Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2018, RV/7103759/2014

Vorliegen der Voraussetzungen für eine Altersbegünstigung bei Einstellung der Erwerbstätigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Alexander Hajicek und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Helga Hochrieser, Gerd Wiehart und Mag. Petra-Maria Ibounig in der Beschwerdesache der Bf., Adr., vertreten durch Mag. Dr. Walter Stefan Weinhandl, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XY. vom  betreffend Einkommensteuer 2011 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 erklärte die Beschwerdeführerin (Bf.) Einkünfte aus der Beteiligung an der stillen Gesellschaft AtypstGes (StNr. 111) in der Höhe von € 46.439,33 und beanspruchte hinsichtlich dieser Einkünfte die Anwendung des Hälftesteuersatzes gem § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 5 EStG.
Mit Bescheid vom veranlagte das zuständige Finanzamt die Einkommensteuer 2011 ohne Anwendung des Hälftesteuersatzes und führte dazu in der Begründung aus:

"Da sich der Verkauf des Betriebsvermögens von Ende 2006 bis Dezember 2011 erstreckte, ist von einer Liquidation auszugehen. Die Liquidation ist keine begünstigte Betriebsaufgabe. Sie erstreckt sich über einen längeren Zeitraum.

Die Veräußerung des Betriebsvermögens erfolgt nach und nach. Bei einer Veräußerung des Umlauf- und Anlagevermögens innerhalb von 11 Monaten handelt es sich in der Regel um eine - nicht begünstigte - Liquidation. Der Hälftesteuersatz steht daher nicht zu."

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. eine Beschwerde und beantragte antragsgemäße Veranlagung. Als Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Die Gesellschaft musste im Jahr 2006 den Betrieb ruhend stellen, um laufende Verluste zu begrenzen.

Erst im Jahr 2011 musste unter Einbindung der Töchter der Entschluss gefasst werden, den Betrieb endgültig aufzugeben, da sich letztlich eine erfolgsversprechende Übergabe nicht verwirklichen lassen konnte. Dieser Entschluss manifestiert sich in der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage, nämlich der Betriebsliegenschaften und der Antriebsmaschinen im Jahr 2011. Zuvor wurden im Rahmen der Sanierung lediglich technisch veraltete Anlagen veräußert, die einen neuen, wirtschaftlichen Betrieb aufgrund zu geringer Durchsatzmengen nicht ermöglichen konnten.

Wirtschaftlich ist eindeutig die geforderte Zusammenballung des Veräußerungs- bzw Aufgabegewinnes im Geschäftsjahr 2011 erkennbar, eine Verteilung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes über mehrere Veranlagungszeitraume liegt genau nicht vor. Ebenso liegt keine Liquidation des Betriebes über einen längeren Zeitraum vor.

Die Ruhendstellung eines Betriebes ist nicht als Betriebsaufgabe zu qualifizieren, solange die wesentlichen Betriebsgrundlagen noch vorhanden sind. Zur Betriebsaufgabe kann es erst nach dem Fassen eines Aufgabebeschlusses kommen, welcher sich im vorliegenden Fall in der endgültigen Absage der Tochter und in der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen im Jahr 2011 zeigt."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das zuständige Finanzamt stützte sich auf folgende Begründung:

"Sie berufen gegen die Verwehrung des Hälftesteuersatzes für den im Rahmen der Betriebseinstellung erzielten Gewinn aus dem Verkauf von Anlagevermögen und begründen Ihr Begehren damit, dass der Betrieb im Jahr 2006 lediglich ruhend gestellt werden musste, um laufende Verluste zu begrenzen. Im Jahr 2011 wurde dann - unter Einbindung der Kinder - der Entschluss gefasst, den Betrieb endgültig aufzugeben und die wesentlichen Betriebsgrundlagen zu veräußern, womit es zu einer Zusammenballung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes im Jahr 2011 kam. In den Jahren davor wurden zu Sanierungszwecken lediglich technisch veraltete Anlagen veräußert. Eine Ruhendstellung ist keine Betriebsaufgabe, solange die wesentlichen Betriebsgrundlagen noch vorhanden sind und der Entschluss zur Aufgabe des Betriebes noch nicht gefasst ist.

Ihren Ausführungen in der Beschwerdeschrift ist zu entgegnen:

Aus Ihren Jahreserklärungen 2007 bis 2010 geht hervor, dass neben dem im Jahr 2006 veräußerten Warenbestand alljährlich Betriebsvermögen abverkauft und der Erlös in Höhe von ca. € 145.000‚-- auf die einzelnen Jahre verteilt entsprechend erklärt wurde.

ln einer Vorhaltsbeantwortung vom teilen Sie der Behörde mit, dass das Betriebsgebäude und weitere aus dem Betrieb noch vorhandene Ausstattungen zum Verkauf bereitstehen und intensiv nach einem Käufer für das restliche noch vorhandene Betriebsvermögen gesucht wird.

in einer Vorhaltsbeantwortung vom beziehen Sie sich auf das zum Verkauf bereitstehende Unternehmen und auf die parallel dazu stattfindende laufende Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens und in einer ergänzenden Beantwortung vom verweisen Sie auf einen seit Mai 2007 vorliegenden Maklervertrag, welcher zum Zweck des Verkaufes des Betriebes abgeschlossen und im April 2008 mangels Erfolg wieder gekündigt wurde. Auch in diesem Schriftstück betonen Sie die Verkaufsabsichten des ursprünglichen Betriebsvermögens. ln einem weiteren der Behörde vorliegenden  Maklervertrag vom wird die Verkaufsvermittlung des Betriebsgrundstückes in Auftrag gegeben.

Bereits ab dem Jahr 2007 wurden lt. Aktenlage nachweislich Verkaufsverhandlungen über Flaschenfüller, Dosierer, Korker sowie über die komplette Abfüllanlage geführt und über Vermittler zum Kauf angeboten.

Mit Eingabe vom teilen Sie der Abgabenbehörde die Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit und die Veräußerung des Betriebsgrundstückes im Dezember 2011 mit. Der Tatbestand der Betriebsaufgabe erfordert, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang in einem Zuge mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit an verschiedene Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in das Privatvermögen übernommen oder teilweise übertragen und teilweise in das Privatvermögen übernommen werden. ().

Das Erfordernis eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges setzt ein Zusammenballen der Aufgabehandlungen während eines angemessen kurzen Zeitraumes voraus ().

Für die Annahme eines einheitlichen Vorganges muss jedenfalls ein durchgängiges planmäßiges und zügiges Betreiben der Betriebsaufgabe vorliegen. Bei Umlaufvermögen ist bei einem Zeitraum von etwa drei Monaten noch ein einheitlicher Vorgang zu unterstellen, während bei Anlagevermögen auch ein Zeitraum von mehreren Monaten noch als einheitlicher Vorgang beurteilt werden kann.

Bei Veräußerung des Umlauf- und Anlagevermögens innerhalb von elf Monaten handelt es sich in der Regel um eine nicht begünstigte Liquidation ().

Die Betriebsaufgabe beginnt mit dem Setzen objektiv erkennbarer, unmittelbar der Betriebsaufgabe dienender Handlungen wie z.B. Einstellung der werbenden Tätigkeit, Warenabverkauf, Veräußerung wesentlicher Anlagegüter,... und endet mit dem Abschluss der Veräußerung bzw. Überführung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ins Privatvermögen.

Sie haben in den Jahren 2006 - 2010 alljährlich Anlagenverkäufe getätigt und die Erlöse auch entsprechend erklärt. Neben Kisten und Flaschen (Festwertpositionen) wurden auch Kraftfahrzeuge und Teile der als Antriebsmaschinen erfassten Anlagegüter wie z.B. Monoblockanlage und Flaschenwaschmaschine — Anschaffungskosten dieser Position lt.

Anlagenverzeichnis zum /€ 297.993,28 und zum /€ 61.879,31 — an verschiedene Abnehmer verkauft.

Ihrem in der Beschwerde vorgebrachten Argument des Abverkaufes technisch veralteter Anlagen zu Sanierungszwecken kann nicht gefolgt werden, da sich aus der Aktenlage ergibt, dass Sie diese „technisch veralteten und daher unbrauchbaren Maschinen“ um ca. 60 % des Neuwertes zum Kauf angeboten und Teile davon auch verkauft haben.

Aus dem der Behörde übermittelten Kaufvertrag geht hervor, dass Sie am lediglich die von allen Fahrnissen geräumte Betriebsliegenschaft veräußert haben, während das sonstige Anlagevermögen, welches nicht bereits in den Vorjahren verkauft wurde, lt. Anlagenverzeichnis am Bilanzstichtag noch vorhanden war und - Ihrer Argumentation in der Vergangenheit folgend - nicht ins Privatvermögen übernommen werden konnte.

Eine Überprüfung der Aktenlage hat weiters ergeben, dass im Jahr 2012 keine Feststellungserklärung abgegeben wurde, d.h. es erfolgten im Jahr 2012 keine weiteren Anlagenverkäufe.

Zusammenfassend muss unter Bezug auf obige Ausführungen festgehalten werden, dass sich der Vorgang der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit tatsächlich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckt hat und die wesentlichen Betriebsgrundlagen wie Warenlager, Betriebsvorrichtungen und Betriebsgebäude nicht in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang, wie von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung für begünstigte Betriebsaufgaben verlangt, veräußert wurden, weshalb im Anlassfall keine steuerliche begünstigte Betriebsaufgabe sondern eine steuerlich nicht begünstigte Liquidation vorliegt. Das Beschwerdebegehren war abweisend zu erledigen."

Mit Vorlageantrag vom , beantragte der steuerliche Vertreter der Bf. in ihrem Namen die Entscheidung über die Beschwerde durch das BFG und führte wie folgt aus:

"Wir verweisen auf unsere bisherigen Ausführungen und betonen, dass es nicht dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen kann, wenn Steuerpflichtigen anlässlich Pensionierung-& Betriebsverkauf der Hälftesteuersatz deshalb verwehrt wird, weil aufgrund der besonderen Beschaffenheit der betrieblichen Anlegegüter [hier: kleiner Getränkeabfüller, siehe P-Limonade...‚ spezielles Betriebsgebäude, sterbende Branche) eine schnelle Veräußerung dieser Güter faktisch nicht möglich war.

Wenn schon für einzelne WG der volle Steuersatz zur Anwendung kam, muss wenigstens für den maßgeblichen „Rest" [Betriebsgebäude] der ½-Satz zustehen."

Weiters wurde eine mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat beantragt.

Der steuerliche Vertreter der Bf. brachte am folgende Sachverhaltsdarstellung ein:

"1. Unbestritten und aktenkundig ist, dass das Unternehmen in den letzten aktiven Betriebsjahren maßgebliche laufende Verluste erzielt hat.

Daraus resultierte die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, den aktiven Betrieb im Jahr 2006 ruhend zu stellen, um die laufenden Verluste zu begrenzen. Ruhend deswegen, weil währenddessen versucht wurde, mit einer der beiden Töchter (25 Jahre und 31 Jahre) von Frau Bf. in den Folgejahren eine Weiterführung unter einer neuen Bewirtschaftungsart zu bewerkstelligen und das stark gewünscht war.

2. Die in den Folgejahren durchgeführten Abverkäufe vorerst des gesamten Warenlagers, im Anschluss daran einzelner Maschinen und Betriebsausstattung wurden nachweislich zum vollen Steuersatz versteuert. Daher wurde die Begünstigung des Veräußerungsgewinnes nicht in Anspruch genommen.

3. Nachdem sich die Betriebswiedereröffnung mit keiner der beiden Töchter realisieren ließ, erfolgte 01/2009 der endgültige Beschluss zur Veräußerung und Betriebsaufgabe.

Erst ab diesem Zeitpunkt ist von einer planmäßigen Betriebsaufgabe tatsächlich zu sprechen, weil vorher die Weiterführung des Betriebes mit notwendigen Investitionen in einige Maschinen, die hätten sowieso erneuert werden müssen, jederzeit von den Töchtern mit den bestehenden Spezialanlagen leicht möglich gewesen wäre.

Es fehlten dazu bloß die willigen Nachfolger.

4. Dass einige Maschinen und sonstige Einrichtungan schon vorher verkauft wurden, beeinträchtigt aber in unserem Spezialfall die Betriebseigenschaft den verbleibenden Einrichtungen und Anlagen überhaupt nicht. Wesentlich dar ist der gesamte spezielle Gebäudekomplex mit Abfüllanlagen, Wasserversorgung, Lade- & Entladelogistik, riesiger hoher Halle für Gebindeaufbewahrung etc. Bei der Einzelveräußerung der Maschinen war klar, dass diese im Falle einer Wiedereröffnung durch neue, bessere und effizientere Maschinen zu ersetzen wären. Das Unternehmen hatte keine PET-Anlage.

5. Die von der Finanzverwaltung zitierten Erkenntnisse treffen unseren Spezialfall deswegen nicht, weil

- das bloße Ruhen des Betriebes zwecks Nachfolgeregelung nicht schädlich sein kann für die Betriebseigenschaft.

- die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Getränkeabfüllers die geeigneten baulichen Anlagen und solche Maschinen und Abfüllanlagen sind, die auch zeitgemäß und tatsächlich einsetzbar sind.

Die abverkauften Maschinen waren nicht mehr zeitgemäß und mussten daher auch, wie man sieht, sehr billig abverkauft werden.

6. Es fand zu keiner Zeit eine Überführung von Anlagen ins Privatvermögen statt, weil diese speziellen Betriebsanlagen für eine Privatnutzung komplett ungeeignet sind.

Die Familien beider Gesellschafter wohnen in eigenen Wohnhäusern, die von der Betriebsliegenschaft entfernt sind. Eine Privatnutzung nach Betriebsaufgabe hat niemals stattgefunden, aber auch keine anderweitige gewerbliche Nutzung.

7. Zeitpunkt der Betriebsaufgabe:

Als Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsaufgabe ist jedenfalls der anzusetzen, zu diesem Datum wurde der Maklervertrag für die Veräußerung des Betriebsgrundstückes in Auftrag gegeben. Dieses Faktum ist nicht wegzudiskutieren.

Ab diesem Zeitpunkt erst beginnt "die Frist" für den begünstigten Steuersatz zu laufen.

Veräußert wurde das Betriebsgrundstück dann tatsächlich in 12/2011, sohin immerhin innerhalb des berühmten 2-Jahres-Zeitraumes.

8. Es kann für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes nicht schädlich sein, wenn vorher in den Jahren 2009 und 2010 einzelne Wirtschaftsgüter verkauft und zum vollen Steuersatz versteuert wurden.

9. Verbleibende einzelne Wirtschaftsgüter:

Einzelne, unverkäufliche Teile des Anlagevermögens mussten nach der Veräußerung der Betriebsliegenschaft entsorgt werden. Dafür gab es keine Käufer mehr. Auch diese Nebenerscheinung bei Betriebsveräußerung ist üblich und bestärkt sogar das Argument der Betriebsaufgabe.

Auch von diesen Wirtschaftsgütern erfolgte keine Überführung ins Privatvermögen, da sie nicht privat nutzbar waren.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass:

- Die bloße Einstellung der aktiven Tätigkeit eines Betriebes (Ruhendstellung) noch keinen Veräußerungstatbestand darstellt.

- Dass diese Ruhendstellung durch wirtschaftlichen Druck der laufend steigenden Verluste und nicht aus freien Willen der Unternehmer verursacht wurde.

- Dass die Hoffnung der Gesellschafter, einen 2-Generationen-Betrieb vielleicht doch noch in die dritte Generation retten zu kennen, ein legitimes Anliegen unserer Unternehmer sein muss.

- Dass die betriebswirtschaftliche Erkenntnis, dass in diesem Zusammenhang die notwendige Erneuerung und komplette Renovierung des Maschinenparks jedenfalls unumgänglich sei (das Unternehmen hatte nur eine Glasflaschenabfüllung, keine PET-Anlage!, weiters konnte das Unternehmen die sanitären Auflagen der "P-Limonade" nicht mehr erfüllen), der Betriebseigenschaft keinen Abbruch tut.

- Der vorherige laufende Abverkauf der Maschinen war also der technischen Veralterung geschuldet und hatte mit dem tatsächlichen Entschluss, endgültig auch die Betriebsanlage zu verkaufen, noch überhaupt nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, die beiden Töchter sollten sehen, dass es mit den Renovierungsabsichten des Maschinenparks durchaus ernst war, und dass - falls sie sich zur Betriebsübernahme entschlössen - in komplett neue Abfüll- und Produktionsanlagen (siehe PET) investiert werden würde.

- Erst als nach mehrmonatigen, intensiven Gesprächen mit den Töchtern diese dann endgültig absagten, und sich lieber einem bequemeren und risikofreieren Leben zuwendeten (Gespräche um Heiligen 3 Könige 2009), wurde aufgegeben.

- Erst dann wurde der endgültige Veräußerungsbeschluss gefasst, ein Makler gesucht und im Folgemonat 02/2008 auch ein Makler beauftragt."

Aufgrund einer Anfrage des Bundesfinanzgerichts bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft am wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Die Bf. ist seit in vorzeitiger Alterspension und seit in Alterspension. Sie ist seit nicht mehr erwerbstätig gewesen (somit auch nicht im Jahr 2011).

Sie hat im Dezember 2006 die Gewerbescheine (für Handelsgewerbe und Erzeugung kohlesäurehaltiger Getränke) zurückgelegt.

In der mündlichen Verhandlung am wurde Folgendes besprochen:

"Über Frage der Richterin teilt der steuerliche Vertreter mit, dass die Bf. bis Ende 2006 operativ tätig war und ihr Mann und die Tochter und andere Arbeitnehmer.

Ab dem Jahr 2007 war der Betrieb ruhend. Der Vater der Bf. war kontrollierend bis Ende 2006 tätig.

Die LKW´s waren alle abgemeldet und verkauft. Es handelt sich nach Ansicht des steuerlichen Vertreters nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen, weil sie jederzeit ersetzbar waren.

Die Abfüllanlage wurde im Jahr 2008 um € 71.000,00 verkauft. Diese musste verkauft werden, weil sie nicht mehr technisch zeitgemäß war (Glasflaschenabfüllung). Deswegen war sie auch keine wesentliche Betriebsgrundlage, weil sie nicht mehr in Österreich einsetzbar war.

Im Jahr 2008 wurde ein Bilanzgewinn von € 8.344,00 erzielt.

Der Vorsitzende erteilt der steuerlichen Vertretung das Wort.

Steuerlicher Vertreter führt aus:

Das Unternehmen war Lizenzunternehmer von P-Limonade. P-Limonade führt regelmäßig Überprüfungen seiner Lizenzabfüller durch. Im Jahr 2006 war klar, dass P-Limonade die Lizenz nicht verlängern würde, weil die sanitären Rahmenbedingungen nicht mehr gegeben waren. Es wurden Auflagen erteilt von P-Limonade, die Waschräumlichkeiten und Abfüllräumlichkeiten hätten komplett verfliest werden müssen und die Rohre hätten komplett getauscht werden müssen. Eine Wasseraufbereitungsanlage hätte angeschafft werden müssen.

Die Unternehmensnachfolge war ungeklärt, die Tochter der Bf. war seit dem Jahr 1994 mit dem im Unternehmen angestellten Werkmeister Herrn P. liiert. Dieser war der erwünschte Schwiegersohn, er wollte sich allerdings nicht in diese Richtung bewegen. Die Beziehung ist Ende 2008 in die Brüche gegangen. Auch aufgrund der schlechten Unternehmenszahlen wollte er sich nicht bewegen. Er war nicht bereit, das Unternehmen zu sanieren. Er wollte die Führungsposition nicht übernehmen, er wollte nicht heiraten und dort der Chef sein. Die Sanierung hätte die Familie bezahlt.

Im Jahr 2006 hat man sich daher entschlossen, das Unternehmen ruhen zu lassen, bis eine Ehe zustande kommt, P-Limonade hätte die Lizenz jederzeit wieder erteilt.

Der Maschinenpark war veraltet, das Betriebsgebäude wurde 1946 errichtet und es wurde immer wieder dazugebaut. Die Maschinen stammten aus den Jahren 1966, 1969, 1970, 1983 etc. und waren überaltet und erfüllten nicht mehr die technischen Voraussetzungen.

Ein wichtiges Problem war die fehlende PET-Abfüllanlage, diese wäre auch für die Fa. R-Limonade erfoderlich gewesen. Von der Fa. P-Limonade hat es bereits eine Verwarnung gegeben, wegen des sanitären Zustandes, deshalb wurde die Lizenz nicht verlängert. Die PET Abfüllanlage hätte die Abfüllung in 1,5 Liter-Flaschen ermöglicht. Bei der PET Anlage fällt die Leergutbehandlung weg, man muss die Flaschen nicht mehr waschen.

Das Unternehmen stand vor der Wahl einer Unternehmenserneuerung; ohne Nachfolgeregelung wollte sie das nicht tun.

Die Bf. ist 2006 in Schwerarbeiterpension gegangen.

Die Beziehung der Tochter mit Herrn P. ging 2008 in die Brüche. Er hat sich seit dem Ruhen des Betriebes eine Auszeit genommen. 2008 hat man aufgegeben.

Es wurde ein Investitionsstau von 10 Jahren mitgeschleppt. Wesentliche Betriebsgrundlage ist das Gebäude selbst mit der daran geknüpften Logistik, die Anschlüsse an Kanal und Wasser.

Es handelt sich um ein Gewerbegebäude in einem Wohngebiet. Als Solches ist es schwer veräußerbar.

Der steuerliche Vertreter legt ein Luftbild des Betriebsgrundstückes vor, dieses wird zum Protokoll genommen.

Die Kistenhalle ist 8 m hoch, nicht beheizbar und für Private nahezu unbrauchbar.

Es gab viele Verkaufsinteressenten, diese sind meist abgesprungen. Ursprünglich wurden € 530.000,00 Verkaufserlös erwartet, das Grundstück ist 1.751 m2 gross, letztlich musste es um € 180.000,00 verkauft werden. Der Käufer ist ein [...].

Lt. Doralt/Mayr steht dem Steuerpflichtigen bei schwer verkäuflichen wesentlichen Betriebsgrundlagen ein längerer Zeitraum zur Verfügung. Es kommt auf den Einzelfall an, es kann auch ein Zeitraum von 2 Jahren begünstigt sein (lt. VwGH). Der steuerliche Vertreter verweist auf das Erkenntnis 2006/15/0353.

Zusammengefasst erklärt er, das Ruhen sei nicht ausgemacht gewesen, sondern eine Folge der nicht bewältigten Unternehmensnachfolge. Bei Zustandekommen der Ehe hätte die Familie investiert. Diese Investitionen wären auch finanzierbar gewesen, die Maschinen hätten sowieso erneuert werden müssen. Wenn die logistisch funktionierende Anlage weiter betrieben worden wäre, hätte sofort wieder produziert werden können. Das Knowhow war vorhanden. Gabelstapler, Tanks, Büroeinrichtungen und das Sozialgebäude für die Arbeiter waren noch vorhanden, auch die Reparaturwerkstätte für LKW´s und Maschinen.

Über Befragen durch den Vorsitzenden gibt der steuerl. Vertreter an:

Die Tatsache allein dass man Pension bezieht, bedeutet nicht die Einstellung der Erwerbstätigkeit.

Die Pensionierung bedeutet nur, dass sie keine positiven Einkünfte aus der aktiven Erwerbstätigkeit habe.

Über Vorhalt des Vorsitzenden, dass lt. der Aktenlage bereits im Juni 2008 lt. Vorbringen des steuerl. Vertreters intensiv nach einem Käufer gesucht wurde bzw. am der Betrieb in der Nachfolgebörse zum Verkauf angeboten wurde und nunmehr in der Sachverhaltsdarstellung vom September 2018 erklärt wurde, es sei zu Hl. 3 Könige 2009 der Entschluss gefasst worden, dass der Betrieb aufgegeben wird. Wie lasst sich dieser Widerspruch erklären?

Steuerl. Vertreter:

Das steht dem Unternehmer frei, jederzeit sein Unternehmen am Markt anzubieten. Andererseits hätte man das Unternehmen weiter geführt, wenn die Ehe zustande gekommen wäre.

Man wollte auf diese Art auch eine Entscheidung bei Herrn P. herbeiführen.

Die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung im Jahr 2006 war wegen der Pensionierung, Schwerarbeiterpension.

Die Einstellung der Erwerbstätigkeit erfolgte erst im Jahr 2011, vorher ruhte der Betrieb, auf die Hoffnung der Betriebsnachfolge.

FA-Vertr. erklärt, aus dem Feststellungsakt sei die Entwicklung ersichtlich. Im Juni 2007 habe das Unternehmen mitgeteilt, dass der Betrieb wegen Pensionierung mit geschlossen sei und die Abfüllanlage ist seit 2007 zum Verkauf gestanden und einem Vermittler übertragen worden. Mit Flaschenwascher € 133.000,00, ohne € 57.000,00.

Das Umlaufvermögen wurde bereits zu Beginn zur Gänze verkauft.

Ab 2007 wurden Makleraufträge erteilt, zunächst zur Veräußerung des kompletten Betriebes. Ab 2007 wurde der gesamte Betrieb angeboten und ab 2007 sind jährlich Anlagen verkauft worden. Nach Ansicht des Finanzamts handelt es sich bei der Abfüllanlage um eine wesentliche Betriebsgrundlage; für einen Getränkeabfüller ist eine Abfüllanlage das Um und Auf.

Nach Vorbringen der steuerl. Vertretung war auch das Gebäude veraltet (Leitungen etc.).

Eine wertlose Anlage liegt nach Ansicht des FA nicht vor. Die Verkaufserlöse sprechen eine andere Sprache.

Steuerl. Vertreter:

Das Schreiben vom 6/2007 ist kein Widerspruch zu unserem Vorbringen. Der Verkaufsauftrag für den Betrieb vom steht außer Zweifel. Dieser wurde mit wieder aufgekündigt, mangels Erfolg und mit ein Alleinvermittlungsauftrag erteilt worden (mit der Fa. XYZ. GmbH). In der Zwischenzeit wurden vereinzelt veraltete Anlagen verkauft. Am wurde dann der Realitätenvermittler beauftragt, der das Grundstück dann gekauft hat.

Über Frage des Vorsitzenden, dass im Gebäude die Leitungen auch veraltet waren und sich daher die Frage stelle, ob es sich immer noch um wesentliche Betriebsgrundlagen handle, erklärt der steuer. Vertreter: Das Wesentliche war die Gebäudelogistik und die war nach wie vor vorhanden.

Im Jahr 2008 wurde auch die Flaschenwaschanlage verkauft.

FA-Vertr. verweist auf ein Schreiben vom , in dem der steuerl. Vertreter vorbringt, dass im Jahr 2007 verkaufte Betriebsvermögen sei bereits in der Bilanz 2007 dargestellt. Das Betriebsgebäude und weitere, noch aus dem Betrieb vorhandene Ausstattung stünden derzeit zum Verkauf bereit.

Das entsprechende Schreiben wird zum Akt genommen. Weiters verweist sie auf den Maklervertrag vom mit dem Vermittlungsobjekt "Wohnhaus mit Gewerbebetrieb".

Der steuerlicher Vertreter beantragte, dem Antrag der Bf. stattzugeben. Es handle sich bei den wesentlichen Betriebsgrundlagen um schwer verkäufliches Anlagenvermögen, die Marktlage sei sehr schwierig gewesen, es zeige sich aus der Vielzahl der beauftragten Makler. Im Gebäude seien stille Reserven aus zwei Generationen kumuliert; bei Nichtanwendung des Hälftesteuersatzes würde das zu einer überschiessenden Besteuerung führen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Ausgangslage

Die Art und Höhe der Einkünfte der Bf. als Mitunternehmerin der "AtypstGes" wurden für das Jahr 2011 mit Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vom rechtskräftig festgesetzt. Hinsichtlich der in diesem Verfahren von der zuständigen Abgabenbehörde entschiedenen Feststellungen besteht Bindungswirkung.

Bindend und daher in der Einkommensteuerveranlagung 2011 nicht mehr zu behandeln, ist die Feststellung, dass die Bf. aus der Beteiligung Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 46.439,34 erzielt hat und darin ein Veräußerungs- und Aufgabegewinn enthalten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist im Feststellungsbescheid auch darüber abzusprechen, ob Einkunftsteile einem begünstigten Steuersatz (§ 37 EStG) unterliegen oder ob negative Einkünfte iSd § 18 Abs. 6 und 7 EStG vortragsfähig sind. Wird von der Abgabenbehörde im Feststellungsbescheid aber nicht darüber abgesprochen, ob und in welchem Ausmaß ein festgestellter Veräußerungsgewinn einer Steuerbegünstigung gemäß § 37 Abs. 5 EStG unterliegt, belastet dies den Bescheid mit schlichter Rechtswidrigkeit. Ein solcher Fehler hat keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit des Bescheides. Da ein solcher Feststellungsbescheid hinsichtlich der nicht entschiedenen Frage der Steuerbegünstigung eines Einkünfteanteils gemäß § 37 Abs. 5 EStG keine Bindung entfalten kann, muss im Einkommensteuerverfahren darüber abgesprochen werden (Ritz, BAO, § 188 Tz 10, Althuber/Tanzer/Unger, BAO, § 188 Seite 513, VwGH, , 2004/14/0154).

Das Finanzamt hat im automationsunterstützt erstellten Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vom für das Kalenderjahr 2011 keine Absprache über die Steuerbegünstigung des festgestellten Veräußerungs- und Aufgabegewinnes von insgesamt €  107.622,50 vorgenommen. Es obliegt somit dem Bundesfinanzgericht, im anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer 2011 der Bf. diese Frage zu entscheiden.

2. Gesetzeslage

§ 37 Abs 1 und Abs 5 EStG 1988 idF BGBl I 2011/77 lauten:

"(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für

- . . .

- außerordentliche Einkünfte (Abs 5),

- . . .

auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes." ( . . . )

(5) "Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:

1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.

2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen....

3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen".

Für Veräußerungsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.

Voraussetzung für die Steuerbegünstigung nach Z. 3 ist somit, dass die Bf. im Jahr 2011 ihre Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Bestimmung eingestellt hat.

Aus Abs. 1 iVm Abs. 5 ist ableitbar, dass die Einstellung aller Erwerbstätigkeiten eine in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufgabe der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehende Maßnahme sein muss, damit die begünstigende Besteuerung zum Hälftesteuersatz zulässig ist. Unter Erwerbstätigkeit fallen alle entgeltlichen Tätigkeiten, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen (Rauscher in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 8. GL § 37 Anm 26 + 28). Da das Gesetz auf eine Erwerbstätigkeit und nicht auf Einkünfte abstellt, sind generell Einkünfte aus einer früheren Erwerbstätigkeit nicht schädlich (Doralt, EStG10, § 37 Tz 65).

1. Vorliegen einer Betriebsaufgabe?

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 23 Z 3 EStG 1988 auch die Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24 EStG 1988.

Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei 1. der Veräußerung - des ganzen Betriebes - eines Teilbetriebes - eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, 2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).

Eine Veräußerung eines ganzen Betriebes liegt vor, wenn alle für eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebes notwendigen Wirtschaftsgüter in einem einzigen einheitlichen Vorgang an einen einzigen Erwerber (Gemeinschaft) entgeltlich übertragen werden. Die Überführung einzelner (unwesentlicher) Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen oder in sein Privatvermögen oder die Veräußerung einzelner (unwesentlicher) Wirtschaftsgüter an andere Personen als den Betriebsnachfolger ist dabei unschädlich. Die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes erfolgt zeitpunktbezogen in dem Jahr, in dem diese Betriebsübertragung vollzogen ist. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nicht etwa das Zufließen des Veräußerungserlöses (außer bei Veräußerung gegen Kaufpreisrente) oder der Tag des Abschlusses des Rechtsgeschäftes, sondern der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (vgl. dazu Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2013, § 24 Rzen 14, 62; Hofstätter - Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 24 Tz 13).

Bei der Betriebsaufgabe hört für den bisherigen Betriebsinhaber der einheitliche Organismus des Betriebes zu bestehen auf. Eine Betriebsaufgabe liegt vor, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang an verschiedene Erwerber veräußert und/oder in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers überführt werden. Der Tatbestand der Betriebsaufgabe erfordert somit, dass - alle wesentlichen Betriebsgrundlagen, - in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang - in einem Zuge mit der Aufgabe der (persönlichen) betrieblichen Tätigkeit, - an verschiedene Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in das Privatvermögen übernommen oder in einem teilweise übertragen und teilweise in das Privatvermögen übernommen werden (siehe zB ; ; vgl. auch Doralt, EStG10, § 24 Tz 122 ff; Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2013, § 24 Rz 32; Atzmüller/Krafft/Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 24 Anm 61; Hofstätter - Reichel, a.a.O., § 24 Tzen 3, 31).

Zur Annahme der Aufgabe eines Betriebes bedarf es keiner ausdrücklichen Handlung des Betriebsinhabers. Das Erfordernis eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs setzt ein Zusammenballen der Aufgabehandlungen während eines angemessen kurzen Zeitraumes voraus. Für die Annahme eines einheitlichen Vorgangs muss jedenfalls ein durchgängiges, planmäßiges und zügiges Betreiben der Betriebsaufgabe vorliegen (Einzelfallbetrachtung). Eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Liquidation (Abwicklung) stellt keine Betriebsaufgabe dar. Für die Frage, ob eine (begünstigte) Betriebsaufgabe oder eine (nicht begünstigte) Liquidation vorliegt, kommt es jedoch stets auf die Umstände des Einzelfalles an.

Keine Betriebsaufgabe liegt also vor, wenn sich die Abwicklung des Betriebs über einen längeren Zeitraum hinzieht (siehe Quantschnigg/Schuch § 24 Rz. 13; ). Es ist in diesem Fall aufgrund der fehlenden Einheitlichkeit des Vorgangs von einer nicht unter § 24 fallenden "Liquidation" auszugeben. Für die Abgrenzung ist das zeitliche Kriterium wesentlich. Für eine Betriebsaufgabe iSd § 24 und das Vorliegen eines einheitichen Vorgangs spricht eine relativ kurze Dauer (Zusammenballung der Aufgabehandlungen in einem "angemessen kurzen" Zeitraum) und die planmäßig, zügige Abwicklung der Betreibsaufgabe (siehe ). Die Angemessenheit des Zeitraums ist jeweils für den konkreten Einzelfall zu beurteilen. Bei einem Aufgabezeitraum von drei Monaten wird regelmäßig ein einheitlicher Vorgang unterstellt, wobei jedoch bei schwer verwertbarem Anlagevermögen auch noch bei längerem Zeitraum (zB sechs bis acht Monate) ein einheitlicher Vorgang anzunehmen sein wird. Bei einem Abverkauf des Anlage- und Umlaufvermögens über elf Monate wird hingegen - abgesehen von Ausnahmefällen (besonders schwer verkäufliches Anlagevermögen) - idR keine begünstigte Betriebsaufgabe mehr angenommen. (siehe , vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG 2017, § 24, Rz 33).

Zum Unterschied von der Betriebsaufgabe erfolgt die Liquidation allmählich, erstreckt sich also über einen längeren Zeitraum, die Veräußerung des Betriebsvermögens erfolgt nach und nach. Die allmähliche Abwicklung führt zu einer Gewinnrealisierung, die aber nicht zusammengeballt erfolgt. Die Ergebniswirkung kann sich daher über mehrere Veranlagungszeiträume hinziehen (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2013, § 24 Rzen 33, 65; Doralt, EStG10, § 24 Tzen 129, 143; vgl. dazu Atzmüller/Krafft/Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 24 Anmerkungen 65, 70, und die dort jeweils angegebene VwGH-Judikatur).

Der Aufgabezeitraum beginnt mit dem Setzen der Aufgabehandlungen (z.B. Einstellen des Warenverkaufs, Veräußerung von wesentlichen Anlagevermögen, Aufgabe von Mietrechten, Einstellen der werbenden Tätigkeit, die über das Fassen des Aufgabebeschlusses und bloße Vorbereitungshandlungen hinausgeben. Der Aufgabezeitraum endet mit der Veräußerung oder Überführung der wesentlichen Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen, d.h. also mit der Veräußerung bzw. Überführung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlagen. (vgl. vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG 2017, § 24, Rz 33).

In das Privatvermögen können wesentliche Grundlagen in der Regel nur dann überführt werden, wenn sie zur privaten Nutzung geeignet sind (zB Personenkraftwagen; nicht hingegen Umlaufvermögen) oder wegen Wertlosigkeit eine anderweitige (betriebliche) Weiterverwendung auszuschließen ist.

Sowohl für die Betriebsveräußerung als auch für die Betriebsaufgabe ist grundsätzlich unmaßgeblich, was mit den Wirtschaftsgütern des beendeten Betriebes nach dem Veräußerungs- bzw. Aufgabezeitpunkt(-zeitraum) weiter geschieht.

Die Aufgabe des Betriebes setzt somit einen einheitlichen Vorgang voraus, durch den zumindest die wesentlichen Grundlagen des Betriebes an dritte Personen oder ins Privatvermögen des (bisherigen) Betriebsinhabers übergehen.

Wesentliche Grundlagen eines Betriebes sind die Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen. Es muss sich um Wirtschaftsgüter handeln, bei denen es aus der Sicht des Betriebes wirtschaftlich einen deutlichen Unterschied macht, ob sie vorhanden sind und dem Betrieb dienen oder nicht, wenn sie also geradezu gemessen an der Art, der Struktur und dem Umfang des fortzuführenden Betriebes unentbehrlich sind. Umfang und Art der wesentlichen Betriebsgrundlagen werden grundsätzlich für jeden Betrieb dadurch bestimmt, dass der Erwerber im Fall der Veräußerung eines Betriebes die Tätigkeit des Veräußerers mit den übertragenen Wirtschaftsgütern ohne weiteres fortsetzen kann. Für die Frage, welche Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, kann weder eine abstrakte Definition noch eine abschließende Aufzählung herangezogen werden. Diese richtet sich vielmehr nach der Art des Betriebes einerseits und nach der Funktion des Wirtschaftsgutes innerhalb eines Betriebes andererseits (vgl. ). Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des veräußerten (bzw. aufgegebenen) Betriebes (vgl. ). Abzustellen ist somit auf die Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus (vgl. ; ; ; ). Zu den wesentlichen bzw. tragenden Betriebsgrundlagen eines Hotelbetriebes (einem ortsgebundenen Unternehmen) zählen regelmäßig das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung (siehe dazu Doralt, EStG10, § 24 Tzen 34 und 36; Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2013, § 24 Rz 19; Hofstätter - Reichel, a.a.O., § 24 Tz 13).

Die Gesellschaft musste im Jahr 2006 den Betrieb einstellen und hat in den Jahren 2006 bis 2010 Anlagenverkäufe getätigt. Neben Kisten und Flaschen (Festwertpositionen) wurden auch Kraftfahrzeuge und Teile der als Antriebsmaschinen erfassten Anlagegüter wie z.B. Monoblockanlage und Flaschenwaschmaschine (Anschaffungskosten dieser Position lt. Anlageverzeichnis zum : € 297.993,28 und zum : € 61.879,31) an verschiedene Abnehmer verkauft.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die "technisch veralteten und daher unbrauchbaren Maschinen" um ca. 60 % des Neuwertes zum Kauf angeboten wurden und Teile davon auch verkauft wurden.

Verkauft wurden laut aktenkundigem Anlageverzeichnis: Enthärtungsanlage, ND-Pumpe, Zuckerlöser, PP-Verschliesser, Monoblockanlage, Flaschenwaschmaschine, Generalüberholung, Zuckerlöseapparat, Hochdruckreiniger, Ausbau Inbr.25, Kompressor, Exhaustor, Wasserenthärter, Schweissgleichrichter sowie Kältetrockner Alwa Spritztechnik., Brennstempel, Kalkumwandler, Belüftungsanlage, Telefonanlage.

Wie aus dem Kaufvertrag hervorgeht, wurde am lediglich die von allen Fahrnissen geräumt Betriebsliegenschaft veräußert, während das sonstige Anlagevermögen, welches nicht bereits in den Vorjahren verkauft wurde, laut Anlagenverzeichnis am Bilanzstichtag noch vorhanden war und nicht ins Privatvermögen übernommen werden konnte.

Aus der Aktenlage ergibt sich weiters, dass im Jahr 2012 keine Feststellungserklärung abgegeben wurde, d.h. es erfolgten im Jahr 2012 keine weiteren Anlagenverkäufe.

Auf den hier gegebenen Sachverhalt angewendet, ergeben die oben dargelegten Grundsätze, dass im Beschwerdefall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Streitjahr nicht von einer Aufgabe des (ganzen) Betriebes auszugehen war, da wesentliche Betriebsgrundlagen (z.B. Monoblockanlage und Flaschenwaschmaschine) schon in den Jahren davor verkauft worden waren.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass sich der Vorgang der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit tatsächlich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckt hat und die wesentlichen Betriebsgrundlagen wie Warenlager, Betriebsvorrichtungen und Betriebsgebäude nicht in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang - wie von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung für begünstigte Betreibsaufgaben verlangt - veräußert wurden. Deshalb liegt im vorliegenden Fall nach Ansicht des Senats keine steuerlich begünstige Betriebsaufgabe, sondern eine (steuerlich nicht begünstigte) Liquidiation vor.

Zweck der Bestimmung des § 37 EStG ist die Milderung der Progression der zusammengeballten Einkünfte bei todesfalls-, erwerbsunfähigkeits- oder altersbedingt "erzwungener" Betriebsveräußerung oder -aufgabe. Die in Rede stehende Begünstigung steht jedoch nicht zu, wenn Einkünfte nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen (Abs. 7 leg. cit.).

2. Einstellung der Erwerbstätigkeit

Voraussetzung für die Altersbegünstigung nach § 37 Abs. 5 Z.3 ist die kumulative Erfüllung der beiden Kriterien – Vollendung des 60. Lebensjahres und Einstellung der Erwerbstätigkeit. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Begünstigung und für das Kriterium der Vollendung des 60. Lebensjahres ist die Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, § 37, Tz. 33). In vorliegenden Fall hat die Bf. die Erwerbstätigkeit aus diesem Betrieb aber schon im Jahr 2006 eingestellt, jedoch erst im Jahr 2011 (= Streitzeitraum) das 60. Lebensjahr vollendet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass seitens der Bf. die Hoffnung bestand, dass ihre Töchter den Betrieb weiterführen könnten.

Einstellung der Erwerbstätigkeit bedingt die dauerhafte Aufgabe der gesamten Erwerbstätigkeit im Rahmen eines einheitliches Vorgangs. Ein einheitlicher Vorgang wird angenommen, wenn die Einstellung der Erwerbstätigkeit innerhalb eines angemessenen Abwicklungszeitraums (ähnlich der angemessen Dauer für die Betriebsaufgabe erfolgt. Nach Quantschnigg/Bruckner (ÖStZ 97, 158) ist ein Zeitraum von sechs Monaten angemessen (siehe auch EStR 7321), wobei in Einzelfällen auch ein längerer Zeitraum adäquat sein kann. Einstellen der Erwerbstätigkeit ist so zu verstehen, das in der Folge keine Erwerbseinkünfte auslösende Tätigkeit unterhalten wird. Als "Erwerbstätigkeit" gilt jede Einnahmen bewirkende aktive Tätigkeit im Inland oder im Ausland (v gl. Jakom/Kanduth-Kristen, 11. Auflage: § 24, Tz. 33, Tz. 35, Tz. 40 und § 37 Tz. 33, Tz. 34). Keine aktive Erwerbstätigkeit liegt vor bei Einkünften aus Pensionsbezügen gemäß § 22 Z.2 und § 25 EStG 1988.

Die Bf. hatte ab 2007 nur mehr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nämlich Pensionseinkünfte, d.h. es lag bei ihr keine aktive Tätigkeit mehr vor.

Selbst wenn man also anstatt von einer Liquidation über mehrere Jahre von einer Betriebsaufgabe im Streitjahr ausgehen würde, stünde die Begünstigung des § 37 Abs. 1 EStG 1988 im vorliegenden Fall nicht zu, da die Voraussetzung des § 37 Abs. 5 lit. 3 schon mangels Einstellung der Erwerbstätigkeit im Jahr 2011 nicht vorliegt. Die Bf. hat nämlich schon mit Ende 2006 ihre Erwerbstätigkeit eingestellt, die Gewerbescheine zurückgelegt und ist in die vorzeitige Alterspension gegangen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Erkenntnis werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, da dieses in rechtlicher Hinsicht der eindeutigen Gesetzeslage folgt. Die vom Verwaltungsgericht beurteilte Tatfrage, ob eine steuerlich begünstigte Betriebsaufgabe vorliegt, ist keiner Revision zugänglich. Gegen dieses Erkenntnis ist daher eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

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