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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.05.2017, RV/4100386/2012

Haftung für Abgabenschulden, strafrechtliche Verurteilung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Ingrid Mainhart in der Beschwerdesache K.H., z.Hd. Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, Rechtsanwalt, Löwenfeldstraße 31, 1220 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg vom , betreffend Haftung für Abgabenschulden gemäß § 9 iVm § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Vorweg wird darauf hingewiesen, dass die Berufung am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig war und nach § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG vom Bundesfinanzgericht zu erledigen ist.

Über das Vermögen der Fa. B-GmbH (in der Folge BGmbH) mit Sitz in G. wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom wurde der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens aufgehoben. Am erfolgte die Löschung der BGmbH aus dem Firmenbuch nach § 40 FBG.

K.H. (Beschwerdeführer, in der Folge Bf.), geboren am xy, fungierte bei der BGmbH seit als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Als Gesellschafter der BGmbH war der Bf. ab zu 50%, ab Juli 2008 zu 100% an der BGmbH beteiligt.

Mit Schreiben vom mit dem Betreff „Beabsichtigte Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß § 9 der Bundesabgabenordnung“ wurde dem Bf. nach Bekanntgabe der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 9 und 80 BAO Folgendes bekanntgegeben: „Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sind das Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit (Kausalitätszusammenhang) der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. dazu Zl. 84/17/0224). Den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. Zl. 91/15/0123). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl. dazu Zl. 90/15/0114). Das tatbestandsmäßige Verschulden kann in einem vorsätzlichen oder in einem fahrlässigen Handeln oder Unterlassen bestehen. Die Verpflichtung, für die Abgabenentrichtung Sorge zu tragen, vernachlässigt zu haben, wird angenommen, wenn der Vertreter keine Gründe darzulegen vermag, wonach ihm die Erfüllung unmöglich war. Das Tatbestandsmerkmal „.. infolge schuldhafter Pflichtverletzung der den Vertretenen auferlegten Pflichtigen nicht eingebracht werden können“ ist etwa dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung – gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Zahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten (Gleichbehandlungsgrundsatz) zur Verfügung hatte und nicht – wenn auch nur anteilig – für die Abgabentilgung Sorge getragen hat ( Zl. 89/17/0121). Die Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgabenforderungen bei der Primärschuldnerin ist unbestritten, weil im Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom die Konkursaufhebung gemäß § 123 IO (mangels Kostendeckung) und die damit verbundene Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin begründet wurde. Im Übrigen haften auf dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin per Stichtag noch € 1.407.443,96 unberichtigt aus. Weiters unbestritten ist der Umstand, wonach Sie vom bis zur Konkurseröffnung am die Gesellschaft als Geschäftsführer selbständig vertreten haben. Ausgehend von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (vgl. dazu auch die vorstehenden Ausführungen) hat der zur Haftung herangezogene Vertreter vollständig darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Diese – dem Vertreter aufgetragene und obliegende qualifizierte Mitwirkungspflicht – setzt eine konkrete zahlenmäßige Angabe bzw. Darstellung über die finanzielle Gebarung und Verhältnisse der Gesellschaft zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der haftungsverhangenen Abgabenforderungen voraus, da im Regelfall nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft hat, der es ihm ermöglicht, entsprechende Behauptungen aufzustellen und Nachweise vorzulegen. Außerdem trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie die abgabenpflichtige Primärschuldnerin, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat das Fehlen ausreichender Mittel nachzuweisen.

In diesem Zusammenhang wird daher ersucht, detailliert jene Gründe anzuführen, welche zur nicht (ordnungsgemäßen) Entrichtung der Abgaben geführt haben. Welche finanziellen Mittel sind im Zeitraum bis zur Konkurseröffnung zur Verfügung gestanden und wie wurden sie verwendet? Insbesondere möge dargestellt werden, welche anderen Verbindlichkeiten (neben den Abgabenschulden) im oben angeführten Zeitraum bestanden haben (allgemeine Verbindlichkeiten, Bank- und Lieferantenverbindlichkeiten, Lohnzahlungsverpflichtungen etc.) bzw. wie sich die Gesamtverbindlichkeiten entwickelt haben. Ebenso möge dargestellt werden, ob und inwieweit diese anderen Verbindlichkeiten Abdeckung gefunden haben. Hiezu wird um Vorlage zweckdienlicher Unterlagen wie z.B. Bilanzen, Saldenliste, Kontoauszüge, Kassabücher etc. ersucht. Welche Zahlungseingänge konnten im genannten Zeitraum bzw. zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Bezug habenden Abgaben erfasst werden und welcher Verwendung wurden diese Zahlungen zugeführt. Um einen entsprechenden Nachweis wird ersucht. Insbesondere möge im Hinblick auf die bankmäßigen Geschäftsverbindungen sowohl das Eingehen bzw. Bestehen von Kreditverbindlichkeiten (Zeitpunkt, Kredithöhe= als auch das Vorhandensein von allfälligen Besicherungsmaßnahmen (Einzel- oder Globalzessionen etc.) bekanntgegeben und nachgewiesen werden (Vorlage von Kreditverträgen etc.

Zu diesem Schreiben erfolgten mehrere Fristverlängerungsansuchen (vom bis , vom bis und vom bis ).

Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom ab, Zl. x, wurde der Bf. für schuldig erkannt

in G.

I.) vorsätzlich und gewerbsmäßig unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht als für abgabenrechtliche Belange verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der BGmbH nach genannte Abgabenverkürzungen bewirkt und zwar

1. im Zeitraum zwischen 2006 und 2009 durch die ungerechtfertigte Geltendmachung von Betriebsausgaben in den Jahressteuererklärungen (samt den bezughabenden Bilanzen), wodurch es zur Verkürzung folgender bescheidmäßig festzusetzender Abgaben kam, nämlich

a) der Körperschaftsteuer im Gesamtbetrag von € 13.135,34

b) der Kapitalertragsteuer im Gesamtbetrag von € 31.804,50 ;

2. im Zeitraum zwischen Jänner 2006 bis November 2009, unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 entsprechenden Lohnkonten sowie dazu ergangener Verordnungen, nämlich durch die vollständige Nichterfassung der ausbezahlten Lohnzahlungen und durch die Nichterfassung von lohnsteuerpflichtigen Lohnbestandteilen und Nichtabführen der diesbezüglichen Lohnabgaben, eine Verkürzung von Lohnabgaben (Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen) im Gesamtbetrag von € 1.340.622,30).

II.) im Zeitraum 2005 bis 2009 in der Absicht sich durch wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der Kärntner Gebietskrankenkasse und der Salzburger Gebietskrankenkasse durch Täuschung über Tatsachen, indem er die tatsächlich bei der BGmbH beschäftigten Arbeitnehmer nicht unter Angabe des wahren Dienstgebers bei der Sozialversicherung anmeldete, sondern diese zumindest in 126 Fällen durch andere Firmen bzw. Scheinfirmen (a-Bau-, b-Personal-, c-Holding- und d-HandelsGmbH) sowie verschiedene Arbeitnehmer als Arbeitnehmer der jeweiligen Unternehmen anmelden ließ, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme der Einhebung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung beim wahren Beitragsschuldner, der BGmbH verleitet, wodurch die Sozialversicherungsträger in einem € 50.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden (Gesamtschaden € 1.252.040,30).

Der Bf. hat hierdurch

zu I.) 1.) a) und b) die Vergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach den §§ 33 Abs. 1, § 38 Abs. 1 FinStrG;

zu I.) 2.) die Vergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach den §§ 32 Abs. 1 und 2 lit. b, § 38 Abs. 1 FinStrG und

zu II.) das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 447 Abs. 3, 148 (erster Deliktsfall) StGB begangen.

Der Bf. wird hierfür

zu I.) unter Bedachtnahme auf §§ 21, 22 FinStrG nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von € 623.340,00, im Uneinbringlichkeitsfall zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe und

zu II.) nach dem zweiten Strafsatz des § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren

sowie gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom cd, Zl. y, wurde der vom Bf. erhobenen Berufung (vom ) dahin gehend Folge gegeben, dass von der zweijährigen Freiheitsstrafe der Teil von 16 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Haftung des Bf. hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in €
Umsatzsteuer
12/2009
490,84
Lohnsteuer
2006-02/2010
1.203.012,59
Dienstgeberbeitrag
2006-02/2010
143.513,83
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2006-02/2010
13.251,80
Säumniszuschlag
2007 bis 2009
27.513,00

In der Begründung dieses Bescheides wurde – nach Zitierung der für die Inanspruchnahme der Haftung in der Bundesabgabenordung verankerten Bestimmungen – angeführt, dass sich die schuldhafte Pflichtverletzung aus der Nichtabfuhr von selbst zu berechnenden Abgaben (im Wesentlichen Lohnabgaben) ergibt.

Mit beim Finanzamt eingelangter Eingabe vom erhob der Bf. im Wege seines Rechtsvertreters Beschwerde gegen den angeführten Bescheid. Darin wurde angeführt, dass der Haftungsbescheid ohne Ermittlungsverfahren und ohne dem Bf. eine Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen, nach der erstinstanzlichen Strafverurteilung erlassen wurde. Ein ordentliches Ermittlungsverfahren bringt es mit sich, dass eine Aufschlüsselung der einzelnen Beträge in monatliche Beträge und eine Darstellung in jene Beträge vorgenommen wird, für welche der angebliche Abgabenschuldige tatsächlich haftet, nämlich ausschließlich für die Dienstnehmeranteile (Lohnsteuer) und die Umsatzsteuer. Weiter wäre es notwendig gewesen, dass es zu einer konkreten Aufschlüsselung der Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile bei der Lohnsteuer kommt. Auch dürfen es keine Schätzungen sein, für welche der angebliche Abgabenschuldige zur Haftung herangezogen wird, sondern sind die konkret aufgeschlüsselten Summen auch entsprechend durch die realen Zahlen zu belegen und darzustellen. Der streitgegenständliche Haftungsbescheid wird daher wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten sowie wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat in keiner Weise überprüft und/oder dargestellt, wie weit die festgesetzte Lohnsteuer tatsächlich angefallen ist und abzuführen gewesen wäre. Dies hätte die Abgabenbehörde erster Instanz vorzunehmen gehabt. Wesentlich wäre also gewesen, dass die Abgabenbehörde erster Instanz festgestellt hätte, welche konkreten Beträge (aufgeschlüsselt nach Monaten) tatsächlich einzubehalten waren und nicht abgeführt wurden. Es geht also demnach nicht um die gesamte Lohnsteuer, sondern nur um die Dienstnehmeranteile, weil die Dienstgeberanteile nicht einzubehalten, sondern lediglich abzuführen sind, Daher ist eine Aufteilung in Dienstnehmeranteile und Dienstgeberanteile unumgänglich notwendig. Im gegenständlichen Fall gibt es zwar eine Strafverurteilung erster Instanz, diese ist bisher aber noch nicht rechtskräftig, weil mittlerweile eine Berufung eingebracht worden ist. Die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nach § 9 BAO jedenfalls dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid vorliegt. Im gegenständlichen Fall liegt kein entsprechender rechtskräftiger Bescheid mit Bindungswirkung vor, da auch in den anderen Bescheiden nicht zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmer- abhängigen Abgaben unterschieden wurde. Ohne mit der konkreten Aufschlüsselung nach Monaten und der jeweiligen Arbeitnehmeranzahl, für welche die Lohnsteuern geltend gemacht werden sowie ohne Aufschlüsselung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile können die den Abgabenschuldigen treffenden Pflichten und vor allem entlastende Umstände und Begründungen pro Monat nicht abgegeben werden, welche dazu führen, dass eine Abführung der Abgaben nicht möglich war. Bei ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren wäre daher eine entsprechende Aufschlüsselung notwendig gewesen sowie auch eine Aufforderung zur entsprechenden Stellungnahme im Vorfeld.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde des Bf. als unbegründet abgewiesen. Die Haftung wurde in Höhe von € 1.361.883,83 gemäß folgender Aufgliederung (entnommen aus dem Rückstandsausweis der BGmbH zum ) geltend gemacht:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Lohnsteuer
12/2009
1.387,99
Dienstgeberbeitrag
12/2009
1.493,19
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
12/2009
136,05
Säumniszuschlag 1
2009
104,13
Säumniszuschlag 2
2009
53,66
Kammerumlage
10-12/2009
281,78
Körperschaftsteuer
01-03/2010
437,00
Lohnsteuer
01/2010
1.423,21
Dienstgeberbeitrag
01/2010
902,98
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
01/2010
82,27
Umsatzsteuer
12/2009
490,84
Säumniszuschlag 1
2009
163,81
Säumniszuschlag 2
2009
71,61
Lohnsteuer
02/2010
433,70
Dienstgeberbeitrag
02/2010
263,09
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
02/2010
23,97
Säumniszuschlag 1
2010
65,78
Körperschaftsteuer
04-06/2010
437,00
Dienstgeberbeitrag
2006
9.946,06
Lohnsteuer
2006
84.718,53
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
2006
931,51
Lohnsteuer
2007
480.843,91
Dienstgeberbeitrag
2007
56.451,79
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
2007
5.294,21
Dienstgeberbeitrag
2008
37.839,40
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
2008
3.447,56
Lohnsteuer
2008
322.307,29
Lohnsteuer
2009
311.897,96
Dienstgeberbeitrag
2009
36.617,32
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
2009
3.336,23

Begründend wurde auf die Ausführungen im Erstbescheid verwiesen. Weiters ist darin angeführt: „Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (). Ein derartiger Nachweis ist nicht erfolgt. Eine Gleichbehandlung der Gläubiger wurde nicht einmal behauptet, Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der ständigen Rechtsprechung eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung (Ritz, BAO3, § 9 Tz 24 mit Judikaturnachweisen). Wird die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin – von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (vgl. , und , 2004/13/0142).

Die Haftung für nicht an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer ist gemäß § 78 Abs. 3 EStG nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz eingeschränkt und trifft den Haftungspflichtigen in voller Höhe. Am wurde zu Gunsten der Kärntner Sparkasse Aktiengesellschaft ein Globalzessionsvertrag abgeschlossen. Im Abschluss eines solchen Vertrages, durch den einerseits die Bank als andrängender Gläubiger begünstigt, andererseits andere andrängende Gläubiger – insbesondere der Bund als Abgabengläubiger – benachteiligt werden, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine dem Geschäftsführer vorzuwerfende Pflichtverletzung liegen. Der Abschluss eines Zessionsvertrages stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Geschäftsführer damit rechnen muss, durch die Zession die liquiden Mittel zur Berichtigung anderer Schulden als der Bankschulden, insbesondere die Abgabenschulden der Gesellschaft zu entziehen. Der Abschluss eines Zessionsvertrages ist dem Vertreter einer Körperschaft als Pflichtverletzung somit bereits vorzuwerfen, wenn er es unterlassen hat – insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung – vorzusorgen, dass auch im Falle der Änderung der Verhältnisse, wenn diese als bei Aufwendungen entsprechender Sorgfalt nicht unvorhersehbar zu werten sind, die Bedienung anderer Schulden, insbesondere der Abgabenschulden, nicht durch diesen Vertrag beeinträchtigt wird (, mit Hinweis auf ). Dass der Bf. für die Abgabenentrichtung bei Abschluss des Zessionsvertrages insbesondere Vorsorge durch eine entsprechende Vertragsgestaltung getroffen hat, geht aus dem Zessionsvertrag nicht hervor. Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung zur Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten (). Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (). Jene aushaftenden Abgabenbeträge, deren Fälligkeit vor Konkurseröffnung liegt, wurden dem Haftungsbescheid zu Grunde gelegt. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung ist die Stellung als Vertretern die schuldhafte Pflichtverletzung abgabenrechtlicher Pflichten, somit ein Verschulden des Vertreters, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen, sowie die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit. Eine rechtskräftige finanzstrafrechtliche Verurteilung wäre bei Inanspruchnahme nach § 11 BAO erforderlich, Einwendungen gegen die Abgabenhöhe können nur im betreffenden Abgabenverfahren geltend gemacht werden. Mit Beschluss des LG Klagenfurt vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Da eine Quote nicht zur Ausschüttung gelangte, war eine Berücksichtigung bei der Haftungssumme nicht geboten. Ist eine Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Mit vom steuerlichen Vertreter eingebrachter Eingabe vom stellte der Bf. den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin führte er an, dass im Zuge der Vorbereitung dieses Antrages die Aufgliederung der Abgabenschuldigkeiten besprochen wurde. Die Feststellungen des Strafgerichtes sind deshalb erfolgt, weil der Bf. in der Hoffnung, ein mildes Urteil zu erhalten, ein volles Geständnis abgelegt hatte ohne die den Berechnungen des Finanzamtes sowie der Gebietskrankenkassen zu Grunde liegenden Daten einer näheren Prüfung durch einen Gutachter unterzogen zu haben. Die Grundlagen der Berechnung der Gebietskrankenkasse sowie des Finanzamtes sind gröbste Schätzungen, wobei angenommen wurde, dass Mitarbeiter, welchen bei den betroffenen Phönixunternehmungen beschäftigt waren, all dem Bf. (seiner Firma) zuzurechnen seien. Eine Durchsicht der nunmehr erstmals erhaltenen Mitarbeiterliste der Phönixunternehmungen hat aber ergeben, dass nicht 126 Mitarbeiter, sondern höchstens 80 Mitarbeiter für die Firma des Bf. tätig waren. Die Schätzungen des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse sind daher schon alleine aus diesem Grund um 50% erhöht. Ebenso deckt sich die Annahme des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse bei der Höhe des monatlichen Nettolohnes der Mitarbeiter nicht mit den mündlichen Aussagen der Mitarbeiter in den nunmehr erstmals durch die vollständige Gerichtsaktenabschrift erhaltenen Informationen. Die Mitarbeiter haben angegeben zwischen 1.300 bis 1.600 Eur netto im Monat verdient zu haben. Man muss daher von einem Mittelmaß von 1.450 Eur ausgehen. Das Finanzamt und die Gebietskrankenkassen nehmen aber bei der Berechnung einen Betrag von 2.200 Eur netto an, was eine Überhöhung der Schätzung im Betrag von mehr als 51% bedeutet. Die betriebenen Forderungen des Finanzamtes sind demnach um 75% zu hoch geschätzt worden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und Tatsachenfeststellung hätte sich auch das Finanzamt nicht auf die Feststellungen des Strafgerichtes verlassen können und dürfen, welche ausschließlich auf Grund des vollumfänglichen Geständnisses des Bf. erfolgte. Der Bf. hatte das Geständnis auf Anraten abgegeben, weil er damit das Strafgerichtsverfahren erheblich vereinfacht hatte und damit das extrem umfangreiche Beweisverfahren mit der Einvernahme von 128 Angestellten der angeblichen Phönixunternehmen erheblich vereinfacht hatte. Darin bestand die Hoffnung, dass ein mildes Urteil gesprochen wird. Dabei hatte der Bf. sich aber erheblich verkalkuliert, weil er trotz dieses reumütigen Geständnisses und seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit wegen der Höhe der geltend gemachten Ansprüche des Finanzamtes sowie der Gebietskrankenkasse zu 2 Jahren unbedingter Haft verurteilt wurde. Aus den genannten Gründen wird innerhalb der Frist von 4 Wochen, ab dem Erkennen (nämlich diesen Samstag) ein Antrag auf Wiederaufnahme sowohl beim Finanzamt als auch bei den Gebietskrankenkassen wegen der im Schätzungswege festgestellten Rückstandsausweise kommen.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Bf. als handelsrechtlicher Gesellschafter zu Recht für die Abgabenverbindlichkeiten der BGmbH, die zufolge ihres Konkurses unberichtigt aushaften, zur Haftung nach § 9 iVm § 80 BAO herangezogen worden ist.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg.cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Pflichtverletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 84/17/0224).

Unbestritten ist, dass der Bf. im haftungsgegenständlichen Zeitraum als Alleingeschäftsführer zum Kreis der in § 80 BAO genannten Vertreter zählt, der für die Abgaben der BGesmbH herangezogen werden kann. Unbestritten ist auch, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen bei der Gesellschaft im Hinblick auf das mit Beschluss vom eröffnete und – mangels Kostendeckung - mit Beschluss vom aufgehobene Konkursverfahren zur Gänze uneinbringlich sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. Erkenntnis vom , 2002/13/0183). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/17/0134). Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung der Verbindlichkeiten verwendet hat (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0003), er die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Bf. zunächst mit Vorhalt des Finanzamtes vom die Möglichkeit eingeräumt, einen Nachweis der Gleichbehandlung aller Verbindlichkeiten der BGesmbH zu erbringen. In mehreren Eingaben hat der Bf. zu diesem Vorhalt Fristverlängerungsansuchen eingebracht, dies unter Hinweis auf das laufende Finanzstrafverfahren. Wenn das Finanzamt dem letzten diesbezüglichen Ansuchen vom mit dem Begehren auf Verlängerung der Frist bis wegen des Abschlusses des Finanzstrafverfahrens in erster Instanz am nicht mehr gefolgt ist und am den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen hat, kann das Bundesfinanzgericht dies nicht beanstanden. Sofern der Bf. in seiner Beschwerde rügt, dass der gegenständliche Haftungsbescheid ohne „entsprechendes Ermittlungsverfahren“ durchgeführt wurde, geht er insofern fehl, als einer Haftung in anderen Verfahren zur Vorschreibung gebrachte Abgabenforderungen zu Grunde liegen und Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung in den anderen Verfahren im Haftungsverfahren nicht mit Erfolg erhoben werden können (sondern nur in den diesen Vorschreibungen zu Grunde liegenden Verfahren, vgl. ). Zu ermitteln ist im Haftungsverfahren – bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung – zunächst einzig und allein, ob eine Haftung wegen Gläubigergleichbehandlung nicht schlagend wird. Genau dies hat das Finanzamt aber ohnehin gemacht.

Wenn der Bf. weiters ins Treffen geführt hat, dass eine Aufschlüsselung der Abgaben zu erfolgen hat, ist er damit insofern im Recht, als die im Haftungsbescheid vom erfolgte Zusammenfassung der Abgaben (in einem Betrag) nicht den Erfordernissen der ordnungsgemäßen Darstellung der haftungsbegründenden Abgaben entspricht. Zu entgegnen ist dem allerdings, dass diese Aufschlüsselung in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes richtig erfolgt ist und ein allfälliger erstinstanzlicher Begründungsmangel daher dadurch (vgl. ) bzw. durch die gegenständliche Entscheidung saniert ist. Sofern der Bf. rügt, dass eine weitere Aufschlüsselung „bei der Lohnsteuer“ in Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile zu erfolgen habe, so geht er deshalb fehl, weil eine weitere Aufschlüsselung als jene, die in der Berufungsvorentscheidung erfolgt ist, nicht vorgesehen ist. Alle Abgabenbescheide, auf die sich die gegenständliche Haftung bezieht, sind in Rechtskraft erwachsen, sodass die Einwendungen des Bf. im Zusammenhang mit der Bindungswirkung dahin gestellt bleiben können. Verfehlt ist auch der Einwand des Bf., dass der „Rückstandsausweis geschätzt wurde“, weil Rückstandsausweise lediglich die Steuervorschreibungen widerspiegeln und einer Schätzung nicht zugänglich sind (vgl. auch § 184 BAO).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Spruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetzt. Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen; die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (zuletzt: ). Mit dem oa. rechtskräftig gewordenen Urteil wurde der Bf. schuldig gesprochen. Ein rechtskräftiges Strafurteil entfaltet auch bindende Wirkung gegenüber der Abgabenbehörde in einem dieselben Abgabenschuldigkeiten betreffenden Haftungsverfahren.

Bindungswirkung bedeutet, dass die Parteien an den Inhalt eines Bescheides oder Urteils gebunden sind. Bindung bedeutet aber auch, dass Verwaltungsbehörden Urteile der Gerichte zu beachten haben, sowie Gerichte gegebenenfalls Bescheide der Verwaltungsbehörden ebenfalls berücksichtigen müssen. Die Entscheidung der jeweiligen Staatsgewalt entwickelt eine verbindliche, normative Kraft, wobei grundsätzlich Akte der Gerichtsbarkeit die Verwaltung binden und umgekehrt (Stoll, BAO, 1319).

Die Abgabenbehörde ist hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, die die Grundlage für den Spruch darstellen, gebunden (zB ). Dazu gehören jedenfalls die Feststellungen, die für die jeweilige strafbare Handlung tatbestandsmäßig sind (). Die Bindungswirkung von Strafurteilen geht nach Auffassung des VwGH sehr weit: Nicht nur der Urteilsspruch an sich, sondern auch die Ergebnisse des strafgerichtlichen Ermittlungsverfahrens sind von der Abgabenbehörde zu übernehmen; insbesondere in solchen Fällen, in denen eine Straftat mit rechtskräftigem Urteil als erwiesen angenommen wurde ist eine nochmalige Überprüfung durch Abgabenbehörde rechtlich unzulässig (). Die Bindungswirkung erstreckt sich in stRsp des VwGH auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (; , 93/15/0039; , 2003/14/0040; , 2002/16/0128; , 98/14/0189; , 97/15/0191).

Die in den gegenständlichen Strafurteilen (LG Klagenfurt, x, und OLG Graz, y) betroffenen Abgaben umfassten die Körperschaftsteuer im Gesamtbetrag von € 13.135,34, die Kapitalertragsteuer im Gesamtbetrag von € 31.804,50 sowie die Lohnsteuer/DB für die Jahre 2006 bis 2009 in der Gesamthöhe von 1.340.622,30, wodurch jedenfalls von einer schuldhaften Pflichtverletzung in dieser Höhe schon auf Grund der strafrechtlichen Verurteilung auszugehen ist.

Unter Bezugnahme auf die vorhin angeführten Urteil wird nochmals festgehalten, dass eine Haftung des Bf. für die aushaftenden Abgabenschulden schon alleine nach § 11 BAO gegeben wäre; diese trägt den Charakter einer Schadenersatzhaftung ( vgl. z.B. Ritz, BAO4 , § 11 Tz 1, mit Hinweis auf Kopecky, Die Haftung im österreichischem Steuerrecht, Wien 1971, 62, der auch auf die Haftung nach § 11 BAO als "Besicherungsinstitut" hinweist) und handelt es sich dabei um eine unbeschränkte Primarhaftung (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 144).

Über diese Umstände hinaus hat der Bf. jedoch weder zum Vorhalt des Finanzamtes vom Stellung genommen noch ist er den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom mit konkreten Einwendungen Richtung Gläubigergleichbehandlung aller Verbindlichkeiten der BGmbH, insbesondere der Abgabenschuldigkeiten, entgegen getreten. Er hat sich auch zu dem darin angeführten Globalzessionsvertrag vom zugunsten der Kärntner Sparkassen AG, der bewirkt hat, dass liquide Mittel zur Berichtigung anderer Schulden als der Bankschulden nicht zur Verfügung standen, nicht geäußert. Vielmehr betreffen seine Einwendungen ausschließlich die Verfahren hinsichtlich Vorschreibung der in Rede stehenden Abgaben, die in diesem Verfahren – wie bereits angeführt – irrelevant sind und die daher dahin gestellt bleiben können. Auszuführen ist, dass der Beschwerdevorentscheidung Vorhaltcharakter zukommt und der Abgabepflichtige, wenn er den darin enthaltenen Ausführungen nicht entsprechend entgegentritt, diese gegen sich gelten lassen muss (vgl. , mwN).

Darüber hinaus sind aushaftende Abfuhrabgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) vom Gleichheitsgrundsatz deshalb ausgenommen, weil nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnabgaben von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat (vgl. ). Werden Lohnabgaben nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037,0038 (Slg.N.G. Nr. 7038/F) ausdrücklich aufrechterhaltenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallenden Lohnabgaben nicht an das Finanzamt entrichtet (). Somit war hinsichtlich dieser Abgabenschulden unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung jedenfalls vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen.

Den Nachweis einer gleichmäßigen Behandlung für die haftungsbegründenden Abgaben konnte der Bf. im Zuge des gesamten Verfahrens nicht erbringen, sodass allein schon aus diesem Grund von einer schuldhaften Verletzung seiner abgabenrechtlichen Zahlungspflichten auszugehen war.

Bei der Verletzung der genannten Zahlungspflichten bedarf es – anders als bei der Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten – keiner näheren Begründung der Kausalität der Pflichtverletzung für die eingetretene Uneinbringlichkeit der Abgaben (). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit und den Rechtswidrigkeitszusammenhangs ().

Das Finanzamt ist somit zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung bei allen in Rede stehenden Abgaben ausgegangen und erfolgte die Inanspruchnahme des Bf. im Wege der Haftung rechtmäßig.

Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben hereinzubringen, überwiegt bei der vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei der BGmbH fest. Der Bf. wird auf Grund seines Alters (Geburtsjahr 1964) und der damit verbundenen und zu erwartenden Erwerbstätigkeit durchaus in der Lage sein, zumindest einen Teil der Verbindlichkeiten abzustatten. Diese Auffassung geht auch mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung konform, nach der selbst Vermögenslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen; eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit schließt es nämlich nicht aus, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen und künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Haftung
strafrechtliche Verurteilung
Gleichbehandlungsgrundsatz
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.4100386.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at