anderer Abgabepflichtiger, so übersieht er, dass er bis zum Jahr 1998 zugewartet hat, um einen Antrag auf Bruchteilsfestsetzung zu stellen. Dadurch ist für den Zeitraum Jänner 1990 bis März 1991 Verjährung eingetreten und die Gemeinde P. hat diesen Teil der NÖ Anzeigenabgabe eben nicht mehr zurückgezahlt.
Betreffend das Vorliegen der subjektiven Unbilligkeit führt der Bf. aus, dass er im Zuge der doppelten Abgabenerhebungskompetenz eine zusätzliche Belastung in Höhe von € 50.999,36 entstanden sei. Dieses Vorbringen ist unvollständig. Denn allein durch seine Anträge auf Ratenzahlungen und Aussetzung der Einhebung sind Zinsen in Höhe von mehr als € 41.000,00 entstanden.
Soweit der Bf. laut eigenen Angaben ein Nettogehalt von ca. € 4.100,00 pro Monat bezieht, Sorgepflichten für eine Ehefrau und ein schulpflichtigen Sohn anführt, ist zu entgegnen, dass allein mit diesen Angaben eine persönlichen Unbilligkeit iSd § 236 BAO nicht vorliegt. Der Bf. hat nämlich nicht dargelegt, dass die Entrichtung der Aussetzungszinsen seine wirtschaftliche Existenz gefährden würde oder diese mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen - wie etwa die Verschleuderung von Vermögenswerten - verbunden wäre. Nach Auffassung des Gerichts sind die Aussetzungszinsen in Höhe von € 10.022,70 nicht persönlich unbillig.
Im Vorlageantrag stellte der Bf. noch einmal den Verfahrensablauf bzw. den Sachverhalt aus seiner Sichtweise dar.
Wenn der Bf. unter Punkt 1.7. vorbringt, für die Zeit Dezember 1990 bis Dezember 1995 habe er infolge der erst im Jahr 2009 festgestellten Doppelbesteuerung eine Mehrbelastung in Höhe von € 47.328,63 erlitten, ist darauf hinzuweisen, dass im Berufungsbescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , ABK-117/08 die Abgabenberufungskommission keine Doppelbesteuerung festgestellt hat; im Wesentlichen hat sie unter Verweis auf die VwGH-Erkenntnisse vom und vom erwogen, dass es nicht rechtswidrig ist, wenn die belangte Behörde das Bestehen der Abgabepflicht in Wien für den Zeitraum Dezember 1990 bis Dezember 1995 annimmt. Dass eine Doppelbesteuerung vorläge, wurde im Berufungsbescheid nicht ausgesprochen. Die Mehrbelastung resultiert vielmehr aus dem Antrag auf Ratenzahlungen, dem Aussetzungsantrag, sowie dem erst im Jahr 1998 gestellten Antrag auf Bruchteilsfestsetzung, wonach die Gemeinde P. eben nicht mehr den gesamten Zeitraum Jänner 1990 bis Dezember 1995 aufrollen konnte.
Hinsichtlich des Vorbringens, wegen einer nicht offensichtlich unrichtigen Rechtslage habe der Bf. die Anzeigenabgabe zur Gänze an die Gemeinde P. abgeführt und dieser Umstand reiche aus um Nachsicht zu gewähren, da die Abgabenberufungskommission im Bescheid vom , ABK-403660/2013 zum Schluss gekommen sei, dass sachliche Unbilligkeit vorliege, ist zu bemerken, dass betreffend die Aussetzungszinsen der Bf. keinem Rechtsirrtum unterlegen sein kann. Mit dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung liegt nämlich ein Rechtsinstrument vor, welches den Abgabepflichtigen die Möglichkeit eröffnet, dass die Abgabenbehörde hinsichtlich der strittigen Abgabenbeträge bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels keine Einbringungsmaßnahmen einleiten oder fortsetzen darf (§ 230 Abs. 6 BAO). Worin also der Rechtsirrtum des Bf. betreffend die Aussetzungszinsen bestanden habe, ist nicht nachvollziehbar, zumal eine gesetzliche Regelung besteht, dass für ausgesetzte Abgabenschuldigkeiten Aussetzungszinsen zu entrichten sind. Was die Aussage der Abgabenberufungskommission in ihrem Bescheid vom angeht, trifft es zwar zu, dass die Berufungsbehörde betreffend den Säumniszuschlag Nachsicht gewährt und das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit angenommen hat, wie der Bf. jedoch weiter oben bereits darauf hingewiesen hat, hat die Beurteilung einer möglichen Nachsicht von Aussetzungszinsen eigenständig zu erfolgen.
Im Vorlageantrag wiederholte der Bf. betreffend die Einhebung von Aussetzungszinsen jene Umstände, die seiner Ansicht nach eine sachliche Unbilligkeit begründen würden: a) die überlange Verfahrensdauer bis zum Jahr 2009, b) die erst in den Jahren 2003 und 2004 durch die Gemeinde P. rückerstattete NÖ Anzeigenabgabe, c) eine erhebliche Benachteiligung des Bf. wegen der unklaren Rechtslage und geteilten Abgabenerhebungskompetenz. Zu lit.a) ist abermals darauf hinzuweisen, dass eine lange Verfahrensdauer nach ständiger Rechtsprechung durch den VwGH sachlich billig ist. Inwieweit die in den Jahren 2003 und 2004 durch die Gemeinde P. rückerstattete NÖ Anzeigenabgabe eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung von Aussetzungszinsen betreffend die Wr. Anzeigenabgabe begründe, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, zumal Aussetzungszinsen betreffend die Wr. Anzeigenabgabe lediglich für den Zeitraum bis festgesetzt wurden. Wenn der Bf. eine erhebliche Benachteiligung seiner Person wegen der unklaren Rechtslage und geteilten Abgabenerhebungskompetenz ins Treffen führt, ist entgegenzuhalten, dass der Bf. die Entstehung von Aussetzungszinsen durch Entrichtung des ausgesetzten Betrages hätte verhindern können. Die geteilte Abgabenerhebungskompetenz zwischen der Gemeinde Wien und P. ist eine Folge der unternehmerischen Tätigkeit des Bf. und kann darin keine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO erkannt werden.
Soweit der Bf. vermeint, bei einer Gesamtbetrachtung sei zu berücksichtigen, dass er 100 % der Anzeigenabgabe fristgerecht gezahlt, und einen Teil der Anzeigenabgabe an die falsche Gebietskörperschaft entrichtet habe, ist zu erwidern, dass eine Gesamtbetrachtung nicht so weit gehen kann, dass das Verfahren zwischen der Wr. und der NÖ Anzeigenabgabe ein einheitliches Verfahren sei, sind doch verschiedene gesetzliche Regelungen anzuwenden und hat der Bf. die Aussetzung der Einhebung der Wr. Anzeigenabgabe beantragt.
Zusammenfassend kommt das Gericht zum Schluss, dass die Einhebung der Aussetzungszinsen betreffend die Wr. Anzeigenabgabe weder persönlich noch sachlich unbillig ist, sodass wie im Spruch zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. D ie Frage, ob die Einhebung der Aussetzungszinsen unbillig ist, wurde durch das Gericht verneint, sodass eine Nachsicht iSd § 236 BAO nicht auszusprechen war. Da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag und das Gericht von der ständigen Judikatur des VwGH nicht abgewichen ist, ist die Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7400059.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at