Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.10.2018, RV/5101330/2018

Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur Selbstversicherung gem. § 19a ASVG der Tochter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A

in der Beschwerdesache

Beschwerdeführer, Wohnadresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt B, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Streitpunkte:

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich, ob der Beschwerdeführer, im folgenden abgekürzt "der Bf.",  Anspruch auf den Pauschbetrag wegen auswärtiger Berufsausbildung seiner Tochter C gem. § 34 Abs. 8 EStG 1988 hat und ob er Sozialversicherungsbeiträge für eine Selbstversicherung gem. § 19a ASVG seiner Tochter C als Werbungskosten abziehen kann.

2. Standpunkte:

Die Abgabenbehörde vertritt die Meinung, dass die Ausbildungsstätte der Tochter des Bf. innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegt und die Hin- und Rückfahrt zumutbar ist, weswegen die geltend gemachten auswärtige Berufsausbildung nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig ist. Der Bf. ist hingegen der Meinung, dass keine zeitliche Zumutbarkeit vorliege, weil die Erreichbarkeit mehr als eine Stunde beträgt. Der Wohnort liege außerhalb des Ortszentraums, weshalb auch die Wegzeit laut Studienförderungsgesetz 1992 vom Wohnort zur Bushaltestelle gerechnet werden müsse. Die kürzeste Strecke zu Fuß dauere laut Google Maps 23 Minuten, die Weiterfahrt mit dem Bus nach Salzburg HBF lt. Scotti ÖBB 47 Minuten. Zudem sei seine Wohnortgemeinde nicht in der Verordnung über die Erreichbarkeit des Studienortes Salzburg angeführt.

Die Beitragszahlungen des Bf. für die Tochter an die GKK Salzburg wurden von der Abgabenbehörde nicht berücksichtigt, weil Werbungskosten nur Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Erhaltung und Sicherung der eigenen Einnahmen sind. Die Berücksichtigung von Ausgaben und Aufwendungen für Angehörige (PartnerIn, Kinder) sei daher nicht möglich.

Der Bf. führt dazu nur aus, dass, obwohl er die Bestätigung nachgereicht habe, diese Werbungskosten nicht berücksichtigt wurden.

3. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Bf. wohnt in Wohnadresse. Seine Tochter C, Jahrgang XXXX, studierte 2017 an der Universtität Mozarteum in Salzburg. Die Entfernung von Wohnort nach Salzburg beträgt unter 30 Kilometer.

Vom Wohnhaus des Bf. bis zur Bushaltestelle dauert der Weg zu Fuß rund 23 Minuten. Anschließend ist die schnellste öffentliche Verbindung der Weg mit dem Bus bis D und dann der Umstieg in den Zug. Bus- und Zugfahrt inklusive Umstieg dauern, je nach Verbindung, zwischen 42 und 49 Minuten.

C war im Kalenderjahr 2017 geringfügig beschäftigt. Sie war in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 19a ASVG selbstversichert. Der Antrag auf Selbstversicherung gem. § 19a ASVG wurde am gestellt. Der Beitrag dafür betrug im Jahr 2017 EUR 732,18. Dieser wurde in Monatszahlungen à EUR 60,09 vom Gemeinschaftskonto des Bf. und seiner Ehefrau an die Salzburger Gebietskrankenkasse überwiesen.

Die Ehefrau des Bf. bezog für die Tochter C bis August 2016 Familienbeihilfe. Im Jahr 2007 wurde für C keine Familienbeihilfe bezogen.

4. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den vom Bf. vorgelegten Unterlagen.

Da die Bestätigung der Salzburger GKK auf die Ehefrau des Bf. ausgestellt war, er aber in seinem Vorbringen von einer geringfügigen Tätigkeit seiner Tochter C spricht, wurde der Bf. mit Vorhalt vom aufgefordert, diesen Widerspruch zu klären und Zahlungsbestätigungen vorzulegen. Mit seiner Vorhaltsbeantwortung vom , zugestellt am , hat der Bf. dies unter Vorlage einer neuen Zahlungsbestätigung der Salzburger GKK über bezahlte Sozialversicherungsbeiträge von EUR 732,18, datiert vom , adressiert an seine Tochter C, getan. Aus der vorgelegten sonstigen Korrespondenz mit der Salzburger GKK mit seiner Tochter geht hervor, dass diese beginnend mit die Selbstversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 19a ASVG beantragt hat (Schreiben vom ). Die Selbstversicherung endete mit (Schreiben vom ). Der Bf. legte überdies eine Umsatzliste des gemeinsamen Kontos des Bf. mit seiner Ehefrau – beide sind Kontoinhaber - bei der Raiffeisenbank E vor, aus dem die monatlichen für C überwiesenen Selbstversicherungsbeiträge ersichtlich sind. Zudem legte er anhand einer Lohnzettelaufstellung seiner Ehefrau dar, dass diese im Jahr 2017 nicht geringfügig beschäftigt war.

Die Angaben bezüglich der öffentlichen Verkehrsverbindungen wurden auf der Website der ÖBB eingeholt. Die Angaben über die Dauer des Fußweges stammen vom Bf. und wurden von der Abgabenbehörde nicht in Zweifel gezogen.

Die Angaben zum Bezug der Familienbeihilfe für die Tochter des Bf., C, ergeben sich aus einer Beihilfenverfahren-Abfrage im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

A. Pauschbetrag wegen auswärtiger Berufsausübung:

Gem. § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110,00 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Unter dem Einzugsbereich (des Wohnorts) ist jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich noch als zumutbar anzusehen ist (; Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 34 Rz 77).

Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, erging eine Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 (im Folgenden Verordnung Berufsausbildung - Kinder genannt). Diese trifft ergänzende Regelungen, die sich wie folgt zusammenfassen lassen.

(1) Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht mehr innerhalb des Einzugsbereichs des Wohnorts (§ 1 VO).

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km vom Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereichs gelegen, wenn die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort von diesen Gemeinden nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, und § 34 Abs. 8 EstG 1988 (Verordnungen gem. BGBl 1993/604, BGBl 1993/605 ,BGBl 1993/608 und BGBl 1993/609) zeitlich noch zumutbar sind (§ 2 Abs. 2 VO). Der Gegenbeweis ist zulässig; es kann nachgewiesen werden, dass die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel (dh. die schnellstmögliche Verbindung, ) mehr als je eine Stunde beträgt. Gelingt der Gegenbeweis, gilt die tägliche Fahrt an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung als nicht mehr zumutbar.

(3) Ist die jeweilige Gemeinde in den genannten Verordnungen  nicht angeführt (keine sog. "Verordnungsgemeinde"), gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als nicht innerhalb des Einzugsbereichs des Wohnorts gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und retour unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels in beiden Richtungen (“je“) mehr als eine Stunde beträgt (§ 2 Abs. 1 VO) (Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 34 Rz 78).

§ 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, auf dessen Grundsätze in der VO Berufsausbildung – Kinder verwiesen wird, lautet: "Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum oder vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar."

In der gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 erlassenen Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl Nr. 605/1993 idgF, sind in § 4 jene Gemeinden angeführt, bei denen die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Salzburg zeitlich noch zumutbar ist. In § 4 dieser Verordnung wird die Wohngemeinde der Familie des Bf. nicht genannt. Damit ist jedoch noch nicht der Nachweis der Unzumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückfahrt erbracht, sondern lediglich festgestellt, dass keine Zumutbarkeitsvermutung nach § 2 Abs. 2 VO Berufsausbildung – Kinder besteht (vgl. , unter Hinweis auf -K/10).

Es ist daher zu prüfen, ob gemäß § 2 Abs. 1 VO Berufsausbildung – Kinder aufgrund der Fahrzeit für die tägliche Hin- und Rückfahrt die Ausbildungsstätte als im Einzugsbereich der Wohngemeinde gelegen gilt. Nicht innerhalb des Einzugsbereichs des Wohnorts gelegen gilt eine Ausbildungsstätte – wie oben ausgeführt –, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und retour unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels in beiden Richtungen ("je") mehr als eine Stunde beträgt. Dabei kommt es nur auf die Dauer der Fahrten zwischen zwei Orten an. Hierbei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel üblicherweise angetreten bzw. beendet wird (die Erreichbarkeit des Bahnhofs der Abfahrtsgemeinde ist bedeutungslos, ).

Entgegen der Ansicht des Bf., dass bei der Berechnung der Wegzeit auch der Weg zwischen dem Wohnsitz der Eltern und dem zu benutzenden öffentlichen Verkehrsmittel zu berücksichtigen ist, werden Fußwege, Fahrten am Wohnort und am Studienort sowie Wartezeiten vor Beginn und nach Ende des Unterrichts nicht veranschlagt (; ), wohl aber allfällige Wartezeiten bei Umsteigevorgängen außerhalb des Heimat- oder Studienorts (Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 34 Rz 79).

Es handelt sich bei § 34 Abs. 8 EStG 1988 nämlich um eine typisierende Betrachtungsweise (). Der Gesetzgeber ist auch gar nicht verpflichtet, den Aufwand der Berufsausbildung der Kinder in seinem individuellen Ausmaß zu berücksichtigen (Ablehnungsbeschluss des ).

Nach obigen Feststellungen beträgt die Wegzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und retour bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels jeweils nicht mehr als eine Stunde. Die Wegzeit ist damit zumutbar iSd § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz und die von der Tochter des Bf. besuchte Ausbildungsstätte ist gemäß § 2 Abs. 2 VO Berufsausbildung – Kinder dem Einzugsbereich des Wohnortes der Familie des Bf. zuzurechnen.

Dem Bf. steht deshalb der für seine Tochter C geltend gemachte Pauschalbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht zu.

B. Abzugsfähigkeit der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 732,18:

1.

Gemäß § 19a Abs. 1 ASVG können sich Personen, die von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG oder Teilversicherung nach § 7 Z 4 ASVG ausgenommen und auch sonst weder in der Krankenversicherung noch in der Pensionsversicherung nach dem ASVG oder einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert sind, solange sie ihren Wohnsitz im Inland haben, auf Antrag in der Kranken- und Pensionsversicherung selbst versichern. Gemäß § 19a Abs. 6 ASVG hat bezüglich der Gewährung von Leistungen sowohl nach diesem Bundesgesetz als auch nach dem Mutterschutzgesetz 1979 die Selbstversicherung in der Krankenversicherung die gleichen Rechtswirkungen wie eine Pflichtversicherung. Dies gilt auch hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung.

Die bei der Selbstversicherung gezahlten Beiträge im Jahr 2017 iHv EUR 732,18 entfällen laut Auskunft der Salzburger GKK (Telefonat am ) mit 27,3% auf die Krankenversicherung (das sind im Beschwerdefall EUR 199,89 ) und mit 72,7% auf die Pensionsversicherung (das sind im Beschwerdefall EUR 532,29).

2.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 sind Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung Werbungskosten.

Die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten ist an die Einkunftsquelle gebunden ist. Nur jener Abgabepflichtige, der Einkünfte aus einer Einkunftsquelle bezieht, kann die mit dieser Einkunftsquelle verbundenen Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen.

Sonderausgaben iSd § 18 EStG 1988 sind zu Werbungskosten subsidiär. Das heißt sie können erst dann vorliegen, wenn die Ausgaben keine Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) darstellen. Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 1a und Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118 (gültig ab Veranlagung 2016) abzuziehen:

Z 1a: Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbare Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen. Besteht der Beitrag in einer einmaligen Leistung, kann der Erbringer dieser Leistung auf Antrag ein Zehntel des als Einmalprämie geleisteten Betrages durch zehn aufeinanderfolgende Jahre als Sonderausgaben in Anspruch nehmen.

Z 2: Beiträge und Versicherungsprämien, wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist, ausgenommen Beiträge und Versicherungsprämien im Bereich des BMSVG und der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g) zu einer

  • freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),

  • (…)

An sich können auch Sonderausgaben nur von demjenigen geltend gemacht werden, der zu ihrer Leistung verpflichtet ist. Für bestimmte Sonderausgaben erweitert § 18 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 die Absetzbarkeit. Diese kann der Steuerpflichtige auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe) Partner iSd § 106 Abs. 3 oder für seine Kinder iSd § 106 EStG 1988 leistet.

Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbare Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen sind betraglich unbegrenzt als Sonderausgabe und Anrechnung auf das Sonderausgabenpauschale abzugsfähig ( § 18 Abs. 3 Z 2 EStG iVm 1988 idF StRefG 2015/2016).

Begrenzt abzugsfähig sind hingegen die sog. Topf-Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016. Für diese besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von EUR 2.920,00 jährlich. Dieser Betrag erhöht sich um EUR 2.920,00, wenn dem Steuerpflichtigen, wie im Beschwerdefall, der Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht. Beträgt wie im Beschwerdefall der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als EUR 60.000,00, so steht nur mehr das Sonderausgabenpauschale iHv EUR 60,00 jährlich zu.

3.

Die Rechtsprechung des UFS/BFG – Judikatur des VwGH liegt dazu nicht vor – ist uneins, wie Selbstversicherungsbeiträge gem. § 19a ASVG einkommensteuerlich zu behandeln sind.

Ein Teil des UFS/BFG ist der Meinung (; -G/08), dass bei einer Option in das System der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß § 19a ASVG die Sozialversicherungsbeiträge (Krankenversicherung, Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung) zur Gänze als Pflichtbeiträge gemäß § 16 Abs 1 Z 4 lit a EStG 1988 und damit zur Gänze als Werbungskosten gelten. Begründet wird diese Meinung damit, dass die Option in die Selbstversicherung gemäß § 19a ASVG in ihrer Bedeutung mit einer freiwilligen Weiter- oder Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1a EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 nichts zu tun hat, sondern einer Pflichtversicherung gleichzusetzen ist. Diese Meinung hätte zur Folge, dass im Beschwerdefall die vom Bf. gezahlten Sozialversicherungsbeiträge für die Tochter bei ihm nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, weil sie nicht durch eine eigene Erwerbstätigkeit, sondern durch jene des Angehörigen veranlasst sind.

Die zweite Meinung (zB. -I/10; LStR 243), der sich das BFG im Beschwerdefall anschließt, stützt sich auf die VwGH-Rechtsprechung () zur Abgrenzung zwischen freiwilligen Beiträgen und Pflichtbeiträgen. Danach ist für die Abgrenzung zwischen Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen maßgebend, ob die Beitragsleistungen Zwangscharakter haben oder ob sie auf einem freiwilligen Entschluss des Steuerpflichtigen - insbesondere im Interesse seiner Zukunftssicherung - beruhen, der in der Außenwelt durch Abschluss eines Vertrages oder Stellung eines Antrages manifestiert wird. Da die Sozialversicherungsbeiträge gem. § 19a ASVG nur anfallen, wenn ein entsprechender Antrag auf Option in die Sozialversicherung gem. § 19a ASVG gestellt wird, ist von einer solchen Freiwilligkeit auszugehen.

Dies hat zur Folge, dass der Krankenversicherungsanteil der Selbstversicherungsbeiträge gem. § 19a ASVG unter § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 fällt. Nach § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 gehören Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung zu den Werbungskosten. Die Bestimmung korreliert mit jener in § 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG, der zufolge Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung - bei betrieblicher Veranlassung - zu den Betriebsausgaben zu zählen sind. Die Beiträge sind - in beiden Fällen - nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen (StRefG 1993, BGBl. Nr. 818/1993). Es liegen somit hinsichtlich des Krankenversicherungsanteils der Selbstsversicherungsbeiträge bis zur Höhe von Pflichtversicherungsbeiträgen Werbungskosten vor. Der Steuerpflichtige kann keine fremden Werbungskosten aus den dargestellten Gründen abziehen.

Der die Pflichtversicherungsbeiträge übersteigende Teil des Krankenversicherungsanteil der Selbstversicherungsbeiträge sind Topfsonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 . Ob im Beschwerdefall der Krankenversicherungsansteil die Pflichtversicherungsbeiträge übersteigt, kann unbeantwortet bleiben. Selbst bei Übersteigen wäre die Abzugsfähigkeit nicht gegeben, weil die zeitliche Komponente für den Topfsonderausgabenabzug im Beschwerdefall nicht eingehalten wird. § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 verlangt, dass der der Zahlung zugrunde liegende Vertrag vor dem  abgeschlossen worden ist. Nun liegt den Beiträgen zur Selbstversicherung gem. § 19a ASVG zwar kein Vertragsverhältnis zugrunde. In diesen Fällen ist maßgeblich, dass der entsprechende Antrag vor dem gestellt worden ist (LStR 458, Jakom/Peyerl, EStG, 2018, § 18 Rz 38; aA Knechtl, SWK 2016, 889, wonach sich diese Bestimmung nur auf privatrechtliche Verträge iSd ABGB, nicht aber auf öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnisse bezieht). Der Antrag wurde nach dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt erst im Jahr 2016 gestellt. Im Übrigen würde selbst die Berücksichtigung als Topfsonderausgabe im Beschwerdefall keine steuerlichen Auswirkungen haben, weil der Bf. über der maßgeblichen Einkünftegrenze für Topfsonderausgaben liegt.

Der Krankenversicherungsanteil der Selbstversicherung ist somit unabhängig von der Kindeseigenschaft von Tochter C nicht abzugsfähig.

Hinsichtlich des Pensionsversicherungsanteils der Selbstversicherungsbeiträge gem. § 19a ASVG mangelt es an einer § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 vergleichbaren Regelung. Diese Beiträge sind daher als Sonderausgaben zu beurteilen. Die einhellige Meinung dazu ist, dass diese Beiträge in verfassungskonformer Interpretation Beiträgen für eine freiwillige Weiterversicherung iSd § 18 Abs. 1 Z 1a EStG 1988 iVm § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 vergleichbar sind und daher in voller Höhe (EUR 532,29), auch beim Vater für seine Tochter, abzugsfähig sind (ebenso -K/07, LStR 243).

Gestützt wird diese Rechtsauffassung auf die Rechtsprechung des VwGH in seinem Erkenntnis , 2004/15/0038. Danach sind – entgegen seiner Vorjudikatur (Erk , 90/14/0265) – die auf eine liebhabereihaft betriebene freiberufliche Tätigkeit zurückzuführenden Pflichtbeiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit diese Beiträge in der Folge zu pensionsartigen Bezügen führen werden, als der freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung vergleichbare Beiträge anzusehen. Aus der Sicht des Einkommensteuerrechts kommt im Falle von Liebhaberei den „Pflichtbeiträgen“ das Element der Freiwilligkeit zu. Der VwGH sah sich zur Änderung seiner Rechtsprechung in verfassungskonformer Interpretation veranlasst, weil die fehlende steuerliche Berücksichtigung von zu steuerpflichtigen Einnahmen (Pensionsbezügen) führenden Ausgaben dem Sachlichkeitsgebot widersprechen würde. Die Finanzverwaltung (s Anm 31b) und das BFG überträgt diese Überlegung auch auf die freiwillige Pensionsversicherung nach § 19a ASVG für den Steuerpflichtigen selbst und für seine Angehörigen iSd Abs 3 Z 2 (kritisch Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 18 Anm. 31d iVm § 33 Anm 4 (Stand , rdb.at) im Hinblick auf den im EStG 1988 geltenden Grundsatz der Individualbesteuerung, wonach die Argumentation mit der späteren Versteuerung der Pension bei Angehörigenbeiträgen problematisch erscheint.).

Grundvoraussetzung für die Abzugsfähigkeit als Sonderausgabe ist jedoch, dass die Tochter des Bf. C als Kind iSd § 106 EStG 1988 einzustufen ist.

Gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes  Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht. § 33 Abs. 3 EStG 1988 stellt wiederum auf die Gewährung von Familienbeihilfe aufgrund des FLAG ab. Konkret lautet § 33 Abs. 3 EStG 1988: "Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. (...)." Als Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 gilt folglich eine Person, für die der Steuerpflichtige oder sein Ehepartner Familienbeihilfe nach dem FLAG bezieht.

Im Jahr 2017 wurde für C weder vom Bf. noch seiner Ehefrau Familienbeihilfe bezogen. Der Tochter des Bf. kommt daher keine Kindeseigenschaft iSd § 106 Abs. 1 EStG zu. Sie gehört damit nicht zum begünstigten Personenkreis iSd § 18 Abs. 3 Z 1 EStG 1988. Außerhalb des begünstigten Personenkreises ist eine Geltendmachung fremder Sonderausgaben ausgeschlossen. Da der Bf. zur Zahlung des Pensionsversicherungsanteils an den Selbstversicherungsbeiträgen nicht selbst verpflichtet war, kann er diesen daher nicht als Sonderausgabe abziehen.

C. Zusammenfassung:

Aus den dargestellten Gründen hat der Bf. keinen Anspruch auf Pauschbetrag wegen auswärtiger Berufsausübung seiner Tochter. Ebenso sind die von ihm gezahlten Beiträge zur Selbstversicherung gem. § 19a ASVG seiner Tochter weder als Werbungskosten noch - mangels steuerlicher Kindeseigenschaft seiner Tochter iSd § 106 Abs. 1 EStG - als Sonderausgaben abzugsfähig.

Der angefochtene Bescheid bleibt daher unverändert. Die Beschwerde ist abzuweisen.

  

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage der ertragsteuerlichen Behandlung von Selbstversicherungsbeiträgen gem. § 19a ASVG, die ein Vater für seine Tochter zahlt, liegt zwar keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Überdies ist die Rechtsprechung des BFG dazu uneinheitlich. Da diese Rechtsfrage im Beschwerdefall nicht ausschlaggebend für das Ergebnis der steuerlichen Beurteilung war, sondern die Kindeseigenschaft iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988, liegt im Beschwerdefall keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die ordentliche Revision wird daher nicht zugelassen.

Linz, am

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