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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2018, RV/6100313/2018

Antrag auf Bescheidabänderung gemäß § 295a BAO bzw. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO bzw. Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 234/2019 anhängig. Mit Erk. v. wegen verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/6100005/2020 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende A und die weiteren Senatsmitglieder B, C und D in der Beschwerdesache FG, Anschr., vertreten durch die Dr. Beisteiner Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., Lasserstraße 2A, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom mit dem

1) der Antrag "betreffend die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2011 gem. § 295a BAO vom abgewiesen" wird und

2) der Antrag auf "Wiederaufnahme betreffend das Verfahren über die Einkommensteuer 2013 gem. § 303 Abs. 1 lit. c BAO und der Antrag gem. 295 Abs. 4 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides, beide vom , zurückgewiesen" werden

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Aus Anlass der Beschwerde wird Punkt 2) des Bescheidspruches dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2011 und der auf § 295 Abs. 4 BAO gestützte Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2011 vom , beide vom , werden zurückgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom im Wege seines steuerlichen Vertreters den Einkommensteuerbescheid 2011 vom gemäß § 295a BAO abzuändern, da ein rückwirkend zu berücksichtigendes Ereignis eingetreten sei.

In dieser Eingabe führt der steuerliche Vertreter Folgendes aus:

Im Rahmen der stillen Beteiligung des Beschwerdeführers an der XYuStill habe bei diesem im Streitjahr 2011 ein Verlustkonto in Höhe von € 40.000,-- bestanden. Der Beschwerdeführer habe diese Beteiligung im selben Jahr am verkauft und sei in diesem Zusammenhang vom Ausgleich seines Verlustkontos in vorstehender Höhe freigestellt worden. Dies habe dazu geführt, dass der Betrag in Höhe von € 40.000,-- folgerichtig bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes in Höhe von € 131.927,50 Berücksichtigung gefunden habe.

Im Zuge einer Außenprüfung bei der XYuStill habe sich herausgestellt, dass Verluste nicht in dieser Höhe bestanden hätten. Insoweit sei die Berichtigung des Bescheides angezeigt und der Veräußerungsgewinn entsprechend zu korrigieren. Nach der Außenprüfung ergebe sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von € 58.599,97 anstatt von € 131.927,50. Diesbezüglich werde auf die ausgehend vom geänderten Feststellungsbescheid korrigierte Berechnung laut Beilage verwiesen.

Die Abänderung sei zulässig (§ 302 Abs. 1 iVm § 208 Abs. 1 lit. e, § 209a Abs. 4 BAO). Der Antrag nach § 295a BAO sei insbesondere die statthafte Antragsart bei Abgabenbescheiden wie hier, wenn sich ein Veräußerungsgewinn nachträglich wegen eines geänderten Grundlagenbescheides als tatsächlich falsch erweise (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO § 295a BAO Anmerkung 1 und 13). Insbesondere sei dies kein Fall von § 295 Abs. 4 BAO.

Der Beschwerdeführer begehre im Streitjahr nicht mehr die Berücksichtigung von Verlusten. Vorliegend seien falsche Zahlen - in Gestalt zu hoher Verluste - bei der Bemessung des Veräußerungsgewinnes in Ansatz gebracht worden, sodass eine einfache Korrektur angezeigt sei.

Nunmehr sei erst bekannt geworden, dass das Betriebsstättenfinanzamt der XYuStill (FA Deutschlandsberg/Leibnitz - St.Nr.) am (gemeint wohl ) einen geänderten Grundlagenbescheid erlassen hätte. Im Jahr 2011 hätten demnach nur mehr anrechenbare Verluste in Höhe von insgesamt € 19.172,47 bestanden. Daraus folge, dass der Veräußerungsgewinn entsprechend der Neuberechnung zu reduzieren sei.

Aus diesem Grunde werde beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2011 vom dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Anteile der stillen Beteiligung mit € 58.599,97 € anstatt wie bisher mit € 131.927,50 angesetzt werde (Besteuerung mit dem Halbsteuersatz).

Zur Rechtswahrung würden hilfsweise innerhalb offener Fristen auch folgende Anträge gestellt:

"- Antrag auf Wiederaufnahme das Verfahren Einkommensteuer 2013 nach § 303 Abs. 1 lit. c) BAO: Bei dem Umstand, dass zugewiesene Verluste im Rahmen einer AP bei der XYuStill offenbar zu hoch angesetzt wurden, handelt es sich um Tatsachenfragen und diese Tatsache ist nunmehr "neu hervorgekommen". Feststellungen nach § 188 BAO sind regelmäßig Vorfragen im Sinne der Norm. Es besteht einerseits die von der Rechtsprechung geforderte Parteiidentität, welche durch die Beteiligung vermittelt wird. Das Betriebsstättenfinanzamt ist dabei hingegen nicht für den Erlass der abgeleiteten Bescheide zuständig (mit Verweisen auf die Rechtsprechung: Ellinger/Sutter/Urtz, BAO § 303 Rn. 21, rdb.at).

- Antrag nach § 295 Abs. 4 BAO. In Ansehung der Entscheidung des , wird der Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom beantragt mit der Begründung, dass er von einem Nichtbescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg abgeleitet sein könnte. Zwar besagt § 252 BAO, dass Einkommensteuerbescheide nicht mit der Begründung eines fehlerhaften Grundlagenbescheides angefochten werden können. Der VwGH fordert den Steuerpflichtigen in vorzitierter Entscheidung jedoch zur Rechtswahrung gerade dazu auf. Nach unseren lnformationen sind gegen sämtliche Feststellungbescheide der XYuStill Beschwerden anhängig."

Der Eingabe fügte der Beschwerdeführer als Beilagen eine Berechnungsaufstellung mit der Überschrift "HG" und die Bescheide des FA Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO betr. die XYuStill für die Jahre 2009 und 2010 an.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Salzburg-Land
1) den Antrag "betreffend die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2011 gem. § 295a BAO vom " abund
2) den Antrag auf "Wiederaufnahme betreffend das Verfahren über die Einkommensteuer 2013 gem. § 303 Abs. 1 lit. c BAO und den Antrag gem. 295 Abs. 4 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides, beide vom ," zurück.

Begründend führte das Finanzamt dazu Folgendes aus:

Zu Antrag gem. § 295a BAO:

Ereignisse nach § 295a BAO seien sachverhaltsändernde tatsächliche oder rechtliche Vorgänge, von denen sich aus den die steuerlich relevanten Tatbestände regelnden Abgabenvorschriften eine abgabenrechtliche Wirkung für bereits entstandene Abgabenansprüche ergebe. Gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidungen seien idR keine Ereignisse im vorgenannten Sinn, es sei denn, dass eine Entscheidung Tatbestandselement sei, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Entscheidung zum Gegenstand habe oder ein (anderes) Tatbestandselement ändere. Der abgabenrelevante Sachverhalt müsse sich demnach in die Vergangenheit in der Weise auswirken, dass anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes nunmehr ein veränderter Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde zu legen sei. Nach der durchgeführten Aufhebung durch das BFG bzw. Betriebsprüfung habe sich mit der erstmaligen Bescheiderlassung am bei der XYuStill (St.Nr.) jedoch nichts gegenüber der elektronisch eingelangten Erklärung zur einheitlichen Feststellung von Einkünften 2009 vom geändert, da bereits mit dieser ein Verlust von € -11.685,32 bekannt gegeben worden sei. Ein neuer Sachverhalt mit Bezug auf die Bescheiderlassung für die Einkommensteuer 2009 sei daher nicht festzustellen.

Zu Antrag gem. § 303 Abs. 1 BAO:

Ein schlüssiger und nachvollziehbarer Zusammenhang zum Veranlagungsjahr 2013 sei nicht herstellbar. Sollte das Verfahren betreffend die Einkommensteuer des Zeitraumes 2011 gemeint gewesen sein, sei darauf zu verweisen, dass der Antrag vor Ablauf der nach § 304 BAO maßgeblichen Frist zu stellen sei. Diese Frist habe jedoch mit dem (5 Jahre ab 2011 und 1 Jahr für Bescheid und Vorhalt) geendet, wodurch die Antragsmöglichkeit bereits verfristet sei. Nur ergänzend sei auf die oa. Argumentation sinngemäß zu verweisen, wonach es weder neue Tatsachen im Sinne des § 303 BAO gebe, noch zum Zeitpunkt des Erstbescheides ein anders lautender Bescheid über die Einkommensteuer 2011 zu ergehen gehabt hätte.

Zu Antrag gem. 295 Abs. 4 BAO:

Ein Einkommensteuerbescheid hätte dem Datum nicht zugeordnet werden können. Wenn der Bescheid über die Einkommensteuer des Zeitraumes 2011 gemeint gewesen sein sollte, sei darauf zu verweisen, dass der Antrag vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 BAO maßgeblichen Frist zu stellen sei. Diese Frist habe jedoch mit dem (5 Jahre ab 2011 und 1 Jahr für Bescheid und Vorhalt) geendet, wodurch die Antragsmöglichkeit bereits verfristet sei.

Gegen die ablehnenden Entscheidungen brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner steuerlichen Vertretung mit Schreiben vom Beschwerde ein.

Darin bringt der steuerliche Vertreter Folgendes vor:

Der Beschwerdeführer begehre die Herabsetzung des ursprünglich erklärten Veräußerungsgewinnes in Zusammenhang mit dem Verkauf von Anteilen an der XY im Veranlagungszeitraum 2011. Es handle sich dabei - nach einer Umwandlung - um den Verkauf von Aktien. Insoweit sei der bisherige Vortrag zu korrigieren, in dem von einer atypisch stillen Beteiligung die Rede gewesen sei. Gleichwohl habe sich das negative Kapitalkonto der ursprünglichen atypisch stillen Beteiligung auf den späteren Veräußerungsgewinn ausgewirkt.

Soweit im Antrag auf Wiederaufnahme vom von "2013" die Rede sei, handle es sich um einen Schreibfehler. Wie das Finanzamt in der hier angefochtenen Entscheidung bereits richtig erkannt habe, beziehe sich der Antrag auf das Jahr 2011.

Der Beschwerdeführer sei zunächst atypisch stiller Gesellschafter der XYuStill gewesen. ln den Jahren 2009 und 2010 habe diese Gesellschaft Verluste erklärt und seien diese nach den bisherigen Kenntnissen des Beschwerdeführers auch festgestellt worden. Die Grundlagenbescheide seien von der für die XYuStill zuständigen Steuerberatungskanzlei angefordert worden. Sie würden nachgereicht.

Die atypisch stille Beteiligung an der XYuStill sei im April 2011 gegen Gewährung von neuen Aktien an der XY (unter Anwendung von Art. III UmgrStG) zum Stichtag eingebracht worden. Der Beschwerdeführer habe im Gegenzug Aktien erhalten.

Die Aktien des Beschwerdeführers seien sodann am veräußert worden. Der Beschwerdeführer habe einen Veräußerungserlös in Höhe von € 91.927,50 ausbezahlt erhalten.

Der Veräußerungsgewinn laut Einkommensteuererklärung umfasse den Veräußerungserlös zuzüglich der ursprünglich negativen Anschaffungskosten der Aktien in Höhe von € 40.000 (Halbsatzbesteuerung). Dies sei in der Beilage zum Antrag vom dargestellt worden. Auf die Beilage werde Bezug genommen. Die Anschaffungskosten der Aktien spiegelten das ursprüngliche Kapitalkonto der stillen Beteiligung wider.

Die für die XYuStill zuständige Steuerberatungskanzlei habe dem Beschwerdeführer folgenden Sachverhalt mitgeteilt:

Der Beschwerdeführer habe eine Einlage in Höhe von € 52.500.- (inkl. Agio) geleistet. lm Jahr 2009 sei dem Beschwerdeführer ein Verlust in Höhe von € 92.500,-- zugewiesen worden. Dies habe zu negativen Anschaffungskosten der Aktien in Höhe von € 40.000,-- geführt. Diese seien dem Veräußerungserlös hinzugesetzt worden.

Mit Ausfertigungsdatum seien geänderte Feststellungsbescheide für die Jahre 2009 und 2010 ergangen. In diesen würden Verluste in Höhe von nur mehr € - 7.487,15 (2010) und € - 11.685,32 (2009) festgestellt.

Im vorliegenden Fall seien bei einer Betriebsprüfung Tatsachen festgestellt worden, die Auswirkungen auf die Ermittlung des Veräußerungserlöses entfalteten und damit auch für die Besteuerung relevant seien. Daher sei eine Änderung nach § 295a BAO angezeigt. Unter Zugrundelegung der Feststellungen vom ergäben sich nunmehr positive Anschaffungskosten, die Berücksichtigung finden müssten und den erklärten Veräußerungsgewinn reduzierten. Die Berechnung sei aus der dem Antrag vorn angeschlossenen Beilage ersichtlich.

Das Finanzamt gehe von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, wenn es meine, es habe sich durch die Betriebsprüfung bei der XYuStill nichts geändert. Ursprünglich hätte der Verlust € 92.500,-- betragen. Dieser sei im Rahmen der Betriebsprüfung auf € 11.685,32 reduziert worden. Es hätten sich also sehr wohl die zugewiesenen Verluste - und damit Tatbestandselemente - geändert. Dies sei von Bedeutung, da diese Verluste zur Errechnung des Veräußerungsgewinnes des Beschwerdeführers heranzuziehen seien.

Die Ausführungen der Behörde zur Verfristung der hilfsweise gestellten Anträge das Verfahren 2011 wiederaufzunehmen bzw. nach § 295 Abs. 4 BAO vorzugehen, gingen ins Leere.

Der § 304 BAO, auf den Bezug genommen werde, sei verfassungswidrig und nicht mehr anzuwenden. Der VfGH habe in seinem Erkenntnis G 131/2017 ausgesprochen, dass diese Norm nicht dem Sachlichkeitsgebot genüge, insbesondere, weil die Verjährungsfrist zwar durch Maßnahmen der Behörde, nicht jedoch durch Maßnahmen des Abgabepflichtigen verlängert werden könne. Die vom Finanzamt ins Treffen geführte vermeintliche Verfristung des Antrags entlarve sich somit als verfassungswidrig und könne im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen.

Der Beschwerdeführer habe auch vor dem Hintergrund einer zutreffenden Besteuerung und der Durchführung eines fairen Verfahrens einen Anspruch darauf, dass das Einkommensteuerverfahren 2011 wiederaufgenommen werde.

Aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung bei der XYuStill seien im Wege des § 188 BAO und § 295 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für 2009 ergangen, die zu einer Abgabennachforderung geführt hätten. Es könne im Ergebnis nicht angehen, dass der Beschwerdeführer faktisch einer Doppelbesteuerung unterworfen werde; zum einen dadurch, dass die Verluste im Jahr 2009 nicht anerkannt werden würden, zum anderen dadurch, dass sie gewinnerhöhend 2011 erneut der Besteuerung unterworfen werden würden.

Die für die XYuStill zuständige Kanzlei habe Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid eingebracht. Solange dieses Verfahren anhängig sei, müssten für den Beschwerdeführer sowohl das Abgabenverfahren 2009 als auch 2011 "offen" bleiben, um entsprechend auf den Ausgang des Rechtsmittelverfahrens im Feststellungverfahren 2009 und der Einkommensteuererklärung 2011 reagieren zu können.

Die Problematik der offenkundigen Rechtsschutzlücke zu Lasten der Abgabepflichtigen, die sich aus dem Verweis von § 295 Abs. 4 sowie § 303 BAO auf den verfassungswidrigen § 304 BAO ergebe, zwinge den Beschwerdeführer sämtliche verfahrensrechtlich denkbaren Maßnahmen zu ergreifen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das FA Salzburg-Land der Beschwerde keine Folge.

Nach Wiedergabe des Beschwerdevorbringens stellte das FA seinen Ausführungen in der Entscheidungsbegründung zum Zwecke der Übersichtlichkeit folgende tabellarische Darstellung voran:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
FG
ALLE WERTE NUR BEZUG auf Tangenten von St.Nr.
Jahr 2009
ESt Bescheid
-92.500,00
§ 188
-11.685,32
Nichtbescheid
ESt Bescheid
-11.685,32
§ 188
-11.685,32
Beschw. BFG
ESt Bescheid
-11.685,32
Beschw. BFG
Jahr 2010
ESt Bescheid
0,00
§ 188
-7.487,15
Nichtbescheid
ESt Bescheid
§ 188
-7.487,15
-7.487,15
Beschw. BFG
Jahr 2011
ESt Bescheid
131.927.50
Antrag gem. § 295a BAO vom
ESt Bescheid
58.599,97
91.927,50
Verkaufspreis
Veräußerung am
-52.500,00
AK
92.500,00
+ Verluste aus § 188 BAO Bescheiden
131.927,50
erklärt
91.927,50
Verkaufspreis
Veräußerung am
-52.500,00
AK
19.172,47
+ Verluste aus § 188 BAO Bescheiden (11.685,32 + 7.487,15)
58.599,97
beantragt

In der Folge wies das FA daraufhin, dass die Aussagen im Erstbescheid vom vollinhaltlich aufrechterhalten werden.

Die Erlassung der beiden Grundlagenbescheide 2009 und 2010 gem. § 188 BAO bei der XYuStill (St.Nr.) am sei kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO. Beide Bescheide sprächen nur über Grundlagen der Besteuerung ab, schafften diese jedoch nicht (neu). An den Begriff des nachträglichen Ereignisses sei die Anforderung zu stellen, dass es selbst eine materiell abgabenrechtliche Wirkung auf oder in die Vergangenheit haben müsste. Ein Grundlagenbescheid gem. § 188 BAO wirke hingegen per definitionem immer nur für den Zeitraum, für den er selbst ergangen sei.

Der abgabenrelevante Sachverhalt müsse sich vielmehr in die Vergangenheit in der Weise auswirken, dass anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes nunmehr ein veränderter Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde zu legen sei. Der Sachverhalt der Beteiligungsveräußerung (= das Tatbestandselement) sei allerdings stets (nämlich vor und nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2011) unverändert geblieben. Aus diesem Grund seien verwaltungsbehördliche Entscheidungen keine Ereignisse iSd § 295a BAO, weil eine Entscheidung wie die Erlassung eines Grundlagenbescheides gem. § 188 BAO die Abänderung eines Tatbestandselementes gerade nicht zum Inhalt habe. Somit bestünde keine materielle Rückwirkung und demnach auch kein nachträgliches Ereignis.

Zu den Beschwerdeausführungen betr. Zurückweisung der Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO und Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO äußerte sich das FA dahingehend, auch diesbezüglich würden die Aussagen im Erstbescheid vom vollinhaltlich aufrechterhalten werden.

Der § 304 BAO sei zwar als verfassungswidrig aufgehoben worden, jedoch trete diese Aufhebung erst mit Ablauf des in Kraft. Bis dahin bleibe die Bestimmung für alle bis dahin anhängig gewordenen Rechtsfälle anwendbar.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Darin nimmt der Beschwerdeführer auf seine Ausführungen im Antrag vom und der Beschwerde vom Bezug und weist noch einmal daraufhin, dass es vorliegend zu einer Doppelbesteuerung komme.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Am richtete das Bundesfinanzgericht ein Schreiben an den Beschwerdeführer mit folgendem Inhalt:

1) Der Eingabe des Beschwerdeführers FG vom sei eine Beilage angeschlossen. Diese Beilage trage jedoch die Überschrift "HG".

2) In der Eingabe vom werde u.a. als Eventualantrag der auf § 295 Abs. 4 BAO gestützte Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom gestellt. Wie bereits das Finanzamt in der Begründung des angefochtenen Bescheides vom ausgeführt habe, könne ein Einkommensteuerbescheid dem Datum nicht zugeordnet werden.

3) In der Beschwerdeschrift vom werde ausgeführt, im Rahmen der Betriebsprüfung bei der XYuStill (FA Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg St.Nr.) sei der Verlust, der dem Beschwerdeführer für das Jahr 2009 zuzuweisen sei, von ursprünglich € - 92.500,-- auf € - 11.685,32 reduziert worden.

Diese Aussage stehe im Widerspruch zur Aktenlage.

Laut den im Abgabeninformationssystem enthaltenen Daten sei die Erklärung betr. Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO XYuStill für das Jahr 2009 am elektronisch beim Finanzamt eingelangt. Darin würden Einkünfte von insgesamt € - 8.832.443,87 erklärt, wobei der auf den Beschwerdeführer entfallende Betrag mit € - 11.685,32 angegeben werde.

Mit Ausfertigungsdatum habe das FA einen Feststellungsbescheid für das Jahr 2009 erlassen. In der Bescheidbegründung werde zwar auf die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung Bezug genommen, auf die Höhe der Einkünfte hätten diese Feststellungen jedoch ganz offenkundig keinen Einfluss gehabt. So seien mit dem genannten Bescheid die für das Jahr 2009 erzielten Einkünfte mit € - 8.832.443,87 festgestellt worden, wobei dem Beschwerdeführer Einkünfte in Höhe von € - 11.685,32 zugewiesen worden seien. Eine Änderung gegenüber den erklärten Einkünften sei demnach nicht vorgenommen worden.

Gegen den Feststellungsbescheid 2009 vom sei mit Schreiben vom (mit diesem Schreiben seien auch die Feststellungsbescheide 2005 und 2006 vom sowie die Feststellungsbescheide 2007, 2008, 2010 vom angefochten worden) Berufung erhoben worden.

Diese Berufung (nunmehr Beschwerde) habe das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom , RV/2100002/2014, als unzulässig mit der Begründung zurückgewiesen, bei der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung vom handle es sich um einen Nichtbescheid.

In der Folge habe das Finanzamt am einen neuen Feststellungsbescheid für das Jahr 2009 ausgefertigt. In diesem Bescheid würden die für das Jahr 2009 erzielten Einkünfte wiederum mit insgesamt € - 8.832.443,87 festgestellt, wobei dem Beschwerdeführer wiederum Einkünfte in Höhe von € - 11.685,32 zugewiesen werden würden.

Zu diesem Schreiben äußerte sich der steuerliche Vertreter mit Eingabe vom wie folgt:

1) Die korrekte Beilage zur Eingabe vom für FG werde übermittelt.

2) Die Eingabe vom beziehe sich auf den Veranlagungszeitraum 2011, ebenso wie die Beschwerde vom . Bei der Datumsbezeichnung handle es sich um einen Schreibfehler. Es sei der aus dem Steuerakt ersichtliche maßgebliche Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom in seiner jeweils aktuellen Form Gegenstand des Verfahrens.

3) Die XYuStill habe im Jahr 2009 Herrn FG einen Verlustanteil von € - 92.500,-- zugewi esen. Dieser sei zum Gegenstand der Einkommensteuererklärung gemacht worden. Diesbezüglich werde auf das Informationsschreiben der Y Treuhand, welche die Beteiligung für Herrn G verwaltet habe, verwiesen. Die Einkommensteuerveranlagung sei zunächst auf Basis dieses dem Beschwerdeführer gemeldeten Verlustes erfolgt. Am sei ein Nichtbescheid ergangen. Das Betriebsstättenfinanzamt der XYuStill habe daraufhin mit einen neuen Feststellungs bescheid (gleichen Inhalts wie der Nichtbescheid) erlassen. Die Y Treuhand habe mitgeteilt, dass auch gegen diesen Bescheid eine Beschwerde anhängig sei. Deren Ziel sei es, die ursprünglich ermittelten Verluste wieder herzustellen. Es gebe für den Beschwerdeführer nun zwei Möglichkeiten: Entweder er erhalte 2009 den zunächst veranlagten Verlust von € - 92.500,-- einkommensmindernd, dann wäre 2011 ein Veräußerungsgewinn in Höhe des verbliebenen Verlustes zu versteuern oder es gebe 2009 den Verlust nicht, dann gebe es 2011 auch keinen daraus resultierenden Veräußerungsgewinn.

4) Es werde angeregt, das Verfahren bis zur Entscheidung über die Beschwerde im Feststellungsverfahren der XYuStill ruhen zu lassen.

5) Klarstellend werde bemerkt, dass sich das Wiederaufnahmegesuch ausdrücklich auf sämtliche Beteiligungssachverhalte im Streitjahr erstrecke.

Der Eingabe fügte der steuerliche Vertreter als Beilage eine Berechnungsaufstellung an, die folgenden Inhalt trägt:

"FG


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ALT
NEU
Zeichnungssumme 2009
-50.000,00
-50.000,00
Agio
-2.500,00
-2.500,00
Zwischensumme Anschaffungskosten
-52.500,00
-52.500,00
steuerliches Ergebnis 2009
-92.500,00 92.500,00
-11.685,32 11.685,32
steuerliches Ergebnis 2010
0,00
-7.487,15 7.487,15
Zwischensumme
neg. AK 40.000,00
REST AK 33.327,53
Veräußerungserlös 2011
91.927,50
91.927,50
Veräußerungserlös 2011
131.927,50 131.927,50
58.599,97 58.599,97
Besteuerung mit dem Halbsatz

Weiters schloss der steuerliche Vertreter der Eingabe ein Schreiben der "Y" Treuhand GmbH an den Beschwerdeführer vom bei, in der diese das prognostizierte steuerliche Ergebnis an der XYuStill für das Jahr 2009 mit € - 92.500,-- bekannt gibt.

Am fand eine mündliche Verhandlung vor dem Senat statt.

In dieser Verhandlung wiederholte der steuerliche Vertreter noch einmal die im Schreiben vom erfolgte Anregung das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung über die Beschwerde im Feststellungsverfahren der XYuStill ruhen zu lassen, dies im Hinblick auf die zu den Entscheidungen des BFG RV/6100454/2013 und RV/6100455/2013 eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war in den Jahren 2009 und 2010 als atypisch stiller Gesellschafter an der XYuStill beteiligt. Im April 2011 übertrug er die atypisch stille Beteiligung unter Anwendung von Artikel III Umgründungssteuergesetz zum Stichtag auf die XY. Als Gegenleistung erhielt er Anteile an der übernehmenden Körperschaft. Am veräußerte er die Beteiligung an der AG. Dabei erhielt er einen Veräußerungserlös von € 91.927,50 ausbezahlt.

In der am für das Jahr 2011 elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung erklärte der Beschwerdeführer die Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung mit € 131.927,50. Bei der Berechnung der Höhe dieser Einkünfte ging er von Anschaffungskosten von € 52.500,-- und einem steuerlichen Jahresergebnis von € - 92.500,-- für das Jahr 2009 und € 0 für das Jahr 2010 aus (vgl. Beilage zur Eingabe vom Aufstellung "ALT").

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde die Einkommensteuer für das Jahr 2011 fest, wobei sie die Einkünfte aus der Veräußerung der angeführten Beteiligung in der erklärten Höhe in Ansatz brachte.

Mit Bescheid vom stellte das FA Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg die Einkünfte der XYuStill gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009 mit € - 8.832.443,87 fest, wobei dem Beschwerdeführer Einkünfte in Höhe von € - 11.685,32 zugewiesen wurden.

Mit Bescheid gleichen Datums nahm das FA Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg hinsichtlich der XYuStill auch die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2010 vor. Die festgestellten Einkünfte beliefen sich auf insgesamt € - 5.659.224,89, davon wurden dem Beschwerdeführer Einkünfte in Höhe von € - 7.487,15 zugewiesen.

Die Erlassung der Feststellungsbescheide 2009 und 2010 erfolgte erklärungsgemäß entsprechend der am (Jahr 2009) und (Jahr 2010) eingereichten Feststellungserklärungen.

Gestützt auf diese Feststellungsbescheide änderte das FA Salzburg-Land am gemäß § 295 Abs. 1 BAO die an den Beschwerdeführer ergangenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 (Einkommensteuerbescheid 2009 vom und Einkommensteuerbescheid 2010 vom ) ab. Dabei brachte es die Einkünfte aus der Beteiligung an der XYuStill nicht wie in der Einkommensteuererklärung ausgewiesen für das Jahr 2009 mit € - 92.500,--, sondern mit € - 11.685,32, und jene für das Jahr 2010 nicht mit 0, sondern mit € - 7.487,15 in Ansatz.

Gegen die Feststellungsbescheide 2009 und 2010 betr. die XYuStill vom wurde am Berufung erhoben.

Diese Berufung (nunmehr Beschwerde) wies das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom , RV/2100002/2014, als unzulässig zurück mit der Begründung, den erlassenen Feststellungsbescheiden komme aufgrund fehlerhafter Bescheidadressierung keine Bescheidqualität zu.

Am fertigte das FA Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg für die Jahre 2009 und 2010 neuerlich Feststellungsbescheide betreffend die XYuStill aus. An der Höhe der insgesamt festgestellten Einkünfte und den dem Beschwerdeführer davon zugewiesenen Einkünften änderte sich gegenüber den Erledigungen vom , die als Nichtbescheide qualifiziert worden waren, nichts.

Gegen die genannten Feststellungsbescheide wurde neuerlich Beschwerde eingebracht. Die Entscheidung über diese Beschwerde steht noch aus.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid 2011 vom gemäß § 295a BAO abzuändern. In eventu stellte er die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2011 bzw. Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO.

Ausgehend von den laut Feststellungsbescheiden 2009 und 2010 vom betr. die XYuStill auf den Beschwerdeführer entfallenden Einkünften von € - 11.685,32 (2009) und € - 7.487,15 (2010) belaufen sich die Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung auf € 58.599,97.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Angaben des Beschwerdeführers und die von ihm vorgelegten Unterlagen sowie die Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in die Daten des Abgabeninformationssystems.

Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

1) Antrag auf Bescheidabänderung gemäß § 295a BAO

Gemäß § 295aAbs. 1 BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.

Der Beschwerdeführer beantragt mit Eingabe vom den Einkommensteuerbescheid 2011 vom gemäß § 295a BAO abzuändern. Er qualifiziert in diesem Zusammenhang die Feststellungsbescheide vom der Jahre 2009 und 2010 betr. die XYuStill als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO, weil darin die auf ihn entfallenden Einkünfte mit € - 11.685,32 (Jahr 2009) und € - 7.487,15 (Jahr 2010) festgestellt worden seien und sich damit im Jahr 2011 die Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung auf € 58.599,97 beliefen.

Ereignisse im Sinne des § 295a BAO sind sachverhaltsändernde tatsächliche oder rechtliche Vorgänge, von denen sich - aus den die steuerlich relevanten Tatbestände regelnden Abgabenvorschriften - eine abgabenrechtliche Wirkung für bereits entstandene Abgabenansprüche ergibt; gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidungen sind in der Regel keine Ereignisse im vorgenannten Sinn, es sei denn, dass eine Entscheidung Tatbestandselement ist, die die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Entscheidung zum Gegenstand hat oder gegebenenfalls ein (anderes) Tatbestandselement ändert (vgl. , ).

§ 295a BAO erfasst somit abgabenrelevante Sachverhalte, die nach Entstehung der Steuerschuld eintreten, jedoch Bestand und Umfang der Abgabenschuld an der Wurzel ihrer Entstehung berühren. Der abgabenrelevante Sachverhalt muss sich in die Vergangenheit in der Weise auswirken, dass anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes nunmehr ein veränderter Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde zu legen ist. Dabei müssen materielle Abgabenvorschriften normieren, dass einem Ereignis rückwirkend Bedeutung zukommt ().

Der für die Einkommensteuerfestsetzung 2011 maßgebende Umstand, ob vom Beschwerdeführer in den Jahren 2009 und 2010 aus der Beteiligung an der XYuStill negative Einkünfte erzielt wurden, hat durch die Feststellungsbescheide vom keine Änderung erfahren. Vielmehr wurden in diesen Bescheiden lediglich die vom Beschwerdeführer aus dieser Beteiligung erzielten Einkünfte mit jener Höhe festgestellt, wie sie - der behördlichen Sachverhaltsannahme nach - tatsächlich in diesen Jahren erzielt worden waren.

Bei den Feststellungsbescheiden vom handelt es sich um Grundlagenbescheide. Durch die Erlassung von Grundlagenbescheiden ändert sich aber nicht der dem abgeleiteten Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt, wie dies § 295a BAO fordert. Dies deshalb nicht, weil dem Grundlagenbescheid keine konstitutive Wirkung zukommt und dieser den Sachverhalt daher gar nicht ändern kann (siehe dazu den Hinweis des VwGH im Erkenntnis vom , 2006/15/0085, auf die Ausführungen von Reiter ("§ 295a BAO Ereignisse mit Wirkung für die Vergangenheit") Seite 130 ff.

2) Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht ist (§ 304 BAO).

Der Beschwerdeführer stellt in seiner Eingabe vom den Eventualantrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "Einkommensteuer 2013 nach § 303 Abs. 1 lit. c BAO". Dabei handelt es sich bei der angegebenen Jahreszahl 2013 - wie der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift vom ausführt - um einen Schreibfehler. Der Antrag bezieht sich - so der Beschwerdeführer - auf das Jahr 2011. Ausgehend von den getätigten Ausführungen stützt der Beschwerdeführer seinen Antrag sowohl auf den Neuerungstatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. b BAO) als auch den Vorfragentatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. c BAO). Ein Eingehen auf diese Ausführungen erübrigt sich, setzt eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Eintritt der Verjährung doch gemäß § 304 BAO voraus, dass der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht wurde.

Die Verjährung ist in den §§ 207 ff BAO geregelt.

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO).

Zufolge des § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist (§ 209 Abs. 1 BAO).

Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist oder wenn die Abgabepflicht im Lauf eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht.

Hinsichtlich der Einkommensteuer des Jahres 2011 bedeutet dies:

Der Abgabenanspruch ist mit Ablauf des Jahres 2011 entstanden. Die Verjährungsfrist endete daher grundsätzlich mit . Der innerhalb der Verjährungsfrist erlassene Einkommensteuerbescheid vom und das diesem Bescheid vorangegangene Ergänzungsersuchen vom (Ersuchen um Nachreichung der Unterlagen für die Veräußerung der Beteiligung KZ 802) stellen nach außen erkennbare, von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches dar, wodurch sich die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängerte (= ).

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend das Jahr 2011 wurde erst mit Schreiben vom gestellt, sodass er sich als verspätet erweist. Er war daher vom Finanzamt aus diesem Grund zurückzuweisen. Der Bescheid des FA ist insofern zu bestätigen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Soweit der Beschwerdeführer einwendet, der § 304 BAO sei verfassungswidrig und nicht mehr anzuwenden bzw. die Auffassung vertritt, aus dem Verweis von § 295 Abs. 4 sowie § 303 BAO auf den verfassungswidrigen § 304 BAO ergebe sich eine Rechtsschutzlücke, geht dieses Vorbringen schon deshalb ins Leere, weil die Aufhebung der genannten Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof erst mit Ablauf des in Kraft tritt (siehe dazu das Erkenntnis des u.a.).

3) Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO

Der Beschwerdeführer stellt in der Eingabe vom als weiteren Eventualantrag den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom "". Wie der Beschwerdeführer im Schreiben vom ausführt, ist ihm auch hier ein Schreibfehler unterlaufen. Beim Einkommensteuerbescheid, dessen Aufhebung begehrt wird, handelt es sich laut Beschwerdeführer um den Bescheid vom .

Im Hinblick auf diesen Schreibfehler wird aus Anlass der Beschwerde der zweite Teil des Spruchs des angefochtenen Bescheides entsprechend angepasst.

§ 295 Abs. 4 BAO lautet:

Wird eine Bescheidbeschwerde, die gegen ein Dokument, das Form und Inhalt eines
- Feststellungsbescheides (§ 188) oder eines
- Bescheides, wonach eine solche Feststellung zu unterbleiben hat,
gerichtet ist, als nicht zulässig zurückgewiesen, weil das Dokument kein Bescheid ist, so sind auf das Dokument gestützte Änderungsbescheide (Abs. 1) auf Antrag der Partei (§ 78) aufzuheben. Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen.

Diese Antragstellung verblüfft insofern, als der Beschwerdeführer in seiner Eingabe in den zu § 295a BAO getätigten Ausführungen selbst ausdrücklich darauf hinweist, dass der gegenständliche Fall keinen Anwendungsfall des § 295 Abs. 4 BAO darstellt.

In § 295 Abs. 4 BAO ordnet der Gesetzgeber klar und unmissverständlich an, dass der Antrag vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen ist.

Im Beschwerdefall erfolgte aber die Antragstellung nicht innerhalb dieser Frist. Zum Zeitpunkt, in dem der Antrag gemäß § 295 Abs. 4 BAO gestellt wurde (Schreiben vom ) war die für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 BAO maßgebliche Frist bereits abgelaufen. Diesbezüglich wird auf die voranstehenden, zur Wiederaufnahme des Verfahrens getätigten Ausführungen verwiesen.

Der Antrag ist nicht fristgerecht, sodass er vom Finanzamt gleichfalls schon wegen Verspätung zurückzuweisen war.

Ein Eingehen auf die Ausführungen des Beschwerdeführers ist damit auch hier entbehrlich.

Dass ein Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO bzw. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO fristgebunden ist und nur dann zum Erfolg führt, wenn er rechtzeitig eingebracht wurde, dazu liegt eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor (vgl. , , ).

Soweit der Beschwerdeführer vermeint, solange die Beschwerde gegen die Feststellungsbescheide 2009 und 2010 betr. die XYuStill nicht erledigt sei, müsse - soweit hier von Relevanz - auch das Abgabenverfahren 2011 "offen" bleiben, handelt es sich um eine Auffassung des Beschwerdeführers, die in der geltenden Rechtslage keine Deckung findet. In der Eingabe vom relativiert der Beschwerdeführer diese Aussage auch dahingehend, dass er lediglich von einer Anregung spricht und begründet diese in der mündlichen Verhandlung am mit den gegen die Entscheidungen des BFG RV/6100454/2013 und RV/6100455/2013 eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerden. Das Gericht sieht keine Veranlassung dieser Anregung zu folgen.

Wenn der Beschwerdeführer den Vorwurf der Doppelbesteuerung erhebt, so erweist sich auch dieser Vorwurf als nicht berechtigt. Mit Ausfertigungsdatum wurden - gestützt auf die (wenngleich später als Nichtbescheid qualifizierte) Feststellungsbescheide 2009 und 2010 vom betr. die XYuStill - gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 erlassen. In diesen Bescheiden wurden der Einkommensteuerfestsetzung Einkünfte aus der Beteiligung an der genannten Gesellschaft von € - 11.685,32 (2009) und € - 7.487,15 (2010) zugrunde gelegt (an der Höhe dieser Einkünfte hat sich im Übrigen durch die Feststellungsbescheide 2009 und 2010 vom nichts geändert). Zum Zeitpunkt, in dem diese Bescheide erlassen wurden () war die Rechtsmittelfrist für die Bekämpfung des Einkommensteuerbescheides 2011 vom noch offen. Es wäre daher dem Beschwerdeführer freigestanden, den in Rede stehenden Bescheid mit der Begründung, dass sich die Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung nicht wie von ihm erklärt auf € 131.927,50, sondern unter Bedachtnahme auf das steuerliche Ergebnis der Jahre 2009 und 2010 auf € 58.599,97 belaufen, zu bekämpfen. Der Beschwerdeführer hat von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern den Bescheid rechtskräftig werden lassen.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Gericht folgt in seiner Entscheidung einer existierenden, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu die im gegenständlichen Erkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.6100313.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at