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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.10.2018, RV/6100165/2013

Alleinerzieherabsetzbetrag bei Scheidung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache Bf., Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Salzburg-Land vom , betreffend Einkommensteuer 2011 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer 2011 vom wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (kurz Bf.) reichte am seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 elektronisch bei der Behörde ein. Dabei beantragte dieser den Alleinverdienerabsetzbetrag. Erklärungsgemäß erging dazu der Erstbescheid am . Bei einer nachträglichen Prüfung wurde festgestellt, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden könne, da die steuerpflichtigen Einkünfte inkl. Wochengeld der Ehepartnerin höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 6.000,-- waren. Resultierend daraus hob die Behörde am den Erstbescheid vom gem. § 299 Abs. 1 BAO auf und erließ einen neuen Sachbescheid mit , in dem der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt wurde.

Gegen diesen Bescheid vom brachte der Bf. mit elektronisch mit einem Anbringen zur Aussetzung der Einhebung Beschwerde ein, in der er anführte er habe bei der Erklärung zur Einkommensteuer 2011 anstelle des Alleinerzieherabsetzbetrages den Alleinverdienerabsetzbetrag angekreuzt. Er ersucht jedoch um Korrektur seines Fehlers.

Dieses Anbringen wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen, mit der Begründung, der Alleinerzieherabsetzbetrag stehe nicht zu, da der Bf. nicht mehr als 6 Monate für mindestens ein Kind Anspruch auch Familienbeihilfe hatte. Daraufhin beantragte der Bf. am die Vorlage seiner Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht, indem dieser das amtliche Beschwerdeformular händisch ausfüllte und bei der belangten Behörde persönlich einreichte. Dazu führte der Bf. aus, dass seine Ex-Frau eine Meldungsadresse benötigte und deshalb bei ihm bis gemeldet war, tatsächlich jedoch nicht mehr im Haushalt des Bf. wohnte.

In der Folge legte die belangte Behörde am die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (samt Vorlagebericht).

2. Sachverhalt

Der Bf. war laut Scheidungsbeschluss bis verheiratet. Laut Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister lebten beide Ehegatten bis zum im gemeinsamen Haushalt in der Adresse2.

Die Gattin hat spätestens mit den ehelichen Wohnsitz aufgegeben und einen neuen Wohnsitz begründet. Dies ergibt sich aus der in den Verwaltungsakten erliegenden Abfrage des FA beim Zentralen Melderegister betreffend die damalige Gattin.

Wie dem Zentralen Melderegisterauszug ebenfalls zu entnehmen ist, lebten die beiden gemeinsamen Söhne im Jahr 2011 durchgängig beim Bf.

Am wurde ein Formular zu Änderung des Familienbeihilfenanspruches bei der belangten Behörde eingebracht, in dem der Bf. die Familienbeihilfe beantragt und die Ex-Gattin des Bf. eine Verzichtserklärung abgegeben hatte.

Die damalige Gattin des Bf. bezog noch bis August 2011 die Familienbeihilfe. Danach wurde diese durch den Bf. bezogen. Dies ergibt sich aus den in den Verwaltungsakten erliegenden Abfragen des Finanzamtes zum Familienbeihilfenbezug betreffend die Söhne des Bf.

3. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde bzw. des Bf. sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.

4. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der im Jahr 2011 geltenden Fassung steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag Alleinerziehenden zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) € 494,-- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) € 669,--. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) mehr als 6 Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs.3) mehr als 6 Monate im Kalenderjahr der Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich € 58,40 für jedes Kind zu. Für Kinder die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 anzuwenden.

Diese Gesetzesbestimmung steht in Verbindung mit der entsprechenden Bestimmung im FLAG 1967 über den Anspruch auf Familienbeihilfe. Besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, besteht auch ein Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag für dieses Kind.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

5. Dazu wird rechtlich erwogen:

Strittig ist gegenständlich, ob dem Bf. der Alleinerzieherabsetzbetrag im Jahr 2011 zusteht.

Dem BFG erscheint zunächst wesentlich, ob im gegenständlichen Fall zwei Kinder im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG vorliegen. Die Kinder sind im Jahr 1995 bzw. 2001 geboren, leben im Inland. Für beide Kinder wurde in diesem Jahr zunächst von der Mutter und in der Folge vom Vater Familienbeihilfe bezogen, weswegen im Jahr 2011 entweder dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Es ist daher in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob dem Bf. im Jahr 2011 für mehr als sechs Monate der Kinderabsetzbetrag zusteht.

Dabei geht das BFG aber – im Gegensatz zu der Beurteilung durch das FA – nicht davon aus, wer die Familienleistungen im Jahr 2011 für wie lange bezogen hat, sondern wer Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag und damit auf die Familienbeihilfe hatte.

Der tatsächliche Bezug der Familienbeihilfe ist sicher ein Indiz dafür, wer Anspruch auf die Leistungen hatte. Im gegenständlichen Fall weisen jedoch die vorliegenden Unterlagen darauf hin, dass dieser Familienbeihilfenbezug der Gattin spätestens ab Juni 2011 zu Unrecht erfolgte, da jedenfalls ab kein gemeinsamer Haushalt der Ehegatten mehr bestand und die Kinder weiter im Haushalt des Vaters lebten. Dies wird auch durch die von der Behörde im Verfahren erhobenen Beweise bestätigt.

Unter diesen Voraussetzungen bleibt der Behörde eine gegebenenfalls eigenständige Beurteilung des Anspruchs auf Familienbeihilfe im Sinne des im Einkommensteuerverfahren vor einer allenfalls durchzuführenden Berichtigung des Familienbeihilfenbezuges nach dem Verständnis des BFG aber nicht erspart, wenn eine sachlich richtige Entscheidung im Einkommensteuerverfahren vor Überprüfung und Richtigstellung des Anspruches im Familienbeihilfenverfahren erfolgen soll. Es handelt es sich dabei um eine Vorfrage im Sinne des § 116 BAO.

Nach den im Verfahren vorgebrachten Beweisen steht dem Bf. und nicht seiner von ihm getrennt lebenden Frau die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag möglicherweise bereits ab Mai, jedenfalls aber ab Juni 2011 zu.

Damit ist das gegenständliche Verfahren aber entschieden. Der Bf. ist bereits im Jahr 2011 Alleinerzieher im Sinne der Bestimmungen des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG. Ein Alleinerzieherabsetzbetrag steht dem Bf. bereits ab diesem Jahr zu.

Bekräftigt wird dies dadurch, dass bereits Anfang Juni der Antrag zur Änderung des Familienbeihilfenbeziehers bei der belangten Behörde eingereicht wurde. Wäre dies unverzüglich im Finanzamt umgesetzt worden, wäre selbst der tatsächliche Bezug der Familienbeihilfe beim Bf. ab Juni 2011 gelegen und hätte diesem somit allenfalls der Alleinerzieherabsetzbetrag zugestanden.

In weiterer Konsequenz ist noch Folgendes zu berücksichtigen:

Gemäß § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 besteht für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen ein einheitlicher Höchstbetrag von 2.920,00 Euro jährlich. Dieser Betrag erhöht sich um 2.920,00 Euro, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdiener- oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht.

Bei der Bemessung der Einkommensteuer ist sohin nicht nur die Erhöhung der Absetzbeträge um € 669,00 zu berücksichtigen, sondern auch die Erhöhung der Sonderausgaben, die aus der Zuordnung der Kinder zum Bf. als Alleinerzieher resultiert.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis die Revision zulässig, da zu der oben getroffenen Auslegung, dass für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages nach den oben zitierten Bestimmungen nicht der Familienbeihilfenbezug, sondern der Anspruch auf den Familienbeihilfenbezug entscheidend sei, zwar eine Rechtsprechung des BFG (RV/6100058/2014) vorliegt, jedoch eine Rechtsprechung des VwGH - soweit im Rechtsinformationssystem des Bundes ersichtlich - fehlt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.6100165.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at